Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Dezember 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 138/04
(BPatG: Beschluss v. 21.12.2004, Az.: 33 W (pat) 138/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 14. August 2003 die Wort-/Bildmarkefür verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 37, 38, 41 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 23. März 2004 gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen
"Computerhardware; Computersoftware; Installation, Wartung und Reparatur von EDV-Anlagen, Hardware; Durchführung von Schulungen und Seminaren, insbesondere im Bereich Internet- sowie Hard- und Softwareanwendung; Konzeption, Planung und Projektierung von EDV-Einrichtungen; Installation, Wartung und Reparatur von Software"
zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass "synergetic" im Deutschen die Bedeutung von "synergetisch" habe. Die "Synergetik" sei ein "interdisziplinäres Forschungsgebiet zur Beschreibung komplexer Systeme, die aus vielen miteinander kooperierenden Untersystemen bestünden". Im Zusammenhang mit Computern handle es sich bei "synergetic" um einen Fachbegriff. "Synergetische Computer" seien in der Lage komplexe Szenen zu erkennen und fänden vor allem im Bereich der Psychotherapie Anwendung, wo sie zur Mustererkennung und Musterbildung in der Mimikanalyse eingesetzt würden. Die Markenstelle hat insoweit auf eine Internetrecherche Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Sie trägt vor, dass der Wortbedeutung von "synergetic", nämlich im Sinne von "zusammen-, mitwirkend", keine ummittelbare Sachaussage hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen entnommen werden könne. Die weitergehende Verknüpfung des Wortelements "synergetic" mit dem Begriff "Computer" sei eine unzulässige Betrachtungsweise, die für die Prüfung eines etwaigen Schutzhindernisses nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG außer Betracht zu bleiben habe. Selbst bei einer Verknüpfung des Wortsinns mit dem Begriff "Computer" würde sich eine Sachaussage auf den Bereich der zusammenwirkenden Mustererkennung im Rahmen der Psychotherapie" beschränken.
Hilfsweise beantragt die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses unter Berücksichtigung folgenden Zusatzes:
"ausgenommen den Anwendungsbereich elektronisch gestützter Mustererkennung und Musterbildung auf dem Gebiet der Psychotherapie" bzw höchst hilfsweise: "ausgenommen den Anwendungsbereich elektronisch gestützter Mustererkennung und Musterbildung".
Der Senat hat die Anmelderin unter Übersendung von Ermittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat hält die angemeldete Wort-/Bildmarke jedenfalls für freihaltungsbedürftig iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
Das englische Wort "synergetic" ist eng mit seiner deutschen Übersetzung "synergetisch" (Langenscheidts Handwörterbuch Englisch-Deutsch 2001, Seite 625) verwandt. Unter "Synergetik" wird ein interdisziplinäres Forschungsgebiet zur Beschreibung komplexer Systeme, die aus vielen miteinander kooperierenden Untersystemen bestehen" (Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl, S 1302) verstanden. Im Zusammenhang mit Informationstechnologie, zu der alle zurückgewiesenen Waren und Dienstleitungen im weiteren Sinn gehören, ist der Begriff des "synergetischen Computers" ein geläufiges Fachwort, wie sich sowohl aus den Recherchen der Markenstelle als auch aus der Internetrecherche des Senats entnehmen läßt. So findet sich beispielsweise im Studiengang "Informatik" der Universität Leipzig eine Vorlesung zum Thema "Synergetischer Computer" (www.informatik.unileipzig.de). Es gibt auch zahlreiche Bücher, die sich mit dem Thema "Synergetischer Computer" befassen, so zB Hönlinger, "Anwendung des synergetischen Computers auf die Erkennung mimischer Ausdrücke"; Wagner, "Synergetische Computer beim Einsatz in angewandten Mustererkennungsproblemen" oder Haas, "Bewegungserkennung und Bewegungsanalyse mit dem synergetischen Computer".
Über das Gebiet der Psychotherapie hinaus ist "synergetisch" auch in Alleinstellung ein allgemeiner Begriff, der auf eine besondere Effizienz und besonders gute Vernetzung von Computerprogrammen und entsprechender Hardware hinweist. So wird beispielsweise für eine Computerinstallation unter www.lehrerfortbildungbw.de mit der Aussage geworben: "Eine einmal entwickelte Lösung, die mehrfach eingesetzt wird, ist synergetisch, effizient und ...". Unter www.brainrespiration.de; heißt es: "Die Annäherung der Software und Hardware interagierten synergetisch und ..." - und unter www.hitex.de: "Jedes neue Hardware- oder Software-Release wird diesen Testablauf ... nicht nur reibungslos zusammenspielen sondern sich gegenseitig synergetisch unterstützen". Die Verwendung des Begriffes "synergetisch" ist somit nicht auf den Bereich der elektronisch gestützten Mustererkennung und Musterbildung beschränkt, der Ausdruck wird vielmehr in Alleinstellung vielfach verwendet, so dass auch die vom Anmelder angebotenen einschränkenden Zusätze ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entfallen lässt.
Ein Freihaltungsbedürfnis besteht dabei hinsichtlich sämtlicher begehrter Waren und Dienstleistungen. Wie sich aus der genannten Internetrecherche ergibt, ist der Ausdruck "synergetisch" sowohl im Zusammenhang mit "Computerhardware" als auch "Computersoftware" gebräuchlich. Die zurückgewiesenen Dienstleistungen haben sämtlich ebenfalls hierzu einen unmittelbaren Bezug.
Auch die grafische Gestaltung der Marke kann die Schutzfähigkeit nicht begründen. Angesichts des glatt beschreibenden Wortbestandteils hätte es erheblicher grafischer Gestaltungsmerkmale bedurft, um das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zu überwinden (BGH GRUR 1991, 136 - NEW MAN). Sowohl die farbliche Gestaltung als auch die verwendete Schrift hält sich im Rahmen des insoweit Werbeüblichen.
Der Senat neigt auch dazu, von fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG auszugehen, was hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr bedarf.
Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 21.12.2004
Az: 33 W (pat) 138/04
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