Bundespatentgericht:
Urteil vom 21. November 2007
Aktenzeichen: 4 Ni 34/06

(BPatG: Urteil v. 21.11.2007, Az.: 4 Ni 34/06)

Tenor

1. Das europäische Patent EP 0 883 527 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 883 527 (Streitpatent), das am 27. Februar 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 196 09 079 vom 8. März 1996 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 597 00 556 geführt. Es betrifft eine Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemoduls, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, und umfasst 15 Ansprüche, die vollständig angegriffen sind. Anspruch 1 lautet ohne Bezugszeichen wie folgt:

Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemittels, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit einem ein Beschleunigungssignal (g1) liefernden Beschleunigungssensor, mit einer ersten Steuereinheit zum Verarbeiten des Beschleunigungssignals (g1) oder eines vom Beschleunigungssignal (g1) abhängigen Signals (a1), undmit einem mit einer Energiequelle verbundenen Zündkreis, enthaltend in Serie zueinander angeordnet zumindest einen ersten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter, ein dem Rückhaltemittel zugeordnetes Zündelement, und einen zweiten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter, wobei die erste Steuereinheit beide Leistungsschalter steuert, bei der der Zündkreis einen dritten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter aufweist, bei der eine zweite Steuereinheit vorgesehen ist, die beschleunigungsabhängig den dritten Leistungsschalter steuert, wobei nur bei entsprechender Durchsteuerung aller drei steuerbarer Leistungsschalter dem Zündelement Energie aus der Energiequelle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der erste und der zweite Leistungsschalter einen gemeinsamen Träger aufweisen, und dass der dritte Leistungsschalter nicht auf diesem Träger angeordnet ist.

Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 883 527 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch erfinderisch; zudem sei die Priorität zu Unrecht in Anspruch genommen, da bei dem Gegenstand der Prioritätsanmeldung ein gemeinsamer Träger für den ersten und den zweiten Leistungsschalter nicht offenbart sei. Schließlich sei die Erfindung nach dem Streitpatent nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Hierzu bezieht sich die Klägerin auf folgende Dokumente und Druckschriften:

K3 Suchowerskyj, W.: "Évolution en matière de detecteurs de choc", in: La securite secondaire et l'automobile d'aujourd'hui face aux contraintes nouvelles, 1982, S. 69-77 mit deutscher Übersetzung (K3a)

K4 US 5 182 459 mit deutscher Übersetzung (K4a)

K5 US 5 283 472 mit deutscher Übersetzung (K5a)

K6 EP 0 283 737 A1 K7 DE 40 16 644 A1 K8 DE 195 07 071 A1 K9 DE 195 07 072 A1 K10 DE 195 07 073 A1 K11 DE 44 25 846 A1 K12 Bosch (Hrsg.): Kraftfahrtechnisches Handbuch, 21. Aufl., Düsseldorf 1991, Impressum, S. 4-7, 92-99, 106-109, 158-159, 716-721 K14 Vogt, R., Witt, P.: "Restraint system electronics", in: Automotive engineering, August 1996, S. 27-31 mit deutscher Übersetzung (K14a)

K15 EP 0 407 391 B1 K17 US 5 544 915 K20 DE 39 19 376 A1 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 883 527 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland voll umfänglich für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass Anspruch 1 ohne Bezugszeichen folgende Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 2 bis 15 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 1):

Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemittels, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit einem ein Beschleunigungssignal liefernden Beschleunigungssensor, mit einer ersten Steuereinheit zum Verarbeiten des Beschleunigungssignals oder eines vom Beschleunigungssignal abhängigen Signals, und mit einem mit einer Energiequelle verbundenen Zündkreis, enthaltend in Serie zueinander angeordnet zumindest einen ersten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter, ein dem Rückhaltemittel zugeordnetes Zündelement, und einen zweiten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter, wobei die erste Steuereinheit beide Leistungsschalter steuert, bei der der Zündkreis einen dritten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter aufweist, wobei der erste Leistungsschalter zwischen einer auf Masse oder negativem Potential liegenden zweiten Versorgungsleitung und dem Zündelement, der zweite Leistungsschalter zwischen dem Zündelement und dem dritten Leistungsschalter und der dritte Leistungsschalter zwischen dem zweiten Leistungsschalter und einer auf positivem Potential liegenden ersten Versorgungsleitung angeordnet ist, bei der eine zweite Steuereinheit vorgesehen ist, die beschleunigungsabhängig den dritten Leistungsschalter steuert, wobei nur bei entsprechender Durchsteuerung aller drei steuerbaren Leistungsschalter dem Zündelement Energie aus der Energiequelle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der erste und der zweite Leistungsschalter einen gemeinsamen Träger aufweisen, und dass der dritte Leistungsschalter nicht auf diesem Träger angeordnet ist.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 ohne Bezugszeichen folgende Fassung erhält und sich hieran die Ansprüche 3 bis 15 der erteilten Fassung in neuer Nummerierung anschließen (Hilfsantrag 2):

Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemittels, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit einem ein Beschleunigungssignal liefernden Beschleunigungssensor, mit einer ersten Steuereinheit zum Verarbeiten des Beschleunigungssignals oder eines vom Beschleunigungssignal abhängigen Signals, und mit einem mit einer Energiequelle verbundenen Zündkreis, enthaltend in Serie zueinander angeordnet zumindest einen ersten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter, ein dem Rückhaltemittel zugeordnetes Zündelement, und einen zweiten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter, wobei die erste Steuereinheit beide Leistungsschalter steuert, bei der der Zündkreis einen dritten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter aufweist, wobei der erste Leistungsschalter zwischen einer auf Masse oder negativem Potential liegenden zweiten Versorgungsleitung und dem Zündelement, der zweite Leistungsschalter zwischen dem Zündelement und dem dritten Leistungsschalter und der dritte Leistungsschalter zwischen dem zweiten Leistungsschalter und einer auf positivem Potential liegenden ersten Versorgungsleitung angeordnet ist, bei der eine zweite Steuereinheit vorgesehen ist, die beschleunigungsabhängig den dritten Leistungsschalter steuert, wobei nur bei entsprechender Durchsteuerung aller drei steuerbaren Leistungsschalter dem Zündelement Energie aus der Energiequelle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der erste und der zweite Leistungsschalter einen gemeinsamen Träger aufweisen, dass der dritte Leistungsschalter nicht auf diesem Träger angeordnet ist unddass ein integrierter Schaltkreis den ersten und zweiten Leistungsschalter enthält.

Im Übrigen widerspricht sie der Argumentation der Klägerin in allen Punkten.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet. Sie führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung nach den Hilfsanträgen patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 56 EPÜ).

Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in den verteidigten Fassungen gegenüber dem Stand der Technik neu ist, denn jedenfalls beruht er gegenüber den Druckschriften K4 und K20 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat ergeben, dass der hier einschlägige Durchschnittsfachmann, ein mit der Ansteuerung von Airbagsystemen betrauter Diplomingenieur, zum Prioritätszeitpunkt aufgrund seines allgemeinen Fachwissens und in Kenntnis der vor dem Prioritätszeitpunkt veröffentlichten Druckschriften K4 und K20 in der Lage war, den Patentgegenstand in naheliegender Weise aufzufinden. Insoweit kann es auch dahinstehen, ob die Beklagte die Priorität zu Recht in Anspruch genommen hat und ob die Fassungen der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 zulässig sind.

II.

1. Das Streitpatent betrifft eine Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemittels wie z. B. Airbag, Gurtstraffer etc., insbesondere in einem Kraftfahrzeug. Die Streitpatentschrift beschreibt eingangs im Stand der Technik bekannte Ausführungen solcher Anordnungen, die jedoch das Risiko der Fehlauslösung aufweisen sollen. Bei der Anordnung nach der US-Patentschrift 5 544 915 (K17) bestehe die Gefahr, dass ein Fehlsignal bei einem Defekt der Steuereinheit die Airbags auch ohne Aufprall auslöse. Bei der Anordnung nach der US-Patentschrift 5 182 459 (K4) besteht die Gefahr einer Fehlauslösung, wenn die Mikrocomputer Funktionalität fehlerbehaftet ist, etwa bei fehlerbehafteten Bearbeitungsroutinen für Beschleunigungssignale. Bei einer Anordnung nach der DE 40 16 644 A1 (K7) bestehe die Gefahr, dass bei einer groben Fehlfunktion oder der Zerstörung des Mikrocomputers der erste Leistungsschalter fehlerhaft geschlossen und aufgrund der niedrig ausgebildeten Schwelle bereits ein Beschleunigungssignal mit geringer Amplitude, wie es etwa beim Überfahren eines Randsteins entstehen kann, zur Auslösung des Zündsystems führen könne. Bei der Anordnung nach der US-Patentschrift 5283472 (K5) sei zwar auch ein mechanischer Beschleunigungsschalter vorhanden, dies weise aber den Nachteil auf, dass die derzeit verfügbaren mechanischen Beschleunigungsschalter aufgrund ihrer langen Schließzeiten nicht zum Erkennen eines Seitenaufpralls geeignet seien. Schließlich weise die aus der gattungsbildenden EP 0 283 737 (K6) bekannte Anordnung, bei der von Verzögerungssensoren gesteuerte Schalter über eine Energiequelle drei Steuereinheiten aktivieren und jede Steuereinheit wiederum eine steuerbare Leistungsstufe im Zündkreis anspreche, den Nachteil auf, in der Herstellung aufwändig und bauteilintensiv zu sein.

2. Die Streitpatentschrift bezeichnet es vor diesem Hintergrund als Aufgabe der Erfindung, eine Anordnung zu schaffen, die höchst zuverlässig vor Fehlauslösungen des Zündelements schützt und andererseits bei Bedarf sicher und rechtzeitig auslöst.

3. Demgemäß schlägt die Streitpatentschrift gemäß dem gegenüber dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 1 enger gefassten Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 eine Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemittels, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit folgenden Merkmalen vor (Aufzählungszeichen hinzugefügt):

a) mit einem ein Beschleunigungssignal (g1) liefernden Beschleunigungssensor (5), b) mit einer ersten Steuereinheit (1) zum Verarbeiten des Beschleunigungssignals (g1) oder eines vom Beschleunigungssignal (g1) abhängigen Signals (a1), undc) mit einem mit einer Energiequelle (101) verbundenen Zündkreis, enthaltend in Serie zueinander angeordnet zumindest einen ersten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter (71), d) ein dem Rückhaltemittel zugeordnetes Zündelement (100), und einen zweiten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter (72), wobei die erste Steuereinheit (1) beide Leistungsschalter (71, 72) steuert, e) bei der der Zündkreis einen dritten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter (81) aufweist, f) wobei der erste Leistungsschalter (71) zwischen einer auf Masse oder negativem Potential liegenden zweiten Versor- gungsleitung und dem Zündelement (100), der zweite Leistungsschalter (72) zwischen dem Zündelement (100) und dem dritten Leistungsschalter (81) und der dritte Leistungsschalter zwischen dem zweiten Leistungsschalter (72) und einer auf positivem Potential liegenden ersten Versorgungsleitung angeordnet ist, g) bei der eine zweite Steuereinheit (2) vorgesehen ist, die beschleunigungsabhängig den dritten Leistungsschalter (81) steuert, h) wobei nur bei entsprechender Durchsteuerung aller drei steuerbaren Leistungsschalter (71, 72, 81) dem Zündelement (100) Energie aus der Energiequelle (101) zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, i) dass der erste und der zweite Leistungsschalter (71, 72) einen gemeinsamen Träger (7) aufweisen, dass der dritte Leistungsschalter (81) nicht auf diesem Träger (7) angeordnet ist undj) dass ein integrierter Schaltkreis den ersten und zweiten Leistungsschalter (71, 72) enthält.

Zum Hauptantrag und Hilfsantrag 1:

Der Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag umfasst den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 1 und dieser den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 2. Nachdem dieser - wie nachfolgend aufgezeigt wird - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsantrag 1 nicht patentfähig.

Zum Hilfsantrag 2:

Die Druckschrift K4 (vgl. Sp. 3 Z. 16 bis Sp. 4 Z. 22 i. V. m. Fig. 1) offenbart dem Fachmann eine Anordnung zum Steuern eines Rückhaltemittels (Airbag) für ein Kraftfahrzeug mit zwei Beschleunigungssensoren, die jeweils ein Beschleunigungssignal A bzw. A« liefern (Sp. 4 Z. 26-32: piezoelektrisches Element 11, Schaltkreise 10a und 10b). Die Beschleunigungssignale A und A« werden in zueinander redundanter Weise erzeugt, ihre jeweilige Differenz zu einer Referenzspannung wird integriert. Nur dann, wenn beide Integralwerte eine bestimmte Schaltschwelle überschreiten, ist eine Auslösung der Rückhalteinrichtung möglich (Sp. 5 Z. 50-65 i. V. m. Fig. 1). Die beispielhafte, redundante Ausbildung der Anordnung nach Fig. 1 der K4 mit zwei Beschleunigungssensoren dient damit offensichtlich zur Vermeidung einer Fehlauslösung der Rückhalteinrichtung bei einem fehlerhaften Beschleunigungssignal. Es steht im Belieben des Fachmanns, auf die redundante Ausbildung der Anordnung nach Fig. 1 der K4 zugunsten eines einfacheren Schaltungsaufbaus zu verzichten und die Schaltung nach Fig. 1 bspw. ohne die Schaltkreise 10b, 40` und 50` auszubilden, wobei das Signal C des Schaltkreises 50 zur Verhinderung des Durchschaltens des Leistungstransistors 83 während des Einschaltvorgangs der Anordnung zwingend an den durch den Wegfall des Schaltkreises 50« freien Eingangsanschluss des Gatters 87 anzulegen ist (Sp. 5 Z. 40-49 i. V. m. Fig. 1). Eine derart vereinfachte Anordnung weist nur einen ein Beschleunigungssignal A liefernden Beschleunigungssensor 10a auf (Merkmal a)).

Weiterhin umfasst diese vereinfachte Anordnung eine erste Steuereinheit 40, 50 zum Verarbeiten des Beschleunigungssignals (Merkmal b) erste Alternative), und einen mit einer Energiequelle 81 verbundenen Zündkreis, enthaltend in Serie zueinander angeordnet einen ersten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter 83 (Merkmal c)), ein dem Rückhaltemittel (Airbag) zugeordnetes Zündelement 1 und einen zweiten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter 82, wobei die erste Steuereinheit 40, 50 beide Leistungsschalter 83, 82 steuert (Fig. 1: Merkmal d)). Der Zündkreis weist zudem auch einen dritten elektrisch steuerbaren Leistungsschalter 84 auf (Fig. 1: Merkmal e)).

Wie aus Fig. 1 der K4 ohne weiteres ersichtlich, sind der erste Leistungsschalter 83 zwischen einer auf Masse liegenden zweiten Versorgungsleitung und dem Zündelement 1, der zweite Leistungsschalter 82 zwischen dem Zündelement 1 und dem dritten Leistungsschalter 84 und der dritte Leistungsschalter 84 zwischen dem zweiten Leistungsschalter 82 und einer auf positivem Potential liegenden ersten Versorgungsleitung angeordnet (Merkmal f)).

Schließlich ist bei der Anordnung nach Fig. 1 der K4 eine zweite Steuereinheit (microcomputer 71) vorgesehen, die beschleunigungsabhängig den dritten Leistungsschalter 84 steuert (Merkmal g)), wobei offensichtlich nur bei entsprechender Durchsteuerung aller drei steuerbaren Leistungsschalter 82, 83, 84 dem Zündelement 1 Energie aus der Energiequelle 81 zugeführt wird (Merkmal h)).

Auf welche Art und Weise die Leistungsschalter 82, 83 und 84 auf Trägern anzuordnen sind, wird in der Druckschrift K4 offen gelassen.

Aus der Druckschrift K20 ist dem Fachmann eine weitere Anordnung zum Steuern eines Airbags für ein Kraftfahrzeug (Sp. 1 Z. 6-9 u. Sp. 3 Z. 30 bis Sp. 4 Z. 44 i. V. m. Fig. 4) bekannt, die ebenfalls zwei Steuereinheiten 4 bzw. 10 und einen Zündkreis mit drei in Serie zueinander angeordneten steuerbaren Leistungsschaltern 14, 3 und 15 aufweist, wobei nur bei entsprechender Durchsteuerung aller drei steuerbarer Leistungsschalter einem Zündelement Energie aus einer Energiequelle +Ub zugeführt wird. Beim Gegenstand der K20 ist der elektrisch steuerbare Leistungsschalter 3 zusammen mit der ihn ansteuernden Steuereinrichtung 4 auf einem gemeinsamen Halbleiterchip integriert (Sp. 5 Z. 3-6) und die Steuereinheit 10 offensichtlich als eine von diesem Halbleiterchip getrennte Baueinheit ausgeführt (Fig. 4). In einer beispielhaften Ausführungsform ist zudem das Zündelement (Schmelzleiter) als Schleife eines die monolithische Schaltung bzw. den Halbleiterchip kontaktierenden Bondleiters ausgeführt (K20: Anspruch 19), der direkt im Zündstoff des Zündelements gelagert wird. Die aus der Vereinigung von Steuerschaltung und Zündelement resultierende verkleinerte Bauform ermöglicht erkennbar eine nochmals kompaktere Ausführungsform einer Anordnung zum Steuern eines Airbags. Der Fachmann wird daher angesichts dieser Vorteile die Ausbildung eines Zündelements aus einem Bonddraht aus der K20 aufgreifen und das in der K4 nicht näher beschriebene Zündelement 1 durch die Schleife eines einen Halbleiterchip kontaktierenden Bondleiters ersetzen. Beim Gegenstand der K4 sind die elektrisch steuerbaren Leistungsschalter 82 und 83 offensichtlich unmittelbar mit dem Zündelement 1 elektrisch verbunden. Für die Kontaktierung der Leistungsschalter 82 und 83 mit einem als Bonddraht ausgebildeten Zündelement 1 liegt es für den Fachmann allein schon aufgrund der technologischen Randbedingungen auf der Hand, die Anordnung so auszubilden, dass der erste und der zweite Leistungsschalter 82 bzw. 83 einen gemeinsamen Träger aufweisen und damit einen integrierten Schaltkreis bilden (Merkmale i)teilweise, j)). Die auf einem gemeinsamen Träger angeordneten Leistungsschalter 82 und 83 bilden somit zusammen mit dem als Bonddraht ausgebildeten Zündelement 1 eine Baueinheit, die funktionsnotwendig direkt im Gasgenerator eines Airbags angeordnet ist. Bei einer Auslösung des Airbags wird der Bonddraht zwangsläufig zerstört und damit auch der die Bonddrähte enthaltende Halbleiterchip unbrauchbar. Der Fachmann hat daher Veranlassung, die weiteren, Steuereinheiten 40, 50 und 71 sowie den weiteren Schaltkreis 60 der K4 nicht auf dem Halbleiterchip unterzubringen.

Der elektrische Anschluss der sich im Airbag befindlichen beiden Leistungsschalter 82, 83 nach Fig. 1 der K4 und des als Bonddraht ausgebildeten Zündelements 1 erfordert neben einem Masseanschluss offensichtlich nur noch eine einzige Energiezufuhrleitung von dem dritten Leistungsschalter 84 und zwei Steuerleitungen von den Gattern 86 bzw. 87. Eine Anordnung des dritten Leistungsschalters 84 auf demselben Träger wie die Leistungsschalter 82, 83 würde zwangsläufig zu einer Verlagerung des dritten Leistungsschalters 84 in den Airbag führen. Dabei wäre außer der genannten elektrischen Energiezufuhrleitung und den beiden Steuerleitungen noch eine zusätzliche elektrische Verbindungsleitung zu einem Schaltkreis 60 (THRESHOLD VOLTAGE GENERATING CKT) unerlässlich.

Der Fachmann wägt Vor- und Nachteile der beiden Möglichkeiten für die Anordnung des dritten Leistungsschalters 84 gegeneinander ab und wählt die ihm bzgl. der Zuverlässigkeit als am besten Geeignete aus. Die Einsparung einer elektrischen Verbindungsleitung führt den Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zu einer Anordnung, bei der der dritte Leistungsschalter 84 nicht im Airbag, d. h. nicht auf demselben Träger wie die Leistungsschalter 82, 83 angeordnet ist (Merkmal i)Rest).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Voit Dr. Hartung Friehe-Wich Höppler Gottstein Pr






BPatG:
Urteil v. 21.11.2007
Az: 4 Ni 34/06


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