Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2004
Aktenzeichen: 34 W (pat) 374/03

(BPatG: Beschluss v. 28.07.2004, Az.: 34 W (pat) 374/03)

Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I Gegen das am 28. Mai 2003 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur Aerosolerzeugung" hat die Firma L... GmbH in S...

am 26. August 2003 Einspruch erhoben.

Der erteile Patentanspruch 1 lautet:

"Vorrichtung (1) zur Aerosolerzeugung mit einer Injektorvorrichtung (5), in welcher aus einem Trägergas und einer Flüssigkeit ein Aerosol (2) erzeugbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Trägergas über eine Blendenanordnung mit einer Mehrzahl von Blenden (25) unterschiedlichen Durchmessers zur Injektorvorrichtung (5) geleitet ist, wobei die Blenden (25) über eine Steuereinheit (10) einzeln öffnen- und schließbar ausgestaltet sind."

Hinsichtlich des Wortlauts der abhängigen Patentansprüche 2 bis 21 wird auf die Patentschrift DE 101 04 012 C2 verwiesen.

Die Einsprechende hat offenkundige Vorbenutzungen geltend gemacht und zur Begründung Abbildungen 1 bis 4 eines Minimalschmiersystems "SINIS Digital" der SINIS Umwelttechnik GmbH vorgelegt, das im Zeitraum vom 12. bis 16. September 2000 während der Messe AMB in Stuttgart auf dem Messestand der Fa. SINIS Umwelttechnik GmbH in 73265 Dettingen zusammen mit einem Bearbeitungszentrum FZ08 der Firma CHIRON präsentiert worden sein soll. Sie hat ferner Abbildungen 5 und 6 und eine Bedienungsanleitung des mit Ausnahme der Anordnung der Komponenten im Gehäuse dem ausgestellten Gerät angeblich identischen SINIS Minimalschmiersystems LubriLean¨Digital (Anlage 1) sowie eine Rechnung 990600 vom 11. Dezember 2000 über den Verkauf eines Gerätes LubriLean Digital1-A1 an Ing. Florian Denifl in A 6165 Telfes 191 (Anlage 2) vorgelegt. Zeitgleich mit dieser Rechnung soll das genannte Gerät zusammen mit einer Bedienungsanleitung gemäß der Anlage 1 an die EMCO Maier GmbH in A 5400 Hallein ausgeliefert worden sein. Die Einsprechende hat Zeugen benannt, die die im Einspruchschriftsatz gemachten Aussagen - zur technischen Funktion des auf der Messe präsentierten Geräts und des verkauften und ausgelieferten Systems sowie zu der technischen Identität dieser Geräte,

- zur Präsentation des Geräts auf der Messe AMB und - zum Verkauf und der Auslieferung des Minimalschmiersystemsbestätigen können sollen.

Mit Eingabe vom 08. März 2004 (eingegangen am 11. März 2004) hat sie den Einspruch zurückgenommen.

Die Patentinhaberin stellt den Antragdas Patent aufrechtzuerhalten.

Sie bestreitet den Vortrag der Einsprechenden. Die dem angegriffenen Patent zugrunde liegende Lehre sei vor dem Anmeldetag des Patents nicht offenkundig geworden. Weder anhand der im Einspruchsschriftsatz wiedergegebenen Abbildungen, noch anhand des wie behauptet auf der Messe AMB ausgestellten Gerätes, das den Abbildungen entsprochen haben soll, erschließe sich fachkundigen Dritten ohne labormäßige Funktionsanalyse der Steuereinrichtung das Merkmal, dass die Blenden über eine Steuereinheit einzeln öffen- und schließbar ausgestaltet sind.

Die Bedienungsanleitung gemäß Anlage 1 sei nicht vorveröffentlicht. Selbst wenn die Zahlenfolge "1100" in den Fußzeilen für November 2000 stehe, sei damit noch kein Veröffentlichungstermin nachgewiesen.

Die Patentinhaberin bestreitet ferner die technische Identität des angeblich auf der Messe ausgestellten Geräts und des angeblich ausgelieferten Geräts mit dem in der Bedienungsanleitung gemäß Anlage 1 beschriebenen Gerät. Das ergebe sich schon daraus,

- dass die Abbildung 1 des angeblich ausgestellten Geräts eine Gehäusefront mit lediglich einem Firmenlogo zeige,

- dass dagegen auf dem Deckblatt der Bedienungsanleitung gemäß Anlage 1 eine Gehäusefront mit zwei Messgeräten argestellt sei und - dass die Abbildung 5, die das angeblich verkaufte und ausgelieferte Gerät darstelle, eine Gehäusefront mit nur einem Messgerät zeige.

Im Prüfungsverfahren vor der Patenterteilung sind die Druckschriften DE 199 17 219 A1 DE 197 21 650 A1 DE 196 54 321 A1 DE 196 15 379 A1 EP 1 106 902 A1 WO 00 09 937 A1 US 2 991 939 A in Betracht gezogen worden.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Nach der Rücknahme des Einspruchs ist das Verfahren von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen (§ 61 Abs 1 Satz 2 PatG).

1. Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig.

Zumindest die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung durch Verkauf und Lieferung ist hinreichend substantiiert vorgetragen worden.

2. Das Patent ist aufrechtzuerhalten.

Die geltend gemachten Vorbenutzungen sind bestritten. Der Senat kann diesen nicht durch eine von Amts wegen durchzuführende Beweisaufnahme nachgehen. Denn im Vortrag der Einsprechenden bestehen, wie die Patentinhaberin zu Recht aufgezeigt hat, erhebliche Lücken.

Was die Messepräsentation angeht, ist nicht vorgetragen, dass die Funktionsweise des ausgestellten Geräts fachkundigen Dritten erläutert oder auf sonstige Weise zugänglich wurde, bzw die entsprechende, nicht entfernte Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand.

Was den Verkauf an die Fa. Denifl angeht, so sind der Rechnungsempfänger Denifl und der Abnehmer EMCO des angeblich vor dem Anmeldetag ausgelieferten MMS-Gerätes nicht identisch, fallen sogar örtlich auseinander. Die Rechnung (Anlage 2) kann daher weder eine Lieferung noch ein tatsächliches Lieferdatum belegen. Dass bei der behaupteten Lieferung des MMS-Geräts zeitgleich zum 11. Dezember 2000 an EMCO auch die Bedienungsanleitung gemäß der Anlage 1 überreicht worden sein soll, wirft Fragen auf. Denn das dieser Bedienungsanleitung beigefügte Bohrbild ist laut Schriftfeld erst am 11. Dezember 2000 erstellt worden. Der Vortrag der Einsprechenden ist auch nicht geeignet, die von der Patentinhaberin aufgeworfenen Fragen bezüglich der Bedienungsanleitung gemäß Anlage 1 und der technischen Identität der darin beschriebenen Vorrichtung mit dem angeblich ausgestellten Gerät sowie dem angeblich ausgelieferten Minimalschmiersystem zu klären.

Da von der am Verfahren nicht mehr beteiligten Einsprechenden ergänzender Vortrag nicht mehr zu erlangen ist, fehlt für den Senat die Basis für eine Beweisaufnahme. Auch die Amtsmaxime rechtfertigt es nicht, die benannten Zeugen auszuforschen und so die aufgezeigten Lücken im Vortrag der Einsprechenden zu schließen.

Dass der im Prüfungsverfahren vor der Patenterteilung berücksichtigte Stand der Technik dem erteilten Patent entgegenstehen könnte, wurde im Einspruchsverfahren nicht vorgetragen und ist für den Senat auch nicht zu erkennen. Einer näheren Begründung hierzu bedarf es nicht, da der einzige Einspruch zurückgenommen wurde und somit nur noch die Patentinhaberin am Verfahren beteiligt ist, deren Antrag stattgegeben wurde (§ 47 Abs 1 Satz 3 PatG iVm §§ 59 Abs 3 und 147 Abs 3 Satz 2 PatG).

Dr. Ipfelkofer Hövelmann Dr. Barton Pontzen Hu






BPatG:
Beschluss v. 28.07.2004
Az: 34 W (pat) 374/03


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