Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2005
Aktenzeichen: 2 Ni 61/04
(BPatG: Beschluss v. 11.10.2005, Az.: 2 Ni 61/04)
Tenor
Der Antragstellerin wird Einsicht in die Akten des Nichtigkeitsverfahrens 2 Ni 61/04 (EU) gewährt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat in eigenem Namen mit Telefax vom 12. Juli 2005 Akteneinsicht beantragt.
Die Nichtigkeitsklägerin hat mit Telefax vom 25. Juli 2005 ihr Einverständnis hierzu erklärt.
Die Nichtigkeitsbeklagte hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Juli 2005 einer Akteneinsicht widersprochen. Sie sei ein kleines mittelständisches Unternehmen, das auf langfristige und existenzsichernde Geschäftsbeziehungen angewiesen sei. Sie verhandle derzeit konkret mit zwei potentionellen Lizenznehmern, die an der Verwertung des Patents interessiert seien, wobei sich ihre Verhandlungsposition erheblich verschlechtern könnte, da in der Klageschrift vom 29. November 2004 auch geschäftliche Hintergründe der Patentinhaberin zur Klägerin und die gegenseitige geschäftliche Beziehung der Parteien dargestellt würden. Da die Patentinhaberin nicht wisse, in wessen Interesse die Akteneinsicht beantragt werde, bestehe die Möglichkeit, dass einer der potentionellen Lizenznehmer über Kenntnisse, die er aus der Akteneinsicht gewinne, seine rechtliche Position bei Lizenzverhandlungen zum Nachteil der Patentinhaberin verbessern könnte. Aufgrund der schutzwürdigen Interessen der Patentinhaberin werde beantragt, den Antrag auf Akteneinsicht zurückweisen, hilfsweise den wahren Interessenten der Akteneinsicht zu nennen.
Die Antragstellerin führte mit Telefax vom 24. August 2005 aus, einer Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses bedürfe es gemäß § 99 Abs 3 PatG nicht, sie könne nicht erkennen, dass geheimhaltungsbedürftige schutzwürdige Informationen in der Klage enthalten seien. Es scheine sich eher um allgemeine Äußerungen zur Marktlage und zur allgemeinen Geschäftsbeziehung zu dem Nichtigkeitskläger zu handeln. Der Antrag auf Akteneinsicht werde weiterhin in vollem Umfang aufrechterhalten, hilfsweise werde beantragt, dass die von der Patentinhaberin bezeichneten Passagen - und zwar nur diese und nicht mehr - von der Akteneinsicht ausgenommen würden und die Akteneinsicht hinsichtlich der übrigen Bestandteile gewährt werde. Bei dieser Sachlage halte sie die Nennung des Auftraggebers nicht für erforderlich.
II.
Die Entscheidung über die begehrte Akteneinsicht war anhand § 99 Abs 3 Satz 3 PatG zu treffen. Danach wird die ansonsten freie Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.
Bejaht wurde ein schutzwürdiges Gegeninteresse bisher bei Angaben über geheimhaltungsbedürftige Betriebsinterna wie Umsätze, Betriebserfahrungen oder Betriebsergebnisse, detaillierte Angaben über die Verletzungsform und damit untrennbar verbundene Ausführungen, Aktenteile, die sich auf eine widerrechtliche Entnahme beziehen, Angeben über gegenseitige geschäftliche Beziehungen der Parteien und betriebsinterne technische Entwicklungen, Unterlagen über einen Vergleich und Angaben zur Ermittlung des Gegenstandswertes (vgl Busse, PatG 6. Aufl, § 99 Rdnr 38). Im vorliegenden Verfahren ist für den Senat nicht ersichtlich, welche Angaben in der Klageschrift oder den mit dieser vorgelegten Unterlagen geheimhaltungsbedürftig sein sollten. Es mag im Einzelfall zwar zulässig sein, wenn eine der Akteneinsicht widersprechende Partei geheimhaltungsbedürftige Aktenteile relativ pauschal bezeichnet, um zu vermeiden, dass bereits auf der Grundlage der Angaben zum schutzwürdigen Interesse eine berechtigte Geheimhaltung ganz oder teilweise vereitelt wird. Selbst wenn man aber unterstellt, dass einer der Verhandlungspartner der Patentinhaberin hinter dem Akteneinsichtsantrag steht (vgl Busse aaO Rdnr 36), ist für den Senat nicht ersichtlich, dass ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Nichtigkeitsbeklagen anzunehmen ist, und zwar weder bezüglich der gesamten Akten des Nichtigkeitsverfahrens noch bezüglich bestimmter einzelner Aktenteile. Im Übrigen würde in diesem Fall die Nichtgewährung von Akteneinsicht bei einem Verhandlungspartner wohl eher Argwohn erregen als die Position der Patentinhaberin zu verbessern.
Meinhardt Gutermuth Skribanowitz Pr
BPatG:
Beschluss v. 11.10.2005
Az: 2 Ni 61/04
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