Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 13. Juli 2009
Aktenzeichen: 8 W 22/09
(OLG Hamm: Beschluss v. 13.07.2009, Az.: 8 W 22/09)
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 10.000 € zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin strebt die Feststellung nach § 246a Abs. 1 AktG an, dass die gegen die Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung vom 8. August 2008 zu TOP 5 gerichtete Anfechtungsklage der Antragsgegnerin der Eintragung der beschlossenen Ermächtigung zur Kapitalerhöhung nicht entgegensteht.
Die Hauptversammlung der Antragstellerin vom 8. August 2008 fasste unter dem Tagesordnungspunkt 5 mit einer Mehrheit von 86,86 % der anwesenden und vertretenen Stimmen den Beschluss, wonach der Vorstand ermächtigt wurde, innerhalb von 5 Jahren nach Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister eine Kapitalerhöhung um bis zu 1.281.250 € vorzunehmen. Die Antragsgegnerin, die zum Zeitpunkt der Hauptversammlung 10 Aktien der Antragstellerin hielt und gegen die genannte Beschlussfassung Widerspruch zur Niederschrift des beurkundenden Notars erklärte, hat Anfechtungsklage bei dem Landgericht Bielefeld erhoben, die zuständigkeitshalber an das Landgericht Dortmund verwiesen worden ist. Zur Begründung der Anfechtungsklage macht sie geltend, der Beschluss über genehmigtes Kapital entspreche zwar den Regelungen des deutschen Aktienrechts, doch verstoße § 202 Abs. 2 S. 1 AktG, wonach die Ermächtigung für höchstens fünf Jahre nach Eintragung der Satzungsänderung erteilt werden könne, europarechtlichen Vorgaben. Art. 25 Abs. 2 S. 3 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rats vom 13. Dezember 1976 (Zweite Kapitalrichtlinie) sehe eine Befristung der Ermächtigung für eine Höchstdauer von 5 Jahren vor, die mit der Beschlussfassung beginne und nicht erst mit der Eintragung der Maßnahme. Über die Anfechtungsklage (20 O 79/08 LG Dortmund) ist erstinstanzlich noch nicht entschieden worden.
Die Antragstellerin strebt im vorliegenden Verfahren die Freigabe der Eintragung an. Sie hat die Auffassung vertreten, die Anfechtungsklage sei offensichtlich unbegründet, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben worden sei und ein Anfechtungsgrund nicht vorliege. Die Vorschrift des § 202 Abs. 2 AktG, die den Beginn der Ermächtigungsdauer mit der Eintragung der Satzungsänderung annehme und der der angefochtenen Beschluss entspreche, stehe im Einklang mit der maßgeblichen Richtliniennorm. Insbesondere lege Art. 25 Abs. 2 S.3 der Zweiten Kapitalrichtlinie keinen Fristbeginn fest, so dass § 202 AktG hiervon nicht abweichen könne. Ein Verstoß werde deshalb auch von niemand im aktienrechtlichen Schrifttum vertreten. Unabhängig davon entfalte eine Richtlinie nur unter engen Voraussetzungen eine unmittelbare Drittwirkung, die hier nicht vorlägen.
Die Antragstellerin hat darüber hinaus gemeint, die Freigabe sei auch wegen eines überwiegenden Umsetzungsinteresses geboten.
Die Antragsgegnerin hat die offensichtliche Unbegründetheit der Anfechtungsklage mit näheren Ausführungen in Abrede gestellt und gemeint, die Antragstellerin habe für ein überwiegendes Umsetzungsinteresse keine hinreichenden Gründe vorgetragen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die angestrebte Freigabe erteilt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet sei. Zwar sei sie rechtzeitig erhoben worden, da die fristgerecht bei dem Landgericht Bielefeld eingereichte Klage "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO zugestellt worden sei. Die Klageerhebung bei einem unzuständigen Gericht sei unschädlich. Es fehle jedoch an einem Anfechtungsgrund. § 202 Abs. 2 AktG verstoße nicht gegen Art. 25 Abs. 2 S. 3 der Zweiten Kapitalrichtlinie. Die Richtlinie habe den nationalen Gesetzgebern Spielraum auch zur Bestimmung des Beginns der fünfjährigen Höchstfrist gelassen, der im deutschen Aktienrecht richtliniengerecht ausgeübt worden sei.
Wegen der weiteren Begründung der landgerichtlichen Entscheidung sowie des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin ficht diesen Beschluss mit der sofortigen Beschwerde an. Sie meint, das Landgericht habe die Voraussetzungen, unter denen ein Freigabebeschluss nach § 246 a AktG ergehen könne, ebenso verkannt wie den Regelungsgehalt und die Schranken der Zweiten Kapitalrichtlinie. Art. 25 Abs. 2 S. 3 dieser Richtlinie könne nur dahin ausgelegt werden, dass die Frist mit Beschlussfassung und nicht erst mit der Eintragung zu einem möglicherweise sehr viel späteren Zeitpunkt in Lauf gesetzt werde. Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, bestünden auch angesichts von Literaturstimmen zumindest Zweifel, die eine Entscheidung des EuGH zur Folge haben müssten. Dann aber könne die Anfechtungsklage nicht als offensichtlich unbegründet bezeichnet werden.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss mit näheren Ausführungen.
Der Senat hat die Akten 20 O 79/08 LG Dortmund zu Informationszwecken beigezogen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 246 a Abs. 3 S. 3 AktG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. Mit der am 15. April 2009 bei dem Landgericht Dortmund eingegangenen Beschwerdeschrift ist die Frist des § 569 Abs. 1 ZPO von 2 Wochen gewahrt worden, da eine Zustellung des angefochtenen Beschlusses vor dem 1. April 2009 nicht festgestellt werden kann.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, da das Landgericht dem Antrag zu Recht stattgegeben hat. Die Voraussetzungen des § 246 a Abs. 1 ZPO sind gegeben, wie das Landgericht unter Einhaltung des vorgesehenen Verfahrens festgestellt hat.
1.
Der Anwendungsbereich des § 246 a AktG ist eröffnet, da gegen einen Hauptversammlungsbeschluss der Antragstellerin über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung Klage erhoben worden ist (§ 246 a Abs. 1 AktG).
2.
Das Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die von der Antragsgegnerin erhobene Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet ist, § 246 a Abs. 2 AktG, was die vorgenommene Freigabe rechtfertigt.
a)
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat das Landgericht nicht die Voraussetzungen des § 246 a AktG verkannt. Vielmehr ist es mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon ausgegangen, dass offensichtliche Unbegründetheit einer Anfechtungsklage dann anzunehmen ist, wenn sich mit hoher Sicherheit vorhersagen lässt, dass die Klage erfolglos bleiben wird. Dem steht nicht entgegen, dass zu einzelnen Rechtsfragen in Literatur und Rechtsprechung auch andere Ansichten vertreten werden oder dass es zur Begründung der Erfolgsaussicht schwieriger rechtlicher Überlegungen bedarf (Senat, Beschluss vom 28. 2. 2005, 8 W 6/05 zu § 16 Abs. 3 UmwG, AG 2005, 361; OLG Frankfurt, WM 2009, 175; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 246 a Rdnr. 7). Nicht erforderlich ist, dass einschlägige Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt sind (Hüffer, a. a. O.).
b)
Die Anfechtungsklage ist nicht schon deshalb offensichtlich unbegründet, weil die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht gewahrt wurde. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug. Insbesondere genügte zur Fristwahrung auch die Klage vor dem unzuständigen Landgericht Bielefeld, solange nicht von einem missbräuchlichen Verhalten auszugehen ist (Hüffer, § 246 Rdnr. 24, 24a).
c)
Die Anfechtungsklage ist aber deshalb offensichtlich unbegründet, weil voraussichtlich ein Anfechtungsgrund nicht festgestellt werden wird. Die angefochtene Beschlussfassung der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 8. August 2008 verstößt nicht gegen Satzung oder Gesetz, § 243 Abs. 1 AktG.
Die Antragsgegnerin rügt insoweit allein, dass der Beschlussinhalt und die zugrunde liegende Norm des § 202 Abs. 2 AktG wegen der Befristung der Ermächtigung gegen übergeordnetes EU-Recht verstößt. Diese Rüge wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben.
aa)
Der Beschlussinhalt entspricht hinsichtlich der Befristung der Ermächtigung zur Kapitalerhöhung dem Wortlaut des § 202 Abs. 2 S. 1 AktG, wonach die Ermächtigung durch Satzungsänderung für höchstens fünf Jahre nach Eintragung der Satzungsänderung erteilt werden kann. Ein Verstoß gegen die maßgebliche Vorschrift des deutschen Aktienrechts liegt danach nicht vor, was auch die Antragsgegnerin nicht verkennt.
Die Antragsgegnerin meint jedoch, die Vorschrift des § 202 Abs. 2 AktG verstoße gegen Art. 25 Abs. 2 S. 3 der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Kapitalrichtlinie (Zweite Richtlinie 77/91 EWG des Rates vom 13. Dezember 1976), der wie folgt lautet:
"Diese Ermächtigung des Organs gilt für eine Höchstdauer von fünf Jahren; sie kann von der Hauptversammlung ein- oder mehrmals für einen Zeitraum, der jeweils fünf Jahre nicht überschreiten darf, verlängert werden."
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass Art. 25 Abs. 2 S. 3 der Zweiten Kapitalrichtlinie einem Fristbeginn erst mit Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister nicht entgegensteht.
Der Wortlaut der Norm äußert sich nicht zum Beginn der Frist. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Regelung auch nicht dahin auszulegen, dass nur die Befristung einer Ermächtigung richtlinienkonform sein soll, die mit dem Zeitpunkt der Beschlussfassung in Lauf gesetzt wird.
Zwar ist ein möglicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der Frist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung des für die Ermächtigung zuständigen Organs, im deutschen Aktienrecht also die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung. Dieser wird mit seiner Feststellung am Tage der Hauptversammlung wirksam, was für die Auslegung der Antragsgegnerin sprechen könnte.
Diese Anknüpfung ist jedoch insbesondere angesichts der Umsetzungsregelungen des deutschen Aktienrechts keineswegs zwingend. So wird die zu einer Kapitalerhöhung ermächtigende Satzungsänderung erst mit ihrer Eintragung wirksam, § 181 Abs. 3 AktG. Erst nach der Eintragung kann der Vorstand demgemäß von der Ermächtigung Gebrauch machen. Deshalb erscheint es jedenfalls als sinnvolle Regelung, auch erst mit diesem Zeitpunkt die Höchstfrist beginnen zu lassen.
Dass eine solche Regelung von der Richtlinie ausgeschlossen werden sollte, lässt sich nicht feststellen. Ausweislich der Eingangserwägungen der Richtlinie sollte ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit beim Schutz der Aktionäre einerseits und der Gläubiger andererseits sichergestellt sowie jedem Interessierten die Möglichkeit geboten werden, aufgrund der Satzung die genaue Zusammensetzung des Gesellschaftskapitals zu kennen. Dem widerspricht es nach Auffassung des Senats nicht, wenn die normierte Höchstgrenze von 5 Jahren für die - erstmalige - Ermächtigung zur Kapitalerhöhung erst mit der Eintragung beginnt, sofern sichergestellt ist, dass es im Regelfall nicht zu einem unübersehbaren und manipulierbaren Hinausschieben dieses Zeitpunkts kommt. Letzteres ist schon deshalb nicht zu erwarten, weil nach h. M. im aktienrechtlichen Schrifttum der Vorstand die Eintragung unverzüglich anzumelden hat (MünchKomm(AktG)-Bayer, 2. Aufl. § 202 Rdnr. 61; Hüffer, § 202 Rdnr. 11).
Die von der Antragsgegnerin im Anfechtungsprozess zitierte Literaturmeinung (Werlauff, EC Company Law, Kopenhagen 1993) setzt sich mit dieser Problematik nicht auseinander und lässt nicht erkennen, ob die genannten Aspekte bedacht wurden. Im deutschen Schrifttum wird ein Verstoß gegen die Richtlinie von keinem Autor befürwortet. Auch Hirte (Großkommentar zum Aktiengesetz, § 202, Rdnr. 42, 145) äußert sich überaus zurückhaltend.
Zweifelhaft ist jedoch, ob die dargestellte Auslegung Grundlage einer Freigabeentscheidung nach § 246 a AktG sein kann, wenn im Hauptsacheverfahren möglicherweise die Frage der Auslegung der Richtlinie zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 Abs. 2 oder Abs. 3 EGV führen kann. Von einer Vorlage an den EuGH ist nur dann abzusehen, wenn die richtige Auslegung der Richtlinie derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt, etwa weil eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH zu der sich stellenden Rechtsfrage besteht (sog. acteclaire Doktrin, vgl. EuGH, Rs. 283/81 Cilfit). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen erscheint jedenfalls zweifelhaft.
Dies kann aber letztlich dahinstehen, da die Auslegungsfrage voraussichtlich nicht entscheidungserheblich werden wird.
bb)
Die Auslegung von Art. 25 Abs. 2 S. 3 der Zweiten Richtlinie ist dann ohne Bedeutung für die Entscheidung über die Anfechtungsklage, wenn selbst ein Verstoß von § 202 AktG gegen die Richtlinie keinen Anfechtungsgrund bilden würde. Das ist hier anzunehmen.
Sofern die Auslegung von Art. 25 Abs. 2 S. 3 der Zweiten Kapitalrichtlinie zu dem Ergebnis führen sollte, dass nur ein Fristbeginn zum Zeitpunkt der Beschlussfassung richtlinienkonform und dieses Ziel somit in § 202 AktG unzureichend umgesetzt worden wäre, könnten sich daraus keine Rechtsfolgen für das Verhältnis der Parteien ergeben. Zwar führt die unterbliebene oder unzureichende Umsetzung einer Richtlinie im Verhältnis zwischen dem Staat und einem Bürger dazu, dass sich der Bürger unmittelbar auf Rechte aus der Richtlinie berufen kann, die Richtlinie damit unmittelbare Drittwirkung entfaltet (z. B. EuGH, Rs. 8/81, Becker). Eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf den Bereich der Beziehungen zwischen den Bürgern hat der EuGH jedoch ausdrücklich abgelehnt, weil der Europäischen Gemeinschaft damit die Befugnis zuerkannt würde, mit unmittelbarer Wirkung zu Lasten der Bürger Verpflichtungen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort dürfe, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen sei. (EuGH, Rs. C-91/92 Faccini Dori, Rdnr. 24 f). Im sog. Horizontalverhältnis zwischen Privatrechtssubjekten entfalten Richtlinien somit keine Drittwirkung, auch wenn sie vom nationalen Gesetzgeber nicht oder unzureichend umgesetzt worden sind.
Sofern eine einer Richtlinie nur unzureichend umgesetzt worden ist, können allerdings die nationalen Gerichte gehalten sein, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses Recht so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie orientiert auszulegen, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (EuGH, a. a. O Rdnr. 26). Dabei wird auch eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung verlangt.
Auch dieser Gesichtspunkt wird der Anfechtungsklage voraussichtlich nicht zum Erfolg verhelfen. Die richtlinienkonforme Auslegung und Rechtsfortbildung findet nämlich dort ihre Grenzen, wo sie zu einer Auslegung contra legem führen würde (EuGH, Rs C-212/04 Adeneler u. a. Rdnr. 108, 110).
Der Bundesgerichtshof hat eine richtlinienkonforme Auslegung einer Norm nur für den Fall anerkannt, dass verschiedene Auslegungen der Norm möglich wären, nicht jedoch, wenn die Norm absolut klar und eindeutig ist (BGH, Urteil vom 19. 10. 2004, XI ZR 337/03, WM 2004,Juris-Rdnr. 17).
Selbst wenn man im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. 11. 2008 (VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27) auch über den Wortlaut hinaus eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion für zulässig erachten wollte (vgl. BGH, a. a. O Rdnr. 21), wäre Voraussetzung hierfür eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes.
Dies kann im Hinblick auf § 202 AktG nicht festgestellt werden. Insbesondere kann etwa aus der Gesetzesbegründung - anders als im soeben erwähnten Fall des Widerspruchs des § 439 Abs. 4 BGB gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie - ein Wille des Gesetzgebers hinsichtlich § 202 AktG in Bezug auf die Regelung der Zweiten Kapitalrichtlinie nicht erkannt werden, so dass eine planwidrige Lücke nicht feststellbar ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass für bestimmte Fallgestaltungen die Fristenregelung eingeschränkt angewendet werden könnte, während sie im Übrigen ihre Geltung behielt, was Rechtsfolge einer teleologischen Reduktion wäre. Die vollständige Nichtanwendung einer Vorschrift im Rahmen der gemeinschaftskonformen Rechtsfortbildung wird von der überwiegenden Auffassung abgelehnt (vgl. Gebauer in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Kap. 3 Rdnr. 51).
3.
Nach alledem erscheint auch nach Auffassung des Senats die Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet, so dass die beantragte Freigabe nach § 246 a AktG zu Recht erteilt worden ist.
Die sofortige Beschwerde war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bei der Bemessung des Gegenstandswerts hat sich der Senat an den Angaben der Parteien und der erstinstanzlichen Festsetzung orientiert.
OLG Hamm:
Beschluss v. 13.07.2009
Az: 8 W 22/09
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