Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Februar 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 191/02

(BPatG: Beschluss v. 09.02.2004, Az.: 30 W (pat) 191/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juli 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet die Bezeichnung Culinaria at Home für folgende Waren und Dienstleistungen:

"Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel;

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten;

Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), Rohes und teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten;

Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;

Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);

Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; Speisen-Heimlieferdienst;

Verpflegung; Beherbergung von Gästen; Partyservice."

Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil sie für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne weiteres verständlich einen beschreibenden Hinweis auf kulinarische Genüsse im Heimlieferdienst darstelle.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen hält er die Anmeldung in ihrer Gesamtheit für schutzfähig.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 43 vom 10. Juli 2002 aufzuheben.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Ein der Eintragung entgegenstehendes Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG wie auch fehlende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG lassen sich bei angemeldeten Marke Culinaria at Home in ihrer Gesamtheit und im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht feststellen.

Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Marke Culinaria at Home nicht vor.

Die angemeldete Bezeichnung Culinaria at Home läßt sich weder lexikalisch belegen noch ist ihr gegenwärtiger Gebrauch als Sachbezeichnung anderweitig feststellbar. Es ist deshalb davon auszugehen, daß es sich um eine Neuschöpfung handelt. Dies steht zwar der Anwendbarkeit des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG und der Annahme eines Freihaltebedürfnisses nicht entgegen, da die gesetzliche Regelung nicht nur den gegenwärtigen Sprachschatz, sondern auch bisher noch nicht verwendete Wortkombinationen erfaßt, die als Sachangaben - nach dem Wortlaut dieser Bestimmung - "dienen können" (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 8 Rdn 232). Das ist hier indessen nicht der Fall.

"Culinaria" ist in der italienischen und spanischen Sprache das Wort für "kulinarisch" (vgl PONS, Wörterbuch Italienisch-Deutsch 1999 S 214; via mundo, Diccionario Compact S 155); das als Adjektiv verwendete Fremdwort "kulinarisch" bedeutet "zur Küche gehörend, feine, erlesene Gerichte betreffend, auf die Kochkunst bezogen" (vgl Duden, Das große Fremdwörterbuch 2000 S 771; online-Lexikon der Universität Leipzig http://wortschatz.unileipzig.de). In englischen, selbst sehr umfangreichen Wörterbüchern ist "culinaria" nicht verzeichnet; dort findet sich nur das Wort "culinary" (= kulinarisch; vgl zB Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch S 1048; Webster's Third New International Dicctionary, Bd I S 551). Auch in umfangreichen Fremdwörterbüchern der deutschen Sprache (zB Duden aaO; Wahrig, Fremdwörterlexikon) ist "Culinaria" nicht nachweisbar; aus dem oben schon genannten online-Lexikon der Universität Leipzig, das etwa ... Sätze mit ... laufenden Wörtern der deutschen Gegenwartssprache enthält, ergibt sich nur der markenmäßige Gebrauch für eine "Culinaria-Card" und den Namen einer Messe "Culinaria". Auch im Internet finden sich bei den Seiten auf Deutsch, soweit schwerpunktmäßig überprüfbar bei über ... Ergebnissen, lediglich Belege für einen marken- bzw firmenmäßigen Gebrauch. Unter diesen Umständenn bestehen schon vom Wortbegriff her Bedenken, "Culinaria" mit der Angabe "kulinarische Köstlichkeiten" gleichzusetzen.

Der Markenbestandteil "at home" ist ein Adverb der englischen Sprache und bedeutet "zu Hause" (vgl Collins Dictionary 2001 S 1426); als beschreibende Sachangabe iSv "Heimlieferdienst" - wie die Markenstelle meint - ist dieser Markenbestandteil weder lexikalisch noch im Internet nachweisbar. Auch die Markenstelle hat hierzu keinen Nachweis erbracht; ihr pauschaler Verweis auf die Suchmaschine "Google" ergibt sowohl bei der Suche im gesamten Web als auch bei den Seiten auf Deutsch und aus Deutschland die Verwendung im Sinn von "zu Hause".

Ob die angemeldete Marke Culinaria at Home mit der Gesamtaussage "feine Gerichte betreffend zu Hause" oder "zur Küche gehörend zu Hause" ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, erscheint schon zweifelhaft. Entscheidend ist aber, daß die vorliegende Anmeldung aus zwei Elementen zusammengesetzt ist, die einerseits der italienischen bzw spanischen Sprache entstammen, andererseits der englischen Sprache. Die Anmeldung beinhaltet daher einen Sprachmix und ist damit, wie auch in der untypischen grammatikalischen Zusammenfügung von einem Adjektiv mit einem Adverb, in sich nicht sprachüblich gebildet. Ob dies allein die Annahme einer Schutzfähigkeit der Bezeichnung rechtfertigt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedenfalls verbietet sich eine Schutzversagung dann, wenn weiterhin ein Gebrauch der so gestalteten Bezeichnung nicht feststellbar ist. Der Senat hat einen Gebrauch der Bezeichnung Culinaria at Home mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht festgestellt. Im Internet ist diese Bezeichnung derzeit nicht nachweisbar. Bei der Suchmaschine "Google" erfolgt bei Suche im gesamten Web sowie auch bei den Seiten auf Deutsch und aus Deutschland die Meldung "Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage -"Culinaria at Home"- passenden Dokumente gefunden".

Da die Wortzusammensetzung aus den dargelegten Gründen nicht als beschreibende Sachangabe angesehen werden kann, fehlt ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG.

Zu beachten ist allerdings, daß sich der Schutzbereich der Wortneubildung nach der konkreten Eigenprägung des Gesamtausdrucks bestimmt und beschränkt, ohne daß ein hiervon losgelöster Schutz für einzelne Elemente beansprucht werden kann und deshalb andere Mitbewerber nicht an der (beschreibenden) Verwendung einer Bezeichnung wie "Culinaria" bzw "at home" gehindert sind (vgl Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn 380 mwN).

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 09.02.2004
Az: 30 W (pat) 191/02


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