Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 15. November 2005
Aktenzeichen: 6 U 138/04
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 15.11.2005, Az.: 6 U 138/04)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1.11.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam € 2 O 367/04 € abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Die Klägerin gab im Jahre 1994 bei der R. GmbH & Co. KG ein Tiefziehwerkzeug in Auftrag. Die R. GmbH & Co. KG erteilte am 8.6.1994 eine Auftragsbestätigung (Bl. 134-135 d. A.), worin es heißt, dass der Werkzeugkostenanteil der Klägerin - 2/3 der Werkzeugkostensumme - 35.600 DM netto betrage. Weiter heißt es in dieser Bestätigung, dass das Werkzeug zu 2/3 der Klägerin und zu 1/3 der R. GmbH & Co. KG gehöre. Das Werkzeug ist im Besitz der R. GmbH & Co. KG verblieben, die mit seiner Hilfe Toilettenschüsseln aus Edelstahl für Bustoiletten herstellt. Dieses Werkzeug ist das einzige seiner Art in Europa.
Im Jahre 2002 geriet die Klägerin in Zahlungsschwierigkeiten, die durch den Eintritt eines neuen Investors überwunden werden sollten. Es wurde die Beklagte mit einer Firma gegründet, die der früheren Firma der Klägerin sehr ähnlich ist. Mit den in diesem Rahmen geschlossenen Vereinbarungen vom 17.12.2002 wurde das Know-how der Klägerin einschließlich der für die Herstellung von mobilen Toilettensysteme notwendigen Werkzeuge auf die neu gegründete Beklagte übertragen. Ob auch das streitgegenständliche Tiefziehwerkzeug auf die Beklagte übertragen worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Der Liquidator der Klägerin, ihr früherer Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter O. wurde als zweiter Geschäftsführer der Beklagten berufen.
Ausweislich der zur Gerichtsakte gelangten Präambel zu den Vereinbarungen nebst Einbringungsverträgen vom 17.12.2002 (Bl. 33 ff. d. A.) war es Herrn O. gestattet, die Klägerin als Geschäftsführer bzw. Liquidator abzuwickeln. Er sollte jedoch keinerlei Neugeschäft mehr ausführen dürfen. Die Vereinbarungen vom 17.12.2002 unterzeichneten die Beklagte, zwei Investoren, Herr O. und dessen Ehefrau. Zum 31.12.2002 trat die Klägerin in Liquidation und nahm ihre nunmehrige Firma an.
Im Zeitraum von Januar 2003 bis Oktober 2003 wurden auf Veranlassung der Beklagten fast 400 Toilettenschüsseln auf dem Tiefziehwerkzeug gefertigt, ohne dass die Klägerin dagegen Einwendungen erhob.
Das Geschäftsführeranstellungsverhältnis des Herrn O. wurde seitens der Beklagten unter dem 5.11.2003 durch fristlose Kündigung beendet. Wegen dieser fristlosen Kündigung führen Herr O. und die Beklagte vor dem Landgericht Berlin einen Rechtsstreit, in dem Herr O. u. a. ausstehende Geschäftsführervergütung begehrt, er andererseits von der Beklagten widerklagend wegen behaupteter vermögensschädigender Handlungen zu Lasten der Beklagten auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 189.377,86 € in Anspruch genommen wird (LG Berlin Az.: 100 O 10/04).
Mit Schreiben vom 11.2.2004 (Bl. 26 d. A.) teilte der Liquidator der Klägerin der R€ GmbH & Co. KG mit, dass das Tiefziehwerkzeug nur mit Zustimmung der Klägerin zur Produktion von Toilettenschüsseln für andere Unternehmen, insbesondere die Beklagte, verwendet werden dürfe. Mit Schreiben vom 27.2.2004 (Bl. 27-28 d. A.) forderte die Beklagte die R. GmbH & Co. KG auf, entgegen dem von der Klägerin mitgeteilten Produktionsauslieferungsverbot Toilettenschüsseln auf dem Tiefziehwerkzeug der Klägerin herzustellen. Die R. GmbH & Co. KG bestätigte zunächst mit Schreiben vom 23.2.2004 (Bl. 29 d. A.) das Produktionsauslieferungsverbot und stellte der Beklagte gleichwohl am 28.4.2004 50 auf dem Tiefziehwerkzeug der Klägerin hergestellte Toilettenschüsseln in Rechnung, die vorher an die Beklagte geliefert worden waren.
Nachdem die Klägerin am 28.5.2004 hiervon erfahren hatte, beantragte sie mit Schriftsatz vom 11.6.2004 den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, der Beklagten zu untersagen, die R. GmbH & Co. KG zum Vertragsbruch zu verleiten und diese mit der Produktion von Toilettenschüsseln unter Verwendung des Tiefziehwerkzeugs der Klägerin zu beauftragen; gleichzeitig beantragte die Klägerin, der Beklagten zu untersagen, die entgegen dem Produktionsauslieferungsverbot vom 11.12.2004 von der R. GmbH & Co. KG mit dem Tiefziehwerkzeug der Klägerin gefertigten Toilettenschüsseln einzubauen oder anderweitig zu verwenden, sowie die hergestellten und ausgelieferten Toilettenschüsseln bis zur Entscheidung in der Hauptsache an einen Gerichtsvollzieher als Sequester zur Verwahrung herauszugeben. Die einstweilige Verfügung wurde am 22.6.2004 unter dem Aktenzeichen 2 O 279/04 des LG Potsdam antragsgemäß erlassen und im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bestätigt. Die dagegen gerichtete Berufung hat die Beklagte vor Begründung des Rechtsmittels zurückgenommen (7 U 117/04). Bei der vorliegenden Klage handelt es sich um das entsprechende Hauptsacheverfahren.
Die R. GmbH & Co. KG gab am 6.7.2004 gegenüber der Klägerin eine Unterlassungserklärung (Bl. 48 d. A.) ab, mit der sie sich, bis Klarheit über die Eigentumslage herrscht, verpflichtete, es zu unterlassen, auf dem Tiefziehwerkzeug Toilettenschüsseln ohne Zustimmung der Klägerin herzustellen, zu veräußern, zu übertragen, auszuliefern oder anderweitig zu verwenden.
Die Klägerin hat behauptet, sie nehme als GmbH i.L. nach wie vor als juristische Person am Rechtsverkehr teil und könne die streitgegenständlichen Ansprüche im Rahmen der durchzuführenden Liquidation geltend machen. Als Miteigentümerin des Werkzeugs sei sie gemäß § 1011 BGB zur Geltendmachung sämtlicher streitgegenständlicher Ansprüche berechtigt.
Der Beklagten stehe ein Recht zur Nutzung des Tiefziehwerkzeuges nicht zu; insbesondere sei durch die Vereinbarung vom 17.12.2002 weder das Eigentumsrecht noch ein Nutzungsrecht am Werkzeug auf die Beklagte übertragen worden, was sich insbesondere daraus ergebe, dass die Klägerin nicht Beteiligte der Vereinbarung vom 17.12.2002 gewesen sei. Darüber hinaus sei das streitgegenständliche Werkzeug auch nicht von der Vereinbarung umfasst gewesen. Eine Übertragung sämtlicher Werkzeuge an die Beklagte in Form einer Sachgesamtheit sei nicht erfolgt, vielmehr seien nur einzelne konkret bezeichnete Gegenstände auf die Beklagte übergegangen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. der Beklagten wird es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder von sofort zu verhängender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Einzelfall, insgesamt bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Beklagten,
a) untersagt, die R. GmbH & Co KG als Vertragspartnerin der Klägerin zum Vertragsbruch dahingehend anzuleiten, dass die R. GmbH & Co. KG von der Beklagten mit der Produktion von Toilettenschüsseln unter Verwendung des Tiefziehwerkzeugs der Klägerin beauftragt wird;
b) untersagt, die entgegen dem Produktionsauslieferungsverbot vom 11.2.2004 von der R€ GmbH & Co. KG mit dem Tiefziehwerkzeug der Klägerin gefertigten Toilettenschüsseln einzubauen oder anderweitig zu verwenden.
2. die Beklagte zu verurteilen, die sich noch in ihrem Besitz befindlichen nicht veräußerten Toilettenschüsseln nach ihrer Wahl zu vernichten, unbrauchbar zu machen oder an die Klägerin herauszugeben und dies gegenüber der Klägerin nachzuweisen.
3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der ihr auf Grund des Weiterverkaufs der von der Beklagten bei der R€ GmbH & Co. KG bezogenen Toilettenschüsseln entstanden ist oder noch entstehen wird.
4.die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wie viele der von der R€ GmbH & Co. KG bezogenen Toilettenschüsseln an welche Unternehmen weiterverkauft wurden und zu welchem Preis der Weiterverkauf geschah.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat gemeint, es liege ein Fall doppelter Rechtshängigkeit vor, da die gesamte Problematik bereits Gegenstand des bei dem Landgericht Berlin anhängigen Verfahrens sei. Ein Rechtsnachteil könne der Klägerin nicht drohen, da sie sich seit ihrer Auflösung am 31.12.2002 in Liquidation befinde und seitdem keinerlei produzierenden Arbeiten mehr ausgeführt habe.
Die Beklagte hat weiter gemeint, dass sich aus den Vereinbarungen vom 17.12.2002 ergebe, dass ihr sämtliche für die Produktion der bis zu diesem Zeitpunkt gefertigten Toilettensysteme erforderlichen Betriebsmittel, also auch die Rechte an dem streitgegenständlichen Tiefziehwerkzeug, jedenfalls im Rahmen einer Sachgesamtheit übertragen worden seien. Die entsprechenden Erklärungen seien vom Liquidator der Klägerin in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin abgegeben worden. Sie habe jedenfalls ein Nutzungsrecht erworben.
Für die Produktion der patentierten Toilettenschüsseln sei die Beklagte auf das Tiefziehwerkzeug angewiesen. Nach der Neugründung der Beklagten seien sich die Parteien stets darüber einig gewesen, dass diese zur Nutzung des Tiefziehwerkzeugs berechtigt sei. Da im Zeitraum zwischen Januar 2003 und Oktober 2003 fast 400 Toilettenschüsseln auf dem Werkzeug gefertigt wurden, ohne dass seitens der Klägerin hiergegen Einwände erhoben worden seien, stelle sich die nunmehrige Versagung einer Nutzungsberechtigung als rechtsmissbräuchlich dar.
Das Landgericht hat mit am 1.11.2004 verkündetem Urteil der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klageansprüche seien schon deshalb nicht anderweitig rechtshängig, weil die Klägerin an dem Berliner Verfahren nicht beteiligt sei. Als Miteigentümerin könne die Klägerin gemäß § 1011 BGB die Unterlassungsansprüche und auch die weiteren Anträge auf Vernichtung bzw. Unbrauchbarmachung der produzierten Toilettenschüsseln, den Feststellungsantrag und den Auskunftsantrag ohne Beteiligung der weiteren Miteigentümerin in eigenem Namen geltend machen. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 1 UWG a. F. Die Klägerin habe ihr Miteigentum nicht an die Beklagte übertragen. Erklärungen des Herrn O€ in der Vereinbarung vom 17.12.2002 beträfen, soweit er sie im Namen der Klägerin abgegeben habe, nicht das Tiefziehwerkzeug. Weitere Garantieerklärungen habe er im eigenen Namen abgegeben, nicht im Namen der Klägerin. Dass die Klägerin die Nutzung durch die Beklagte hingenommen habe, stehe dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen, da die Gestattung frei widerruflich sei.
Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 2.11.2004, hat die Beklagte durch bei Gericht am 4.11.2004 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 2.2.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren am 27.12.2004 eingegangenen Antrag bis zu diesem Tag verlängert worden war.
Die Beklagte meint, die Klägerin könne die Klageansprüche nach dem UWG von vornherein nur gemeinsam und mit Zustimmung der R€ GmbH & Co. KG geltend machen. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte das Eigentum an dem Tiefziehwerkzeug nicht erhalten habe. Selbst wenn ein Eigentumserwerb nicht vorliege, habe die Klägerin die Nutzungsrechte daran an die Beklagte übertragen.
Sie, die Beklagte, habe im Zuge des Rechtsstreits gegen Herrn O. vor dem Landgericht Geschäftsunterlagen aufbereitet. Außerdem sei sie in dem Verfahren 2 O 511/04 wegen des Vortrags der Klägerin zu Recherchen veranlasst worden. Dabei habe sie folgendes ermittelt: es sei branchenüblich, dass trotz anteiliger Beteiligung an den Werkzeugkosten das Eigentum an den Maschinen bei der Herstellerfirma verbleibe. Die Klägerin habe lediglich die anteilige Werkzeugkostenbeteiligung, nicht aber auch einen dinglichen (Teil-)Eigentumserwerb vereinbart. Die Klägerin habe im übrigen nicht bewiesen, dass sie den Werkzeugkostenanteil bezahlt habe.
Die Klägerin sei nicht berechtigt, ohne Einhaltung einer Frist die Nutzung des Tiefziehwerkzeugs durch die Beklagte zu untersagen. Sie sei hierzu nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt. Ein solcher Grund liege nicht vor. Eine Aufhebung des Nutzungsverhältnisses sei im übrigen auch treuwidrig. Ein Verstoß gegen § 242 BGB liege jedenfalls dann vor, wenn Herr O. Erklärungen, die er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten abgegeben habe, in seiner Eigenschaft als Liquidator der Klägerin nicht gegen sich gelten lassen wolle.
Im übrigen handele die Klägerin nicht zu Zwecken des Wettbewerbs, weil sie keinerlei Vertriebsaktivitäten mehr entfalte. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass sich der Liquidator der Klägerin einem Wettbewerbsverbot unterworfen habe. Wenn die Klägerin die Beklagte nunmehr wegen einer Wettbewerbsverletzung in Anspruch nehme, werde ihm gegenüber eine Vertragsstrafe fällig.
Sie, die Beklagte, habe, wenn sie das Eigentum an dem Tiefziehwerkzeug nicht erworben habe, jedenfalls einen Anspruch gegen die Klägerin auf dessen Übertragung. Aus diesem Grunde sei die Klage rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin verfolge mit dem vorliegenden Verfahren allein das Ziel, der Beklagten Schaden zuzufügen.
Die Beklagte beantragt,
das am 1.11.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 2 O 367/04 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das landgerichtliche Urteil für richtig.
Sie behauptet, sie habe den anteiligen Anteil an den Herstellungskosten für das Tiefziehwerkzeug an die R. GmbH & Co. KG bezahlt. Es bestehe auch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Dies sei auch dann anzunehmen, wenn es um zukünftigen Wettbewerb gehe. Die Beklagte gehe im übrigen selbst von einem Wettbewerbsverhältnis aus, weil sie die Klägerin im April 2005 abgemahnt habe. Das zu Lasten des Liquidators der Klägerin vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot sei mangels Karenzentschädigung unwirksam.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.
Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Landgericht hat zu Unrecht der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
I. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere sind die hier geltend gemachten Ansprüche der Klägerin nicht anderweitig rechtshängig, insbesondere nicht beim Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 100 O 10/04. Der dortige Rechtsstreit wird nicht zwischen den hiesigen Parteien, sondern zwischen Herrn O. und der Beklagten geführt.
II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
1.) Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung entsprechend ihrem Antrag zu Ziffer 1. a) nicht verlangen. Entsprechende Unterlassungsansprüche ergeben sich weder aus dem UWG noch aus dem BGB.
a.) Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zu.
Ansprüche aus dem UWG in der bis zum 8.7.2004 geltenden Fassung scheiden schon deshalb aus, weil das Gesetz ohne Übergangsregelung außer Kraft getreten ist, § 22 UWG n. F.
Aber auch Ansprüche aus den §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 10 UWG n. F. sind nicht gegeben. Die Klägerin kann nicht verlangen, dass die Beklagte es unterlässt, die R. GmbH & Co. KG zum Vertragsbruch anzuleiten.
Ansprüche wegen der Verleitung zum Vertragsbruch scheiden schon deshalb aus, weil die Klägerin nicht vorgetragen hat, welche vertraglichen Vereinbarungen sie anlässlich der Herstellung des Tiefziehwerkzeugs mit der R. GmbH & Co KG getroffen hat. Sie hat nicht einmal ansatzweise dargelegt, aus welchem Grunde die R. GmbH & Co. KG ihr gegenüber verpflichtet wäre, von der Beklagten keine Aufträge zur Produktion von Toilettenschüsseln unter Verwendung des Tiefziehwerkzeugs der Klägerin anzunehmen. Das einseitige Verbot der Klägerin an die R. GmbH & Co. KG, keine Toilettenschüsseln mehr an die Beklagte auszuliefern, begründet keine entsprechende Verpflichtung der R. GmbH & Co. KG.
Die R. GmbH & Co. KG kann allenfalls aus der gegenüber der Klägerin am 6.7.2004 abgegebenen Unterlassungserklärung verpflichtet sein, allein für die Klägerin zu produzieren. Dass die Beklagte nach dem 6.7.2004 versucht hätte, die R. GmbH & Co. KG zu einem Vertragsbruch zu verleiten, ist nicht dargetan.
Selbst wenn es eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung der R. GmbH & Co. KG geben sollte, kann ihre Verleitung zum Vertragsbruch nur dann nach den Bestimmungen des UWG untersagt werden, ohne dass ein Verschulden der Beklagten gegeben sein müsste, wenn die Parteien Mitbewerber gemäß § 2 Nr. 3 UWG n. F. wären. Mitbewerber ist jedoch nur, wer mit einem Unternehmen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht, bei dem sich die Parteien auf demselben Markt begegnen. Dies ist unstreitig nicht der Fall, denn die Klägerin befindet sich in Liquidation und hat seit Ende 2002 keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfaltet. Dass sich die Klägerin auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen will, ist nicht einmal dargelegt. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, potenzieller Wettbewerb sei für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ausreichend. Sie wolle sich das Werkzeug für eine Produktion nach Auslauf des Wettbewerbsverbots nach den Vereinbarungen vom 17.12.2002 erhalten. Dass und wann genau sie sich wieder auf dem Markt betätigen will, ist jedoch nicht vorgetragen. Es ist auch nicht ersichtlich. Denn der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin hat sich gegenüber der Beklagten verpflichtet, für die Klägerin keinerlei Neugeschäfte mehr abzuschließen.
b.) Auch Ansprüche aus dem BGB bestehen nicht.
aa.) Die Beklagte ist nicht gemäß § 826 BGB zur Unterlassung verpflichtet. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin durch die Produktionsaufforderung an die R. GmbH & Co. KG ist nicht ersichtlich.
Zunächst spricht schon gegen die Annahme einer Sittenwidrigkeit dieser Aufforderung, dass die Klägerin den Geschäftsbetrieb eingestellt und die Produktion der Beklagten überlassen hat. So hat sie - obwohl ihr Gesellschafter-Geschäftsführer gleichzeitig Geschäftsführer der Beklagten war und von den Aktivitäten der Beklagten wusste - monatelang widerspruchslos geduldet, dass Toilettenschüsseln auf diesem Werkzeug hergestellt wurden. So gesehen stellte die Produktionsaufforderung der Beklagten die Fortsetzung ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit dar.
Jedenfalls besteht auf Seiten der Beklagten keine Schädigungsabsicht. Die Beklagte hat - anwaltlich vertreten - die Auffassung geäußert, sie sei berechtigt, das Tiefziehwerkzeug zu nutzen und den Besitzer des Werkzeugs zur Produktion angehalten. Sie hat damit eine Rechtsauffassung vertreten, mit der die Klägerin jetzt nicht mehr einverstanden ist. Dies allein reicht für die Annahme einer Schädigungsabsicht nicht aus. Gegen eine Schädigungsabsicht der Beklagten spricht auch, dass der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin ihr gegenüber nach den Vereinbarungen vom 17.12.2002, dort Nr. 5, verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass sie Toiletten bzw. Toilettensysteme für Reisebusse produzieren kann. Er hat darüber hinaus ausdrücklich garantiert, dass keine weiteren Sachmittel - außer Material - für die Produktion erforderlich seien, soweit sie nicht kostenfrei von ihm und seiner Ehefrau auf die Beklagte übertragen worden seien. Die Beklagte musste nicht damit rechnen, dass die Klägerin Verpflichtungen nicht als verbindlich ansehen würde, die ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer höchstpersönlich begründet hat.
bb.) Auch Ansprüche aus § 1004 BGB bestehen nicht.
Allerdings ist als bewiesen anzusehen, dass die Klägerin Miteigentümerin an dem Tiefziehwerkzeug zu 2/3 ist. Erstinstanzlich war dies unstreitig. Ob das zweitinstanzliche Bestreiten der Beklagten als neuer Sachvortrag überhaupt zugelassen werden kann, kann offen bleiben. Denn es ist bewiesen, dass die R. GmbH & Co KG nicht Alleineigentümerin des Werkzeugs ist, sondern das Eigentum zum überwiegenden Teil der Klägerin zusteht. Die Klägerin hat einen Teil der Herstellungskosten übernommen; sie hat damit auch einen Anteil am Eigentum erworben. Aus dem Schreiben der R. GmbH & Co. KG vom 8.6.1994, dort Bl. 2, ergibt sich unmissverständlich, dass hier nicht lediglich eine Kostenübernahme, sondern eine Eigentumsübertragung gewollt war. Dort heißt es nämlich: "Das Werkzeug gehört zu 2/3 der Firma k. und zu 1/3 der Firma R.". Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Zahlungsbelege (Scheck vom 12.1.1995 über 42.040,10 DM und dazugehöriger Kontoauszug vom 23.1.1995), die auf die Rechnung der R. GmbH & Co. KG vom 30.9.1994 Bezug nehmen, ist auch bewiesen, dass die Klägerin die anteiligen Herstellungskosten für das Werkzeug bezahlt hat.
Die Klägerin hat ihre Miteigentumsanteile an dem Tiefziehwerkzeug auch nicht auf die Beklagte übertragen. Ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen der Parteien hierzu gibt es nicht. Nr. 3 der Präambel der Vereinbarungen vom 17.12.2002 begründet eine Verpflichtung der Ehefrau des Herrn O., bestimmte Werkzeuge mit einem bestimmten Wert in die Beklagte einzubringen. Darunter ist das Tiefziehwerkzeug nicht aufgeführt. Das Miteigentum an dem Werkzeug ist auch nicht konkludent an die Beklagte übertragen worden. Dagegen, dass eine solche stillschweigende Einigung über den Eigentumsübergang stattgefunden hat, spricht schon der Umstand, dass alle anderen übereigneten Werkzeuge ausdrücklich genannt und für jedes einzelne Wertangaben gemacht worden sind.
Jedoch gewährt § 1004 BGB keinen Anspruch gegen einen Dritten, der an der Sache weder Eigentum noch Besitz hat, auf Unterlassung der Verleitung des besitzenden Miteigentümers zum Bruch von vertraglichen Vereinbarungen, die er mit dem anderen nichtbesitzenden Miteigentümer geschlossen hat. Das Verhalten, das die Klägerin der Beklagten vorwirft, beeinträchtigt das Eigentum, den Besitz und die Nutzbarkeit des Tiefziehwerkzeugs unmittelbar nicht. Auf das Tiefziehwerkzeug einwirken, es nutzen, insbesondere es auch abnutzen, kann allein die besitzende Miteigentümerin, die R. GmbH & Co. KG. Gegen diese hat die Klägerin die Klage jedoch nicht gerichtet.
Ein der Beklagten etwa eingeräumtes Nutzungsrecht rechtfertigt einen Anspruch gemäß § 1004 BGB nicht. Denn § 1004 BGB schützt nur absolute Rechte, zu denen vertragliche Nutzungsrechte nicht gehören.
2.) Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber auch nicht verpflichtet, es zu unterlassen, die entgegen dem Produktionsauslieferungsverbot der Klägerin vom 11.2.2004 von der R. GmbH & Co. KG mit dem Tiefziehwerkzeug der Klägerin gefertigten Toilettenschüsseln einzubauen oder anderweitig zu verwenden (Klageantrag zu 1. b.) oder sie nach ihrer Wahl zu vernichten, unbrauchbar zu machen oder an die Klägerin herauszugeben und dies gegenüber der Klägerin nachzuweisen (Klageantrag zu 2.).
Diese Ansprüche sind Beseitigungsansprüche, die das Bestehen einer Beeinträchtigung des Eigentums Unterlassungsanspruchs voraussetzen. An einer derartigen Beeinträchtigung fehlt es jedoch. Dann scheiden auch hieraus folgende Beseitigungsansprüche aus.
3.) Auch der Antrag festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der durch den Weiterverkauf der Toilettenschüsseln entstanden ist oder noch entstehen wird (Klageantrag zu 3.), kann keinen Erfolg haben.
Schadensersatzansprüche gewähren nur das UWG und § 826 BGB. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen liegen nicht vor.
4.) Es existiert auch kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 4.). Da zwischen den Parteien keine vertraglichen Ansprüche bestehen, muss der Leistungsanspruch, dessen Vorbereitung der Auskunftsanspruch dienen soll, nicht nur überwiegend wahrscheinlich bestehen. Bei den allein in Betracht kommenden gesetzlichen Ansprüchen muss feststehen, dass eine Schadensersatzpflicht besteht. Dies ist, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 15.11.2005
Az: 6 U 138/04
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