Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 17. Januar 2013
Aktenzeichen: 6 U 86/13
(OLG Köln: Urteil v. 17.01.2013, Az.: 6 U 86/13)
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 07.05.2013 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 836/11 - teilweise abgeändert.
1. Die Beklagte wird auf der ersten Stufe verurteilt,
a) dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über alle Bruttoeinnahmen (ohne Vorwegabzug der den Verwertungsgewinn schmälernden Aufwendungen wie insbesondere der Herstellungs- und Vertriebskosten), die sie mit nachgenannten Sendefolgen der Fernsehserie "Alarm für Cobra 11"
"T" - Staffel 2, Sendefolge 1,
"B" - Staffel 2, Sendefolge 2,
"L" - Staffel 2, Sendefolge 3,
"E" - Staffel 2, Sendefolge 6,
"S" - Staffel 2, Sendefolge 7,
"C" - Staffel 2, Sendefolge 8,
"D" - Staffel 2, Sendefolge 9,
"L2" - Staffel 2, Sendefolge 10,
"H" - Staffel 2, Sendefolge 11,
"S2" - Staffel 2, Sendefolge 12,
"W" - Staffel 2, Sendefolge 13,
"T2" - Staffel 2, Sendefolge 14,
"T3" - Staffel 2, Sendefolge 15,
"A" - Staffel 2, Sendefolge 16,
"G" - Staffel 2, Sendefolge 17,
"L3" - Staffel 2, Sendefolge 18,
"H2" - Staffel 2, Sendefolge 19,
"T4" - Staffel 2, Sendefolge 21,
"M" - Staffel 2, Sendefolge 22,
"E2" - Staffel 3, Sendefolge 1,
"F" - Staffel 3, Sendefolge 2,
"E3" - Staffel 3, Sendefolge 3,
"E4" - Staffel 3, Sendefolge 4,
"U" - Staffel 3, Sendefolge 5,
"J" - Staffel 3, Sendefolge 6,
"E5" - Staffel 3, Sendefolge 7,
"J2" - Staffel 3, Sendefolge 8,
"C2" - Staffel 3, Sendefolge 9,
"U2" - Staffel 3, Sendefolge 10,
"U3" - Staffel 3, Sendefolge 11,
"U4" - Staffel 3, Sendefolge 12,
"E6" - Staffel 3, Sendefolge 14,
"I" - Staffel 4, Sendefolge 1 (Pilotfilm),
und "U5" - Staffel 5, Sendefolge 1 (Pilotfilm),
sowie mit nachgenannten Sendefolgen der Fernsehserie "B - F2"
"D2" - Pilotfilm,
und "A2" - Staffel 2, Sendefolge 6,
durch die Vergabe von Lizenzen, Unterlizenzen oder Gestattungen zur fernsehmäßigen Ausstrahlung im Inland und oder Ausland und/oder durch die nicht fernsehmäßige Verwertung (insbesondere Videokassetten- und/oder DVD- und/oder Merchandising- und/oder Videospiel-Auswertung) im Inland und/oder Ausland selbst und/oder durch Dritte in Lizenz, Unterlizenz oder Gestattung erzielt hat,
sowie über
vereinbarte und/oder erhaltene Finanzierungshilfen (insbesondere Provisionen, Garantiesummen, Vorauszahlungen, Gebühren, Förder-, Fonds-, Werbe-, Sponsoringentgelte) sowie die mit den genannten Serienfolgen (einschließlich Trailer, Filmausschnitte oder Filmbilder) betriebene Werbung unter Angabe der Werbeträger, Erscheinungs- / Sendezeiten, Verbreitungsgebiete und Auflagenhöhen sowie Art, Umfang und Zeitraum der Nutzung über das Internet (unter Bezeichnung der Internetseiten sowie der visits und pageviews);
b) dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Daten, Uhrzeiten und Sendeplätze der Ausstrahlungen der vorstehend zu lit. a näher bezeichneter Sendefolgen im deutschen Fernsehen (Free- und Pay-TV).
2. Der Beklagten wird gestattet, die Auskunft und Rechnungslegung gegenüber einer vom Kläger auszuwählenden und von ihr zu bezahlenden, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Person zu erbringen, die berechtigt und verpflichtet ist, dem Kläger ihre mit den vorbezeichneten Serienfolgen erzielten Bruttoeinnahmen mitzuteilen und Fragen zu ihrer Ermittlung und Überprüfung zu beantworten.
3. Im Übrigen wird das Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Die Entscheidung über die sonstigen Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit leistet. Die Sicherheit beträgt hinsichtlich des Auskunftsanspruchs 25.000 € und hinsichtlich der Kosten für die Beklagte 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren, für den Kläger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte betreibt einen privaten Fernsehsender. In ihrem Hauptprogramm wird seit 1996 die (Action-) Serie "Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei" mit inzwischen über 250 Sendefolgen ausgestrahlt. Als Spin Off ("Ableger") entstand 2002 die Serie "Alarm für Cobra 11 - Einsatz für Team 2". Den Kläger beauftragten die für die Beklagte tätigen Produktionsunternehmen ab der zweiten Serienstaffel teils als Drehbuchautor, teils als mit der Buchentwicklung und Koordination der Beiträge anderer Autoren befassten Headwriter. Im Vor- oder Abspann der in der Urteilsformel aufgeführten insgesamt 36 Sendefolgen wurde er (teils unter seinem Pseudonym U6) als Autor oder Mitautor benannt. Für seine Leistungen und Nutzungsrechtseinräumungen erhielt er aus Verträgen mit den Produktionsunternehmen insgesamt Pauschalvergütungen (Grund- und Buy-Out-Honorare) von umgerechnet 608.984,49 € (vgl. Schriftsatz vom 03.05.2012, Bl. 74 ff. d.A.) und aus einem Beratervertrag mit der Beklagten (Anlage K 28, Bl. 186 ff. d.A.) umgerechnet 178.952,16 €.
Mit seiner am 30.12.2011 eingereichten Stufenklage beansprucht der Kläger eine weitere angemessene Beteiligung an den Erträgnissen und Vorteilen der Beklagten aus der Nutzung seiner Werke. Er hat geltend gemacht, dass die Auswertung der Serie (insbesondere durch Auslandslizenzen und wiederholte Ausstrahlung unter anderem über den Sender S2), deren überaus großer Erfolg ihm erst 2011 deutlich geworden sei, im Hinblick auf die ihm bezahlten Vergütungen zu einem auffälligem Missverhältnis geführt habe. Weil er über keine anderen zuverlässigen Informationsquellen verfüge, bedürfe er der Auskunft. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Die Annahmen des Klägers beruhten weithin auf Phantasiezahlen und unzutreffender Übertragung der Gepflogenheiten deutscher öffentlichrechtlicher Fernsehsender auf den Privatfernsehbereich. Mangels klarer Anhaltspunkte für ein auffälliges Missverhältnis bestehe schon kein Auskunftsanspruch. Vorsorglich hat sie um Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehalts und Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO gebeten.
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Stufenklage insgesamt abgewiesen, weil der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Vertragsänderungsanspruch dargelegt und unter Beweis gestellt habe. Im Berufungsrechtszug verfolgt der Kläger sein Begehren auf der ersten Stufe weiter und beantragt sinngemäß,
wie zu Nr. I 1 und 3 erkannt.
Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr im angefochtenen Urteil näher dargestelltes erstinstanzliches Vorbringen; ergänzend verweist der Kläger auf Vergütungsregeln, die zwischen dem Verband der Drehbuchautoren, dem A3 (A3) und der B2 verabredet wurden, sowie Angaben im Online-Magazin "R" (Anlagen K 30 und 31, Bl. 349 ff. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet und verhilft dem Kläger in der Sache zu einem vorläufigen Erfolg. Die vollständige Abweisung der Klage kann nicht bestehen bleiben. Die Beklagte hat dem Kläger die begehrte Auskunft zu erteilen; wegen der bisher noch unbezifferten Zahlungsklage ist das Verfahren gemäß dem Antrag des Klägers in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht fortzusetzen (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO analog; vgl. BGH, NJW 2006, 2626 [Rn. 15]; BGHZ 189, 171 [Rn. 41]).
1. Das Landgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der Urheber eines geschützten Werks, wie im Streitfall der (Mit-) Verfasser des Drehbuchs eines Films oder Fernsehspiels (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 6, Abs. 2 UrhG), nach Entstehung eines auffälligen Missverhältnisses der ihm zugeflossenen Gegenleistung zu den Erträgnissen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes durch Dritte eine weitere, den Umständen nach angemessene Beteiligung verlangen kann (§ 32a Abs. 2 UrhG). Wie das Landgericht ebenfalls zutreffend zu Grunde gelegt hat, kann er, wenn aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für einen solchen Anspruch bestehen, Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und gegebenenfalls Rechnungslegung (§ 259 BGB) verlangen, um die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs im Einzelnen ermitteln und die zu zahlende Vergütung berechnen zu können (vgl. BGH, GRUR 2002, 602 [603] = WRP 2002, 715 - Musikfragmente; GRUR 2009, 939 = WRP 2009, 1008 [Rn. 35] - Mambo No. 5; GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 11] - Das Boot; GRUR 2012, 1248 = WRP 2013, 65 [Rn. 35] - Fluch der Karibik; OLG München, GRUR-RR 2013, 276 - Das Boot II). Der Urheber soll weder Auskunft nach Belieben verlangen können noch muss das Bestehen eines Zahlungsanspruchs vor Auskunftserteilung bereits feststehen (vgl. OLG Jena, Urteil vom 17.10.2012 - 2 U 731/10); vielmehr genügen greifbare Anhaltspunkte, die ein auffälliges Missverhältnis hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. BGH, GRUR 2002, 602 [603] = WRP 2002, 715 - Musikfragmente).
Solche klaren und greifbaren Anhaltspunkte liegen hier nach der nicht erheblich bestrittenen Darlegung des Klägers (§ 138 Abs. 3 ZPO) vor.
a) Die Beantwortung der Frage, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen der als Gegenleistung für die Einräumung des Nutzungsrechts vereinbarten Vergütung des Urhebers und den aus der Nutzung des Werkes erzielten Erträgen und Vorteilen des Dritten besteht, setzt zunächst die Feststellung der mit dem Urheber vereinbarten Vergütung und der vom Dritten erzielten Erträge und Vorteile voraus. Sodann ist die Vergütung zu bestimmen, die - im Nachhinein betrachtet - insbesondere unter Berücksichtigung der erzielten Erträge und Vorteile angemessen im Sinne des § 32 Abs. 2 S. 2 UrhG ist. Schließlich ist zu prüfen, ob die vereinbarte Vergütung im Blick auf diese angemessene Vergütung in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen steht. Ein auffälliges Missverhältnis liegt jedenfalls vor, wenn die vereinbarte Vergütung nur die Hälfte der angemessenen Vergütung beträgt. Da die gesamten Beziehungen des Urhebers zum Nutzungsberechtigten zu berücksichtigen sind, können nach Maßgabe der Umstände aber auch bereits geringere Abweichungen ein auffälliges Missverhältnis begründen (vgl. BGH, GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 25] - Das Boot; GRUR 2012, 1248 = WRP 2013, 65 [Rn. 55] - Fluch der Karibik).
Auf der Stufe des Auskunftsanspruchs hat die Feststellung der vom Dritten erzielten Erträge und Vorteile und ihr Vergleich mit der Gegenleistung - entgegen der am Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.09.2011 (GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 32] - Das Boot) geübten Kritik, dass damit gewissermaßen eine Vorwegnahme des Ergebnisses der Auskunftsklage verlangt werde (vgl. Jacobs, GRUR 2012, 505) - allerdings noch nicht in bestimmter oder betragsmäßig geschätzter (§ 287 Abs. 2 ZPO) Höhe zu erfolgen. Ihrer konkreten Feststellung hat vielmehr die Erteilung der begehrten Auskünfte vorauszugehen. Wie der Bundesgerichtshof in seiner folgenden Entscheidung vom 10.05.2012 (GRUR 2012, 1248 = WRP 2013, 65 [Rn. 57] - Fluch der Karibik) klargestellt hat, kann sich nämlich erst nach Erteilung der begehrten Auskünfte aus einem Vergleich mit den durch die Filmauswertung erzielten Erträgen ergeben, ob eine mit dem Urheber vereinbarte Vergütung geeignet ist, ein auffälliges Missverhältnis auszuschließen; diese Frage ist daher erst in der weiteren Stufe des Verfahrens nach Bezifferung der Zahlungsansprüche zu klären (vgl. OLG München, GRUR-RR 2013, 276 - Das Boot II).
Als greifbare Anhaltspunkte, die bei einem Spielfilm das Entstehen eines auffälligen Missverhältnisses wegen überdurchschnittlich erfolgreicher Auswertung hinreichend wahrscheinlich machen können, sind vor diesem Hintergrund etwa lange Kinolaufzeiten in allen deutschen Großstädten, eine breite Resonanz in lokalen und überregionalen Medien und die Berichterstattung über Oscar-Nominierungen in mehreren Kategorien sowie erheblich höhere Vergütungen der ausübenden Künstler bei Folgeproduktionen angesehen worden (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 25, 58] - Fluch der Karibik). Bei dem im In- und Ausland erfolgreichen deutschen Film "Das Boot" hat das Oberlandesgericht München in seinem zweiten Berufungsurteil (GRUR-RR 2013, 276) aus dem vielfach belegten anhaltenden und außergewöhnlich hohen Zuschauerzuspruch ebenfalls auf eine überdurchschnittliche Auswertung und ein dadurch entstandenes auffälliges Missverhältnis zu der Vergütung des Kameramanns geschlossen, ohne konkret feststellen zu können, in welcher Höhe die Beklagte aus der Filmverwertung Erträge generiert hat; dies sei Gegenstand der nun von der Beklagten zu erteilenden Auskunft, nicht aber des vom Kläger zu erbringenden Klagevortrags.
b) Im Streitfall stehen die zwischen 1996 und 2002 erbrachten schöpferischen Beiträge des Klägers zu insgesamt 36 frühen Sendefolgen der zweiten bis fünften Staffel und des Spin Offs einer seriellen Fernsehproduktion in Rede, die heute - unstreitig - als Deutschlands erfolgreichste Action-Serie gilt. Aus dem Umstand, dass die Serie seit mehr als anderthalb Jahrzehnten im deutschen Hauptprogramm der Beklagten läuft, ist allerdings für sich genommen nur auf einen dauerhaft hohen Zuschauerzuspruch und noch nicht auf einen außergewöhnlichen wirtschaftlichen Erfolg bei der Auswertung gerade der frühen Folgen zu schließen. Hinreichend klare und greifbare Anhaltspunkte für die inzwischen ein auffälliges Missverhältnis begründende erfolgreiche Vermarktung auch derjenigen Sendefolgen, in die in nicht unwesentlichem Umfang die kreative Tätigkeit Kläger eingegangen ist, ergeben sich jedoch aus seinem weiteren nicht oder nur pauschal bestrittenen Vorbringen.
aa) Soweit die Beklagte sich in erster Instanz zur Aktivlegitimation des Klägers in Bezug auf acht oder sogar alle Sendefolgen mit Nichtwissen erklärt und diese bestritten hat, kommt es darauf angesichts der für den Kläger sprechenden Urhebervermutung (§ 10 Abs. 1 UrhG) nicht an. Die Beklagte hat vor dem Landgericht weder seine Darlegung konkret in Abrede gestellt, dass er teils unter bürgerlichem Namen, teils unter Pseudonym im Vor- oder Abspann aller streitbefangenen Sendefolgen als (Mit-) Autor benannt worden sei, noch die Richtigkeit dieser Angaben widerlegt.
bb) Einer Beantwortung der Frage, welcher Teil der mit dem Kläger vereinbarten Gegenleistungen bei wertender Betrachtung auf die Zeit nach dem 28.03. 2002 entfällt, bedarf es nicht. In seinem Urteil vom 22.09.2011 hat der Bundesgerichtshof allerdings unzureichende Feststellungen in diese Richtung beanstandet (GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 32, 44] - Das Boot), nachdem das Berufungsgericht seiner Entscheidung nur diesen Zeitraum zu Grunde gelegt hatte. Aus den weiteren Ausführungen des Urteils geht jedoch hervor, dass bei der Prüfung, ob auf Grund konkreter Tatsachen klare Anhaltspunkte für ein auffälliges Missverhältnis vorliegen, ohne zeitliche Begrenzung sämtliche Erträge und Vorteile aus der Nutzung des Werkes und die gesamte Vergütung des Urhebers zu berücksichtigen sind (BGH, a.a.O. [Rn. 79]). Daraus folgt, dass der Urheber sich einerseits alle vor und nach dem Stichtag erhaltenen Gegenleistungen anrechnen lassen muss und andererseits auch alle Erträgnisse der Beklagten während des gesamten Zeitraums der Werknutzung in die begehrte Auskunft einzubeziehen sind.
Denn dem Urheber kann eine weitere angemessene Beteiligung an der Werkauswertung im Sinne des mit der Urheberrechtsnovelle 2002 eingeführten "Fairnessparagrafen" (§ 32a Abs. 1 und 2 UrhG) zwar nur an Erträgen und Vorteilen aus Verwertungshandlungen zustehen, die nach dem 28.03.2002 vorgenommen wurden (§ 132 Abs. 3 S. 2 UrhG). In Bezug auf den Grund seines Anspruchs, insbesondere des vorbereitenden Auskunftsanspruchs, ist es aber unerheblich, ob das auffällige Missverhältnis im Sinne dieser Vorschrift erst nach dem 28.03.2002 entstanden ist oder ob es bereits vorher bestand und nach dem Stichtag fortbestanden hat. Bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis besteht, sind vielmehr auch die vor dem 28.03.2002 angefallenen Erträgnisse zu berücksichtigen, falls sie nicht bereits zur Begründung eines Anspruchs aus § 36 UrhG a.F. oder nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage herangezogen wurden und damit "verbraucht" sind (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 53-66]).
Der Senat folgt insoweit der eingehend und überzeugend begründeten Auffassung des Bundesgerichtshofs und tritt der daran im Schrifttum geübten Kritik (vgl. Jacobs, GRUR 2012, 505) nicht bei. Wer den Stichtag als strenge Zäsur versteht, nimmt eine sachlich nicht gerechtfertigte und vom Gesetz ersichtlich nicht beabsichtigte Benachteiligung von Urhebern in Kauf, die für die Zeit vor dem 28.03.2002 kein grobes und unerwartetes und für die Zeit danach kein auffälliges Missverhältnis darlegen können, obwohl bei umfassender Betrachtung des gesamten Zeitraums der Werknutzung weder nach Maßgabe des alten noch des neuen Rechts Zweifel an einem solchen Missverhältnis bestehen. Gegenüber praktischen Bedenken in Bezug auf die Berücksichtigung weit zurückliegender Zeiträume ist auf die unberührt bleibenden Regelungen der Verjährung und Verwirkung sowie darauf hinzuweisen, dass der Verwerter dem Urheber keine unmögliche Auskunft schuldet und über Geschäftsvorgänge, die nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen trotz zumutbarer Prüfung nicht mehr rekonstruierbar sind, keine näheren Angaben machen muss.
Gegen eine zeitliche Begrenzung der Auskunft auf Verwertungshandlungen nach dem Stichtag spricht in diesem Zusammenhang auch, dass der Auskunftsanspruch nach inzwischen übereinstimmender Rechtsprechung des I. und X. Zivilsenats auf den anderen Gebieten des Immaterialgüterrechts bereits für die Zeit vor der ersten beanstandeten Verletzungshandlung geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, GRUR 2007, 877 = WRP 2007, 1187 [24 f.] - Windsor Estate), womit unter Billigkeitsaspekten dem Informationsinteresse des Verletzten schon bei der Ermittlung der anspruchsbegründenden Tatsachen ein gewisser Vorrang gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Verletzers gegeben wird (vgl. Steinbeck, GRUR 2008, 110 ff.).
cc) Die dem Kläger als Gegenleistung zugeflossenen Beträge summieren sich auf (608.984,49 € + 178.952,16 € =) 787.936,65 €.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Pauschalvergütungen des Klägers in vollem Umfang anzusetzen und nicht in außer Ansatz zu lassende Grundhonorare für seine Arbeitsleistung und zu berücksichtigende Buy-Out-Honorare für die Nutzungsrechtseinräumung aufzuteilen ist; denn die Vergütung des Urhebers hängt regelmäßig vom Ausmaß der Nutzung seines Werkes und nicht von dem Herstellungsaufwand ab (vgl. BGHZ 182, 337 = GRUR 2009, 1148 = WRP 2009, 1561 [Rn. 55] - Talking to Addison; GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 28] - Das Boot).
Insofern bestehen auch keine Bedenken dagegen, die eigene Zahlung der Beklagten an den Kläger auf Grund des Beratervertrages von August 1997 in den Vergleich einzubeziehen, denn auch damit wurden Headwriter-Leistungen des Klägers in Bezug auf die die dritte Staffel der Serie vorrangig unter dem Aspekt der Nutzungsrechtseinräumungen für die von ihm bearbeiteten Drehbücher abgegolten.
Außer Ansatz bleiben dagegen die nicht als Teil der Gegenleistung des Verwerters anzusehenden Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft Wort an den Kläger (vgl. BGH, GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 29] - Das Boot).
dd) Es bestehen auf Grund konkreter Tatsachen klare Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten aus der Verwertung der unter kreativer Mitwirkung des Klägers entstandenen Sendefolgen Erträgnisse und Vorteile in ganz erheblichem Umfang zugeflossen sind.
(1) Für das Auskunftsverlangen ist dabei sowohl dem Grunde nach als auch im Hinblick auf den Umfang der begehrten Auskünfte auf die mit der Verwertung erzielten Bruttoerlöse, nicht auf die Gewinne der Beklagten abzustellen.
Bei der nachgelagerten Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten Vergütung und den Erträgen und Vorteilen des Dritten besteht, sind allerdings die gesamten Beziehungen des Urhebers zum Verwerter und damit auch den Gewinn des Verwerters schmälernde Aufwendungen (ohne Berücksichtigung von Verlusten aus der Verwertung von Werken anderer Urheber) zu berücksichtigen (vgl. BGH, GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 [Rn. 33 f.] - Das Boot). Für den Auskunftanspruch kommt es darauf aber nicht an (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 89]). In die Prüfung, in welchem Verhältnis die vereinbarte Vergütung des Urhebers zu den Erträgen und Vorteilen des Verwerters steht, ist nämlich zunächst nicht der Gewinn, sondern der Bruttoerlös des Verwerters einzubeziehen (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 33]).
(2) Der Kläger hat nachprüfbare Tatsachen für eine überdurchschnittlich erfolgreiche Auswertung der Fernsehserie insbesondere durch Lizenzvereinbarungen mit ausländischen Sendeunternehmen dargetan.
Gestützt auf im Internet publizierte Angaben der Produzentin (Anlage K 5) und der "cobra11-fanpage.de" (Anlage K 6) hat er vorgetragen, dass Folgen der Serie auch in den Niederlanden, in Frankreich, Italien, Schweiz, Österreich, Belgien, Polen, Ungarn, der Tschechischen Republik, der Slowakei, in Bulgarien, Slowenien, Lettland, Estland, Litauen, Türkei und Mexiko mit großem Erfolg laufen und dass die gesamte Produktion mit einem weltweiten "Verkauf" in mittlerweile über 140 Länder den Rekord der im Ausland bisher erfolgreichsten deutschen Fernsehserie "E8" gebrochen habe. Nach aktuellen Angaben des Online-Magazins "R" (Anlage K 30) belege die Serie Platz 25 der einträglichsten Serien der Welt.
Wenngleich diese Angaben für sich genommen noch keinen verlässlichen Rückschluss auf den wirklichen Umfang der Auslandsverwertung derjenigen Serienfolgen zulassen, an denen der Kläger als (Mit-) Autor beteiligt war, sind sie doch konkrete Indizien für eine überdurchschnittlich erfolgreiche Auswertung gerade auch dieser Folgen, zumal ausländische Sendeunternehmen, in deren Ländern die Serie inzwischen starken Zuschauerzuspruch findet, an einer Übernahme älterer Sendefolgen gleichfalls interessiert sein werden.
Sogar wenn allein von der Erklärung der Beklagten in ihrem vorprozessualem Anwaltsschreiben vom 02.09.2011 (Anlage K 16) und in der Klageerwiderung (dort bezogen nur auf die Zeit seit dem 28.03.2002) und im Schriftsatz vom 14.08.2012 (dort bezogen auf den gesamten in Betracht kommenden Auswertungszeitraum) ausgegangen wird, dass vom Kläger mitgestaltete Sendefolgen der Staffel 2 in 19 Länder und der Staffel 3 in 23 Länder, der Pilotfilm zur Staffel 4 in 31 Länder und der Pilotfilm zur Staffel 5 in 30 Länder verkauft worden seien, liegt ein überdurchschnittlicher Erfolg der Verwertung dieser Folgen durch Lizenzierung an ausländische Fernsehsender nahe (zu den beiden Folgen der Spin-Off-Serie hat die Beklagte keine Angaben gemacht).
Dem Vorbringen des Klägers, dass solche Lizenzierungen für deutsche Fernsehsender lukrativ seien, ist die Beklagte nur sehr allgemein entgegengetreten, indem sie von Phantasiezahlen des Klägers gesprochen und vorgetragen hat, dass ein Auslandsvertrieb von Serienfolgen der vorliegenden Art in vielen Fällen insbesondere im osteuropäischen Raum nur 300 € bis 500 € je Folge erziele (Schriftsatz vom 19.06.2012). Dagegen hat der Kläger (insoweit unbestritten) immerhin konkret dargelegt, dass das A3 in Italien oder Frankreich für einzelne Folgen seiner Sendereihe "T5" jeweils rund 25.500 € erlöse, wobei er zugestanden hat, dass bei einem Vertrieb von Sendefolgen beispielsweise in eines der baltischen Länder mit kleinerem Ausstrahlungsgebiet auch geringere Erlöse erzielt werden. Dass die Lizenzeinnahmen eines Privatsenders wie der Beklagten bei der Auslandsverwertung vergleichbarer Serien insgesamt wenigstens eine ähnliche Größenordnung erreichen, liegt nicht fern. Konkrete Umstände für die Annahme, dass sie beim grenzüberschreitenden Handel mit TV-Lizenzen deutlich schlechtere Konditionen hinnehmen müsse als öffentlichrechtliche Anbieter, hat die Beklagte jedenfalls nicht aufgezeigt.
Vorbehaltlich genauerer Angaben der Beklagten im Rahmen der zu erteilenden Auskunft erscheint nach alledem die maßvolle Schätzung des Klägers, wonach die Beklagte mit Auslandslizenzen für die in Rede stehenden Sendefolgen durchschnittlich mindestens 4.000 € je 45-minütiger und 8.000,00 € je 90-minütiger Folge erlöst habe, nicht von vornherein unrealistisch. Dann aber ergibt sich bereits für die von der Beklagten eingeräumten Auslandsverkäufe ein über 3 Mio. € liegender Gesamtbetrag:
19
Folgen 45 Min. in
19
Länder zu je
4.000,00 €
ergibt
1.444.000,00 €
13
Folgen 45 Min. in
23
Länder zu je
4.000,00 €
ergibt
1.196.000,00 €
Folge 90 Min. in
31
Länder zu je
8.000,00 €
ergibt
248.000,00 €
Folge 90 Min. in
30
Länder zu je
8.000,00 €
ergibt
240.000,00 €
3.128.000,00 €
(3) Hinzu kommen weitere vom Kläger konkret dargelegte Auswertungen der streitbefangenen Serienfolgen, die auf einen vom Üblichen abweichenden besonderen (auch wirtschaftlichen) Erfolg hindeuten, ohne dass dessen wirklicher Umfang damit bereits erfasst wäre und vom Kläger auf Grund der ihm zugänglichen Informationen genauer beziffert werden könnte:
So sind die Folgen über zwei bis drei Wiederholungen im öffentlich frei zugänglichen Fernsehprogramm (Free-TV) der Beklagten hinaus (Anlage B 1) nach den unbestrittenen Angaben des Klägers zwischen Januar 2007 bis August 2010, also lange nach der Erstausstrahlung, insgesamt 462 mal im Programm des konzerneigenen "Bezahlsenders" (Pay-TV) "S2" wiederholt worden (Anlage K 1). Mit einer Ausnahme ("A2" - Staffel 2, Sendefolge 6 der Spin-Off-Serie) sind alle Folgen außerdem unstreitig auf DVD erschienen.
ee) Eine vorläufige Betrachtung des Verhältnisses der mit dem Klägerin vereinbarten und der im Hinblick auf die Bruttoerlöse der Beklagten angemessenen Vergütung legt die Entstehung eines auffälligen Missverhältnisses hinreichend nahe, um den geltend gemachten Auskunftsanspruch bejahen zu können.
(1) Auszugehen ist dabei von dem urheberrechtlichen Grundsatz, dass der Urheber an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist (§ 11 S. 2 UrhG; BGHZ 182, 337 = GRUR 2009, 1148 = WRP 2009, 1561 [Rn. 23 f.] - Talking to Addison; BGH, WRP 2011, 913 = GRUR 2011, 714 [Rn. 16 ff.] - Der Frosch mit der Maske; GRUR 2013, 717 = WRP 2013, 911 [Rn. 25] - Covermount, jeweils m.w.N.). Die Freiheit des Urhebers, seine Leistung wirtschaftlich zu angemessenen Bedingungen verwerten zu können, genießt den Schutz des Eigentumsgrundrechts (vgl. BVerfG, NJW 2014, 46 [Rn. 87] m.w.N). Die damit in Wechselwirkung stehende, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit der Verwerter abgeleiteter Nutzungsrechte kann (wie in §§ 32, 32a UrhG geschehen) durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzt werden, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken (vgl. BVerfG, a.a.O. [Rn. 68]).
Zutreffend ist die Erwägung des Landgerichts, dass eine pauschale Abgeltung von Beiträgen der Drehbuchautoren und anderer Urheber, wie sie im Film- und Fernsehbereich weithin üblich und nicht zuletzt in der Vertragspraxis des Privatfernsehens seit dessen Einführung in Deutschland in den 1980er Jahren verbreitet ist, dem Beteiligungsgrundsatz genügen und ein Buy Out aller Rechte daher ohne hinzutretende besondere Umstände durchaus angemessen (§ 32 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 S. 2 UrhG) sein kann. Allerdings bergen Pauschalhonorare gegenüber einer ganz oder teilweise erfolgsabhängigen Vergütung die Gefahr, dass nur anfängliche Nutzungen abgegolten werden und es im Falle fortlaufender Nutzung des Werks oder besonderer Auswertungserfolge zu einem Missverhältnis zwischen der Vergütung des Urhebers und den Erträgnissen des Werknutzers kommt. Dies gilt auch unter Beachtung des Umstandes, dass ein Pauschalhonorar bei entsprechender Höhe das Misserfolgsrisiko auf den Nutzer verlagert und der Urheber in der Regel seine Vergütung rascher erhalten wird als bei einem Beteiligungsmodell (vgl. KG, ZUM 2012, 686 = BeckRS 2012, 17375).
Ausgehend von diesen Erwägungen ist erforderlich, unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit zwischen der für alle Buy-Out-Modelle typischen umfassenden vertraglichen Einräumung von Nutzungsrechten für sämtliche in Betracht kommenden Nutzungsarten und den Nutzungen des geschützten Werks zu unterscheiden, die zur Zeit des Vertragsabschlusses kalkulatorische Grundlage der Vergütungsabrede waren. Dass es nach § 32a Abs. 1 S. 2 UrhG für eine weitere angemessene Beteiligung des Urhebers an den erzielten Erträgen und Vorteilen unerheblich ist, ob diese von den Vertragspartnern vorhergesehen wurden oder hätten vorhergesehen werden können, bedeutet nämlich nicht umgekehrt, dass sich der für den Angemessenheitsvergleich heranzuziehende Umfang der mit der Vergütung abgegoltenen Nutzungen ohne Rücksicht auf die Vorstellungen der Vertragspartner allein aus dem Wortlaut der Verträge ergibt.
(2) Der Kläger hat im Einzelnen dargelegt (Schriftsatz vom 03.05.2012, S. 9 ff.; Berufungsbegründung S. 12 ff.; Anlagen K 23-27), dass sich die branchenüblichen Buy-Out-Honorare der Drehbuchautoren aus den zuvor bei den öffentlichrechtlichen Sendern auf Grund von Tarifverträgen der 1970er Jahre üblichen Wiederholungshonoraren entwickelt hätten. Danach habe der Autor nach der mit dem Grundhonorar abgegoltenen Erstausstrahlung eine von der Attraktivität des Sendeplatzes abhängige Vergütung für jede Wiederholung erhalten, die zwischen 50 % und 100 % des Grundhonorars ausgemacht habe. Bei der Bemessung der Buy-Out-Vergütungen sei man im Sinne einer einfacheren Vertragsabwicklung bei möglichst ausgewogenem Risiko von den bei "normal" erfolgreichen Fernsehfilmen üblichen zwei bis drei Wiederholungen ausgegangen. Bei "normaler" Auswertung erhalte der Urheber auf diese Weise sofort die Vergütung, die nach dem Modell der Wiederholungshonorare später ebenfalls angefallen wäre. Erweise sich die Sendung als Misserfolg und werde sie deshalb nicht einmal im sonst üblichen Umfang wiederholt, sei die dem Urheber gezahlte Vergütung sogar mehr als angemessen. Im Gegenzug nehme er bei in überdurchschnittlich erfolgreichen Sendungen in Kauf, an der vierten oder fünften Wiederholung nicht mehr besonders beteiligt zu werden und Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung erst geltend machen zu können, wenn zwischen dem Umfang der Auswertung und der Höhe seiner Vergütung ein auffälliges Missverhältnis entsteht. Maßgebliche Kalkulationsgrundlage der Buy-Out-Vergütungen sei danach die veranschlagte Zahl von Wiederholungen im Inland. Dagegen würden zusätzliche Lizenzerlöse durch Verwertung im Ausland bei der Kalkulation der Vergütungshöhe vollständig vernachlässigt.
Auch im Streitfall hätten sich die mit ihm vereinbarten Honorare im Rahmen dessen bewegt, was Drehbuchautoren in den 1990er Jahren von öffentlichrechtlichen Sendern und einigen Privatsendern für Serienfolgen bis zu 50 Minuten Länge und für abendfüllende Filmen bis zu 90 Minuten an Grundhonorar und Wiederholungshonoraren bei einer Wiederholung im Hauptprogramm oder bis zu drei Wiederholungen in Nebenprogrammen gezahlt worden sei.
Dieser schlüssigen und durch Erhebungen des Verbandes Deutscher Drehbuchautoren aus den Jahren 1996/1997 sowie die beispielhafte Vorlage eigener Drehbuchverträge veranschaulichten Darlegung des Klägers ist die Beklagte nur entgegengetreten, indem sie seine Grundannahmen als falsch bezeichnet hat; dieses allgemein gehaltene Bestreiten ist aber prozessual unerheblich (§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO; vgl. Zöller / Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 8 ff. m.w.N.). Eine abweichende Vertragspraxis der Drehbuchautoren, Produktionsfirmen und Sendeunternehmen im fraglichen Zeitraum hat die Beklagte ebenso wenig konkret dargetan wie eine den Annahmen des Klägers entgegenstehende Aufschlüsselung ihrer eigenen Kalkulation. Ihr Argument, dass die im Streitfall abgeschlossenen Verträge ihr neben dem Recht zu beliebig vielen Wiederholungssendungen auch umfassende weltweite Nutzungsrechte an den Sendefolgen eingeräumt hätten, erweist sich als untauglich, weil aus dem Wesen eines Buy-Out-Vertrages mit umfassender Rechtseinräumung nicht unmittelbar auf den Umfang der Verwertungshandlungen geschlossen werden kann, die von den Vertragspartnern tatsächlich in die Bemessung der Vergütungshöhe einbezogen worden sind.
(3) Hat der Senat damit mangels abweichender nachvollziehbarer Darlegung der Beklagten mit dem Kläger davon auszugehen, dass den ihm bezahlten Vergütungen (einschließlich des von der Beklagten für die Koordinierung der Beiträge Dritter zu den Drehbüchern der dritten Sendestaffel gezahlten Beraterhonorars) die Abgeltung von Erstausstrahlung und bis zu drei Wiederholungen der jeweiligen Sendefolge im Inland zu Grunde lag, eine Auslandsverwertung bei der Honorarbemessung aber nicht in relevantem Umfang ins Kalkül gezogen wurde und darin keinen angemessenen Ausdruck gefunden hat, so folgt daraus, dass später dennoch stattgefundene Verwertungen dieser Art grundsätzlich geeignet sind, die Entstehung eines auffälligen Missverhältnisses zu begründen.
Weil die dem Kläger gezahlten Vergütungen von insgesamt 787.936,65 € die Werknutzung im Hauptprogramm der Beklagten (durch Erstausstrahlung und zwei bis drei Wiederholungen außerhalb der besten Sendezeit) angemessen abgelten, wie sie nach den Angaben der Beklagten (Anlage B 1) tatsächlich stattgefunden hat, sind nennenswerte Honoraranteile, die im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung auf darüber hinaus gehende Auswertungen angerechnet werden könnten, nicht mehr vorhanden. Insbesondere die durch Auslandslizenzen erzielten Verwertungserlöse stellen sich damit als eine zusätzliche wirtschaftliche Werknutzung erheblichen Umfangs dar, hinsichtlich derer eine weitere angemessene Beteiligung des Klägers als Drehbuchautor in Betracht kommt. Einzubeziehen sein könnten dann auch Pay-TV-Verwertungen und DVD-Verkäufe früher Sendestaffeln der Fernsehserie, die mehr als ein Jahrzehnt nach ihrer Erstausstrahlung stattfinden und bei der damaligen Honorarbemessung ersichtlich ebenfalls nicht berücksichtigt wurden.
(4) Der Einwand der Beklagten, dass es sich bei der vom Kläger vorgetragenen branchenüblichen Beteiligung der Drehbuchautoren an den Einnahmen aus Auslandslizenzen in Höhe von 25 % um Phantasiezahlen handele, die allein durch einen unzulässigen Vergleich mit dem öffentlichrechtlichen Vergütungsmodell belegt würden, erscheint dem Senat nicht stichhaltig genug, um auf dieser Grundlage bereits einen Auskunftsanspruch des Klägers verneinen zu können. Welcher andere Prozentsatz im Bereich der Privatsender als angemessene Beteiligung der Autoren an der Nutzung ihrer Werke im Ausland soll angesehen werden können, hat die Beklagte nicht vorgetragen; das Klägervorbringen entkräftende tatsächliche Umstände sind nach dem Akteninhalt auch sonst nicht ersichtlich.
Ausgehend von der oben zu lit. dd (2) wiedergegebenen maßvollen Schätzung stehen mithin wenigstens 782.000,00 € (25 % von 3.128.000,00 €) in Rede, die dem Kläger als Beteiligung am Verwertungserlös der unter seiner Mitwirkung entstandenen Sendefolgen im Ausland zustehen könnten. Dies sind bereits mehr als 99 % der dem Kläger im Hinblick auf andere Werknutzungen bezahlten Beträge. Auch wenn der vom Kläger für Wiederholungen der Sendefolgen auf "S2" angesetzte Beteiligungsbetrag von 48.375,00 € zu hoch gegriffen und die Erträge aus der DVD-Auswertung eher geringfügig sein sollten, liegt es danach zur Zeit - vor erteilter Auskunft - nicht fern, ein auffälliges Missverhältnisses anzunehmen.
2. Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede trägt die Abweisung der Klage durch das Landgericht nicht. Der zuerkannte Anspruch ist auch nicht verwirkt.
a) Der den Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung (§ 32a UrhG) vorbereitende Auskunftsanspruch (§§ 242, 259 BGB) verjährt selbständig (vgl. BGH, GRUR 2012, 1248 = WRP 2013, 65 [Rn. 22] - Fluch der Karibik), kann allerdings nach Verjährung des Hauptanspruchs wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden (vgl. Senat, GRUR-RR 2004, 161 - Bestseller; Urteil vom 06.11.2009 - 6 U 47/09). Hätte der Kläger vor dem 01.01.2008 Kenntnis von klaren Anhaltspunkten für ein auffälliges Missverhältnis im Sinne der vorstehenden Erwägungen gehabt oder ohne grobe Fahrlässigkeit haben müssen, auf Grund derer er Stufenklage hätte erheben können, so wäre am 31.12.2010 Verjährung eingetreten (§ 199 Abs. 1 BGB; vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 22 ff., 30] - Fluch der Karibik) und hätte die erst am 30.12.2011 eingereichte Klage diese nicht mehr hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO) können. Ansprüche des Klägers wegen eines groben und unerwarteten Missverhältnisses (§ 36 UrhG a.F.) schieden wegen seiner nach altem Recht stark eingeschränkten Stellung als Filmurheber aus (§§ 89, 90 S. 2 UrhG a.F.; zu Verjährungsfragen nach altem Recht vgl. Senat, a.a.O.). Soweit der Kläger vorher vorhandene, für ein auffälliges Missverhältnis sprechende klare Anhaltspunkte nicht kannte oder kennen musste, war der frühestens am 28.03.2002 entstandene Haupt- und Hilfsanspruch zur Zeit der weniger als zehn Jahre später (am 30.12.2011) eingereichten Klage noch unverjährt (§ 199 Abs. 4 BGB).
Dass spätestens bis zum 31.12.2007 die erforderliche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von greifbaren Anhaltspunkten gegeben war, die auf eine überdurchschnittlich erfolgreiche Auswertung der unter seiner Mitwirkung entstandenen Sendefolgen und damit auf ein auffälliges Missverhältnis im Hinblick auf Erträgnisse und Vorteile der Beklagten aus der Filmauswertung schließen ließen, steht nicht fest.
Grob fahrlässige Unkenntnis sofort einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Sie liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 23] - Fluch der Karibik, m.w.N.). Dies vermag der Senat im Streitfall nach dem Vorbringen beider Parteien zum prozessualen Nachteil der Beklagten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 32a Rn. 67) nicht festzustellen.
Die Beklagte, welche die Entstehung eines auffälligen Missverhältnisses leugnet, macht zwar rechtswahrend geltend, dass der Kläger von den dafür sprechenden Umständen, also insbesondere der erfolgreichen Vermarktung der Fernsehserie und der in Rede stehenden Sendefolgen im Ausland, bereits vor längerer Zeit hätte erfahren müssen. Mangels einer Marktbeobachtungspflicht des Klägers (vgl. Dreier / Schulze, a.a.O.; Fromm / Nordemann / Czychowski, UrhR, 10. Aufl., § 32a Rn. 42) kann davon jedoch nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Kläger selbst hat vorgetragen, erst durch Onlinepublikationen im Jahr 2011 (Anlage K 5 und K 6) auf den außergewöhnlichen Erfolg der Serie auch im Ausland aufmerksam geworden zu sein. Selbst wenn sich dem Kläger aufgedrängt hätte, dass die Beklagte mit den zumindest seit Anfang 2007 auf "S2" wiederholten Sendefolgen weitere Erträge im Inland erzielte (Anlage K 1), musste er daraus allein noch nicht auf eine zur Erhebung einer Stufenklage Anlass gebende überdurchschnittlich erfolgreiche Auswertung auch im Ausland schließen. Aus den ihm übersandten Abrechnungen der W ergibt sich im Ergebnis nichts anderes, weil diese zwar Ausschüttungen ausländischer Verwertungsgesellschaften getrennt ausweisen (vgl. Anlage K 29), aber keinen bestimmten Werken zuordnen und der Kläger zwar berechtigt war, ohne weitere konkret feststellbare Umstände aber keinen Anlass hatte, sich bei der Verwertungsgesellschaft nach der Auslandsverwertung gerade der hier im Streit befindlichen Drehbücher zu erkundigen.
b) Für eine Verwirkung der Ansprüche als Fall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) fehlt es außer an Hinweisen auf eine längere Nichtgeltendmachung trotz Kenntnis des Klägers an nachvollziehbaren Darlegungen dazu, dass die Beklagte im Vertrauen darauf nicht mehr rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen oder wegen ähnlicher Umstände besonderen Schutz verdiene.
3. Aus der Natur des Auskunftsbegehrens als eines aus Treu und Glauben abgeleiteten Anspruchs ergeben sich Grenzen der Auskunftspflicht. Sie scheidet aus, wenn auf Seiten des Berechtigten die geforderten Angaben zur Erreichung des Vertragszwecks nicht unbedingt erforderlich sind, und setzt auf Seiten des Verpflichteten voraus, dass er dem Auskunftsbegehren ohne unzumutbaren Aufwand und ohne Beeinträchtigung berechtigter Interessen nachkommen kann (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 59] - Fluch der Karibik).
Im Streitfall hat der Senat indessen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Auskunftsantrag des Klägers in dieser Hinsicht über den in anderen Fällen (vgl. BGH, GRUR 2012, 496 = WRP 2012, 565 - Das Boot; OLG München, GRUR-RR 2013, 276 - Das Boot II) als zulässig und begründet angesehenen Umfang der begehrten Informationen hinausgeht. Insbesondere begegnet es aus den vorstehend zu Nr. 1 lit. b dd ausgeführten Erwägungen keinen Bedenken, dass der Kläger Auskunft über sämtliche Bruttoerlöse der Beklagten begehrt.
Weil der Senat jedoch nach dem Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 19.06.2012 und der Art der vom Kläger begehrten Auskünfte beispielsweise über Inhalte der von der Beklagten abgeschlossenen Lizenz- und Werbeverträge nicht auszuschließen vermag, dass dazu in nicht unbeträchtlichem Umfang geheimhaltungsbedürftige Tatsachen gehören, deren unmittelbare Mitteilung das Informationsinteresse des Klägers weder erfordert noch rechtfertigt, enthält Nr. 3 der Urteilsformel gemäß der Anregung der Beklagten einen Wirtschaftsprüfervorbehalt; eine Teilabweisung der Auskunftsklage liegt darin nicht (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kap. 38 Rn. 31 m.w.N.).
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, in dem über die Klage auf der Stufe des Auskunftsanspruchs abschließend entschieden worden ist und über dessen Kosten deshalb trotz Aufhebung und Zurückverweisung der Sache wegen des noch unbezifferten Zahlungsanspruchs zu befinden ist (vgl. OLG Hamm, OLGR 1994, 72), folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Eine den Rechtsstreit im Übrigen betreffende Kostenentscheidung kann noch nicht ergehen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Beklagten gemäß ihrem Schutzantrag nach § 712 ZPO eine Abwendung der Vollstreckung auch ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Klägers zu gestatten, besteht kein Anlass, nachdem den Geheimhaltungsinteressen der Beklagten bereits durch den Wirtschaftsprüfervorbehalt Rechnung getragen wird und andere ihr durch die Auskunft drohende unersetzbare Nachteile nicht ersichtlich sind.
Das Urteil betrifft die tatrichterliche Anwendung gefestigter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
OLG Köln:
Urteil v. 17.01.2013
Az: 6 U 86/13
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