Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 6. August 2015
Aktenzeichen: I-2 U 10/15

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 06.08.2015, Az.: I-2 U 10/15)

Tenor

I. Die Berufung gegen das am 5. November 2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

1. im Urteilsausspruch zu I.3 in der dritten Zeile das Wort "insbesondere" entfällt,

2. in der fünften Zeile hinter der Angabe "zwischen 20.00 Uhr und 21.00 Uhr" der Zusatz "(Anlage K1)" eingefügt wird und

3. im Urteilsausspruch zu I. in der zweiten Zeile und im Urteilsausspruch zu I.2 in der letzten Zeile jeweils hinter die Worte "sofern dies geschieht wie in der Aussendung vom 06.07.2013" der Zusatz "(Anlage K1)" eingefügt wird.

II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 27.500 € abzuwenden, falls nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein; zu den von ihm verfolgten satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Mitglied des Klägers sind eine erhebliche Anzahl im Heilmittelbereich tätiger Gewerbetreibender. Von der Beklagten verlangt er die Unterlassung der im Urteilsausspruch näher bezeichneten Werbeaussagen sowie Erstattung von Abmahnungskosten.

Die Beklagte vertreibt Nahrungsergänzungsmittel. In einer von dem Teleshopping-Fernsehsender "Q." ausgestrahlten Dauerwerbesendung "N. V. - natürlich gut" vom 6. Juli 2013 bewarb die Beklagte ihre Produkte "N. V. G.-K.", "N. V. H.-K. und "N. V. A." mit den aus den im landgerichtlichen Urteilsausspruch zu Ziffer I.1. bis I.3. wiedergegebenen Aussagen. Wegen näherer Einzelheiten der Gestaltung der Sendung wird auf die als Anlage K1 vorgelegte Sendungsniederschrift (Bl. 18 bis 31 d.A.) Bezug genommen (Bl. 11 bis 25 d.A.).

Das Produkt "N. V. G.-K." enthält in der empfohlenen Tagesverzehrmenge von 4 Kapseln (je 400 mg) 1.600 mg Gerstengrassaftpulver und 400 mg Mangan, was 200 % der empfohlenen Tagesverzehrmenge von Mangan nach der Nährwertkennzeichnungsverordnung entspricht. Gerstengrassaft weist ferner eine Konzentration an Vitamin C, Vitamin E und Vitamin B1 (= Thiamin) auf.

In dem Produkt "N. V. H.-K." sind in der empfohlenen Tagesverzehrmenge von zwei Kapseln u.a. 90 mg Cholin, 1,1 mg Vitamin B1, 1,4 mg Vitamin B2, 16 mg Niacin und 6 mg Pantothensäure enthalten.

Der Kläger hält die Werbeaussagen gemäß Ziffern I.1. und I.2. mit der Begründung für unzulässig, sie enthielten jeweils spezifische gesundheitsbezogene Angaben, die weder in der Liste nach Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, (Health-Claims-VO; nachfolgend: HCVO) enthalten noch durch wissenschaftliche Nachweise abgesichert seien. Die Werbeaussage zu Ziffer I.3 sei irreführend, weil sie die unzutreffende Äußerung enthalte, heutzutage angebotene Lebensmittel wiesen keine Nährstoffe und Vitamine mehr auf.

Nach erfolgloser Abmahnung hat der Kläger zunächst neben der Beklagten auch die Betreiberin des Senders Q.in Anspruch genommen, die Klage gegen letztere aber in erster Instanz zurückgenommen.

Die Beklagte hat vor dem Landgericht eingewandt, die in den angegriffenen Werbeaussagen dem Produkt zugeschriebenen Wirkungen auf den menschlichen Körper seien durch die Fachartikel gemäß Anlagen B2 bis B11 wissenschaftlich hinreichend belegt. Bei gesundheitsbezogenen Angaben für Nahrungsergänzungsmittel dürften die Anforderungen an einen wissenschaftlichen Nachweis nicht so hoch gesteckt werden wie bei Arzneimitteln; insbesondere dürften keine randomisierten und placebokontrollierten Doppelblindstudien verlangt werden. Gegebenenfalls sei diese Frage in einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu klären. Im Übrigen reiche es aus, dass für einzelne Bestandteile des Gerstengrases zugelassene Claims in der Anlage zu Art. 13 Abs. 3 HCVO verzeichnet seien. Soweit in den Werbeaussagen befindliche Angaben noch nicht in dieser Liste stünden, könne ihr deren Verwendung nicht untersagt werden.

Mit Urteil vom 5. November 2014 hat das Landgericht dem Klagebegehren entsprochen und die Beklagte [vormals Beklagte zu 2)] unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen und im landgerichtlichen Urteilsausspruch näher bezeichneten Ordnungsmittel verurteilt,

I. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt zu werben, sofern dies geschieht wie in der Aussendung vom 06.07.2013:

1. für das Mittel "N. V. G.-K.":

1.1

"Es ist der Vitalstoffcocktail für den Sommer, weil, Gerstengras gibt wirklich so den Kick. Denn, wenn´s heiß ist, dann kennt man das auch schon, fühlt man sich schon mal schlapper. Und Sie haben´s gerade angesprochen, F., es gibt unglaublich viele wissenschaftliche Ausarbeitungen. Eine, einer der bekanntesten Wissenschaftler mit zahllosen Preisen überhäuft ist Dr. H. aus Japan. Und der hat, Achtung, 40 Jahre seines Lebens Gerstengras untersucht. 40 Jahre! Und hat selber gesagt, also das, was er herausgefunden hat, hat all seine Erwartungen übertroffen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse bei Gerstengras ist, dass es ein topp basisches Lebensmittel ist. Und das ist ganz interessant, weil viele von uns sind ja übersäuert. Basisch ist ja das Gegenteil von sauer. Sauer hat jetzt in diesem Fall auch nichts mit Sodbrennen oder so zu tun, sondern bestimmte Bereiche des Körpers sind bei vielen Menschen übersäuert. Und da empfiehlt es sich natürlich immer, basische Lebensmittel zu nehmen. Übersäuerung im Anfangsstadium, merkt man das so, energielos, schlapp, müde und so weiter und sofort. Aber wenn man nichts macht, wird im Laufe der Jahre, kann man mit zahlreichen Herausforderungen zu tun haben, um das mal so zu formulieren. Und das ist der Grund, warum Gerstengras so spannend ist, weil es nämlich wirklich mit das toppbasische Lebensmittel ist. Und wenn Bereiche, also es gibt ja Bereiche, die müssen sauer sein, wie der Dickdarm. Aber Blut zum Beispiel, Zellflüssigkeit, Dünndarm müssen basisch sein. Und wenn das nicht der Fall ist, dann ist die Problematik vorprogrammiert. Und hier kann Gerstengras den gesunden Säure-Basen-Haushalt im menschlichen Organismus positiv unterstützen."

1.2

"Gerstengras unterstützt auch die natürliche Hautatmung",

1.3.

"Orthomolekularmediziner haben zum Beispiel herausgefunden, dass Gerstengras auch körpereigene fettspaltende Enzyme positiv unterstützen kann. Wenn Sie zum Beispiel eine Diät machen im Rahmen einer Ernährungsumstellung ... dann kann Gerstengras die natürliche Tätigkeit der fettspaltenden Enzyme und damit den gesunden Fettstoffwechsel positiv unterstützen",

1.4.

"Und Gerstengras ist vollgepackt mit Chlorophyll. Und Chlorophyll sagt man u.a. nach, dass es Mücken abwehren kann",

1.5.

"Chlorophyll ist ne tolle Natursubstanz für das menschliche Blut. Kann die gesunde Fließfähigkeit unterstützen. Und gerade jetzt im Sommer, wo viele Probleme haben mit dicken Beinen, geschwollenen Knöcheln und so. das ist sehr, sehr sinnvoll, die natürliche Fließfähigkeit zu unterstützen",

1.6.

"Aber Chlorophyll gibt auch frischen Atem, sagen viele Experten, weil Chlorophyll voll mit Sauerstoff ist. Und dieser Sauerstoff wiederum begünstigt ein harmonisches Milieu im Mund, das die Bakterien, die für schlechten Geruch verantwortlich sind, überhaupt nicht mögen",

1.7.

Mit den Angaben:

"Als zum Beispiel den Energiestoffwechsel regt es an",

und/oder

"Eine Erhaltung der normalen Knochen wird begünstigt, normale Knochendichte",

und/oder

"Zellschutz für oxidativen Stress",

2. für das Mittel "N. V. H.-Kapseln mit den Angaben:

"...wenn Sie antriebslos öfter sind, mit Cholesterin, mit dem Cholesterinspiegel zu tun haben, Völlegefühl, Blähungen, infektanfälliger, Herausforderungen mit dem Herz-Kreislauf-System, Übergewicht, dubiose Rückenherausforderungen, Migräne, depressive Verstimmung, Schlafstörungen, Gallensteine, die werden übrigens auch in der Leber gebildet, nicht in der Galle, dann kann, muss nicht, aber kann die Leber mitverantwortlich sein"

sowie dem Hinweis

"...wenn Sie vielleicht das eine oder andere als Anzeichen erkannt haben, was F. gerade genannt hat, vielleicht einfach mal probieren und ob dann, ob dann, ne Besserung eintritt"

sofern dies geschieht wie in der Aussendung vom 06.07.2013,

3. mit Angaben für Nahrungsergänzungsmittel zu werben, wonach die heutige Nahrung keinerlei Nährstoff-/Vitamingehalt mehr aufweist, insbesondere wie aus dem nachstehenden Dialog (ausgestrahlt in der Werbesendung vom 06.07.2013 "N. V. - natürlich gut" zwischen 20:00 Uhr und 21:00 Uhr):

(B) "Das Problem heute ist, weiß nicht, was Sie heute gegessen haben und vor allen Dingen, wissen Sie, welche Vitalstoffe Sie mit diesen Lebensmitteln zu sich genommen haben€ Und in welcher Konzentration€ So! Und genau das ist ja unsere heutige Herausforderung. In, in vielen Lebensmitteln; Obst und Gemüse wird grün gepflückt. Ja, was ist denn da drin€ Auf dem Transportweg, da kommen ja nicht die Vitamine herbeigeflogen, "Hallo Apfel, lass mich mal rein!", oder so. Da kommt gar nichts. Ja€ So! Das ist ja unsere Herausforderung. Das ist ja der Grund, warum ich seit 14 Jahren auch an dieser Stelle sage, peppen Sie die heutige, meist tote, denaturierte Nahrung auf! Ich bin überhaupt nicht gegen Burger und Currywurst und was es alles gibt. Ich mach auch Fischstäbchen.

(A) "Das muss auch schon mal sein. Ni€"

(B) "mit Ketchup und und und und Püree. Aber das alles hat ´nen Nährstoffgehalt eines Tempotaschentuches. Da ist doch nichts drin."

(A) "Und jetzt kann ich ja wirklich"

(B) "So!"

(A) "mit der ausgeklügelten Nahrungsergänzung noch"

(B) "Ja".

(A) "mal diesen"

(B) "Und darum geht´s.€

(A) "Cocktail, Cocktail an Vitaminen, an richtigen.€

(B) "Genau.€

(A) "€Ballaststoffen noch mal!€

(B) "So!€

(A) "zusammen führen. Und den konzentriert nehmen."

II. an den Kläger 166,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2014 zu zahlen.

Es hält die angegriffenen Werbeaussagen zu Ziffer I.1.1 - I.1.3, zu Ziffer I.1.5 - I.1.7 und zu Ziffer I.2. für unzulässige gesundheitsbezogene Angaben, die gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO nicht benutzt werden dürften, weil die den beworbenen Erzeugnissen zugeschriebenen Wirkungen nicht durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse nachgewiesen seien. Darüber hinaus sei die weitere Voraussetzung des Art. 5 Abs. 1 b) und i) HCVO nicht erfüllt, dass das beworbene Erzeugnis entweder eine gemäß Gemeinschaftsrecht signifikante Menge der Substanz, auf die sich die gesundheitsbezogene Angabe bezieht, enthalten müsse, oder - wenn es an einer solchen Angabe nach dem Gemeinschaftsrecht fehlt - wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge in einer Menge vorhanden sein müsse, die geeignet sei, die behauptete Wirkung zu erzielen. Außerdem fehle der nach Art. 10 Abs. 2 HCVO erforderliche Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise.

Die Aussage zu Ziffer I.1.4 werde zwar mangels Gesundheitsbezuges nicht von der HCVO erfasst, sei aber irreführend und verstoße gegen § 11 Abs. 1 LFGB. Sie erwecke für die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, durch die Einnahme des beworbenen Erzeugnisses könne man Mückenstichen vorbeugen, obwohl die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Anlagen B2 bis B8) eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung dieser Wirkung nicht belegten.

Die Aussage zu Ziffer I.3. verstoße wiederum gegen § 11 Abs. 1 LFGB; sie sei irreführend, weil sie dem Verbraucher suggeriere, das beworbene Produkt gleiche bei alleinigen Konsum herkömmlicher Lebensmittel entstehende Nährstoffmängel aus, die tatsächlich so allgemein nicht bestünden.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter. Sie meint, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die Bestimmungen der HCVO auf die angegriffenen Werbeaussagen angewendet, obwohl die EU-Kommission im Hinblick auf die hohen Anforderungen an die Nachweishöhe gesundheitsbezogener Aussagen für pflanzliche Lebensmittel das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgebot tangiert habe und sich auch nicht in der Lage sehe, die HCVO bei angemeldeten Claims über "Botanicals" weiterhin anzuwenden. Über diese Bedenken der EU-Kommission habe sich das Landgericht nicht hinwegsetzen dürfen, sondern hätte eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Anforderungsprofil für die Zulässigkeit gesundheitsbezogener Angaben einholen müssen.

Darüber hinaus habe das Landgericht auch Sachvortrag der Beklagten und verschiedene Beweisantritte übergangen bzw. falsch berücksichtigt. Soweit sie - die Beklagte - in Bezug auf ihre Ausführungen über die traditionell bekannten Erfahrungen mit einem Verzehr von Gerstengras die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt habe, habe das nicht einer erstmaligen sachverständigen Überprüfung der einzelnen Aussagen dienen sollen, sondern lediglich der Bestätigung, dass die von ihr wiedergegebenen Erkenntnisse richtig referiert seien. Ein solcher Beweisantritt sei zulässig. Traditionelle Erkenntnisse und Erfahrungen unterlägen im Ergebnis den gleichen Beurteilungsregelungen wie heutige aktuelle wissenschaftliche Studien, in denen geprüft werde, was passiert, wenn man dem menschlichen Körper eine bestimmte Substanz zuführt; der Unterschied bestehe lediglich darin, dass der Prüfungszeitraum bei modernen Studien lediglich 4 bis 8 Wochen betrage und nur einen verhältnismäßig kleinen Kreis von etwa 20 bis 70 Probanden umfasse, während die Erfahrungen der traditionellen Naturheilkunde auf Beobachtungen an tausenden Menschen teilweise über Generationen hinweg beruhten und deshalb nicht weniger richtig oder aussagekräftig seien als wissenschaftliche Studien nach neuesten Maßstäben, weswegen sie mindestens denselben Beweiswert hätten.

Sämtliche im Urteilsausspruch zu I.1.1 angegebenen Sacherklärungen seien zutreffend und gäben von der Ernährungswissenschaft nicht in Abrede gestellte Erfahrungen und Erkenntnisse wieder.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht auch die nur hygienebezogene Aussage zu Ziffer I.1.6, Sauerstoff begünstige ein harmonisches Milieu im Mund, das die für schlechten Geruch verantwortlichen Bakterien überhaupt nicht mögen, als gesundheitsbezogen bewertet. Rechtsfehlerhaft sei es ferner, dass das Landgericht sich nicht mit den zahlreichen im Gerstengras enthaltenen natürlichen Einzelsubstanzen und Nährstoffen und der von dem japanischen Wissenschaftler Dr. Y. H. in jahrzehntelangen Forschungen festgestellten immensen Wirkungsvielfalt des Gerstengrassaftextraktes auseinandergesetzt. Einzelne der darin enthaltenen natürlichen Einzelverbindungen und Nährstoffe, etwa Vitamine habe die EU-Kommission in der bereits erstellten Teilliste bestätigt, was insbesondere für das in überdurchschnittlich hoher Menge enthaltene Vitamin C gelte, das laut EU-Kommission u.a. zur Unterstützung des Stoffwechsels beitrage, ebenso wie das in überdurchschnittlich hohen Mengen enthaltene Kalzium für die Erhaltung normaler Knochen benötigt werde und zu einem normalen Energiestoffwechsel beitrage. Im Hinblick auf die Aussage über den Zellschutz für oxidativen Stress erfülle bereits das in beachtlichem Umfang vorhandene Vitamin C einen solchen Claim. Auch über diese Erkenntnisse habe sich das Landgericht nicht hinwegsetzen dürfen, ohne einen Sachverständigen zu befragen.

Die Aussagen über die "Heparan-Kapseln" hätten die Zuschauer lediglich dazu sensibilisieren sollen, im Rahmen ihrer Ernährung auf eine normale Leberfunktion zu achten. Das in dem Produkt enthaltene Cholin trage zur Erhaltung einer normalen Leberfunktion bei; diesen Claim habe die EU-Kommission für Cholin ausdrücklich zugelassen. Da die EU-Kommission aber nicht ausgeführt habe, was eine "normale" Leberfunktion eigentlich bedeute, habe sie - die Beklagte - nur aufgezeigt, was eine normale Funktion der Leber mit sich bringe bzw. woran man erkenne, dass die Leberfunktion nicht mehr normal sei und deshalb gezielt durch die Zufuhr bestimmter Nährstoffe unterstützt werden müsse. Solche Hinweise seien wichtig, weil das menschliche Bewusstsein Leberfunktionsstörungen mangels Nervenzellen in der Leber anders als etwa solche des Magens oder des Darmes nicht direkt wahrnehme. Ergänzende Erklärungen dessen, was eine normale Leberfunktion bedeute oder was eine normale Funktion des Immunsystems letztendlich umfasse, verbiete die HCVO nicht. Außerdem enthielten die "Heparan-Kapseln" auch weitere Substanzen wie Mariendistelextrakt, Artischockenextrakt und bitteren Löwenzahn, die ebenfalls für ihre unterstützende Wirkung einer gesunden Leberfunktion bekannt seien.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe ihr Geschäftsführer mit dem in Klageantrag zu I.3. aufgeführten Erklärungen keine Pauschalkritik an sämtlichen Lebensmitteln geäußert, sondern lediglich seinen Unmut darüber zum Ausdruck gebracht, dass man sich bei vielen Lebensmitteln fragt, was an Nährstoffgehalt in ihnen noch enthalten sei. Er habe nur seine Verärgerung darüber bekundet, dass weiterhin einige Lebensmittelhersteller zu wenig auf Qualität und umso mehr auf den eigenen Profit achteten und dass Obst und Gemüse teilweise von weit her in noch grünem Zustand geerntet werde, um nach wochen- oder monatelangem Transport beim Verbraucher anzukommen, was sowohl ökologisch unter dem Gesichtspunkt der Umweltbelastung als auch ernährungsphysiologisch ein Unding sei. Im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit müsse es ihm möglich sein, durch eine solche Kritik die Verbraucher dazu zu bewegen, bei ihrer Ernährung bewusster auf die in den verzehrten Lebensmitteln enthaltenen Nährstoffe zu achten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter ergänzender Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die angegriffenen Werbeaussagen als unzulässige gesundheitsbezogene Angaben bzw. lebensmittelrechtlich verbotene irreführende Aussagen bewertet und dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungs- und Erstattungsansprüche zuerkannt. Der vom Senat im Anschluss an die Bezugnahme auf die Werbesendung vom 6. Juli 2013 eingefügte Verweis auf die Sendungsniederschrift gemäß Anlage K1 und die Streichung des Wortes "insbesondere" aus dem Urteilsausspruch zu Ziffer I.3 dienen - wie vom Kläger in seinen Schriftsätzen vom 10. Juni 2014 und vom 28. April 2015 erbeten - der genaueren Anpassung des ausgesprochenen Verbots an seinen erstinstanzlichen Klageantrag (vgl. S. 1 der landgerichtlichen Sitzungsniederschrift vom 1. Oktober 2014 (Bl. 205 d.A.) und bedeuten keine teilweise Klageabweisung.

A.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist. Nachdem die Beklagte seinem diesbezüglichen Sachvortrag auch in der Berufungsinstanz nicht entgegengetreten ist, erübrigen sich hierzu weitere Ausführungen.

B.

Der Kläger hat gegen die Beklagte hinsichtlich der Werbeaussagen zu Ziffer I.1.1 bis 3., 6. bis 7. und I.2 einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 HCVO.

1.

Zu Recht und in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung geht das Landgericht davon aus, dass die hier einschlägigen Bestimmungen der HCVO, insbesondere Art. 10, Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG enthalten, deren Verletzung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen (BGH, GRUR 2011, 246 Tz. 12 - Gurktaler Kräuterlikör; GRUR 2013, 958 Tz. 22 - Vitalpilze; GRUR 2014, 1224 Tz. 11 - ENERGY & VODKA; GRUR 2014, 500 Tz. 10 - Praebiotik; GRUR 2015, 498 Tz. 15 - Combiotik; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rdnr. 11.137a).

2.

Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht die angegriffenen Werbeaussagen als geschäftliche Handlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG qualifiziert, die den Absatz der Erzeugnisse der Beklagten unmittelbar fördern sollen.

3.

Die in den vorstehenden Ziffern des Klageantrages wiedergegebenen Werbeaussagen haben ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) HCVO in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 betreffende gesundheitsbezogene Angaben zum Gegenstand.

a)

Eine gesundheitsbezogene Angabe setzt zunächst voraus, dass überhaupt eine Angabe über ein Lebensmittel vorliegt. Nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO ist eine Aussage oder eine Darstellung, die nicht nach Gemeinschaftsrecht oder nationalem Recht obligatorisch ist, nur dann eine Angabe über ein Lebensmittel im Sinne dieser Verordnung, wenn sie zumindest mittelbar zum Ausdruck bringt, dass das Lebensmittel eine besondere Eigenschaft besitzt. Damit ist sie abzugrenzen von solchen Aussagen oder Darstellungen, die lediglich auf eine Eigenschaft eines Lebensmittels hinweisen, die alle Lebensmittel der angesprochenen Gattung besitzen; in einem solchen Fall fehlt der Aussage oder Darstellung die Lenkungswirkung, deren Regulierung die Beschränkungen rechtfertigt, die die HCVO hinsichtlich der Verwendung nährwert- oder gesundheitsbezogener Angaben vorsieht (EuGH, GRUR 2012, 1161 Tz. 37 - Deutsches Weintor; BGH, GRUR 2014, 1224 Tz. 13 - ENERGY & VODKA). Informationen über Eigenschaften eines Lebensmittels sind daher auch dann, wenn sie sich auf Nährstoffe oder andere Substanzen beziehen, keine Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO, wenn mit ihnen keine besonderen Eigenschaften des Lebensmittels herausgestellt, sondern lediglich objektive Informationen über die Beschaffenheit oder die Gattung von Lebensmitteln mitgeteilt werden, zu der das beworbene Lebensmittel gehört. Das gilt nach Erwägungsgrund (5) der HCVO etwa für allgemeine Bezeichnungen wie "Digestif" oder "Hustenbonbon", die traditionell zur Angabe der Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können (BGH, a.a.O. - ENERGY & VODKA). Dasselbe gilt auch für die Bezugnahme auf die jedem Energiedrink eigene anregende und stimulierende Wirkung durch die Bezeichnung "Energy" (BGH, a.a.O. - ENERGY & VODKA).

b)

Der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe ist ungeachtet dessen, dass sich zwischen beiden Überschneidungen ergeben können, vom Begriff der nährwertbezogenen Angabe abzugrenzen. Während sich nährwertbezogene Angaben auf die Menge an in einem Lebensmittel enthaltenen Nährstoffen, anderen Substanzen oder Energie beziehen und damit etwa (nur) Sachinformationen in Bezug auf einen bestimmten Nährstoff vermitteln, stellen gesundheitsbezogene Angaben einen Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und dem gesundheitlichen Wohlbefinden her (BGH, GRUR 2015, 403 Tz. 28 - Monsterbacke II). Als gesundheitsbezogen definiert Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der geforderte "Zusammenhang" ist dabei weit zu verstehen (EuGH, GRUR 2012, 1161 Tz. 34 - Deutsches Weintor; GRUR 2013, 1061 Tz. 22 - Green-Swan Pharmaceuticals; BGH, GRUR 2013, 958 - Tz. 10 - Vitalpilze; GRUR 2014, 500 Tz. 16 - Praebiotik; GRUR 2014, 1013 Tz. 23 - Original Bachblüten; GRUR 2015, 611 Tz. 27 - RESCUE-Produkte). Die Formulierung "gesundheitsbezogene Angabe" erfasst daher jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dank des Verzehrs eines Lebensmittels - sei es unmittelbar oder mittelbar - impliziert (EuGH, a.a.O. Tz. 35 - Deutsches Weintor; BGH, GRUR 2013, 189 Tz. 9 - Monsterbacke; GRUR 2013, 958 Tz. 10 - Vitalpilze; GRUR 2014, 500 Tz. 16 - Praebiotik). Darüber hinaus wird jeder Zusammenhang erfasst, der impliziert, dass für die Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit einem solchen Verzehr einhergehen oder sich an ihn anschließen, fehlen oder geringer ausfallen. In diesem Kontext sind sowohl die vorübergehenden und flüchtigen Folgen als auch die kumulativen Auswirkungen des wiederholten und längerfristigen Verzehrs eines bestimmten Lebensmittels auf den körperlichen Zustand zu berücksichtigen (EuGH, a.a.O. Tz. 35, 38 - Deutsches Weintor; BGH, a.a.O., Tz. 16 - Praebiotik; BGH, a.a.O. Tz. 23 - Original Bachblüten).

c)

Für die insoweit vorzunehmende Beurteilung ist es nach Erwägungsgrund (16) Satz 3 der HCVO entscheidend, wie der normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht. Der hierfür geltende Maßstab ist nicht statistisch, sondern normativ. Nach ihm sind die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden gehalten, von ihrer eigenen Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH auszugehen (Erwägungsgrund [16] Sätze 5 und 6 HCVO; BGH, a.a.O. Tz. 24 - Original Bachblüten).

Wird, wie es der Kläger im vorliegenden Fall durch seine Bezugnahme im Klageantrag auf die konkrete Werbesendung getan hat, eine aus mehreren Einzel- bzw. Teilaussagen bestehende Gesamtaussage angegriffen, ist von dem Gesamteindruck des Werbemittels auszugehen; einzelne Äußerungen einer in sich geschlossen Darstellung dürfen nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (vgl. BGH, GRUR 2003, 361 - Sparvorwahl; GRUR 1998, 951, 952 - r. Sp. - Die Große Deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung, OLG Hamburg, Urteil vom 21. Juni 2012 - 3 U 97/11, Anl. BE 1, S. 11 Abs. 2; KG, Anl. BE 2, S. 2 Ziffer 3; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdnr. 2.90).

d)

Hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Angaben enthält Art. 10 HCVO unterschiedliche Regelungen.

aa)

Gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Angaben in Kapitel II der HCVO und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV HCVO entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artt. 13, 14 HCVO aufgenommen sind. Wie sich aus den Artt. 13 und 14, insbesondere Art. 13 Abs. 1 Buchstaben a) bis c) ergibt, ist diesen gesundheitsbezogenen Angaben gemeinsam, dass sie sich auf die Förderung bestimmter Funktionen des Körpers beziehen (vgl. BGH, GRUR 2013, 958 Tz. 13 - Vitalpilze [gegen Wassereinlagerungen; Neubildung von gesundem kräftigem Haar]; BGH, a.a.O. Tz. 29, 30 - RESCUE-Produkte).

bb)

Art. 10 Abs. 3 HCVO regelt demgegenüber die Zulässigkeit von Verweisen auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden. Die Vorschrift erfasst Aussagen, die zwar auf eine der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 HCVO genannten Funktionen Bezug nehmen, aufgrund ihrer allgemeinen und unspezifischen Formulierung aber nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein können (BGH, a.a.O. Tz. 13 - Vitalpilze; GRUR 2011, 246 Tz. 9 - Gurktaler Kräuterlikör). Auch diese Hinweise sind jedoch gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO (BGH, a.a.O. Tz. 36 - Monsterbacke II; GRUR 2013, 959 Tz. 11 - Vitalpilze). Auch bei ihnen wird erklärt, suggeriert oder immerhin mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Sie unterfallen nur deshalb nicht dem Verbot des Art. 10 Abs. 1 HCVO, weil sie nicht zulassungsfähig sind; stattdessen dürfen sie nach Art. 10 Abs. 3 HCVO nur unter den dort geregelten Voraussetzungen zusammen mit einer zugelassenen gesundheitsbezogenen Angabe verwendet werden (BGH, a.a.O. - Monsterbacke II). Art. 10 Abs. 3 HCVO ist gegenüber der allgemeinen Regelung des Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung lex specialis (BGH, a.a.O. Tz. 29 - RESCUE-Produkte).

cc)

Die Regelung des Art. 10 Abs. 2 HCVO steht selbständig neben der des Art. 10 Abs. 1 (vgl. EuGH, GRUR 2014, 587 Tz. 28-30 - Ehrmann; BGH, a.a.O. Tz. 37 - Monsterbacke II). Sie gilt daher auch für gesundheitsbezogene Angaben in Form von Verweisen auf nicht spezifische Vorteile im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die in Art. 10 Abs. 2 Buchstaben a) bis d) HCVO angesprochenen Informationen bei nicht spezifischen Verweisen im Sinne des Art. 10 Abs. 3 nicht ebenso sinnvoll sind und gegeben werden können wie bei gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO (BGH, a.a.O. Tz. 37 - Monsterbacke II).

4.

Von diesen Grundsätzen ausgehend gilt bezogen auf die hier in Rede stehenden Werbeaussagen zu Ziffern I.1.1. - I.1.3, I.1.6 - I.1.7 und I.2 Folgendes:

a)

Das beworbene Präparat ist ein Lebensmittel im Sinne der HCVO. Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a) HCVO verweist zur Definition des Begriffs Lebensmittel auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. Lebensmittel sind danach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Dass dies auf das beworbene Erzeugnis zutrifft, ergibt sich schon daraus, dass es ausweislich der Werbeäußerungen verschiedene Körperfunktionen beeinflussen soll und dazu zwangsläufig dem menschlichen Organismus zugeführt werden muss.

Außerdem wird das Erzeugnis als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet. Zur Definition des Ausdruckes "Nahrungsergänzungsmittel" verweist Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b) HCVO auf die Richtlinie 2002/46/EG. Nach deren Art. 2 bezeichnet der Ausdruck "Nahrungsergänzungsmittel" Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen, und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden. Auch aus dieser das hier beworbene Präparat einschließenden Begriffsbestimmung folgt mithin dessen Lebensmitteleigenschaft.

b)

Zu Recht hat das Landgericht die mit den Klageanträgen zu I.1.1 - 1.3, 1.5 - 1.7 und I.2 angegriffenen Äußerungen als gesundheitsbezogen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO eingestuft, weil sie sämtlich Störungen infolge vom körperlichen Normalzustand abweichender Zustände beschreiben und deren Auswirkungen auf bestimmte Körperfunktionen behandeln.

Die Aussage zu Ziffer I.1.1 beschreibt zunächst den als vom körperlichen Normalzustand abweichend dargestellten Zustand der "Übersäuerung" und bewertet ihn zugleich als pathologisch. Beschrieben und begründet wird dies aus der Sicht des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers mit den dargestellten negativen Folgen einer "Übersäuerung" für den Körper, nämlich im Anfangsstadium Energielosigkeit, Schlappheit, Müdigkeit usw., was sich bei Untätigkeit im Laufe der Jahre zu zahlreichen "Herausforderungen" steigern soll, wobei, wie auch das Landgericht zu Recht hervorgehoben hat, der Ausdruck "Herausforderung" gleichbedeutend mit gesundheitlichen Problemen bzw. gesundheitlichen Störungen, mit anderen Worten als Synonym für den Begriff der Krankheit verwendet wird. Indem die Funktionsfähigkeit einzelner Körperorgane und -bestandteile, nämlich Dick- und Dünndarm, die Zellflüssigkeit und Blut, in eine Relation zum Säure-Base-Haushalt des Körpers gesetzt und das beworbene Produkt "Gerstengras-Kapseln" als ein die unerwünschte Übersäuerung ausgleichendes toppbasisches Lebensmittel beschrieben wird, wird dieser Gesundheitsbezug noch einmal hergestellt. Auch die Beklagte stellt im Berufungsverfahren den Gesundheitsbezug der hier in Rede stehenden Werbung zu Recht nicht in Abrede, sondern macht insoweit lediglich geltend, die Werbeaussage treffe inhaltlich zu und gebe von der Ernährungswissenschaft nicht in Abrede gestellte Erfahrungen und Erkenntnisse wieder.

Den spezifischen Gesundheitsbezug der Werbeaussage zu Ziffer I.1.2 hat das Landgericht zu Recht daraus abgeleitet, dass das beworbene Erzeugnis in einen Zusammenhang mit der Haut und deren reibungslosen Funktionieren durch natürliche Hautatmung gebracht wird. Auch das stellt die Berufung nicht in Frage.

Den Gesundheitsbezug der Aussage zu Ziffer I.1.3 hat das Landgericht ebenfalls zutreffend damit begründet, den beworbenen Kapseln werde eine den Fettstoffwechsel anregende Wirkung beigemessen und ein Bezug zu biologischen Prozessen des Körpers, insbesondere zur Enzymspaltung und zum natürlichen Fettstoffwechsel hergestellt.

Die Aussage zu Ziffer I.1.5 ist gesundheitsbezogen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO, weil sie dem beworbenen Produkt einen Einfluss auf die Unterstützung der Fließfähigkeit des menschlichen Blutes zuschreibt und diese Fließfähigkeit in einen Ursachenzusammenhang mit körperlichen Beschwerden wie "dicken Beinen" und "geschwollenen Knöcheln" bringt. Dass diese Aussage, obwohl sie sich nach ihrem Wortlaut nur mit Eigenschaften der Substanz "Chlorophyll" befasst, gleichwohl das beworbene Produkt meint, entnimmt der angesprochene Durchschnittsverbraucher dem Zusammenhang mit den vorhergehenden Aussagen, die sich sämtlich mit Gerstengras befassen, das nach der Werbeaussage gemäß Ziffer I.1.4 Chlorophyll enthält.

Der Gesundheitsbezug der Aussage zu Ziffer I.1.6 ergibt sich, wie auch das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, daraus, dass sie eine Verbindung zwischen dem beworbenen Erzeugnis und dem Bakterienhaushalt im Mundraum und die damit zusammenhängende Mundraumhygiene herstellt, auf die sich der Inhaltsstoff Chlorophyll positiv auswirken soll. Entgegen der Auffassung der Beklagten (vgl. S. 8 ihrer Berufungsbegründung vom 5. Februar 2015, Bl. 304 d.A.) geht es hierbei nicht nur um schlechten Mundgeruch, sondern um die Bekämpfung von Bakterien, die die Mundflora beeinträchtigen.

Der Gesundheitsbezug der Aussage zu Ziffer I.1.7 ergibt sich daraus, dass dem Produkt auch zugeschrieben wird, beispielsweise den Energiestoffwechsel anzuregen oder die Erhaltung der normalen Knochendichte zu begünstigen sowie die Körperzellen gegen oxidativen Stress zu schützen.

Der spezifische Gesundheitsbezug der mit dem Antrag zu I.2. angegriffenen Aussage über das Produkt "Heparan-Kapseln" entsteht daraus, dass konkrete (wiederum als "Herausforderungen" bezeichnete) gesundheitliche Beschwerden mit dem Herz-Kreislauf-System, Übergewicht, dubiose Rückenbeschwerden, Migräne, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Gallensteine, Cholesterinwerte, Völlegefühl, Blähungen und Infektanfälligkeit benannt und als mögliche Ursache Funktionsstörungen der Leber angeführt werden, verbunden mit der Empfehlung, in solchen Fällen das beworbene Produkt einzunehmen, weil dadurch zumindest eine Besserung eintreten könnte.

c)

Die angegriffenen Werbeaussagen sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO unzulässig. Nach dieser Bestimmung sind gesundheitsbezogene Angaben nur gestattet, wenn sie sowohl den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II (Artt. 3 bis 7 HCVO) genügen als auch den speziellen Anforderungen des Kapitels IV (Artt. 10 bis 19 HCVO) entsprechen), gemäß der HCVO zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Artt. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind. Auch Angaben, die noch nicht auf der Liste nach Art. 13 Abs. 3 HCVO stehen, müssen die übrigen Voraussetzungen der HCVO erfüllen (vgl. BGH, GRUR 2013, 958, 960 - Vitalpilze; OLG Düsseldorf, LMRR 2012, 38).

aa)

Zu den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II der HCVO gehören auch deren Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) und Art. 6 Abs. 1, gegen die die angegriffenen Werbeaussagen nach der zutreffenden Beurteilung des Landgerichts verstoßen.

(1)

Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) HCVO setzt die Zulässigkeit der Verwendung gesundheitsbezogener Angaben voraus, dass allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise belegen, dass das Vorhandensein der Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel eine positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung hat; daran knüpft Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) HCVO die weitere Voraussetzung, dass die Substanz, für die die Angabe gemacht wird, im Endprodukt in einer gemäß dem Gemeinschaftrecht signifikanten Menge oder jedenfalls in einer Menge vorhanden ist, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen geeignet ist, die behauptete ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung zu erzielen. Art. 6 Abs. 1 HCVO verlangt, dass gesundheitsbezogene Angaben sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein müssen. Die Darlegungs- und Beweislast der Wirkung obliegt dem Verwender der Angabe (BGH, GRUR 1991, 848 - Rheumalind II; OLG Hamburg, a.a.O., Anl. BE 1, S. 14 vorl. Abs. m.w.N.). Die genannten Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 HCVO verdeutlichen, dass entsprechend dem europäischen Verbraucherleitbild überall dort, wo in der Werbung auf die Gesundheit Bezug genommen wird, besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen sind, wie sich auch aus dem Erwägungsgrund (16) der HCVO ergibt. Bei diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke im Rahmen einer bilanzierten Diät bedeutet dies, dass in aller Regel eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie vorgelegt werden muss, damit ausgeschlossen ist, dass die untersuchte Wirkung durch den bloßen Glauben daran hervorgerufen wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. November 2009 - I-20 U 194/08; bestätigt durch BGH, Beschluss vom 1. Juni 2011 - I ZR 199/09). Ob für Nahrungsergänzungsmittel, die - wie das hier in Rede stehende Erzeugnis - ähnlich einem Arzneimittel zur Abhilfe gegen gesundheitliche Störungen beworben werden, ähnlich hohe Hürden gelten (vgl. hierzu BGH, a.a.O. - Vitalpilze), bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung. Mit Blick auf den bereits erwähnten Erwägungsgrund (16) zur HCVO muss bei einer Werbung, die - wie hier - den angesprochenen Verbraucher dazu veranlassen kann, das beworbene Mittel wie ein Medikament und an dessen Stelle zu erwerben und es zur versprochenen Besserung der in der Werbung genannten Beschwerden einzunehmen, aus den vorgelegten Unterlagen sicher hervorgehen, dass das Präparat die ausgelobte Wirkung hat, damit der Verbraucher deshalb auch zumindest die grundsätzliche Gewähr dafür hat, dass das Präparat die ihm zugeschriebenen Wirkungen entfaltet.

Auf dem Gebiet der Werbung für Heilmittel und Medizinprodukte muss allerdings grundsätzlich der Unterlassungsgläubiger darlegen und beweisen, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Auch hier kehrt sich die Beweislast jedoch um, wenn mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen; in diesem Fall übernimmt der Werbende die Verantwortung für die Richtigkeit, die er im Streitfall auch beweisen muss (BGH, a.a.O. - Rheumalind; BGH, GRUR 2013, 649 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil; OLG Düsseldorf [15. ZS.], MDR 2015, 848, 849; Nielen in: Cepl/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, § 138 ZPO, Rdnr. 63). Ob das angesichts des Regel-/Ausnahmeverhältnisses auch für den Anwendungsbereich des Art. 10 HCVO gilt, wo gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten sind, wenn sie nicht abweichend hiervon erlaubt sind, erscheint fraglich bedarf aber hier keiner abschließenden Entscheidung. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Werbung für die Gerstengras-Kapseln hat die Beklagte mit dem Hinweis auf "unglaublich viele wissenschaftliche Ausarbeitungen" geworben und in diesem Zusammenhang Dr. Hagiwara als "einen der bekanntesten Wissenschaftler" genannt. Das versteht der Verkehr dahin, dass die behauptete Wirkung vielfach wissenschaftlich abgesichert ist, insbesondere durch Arbeiten des bekannten Wissenschaftlers Dr. H.. Auch für die keine ausdrücklichen Hinweise auf eine wissenschaftliche Absicherung enthaltenden Aussagen betreffend die Heparan-Kapseln gilt nichts anderes. Denn die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast findet auch dann statt, wenn der Verkehr die Werbeaussage auch ohne expliziten Hinweis des Werbenden als hinreichend wissenschaftlich abgesichert versteht (OLG Düsseldorf, a.a.O.), wie das auch hier der Fall ist. Zwar enthalten die angegriffenen Äußerungen keine konkreten Hinweise auf eine (bestimmte) Wirksamkeitsstudie oder einen (bestimmten) wissenschaftlichen Nachweis. Die Wortwahl und die Darstellung der behaupteten Wirkungen einschließlich des Umstandes, dass sich an keiner Stelle eine einschränkende Angabe findet, verleiten den Verkehr zu der Annahme, dass die behaupteten gesundheitsbezogenen Wirkungen unangefochten dem Stand der Wissenschaft entsprechen.

(2)

Dem genügen die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen gemäß Anlagen B2 bis B8 schon nach ihrem Inhalt nicht. Die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil macht sich der Senat in vollem Umfang zu Eigen und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das Berufungsvorbringen der Beklagten veranlasst lediglich noch folgende ergänzende Bemerkungen:

Zu bestätigen ist insbesondere die landgerichtliche Beurteilung, dass die vorgelegten Unterlagen schon deshalb nicht als wissenschaftlicher Nachweis geeignet sein können, weil sie sich sämtlich nicht mit dem beworbenen Erzeugnis der Beklagten oder mit einem in seiner Wirkstoffzusammensetzung identischen Produkt beschäftigen. Der Artikel "Gerstengras - grüner Power-Drink" und ideales "Fastfood" enthält zwar eine inhaltlich ähnliche Aussage wie diejenige zu Ziffer I.1.1, indem dort ausgeführt wird, die Fülle von Mineralien und Enzymen im Gerstengras wie Selen, Zink, Magnesium, Natrium, Kalzium und Eisen, helfe das Säure-Basen-Gleichgewicht aufrecht zu erhalten und Übersäuerung abzubauen, er befasst sich aber primär mit einem aus Gerstengras-Pulver zubereiteten "grünen Chlorophyll-Cocktail" und nicht mit der Darreichungsform "Kapseln", in der das angegriffene Erzeugnis angeboten wird.

Gleiches gilt für die Veröffentlichung "Das unentbehrliche Handbuch über grünen Gerstengras-Extrakt" (Anl. B5), die zu dem Thema der Aussage nach Ziffer I.1.1 lediglich ausführt, Natrium und andere Bestandteile des jungen Gerstengrases trügen sehr stark zu einem ansteigenden Basen-Haushalt bei (a.a.O., S. 4 Abs. 4). Eine bestimmte Darreichungsform, der die Angabe zuverlässig zugeordnet werden kann, ist der Veröffentlichung nicht zu entnehmen; auf S. 1 wird von einer Nährstoffmenge in ¼ l Wasser aufgelösten Extraktes oder einer entsprechenden Kapsel gesprochen, auf S. 2 wird eine Menge von 1 ½ Teelöffel Gerstengraspulver erwähnt, die etwa 200 g Gerstengras entsprechen soll, auf S. 4 in der Tabelle ist die Rede von basischen Bestandteilen je 100 g; als Dosierung für Erwachsene wird zwei- bis dreimal täglich ein Teelöffel Gerstengrasextrakt in kaltem Wasser gelöst empfohlen (Anl. B5 S. 12). Die angegebenen Mengen von 100 g, auf die sich die Angaben der Inhaltsstoffe beziehen, liegen weit höher als die in dem beworbenen Erzeugnis pro Kapseln enthaltenen 400 mg Gerstengras und gestatten deshalb keine Rückschlüsse, ob die in Anlage B5 beschriebenen Wirkungen auch bei den wesentlich geringeren Mengen des angegriffenen Erzeugnisses feststellbar sind.

Aus den vorstehend dargelegten Gründen sind auch die Hinweise in der Veröffentlichung gemäß Anlage B2 auf Abhilfe bei Hautproblemen und die in Anlage B5 gegebene Beschreibung des Zusammenhangs zwischen gesunder Haut und Immunsystem, die möglicherweise der angegriffenen Werbeaussage zu I.1.2 zugrundeliegen, nicht geeignet, die entsprechende Wirkung des beworbenen Präparates nachzuweisen.

Die Hinweise auf die keimtötende Wirkung in den Veröffentlichungen nach Anlagen B2 und B3, die möglicherweise in Zusammenhang mit der Werbeaussage zu I.1.6 gebracht werden können, sind ebenfalls zu unbestimmt, um den Rückschluss zuzulassen, keimtötende Wirkung bestehe auch in der Abtötung schlechten Mundgeruch verursachender Bakterien. Die bereits erwähnte Veröffentlichung gemäß Anlage B5 weist in diesem Zusammenhang sogar darauf hin, es gebe nur wenige Studien über Chlorophyll (S. 10), und erwähnt weiterhin Eigenschaften von Chlorophyll, ohne sie näher zu beschreiben (a.a.O. S. 11). Lediglich die Veröffentlichung "Chlorophyll-Der-Bakterienkiller" (Anlage B8) erwähnt konkret, dass Chlorophyll zur Vermeidung von Mund- und Körpergeruch eingesetzt wird. Die empfohlene Dosis von 100 bis 1.000 mg liegt zwar im Wesentlichen auch im Rahmen der in der Werbung empfohlenen Menge von 4 Kapseln à 400 mg, doch bezieht sich die empfohlene Menge der Dosierungsempfehlung gemäß Anlage B8 nur auf Chlorophyll selbst, das ausweislich des als Anlage B6 vorgelegten Gutachtens des L.-Instituts für Lebensmittel- und Umwelt GmbH in einer Menge von lediglich 400 mg in 100 g Gerstengras enthalten ist, was bei einem Gramm lediglich 4 mg entspricht und bei der Gerstengrassaftmenge von 400 mg des beworbenen Präparates dementsprechend gering ist. Dass auch bei dem angegriffenen Präparat die ihm in Ziffer I.1.6 zugeschriebenen Wirkungen eintreten, lässt sich schon wegen der höheren Dosierungsempfehlung für Chlorophyll in Anlage B8 nicht nachweisen.

Auch die in der Werbeaussage gemäß Ziffer I.1.7 erwähnte Wirkung eines Zellschutzes für oxidativen Stress wird in der Veröffentlichung Anlage B8 nur Chlorophyll in der bereits erwähnten höheren Dosierungsempfehlung zugeschrieben, dies auch nur in der allgemeiner gehaltenen Form, Chlorophyll gehöre zu den Antioxidantien, schütze Fette gegen Oxidationsprozesse und wirke einem vorzeitigen Abbau bzw. einer Zerstörung von Zellmembranen entgegen. Ob diese Wirkung auch bei Einnahme der wesentlich geringeren Dosen des angegriffenen Produktes eintritt, geht aus der Veröffentlichung nicht hervor.

Die Anlage B5 befasst sich auch mit der antioxidativen Wirkung einzelner Bestandteile des Gerstengrassaftes, nämlich von Kupfer, Mangan und Vitamin B2, und führt aus, auch das Enzym Superoxiddismutase schleuse vor allem freie Radikale aus dem Körper, allein dieser Prozess reduziere in hohem Maße die Zellbeschädigung und könne den Alterungseffekt verlangsamen, zu dem es komme, wenn freie Radikale Zelloxidationen auslösten. Geht man davon aus, dass sich die Aussagen der Veröffentlichung nach Anlage B5 auch hier auf die Menge von 100 g Gerstengras beziehen, was in dem Artikel allerdings an keiner Stelle ausdrücklich gesagt wird, so lässt auch dies keinen Rückschluss auf die Wirksamkeit der in dem angegriffenen Erzeugnis enthaltenen wesentlich geringeren Mengen zu.

Weitere der angegriffenen Werbeaussagen werden auch in den bereits ausdrücklich erwähnten Veröffentlichungen nicht angesprochen, die übrigen vorstehend nicht ausdrücklich gewürdigten Unterlagen lassen keinerlei Zusammenhang mit den angegriffenen Werbeaussagen erkennen.

Soweit die Beklagte auf die Forschungsergebnisse des japanischen Wissenschaftlers Dr. Y. H. verweist, vermögen auch dessen Erkenntnisse keinen wissenschaftlichen Nachweis für die Richtigkeit der angegriffenen Werbeaussagen betreffend Gerstengras zu liefern. Zwar heißt es in der Veröffentlichung Anlage B2, dank der Arbeiten von Dr. H. sei Gerstengras vielleicht neben Spirulina das am besten erforschte Lebensmittel der Welt (S.3 vorletzter Abs. a.E.), aber Dr. H. hat nach den eigenen Aussagen in der angegriffenen Werbung zwar die Wirkung des Gerstengrases untersucht und diverse Inhaltsstoffe des Gerstengrases in wesentlich höheren Konzentration vorgefunden als in anderen Lebensmitteln und deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus untersucht; auch die in den überreichten Unterlagen, etwa Anlagen B2, B3 und B5, wiedergegebenen Ergebnisse, die offenbar in der Fachwelt als solche nicht angezweifelt werden, lassen indessen nicht erkennen, in welchen Mengen die besagten Stoffe dem menschlichen Körper zugeführt werden müssen, um die herausgefundenen Resultate zu erzielen. Dementsprechend können die Forschungsergebnisse von Dr. H. auch nicht belegen, dass die in dem angegriffenen Erzeugnis enthaltenen Mengen bei der empfohlenen Dosierung ausreichen.

Soweit die Beklagte Beweis für die wissenschaftliche Absicherung durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens angeboten hat, ist das Landgericht dem zu Recht nicht nachgekommen. Der Werbende kann sich bei der ihm obliegenden Beweisführung, dass die aufgestellten Behauptungen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, nur auf im Zeitpunkt der Werbung bereits vorliegende und ihm bekannte Erkenntnisse stützen. Eine Beweisführung durch erst noch vom gerichtlichen Sachverständigen zu gewinnende wissenschaftliche Erkenntnisse ist nicht zulässig, da sie dem Werbenden die Möglichkeit eröffnete, Behauptungen zu Wirkungen seines Produktes zunächst ohne derartige Absicherung aufzustellen (OLG Hamburg, a.a.O. S. 16/17 m.w.N.). Zudem setzte sie den klagenden Mitbewerber dem hohen Kostenrisiko aus, die Kosten einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung im Unterliegensfalle tragen zu müssen und brächte für die Gesundheit der Verbraucher erhebliche Gefahren mit sich (vgl. OLG Düsseldorf [15. ZS.], MDR 2015, 848, 849).

(bb)

Zu Recht hat das Landgericht auch einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) in Verbindung mit Art. 6 HCVO angenommen. Auch die diesbezüglichen Ausführungen macht sich der Senat in vollem Umfang zu Eigen. Da die Beklagte in der Berufungsinstanz keinen weiteren Sachvortrag hierzu unterbreitet hat, sind insoweit ergänzende Ausführungen des Senats nicht veranlasst.

(cc)

Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht weiter ausgeführt, dass im Zusammenhang mit den angegriffenen Werbeaussagen auch der nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a) HCVO erforderliche Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise fehlt.

dd)

In Bezug auf die mit dem Klageantrag zu I.2. angegriffene Werbeaussage betreffend das Erzeugnis "N. V. H.-Kapseln" hat die Beklagte keine Unterlagen vorgelegt, die belegen, dass das angegriffene Erzeugnis nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen die ihm zugeschriebene Wirkung tatsächlich hat. Die als Anlagen B9 bis B11 vorgelegten Unterlagen sind hierzu nicht geeignet. Auch hierzu hat das Landgericht bereits alles Erforderliche ausgeführt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Veröffentlichungen in den Anlagenkonvoluten BK3 bis 5 führen zu keiner anderen Beurteilung. Die Veröffentlichungen des Anlagenkonvoluts BK3 befassen sich mit den Eigenschaften der Artischocke und ihrem Einsatz zur Verbesserung der Leberfunktion und der Cholesterinspiegelsenkung sowie bei Verdauungsproblemen in Gestalt von Blähungen, Völlegefühl und Reizdarmsyndrom. Die als Anlagenkonvolut BK4 vorgelegten Artikel behandeln die Eignung der Mariendistel zur Vorbeugung und unterstützenden Behandlung von Lebererkrankungen und erläutern, dass der wirksamste Teil des in der Mariendistel enthaltenen Silymarin, nämlich das Silibinin, die Oberfläche der Leberzellen abdichtet und auf diese Weise verhindert, dass schädliche Stoffe wie das Gift des Knollenblätterpilzes in großer Menge ins Zellinnere dringen, außerdem die Regenerationsfähigkeit der Leber erhöht und darüber hinaus als Radikalenfänger mit den sogenannten freien Radikalen reagiert. Die Veröffentlichungen aus dem Anlagenkonvolut BK5 berichten über die Wirkung des Löwenzahns im Sinne einer Anregung der Lebertätigkeit und einer Steigerung der Gallenflüssigkeitsbildung in der Leber und führen aus, auch der Löwenzahn sei neben der Mariendistel und der Artischocke eine Heilpflanze zur Anregung der Leberfunktion zur Abhilfe bei Verdauungsstörungen, Verstopfung und Blähungen, die durch eine unzureichende Arbeit der Leber bedingt sind. Dementsprechend haben sich auch die Untersuchungen, auf die in den genannten Veröffentlichungen Bezug genommen wird und deren Ergebnisse dort referiert werden, nur mit den jeweiligen Pflanzen einzeln befasst, aber nicht mit der Kombination aller drei Substanzen, wie sie in den mit der angegriffenen Werbung beworbenen Heparan-Kapseln enthalten ist. Ob die Extrakte der drei genannten Heilpflanzen in Kombination untereinander und zusammen mit den weiteren Inhaltsstoffen, die die beworbenen Heparan-Kapseln ausweislich der Produktinformation gemäß Anlage BK1 enthalten, dieselbe Wirkung haben und ob die in der empfohlenen Tagesverzehrmenge von 2 Kapseln enthaltene Wirkstoffmenge ausreicht, um die so beschriebenen Wirkungen zu erzeugen, vermögen die vorbezeichneten Veröffentlichungen nicht zu belegen. Zweifel in dieser Hinsicht ergeben sich etwa daraus, dass ausweislich der zum Anlagenkonvolut BK4 gehörenden Veröffentlichung "Stoffwechsel Mariendistel bei akuter und chronischer Lebererkrankung" als wirksam nur Präparate gelten, deren Tagesdosis mindestens 200 mg Silymarin enthält, die Beklagte aber weder schriftsätzlich noch in der als Anlage BK1 vorgelegten Produktinformation betreffend das beworbene Produkt die genaue Menge Mariendistelextrakt angegeben hat, die in einer bzw. der empfohlenen Tagesverzehrmenge von 2 Kapseln enthalten sein soll.

In Bezug auf die Artischocke wird in der zum Anlagenkonvolut BK3 gehörenden Veröffentlichung "Artischocke: Eine pflanzliche Fettbremse" der A. A.R. in S. a. N. ausdrücklich hervorgehoben, es fehle noch an Studien, die zeigen, dass die Artischocke synthetischen Cholesterinsenkern ebenbürtig sei und dass die Cholesterinsenkung durch Artischocken-Extrakt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall vermindert.

Auch die Anlage B9 befasst sich lediglich allgemein und ohne Bezug auf das mit der angegriffenen Werbung ausgelobte Erzeugnis mit der entgiftungsunterstützenden Wirkung der Mariendistel und des Löwenzahns, ebenso wie die Veröffentlichung gemäß Anlage B10 nur den Einsatz der Artischocke zur Stärkung der Leberfunktion behandelt und darüber hinaus lediglich die Wirkungen des Verzehrs der Pflanze selbst beschreibt und nicht des beworbenen Produktes. Der als Anlage B11 vorgelegte Auszug aus W. behandelt lediglich allgemein und ohne Bezug auf das angegriffene Produkt die Leber, ihren anatomischen Aufbau, ihre Funktion und ihre Erkrankungen, ebenso wie die als Anlage BK2 vorgelegten Schriften der Universitätsmedizin M. und des Pharmaunternehmens M..

Insgesamt fehlt es daher nach wie vor auf der Grundlage des Vortrages der Beklagten an nach Art. 5 Abs. 1 c), Art. 6 HCVO erforderlichen allgemein akzeptierten wissenschaftlichen Erkenntnissen, wonach die Substanzen, nämlich die genannten Pflanzenextrakte und deren Bestandteile in dem beworbenen Endprodukt in einer Form vorliegen, die für den menschlichen Körper verfügbar ist.

C.

Die zu Ziffer I.1.4 wiedergegebene Werbeaussage hat das Landgericht ebenfalls zu Recht untersagt. Da ein Gesundheitsbezug insoweit fehlt, unterliegt sie zwar nicht dem Anwendungsbereich der HCVO, jedoch ergibt sich der Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 LFGB und Art. 7 Abs. 1 Buchst. a) und b) sowie Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV), der mit Wirkung vom 13. Dezember 2014 an die Stelle der strengeren Bestimmungen des bis dahin geltenden § 11 Abs. 1 LFGB betreten ist (Art. 38 Abs. 1, 55 Abs. 2 LMIV).

a)

Als Nahrungsergänzungsmittel wird das mit der angegriffenen Werbung beworbene Erzeugnis gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auf den auch Art. 2 Abs. 1 a) LMIV verweist, von dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff "Lebensmittel" erfasst.

b)

Die in Rede stehende Werbeaussage ist eine Information im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 LMIV, denn sie beschreibt eine Wirkung und damit auch eine Eigenschaft des Produktes, nämlich die Eignung zur Abwehr von Mücken. Dieser Erfolg wird zwar in erster Linie der in dem Präparat enthaltenen Substanz "Chlorophyll" zugeschrieben; dadurch, dass Chlorophyll als Inhaltsstoff des Produktes ausgewiesen wird, erfolgt jedoch die notwendige Verknüpfung zwischen dem beworbenen Produkt und dieser Substanz.

Nach Art. 7 Abs. 1 Buchstaben a) und b) LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere nicht in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, indem dem Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, die es nicht besitzt, wobei Art. 7 Abs. 2 LMIV zusätzlich verlangt, dass Informationen über Lebensmittel zutreffend sein müssen und Art. 4 LMIV klarstellt, dass diese Bestimmungen auch für die Werbung gelten. Anders als die Bestimmungen der HCVO wird im Rahmen von Art. 7 LMIV nicht verlangt, dass die Informationen über das Lebensmittel wissenschaftlich abgesichert sind; da es der LMIV auch um die Harmonisierung der lebensmittelrechtlichen Informationspflichten innerhalb der Mitgliedstaaten geht, darf das Erfordernis wissenschaftlicher Absicherung der Informationen nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 LMIV seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung nicht länger aufrechterhalten werden. Die Informationen müssen aber zutreffend sein, um das ebenso wesentliche Ziel der LMIV zu erreichen, dem Verbraucher die Möglichkeit zu bieten, in Bezug auf von ihm verzehrte Lebensmittel eine fundierte Wahl zu treffen und alle Praktiken, die den Verbraucher irreführen können, zu verhindern (vgl. Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 LMIV sowie die Erwägungsgründe 4, 10, 20, 24 und 37).

c)

Dass die angegriffene Werbeaussage aus der Sicht des angesprochenen Endverbrauchers irreführend ist, weil sie den Eindruck erweckt, durch die Einnahme des Produktes könne Mückenstichen vorgebeugt werden, hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht ausgeführt. Dass inzwischen eine wissenschaftliche Absicherung dieser Aussage nicht mehr erforderlich ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Verantwortung für die Information über ein Lebensmittel hat nach Art. 8 Abs. 1 LMIV grundsätzlich der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen das Lebensmittel auf den Markt gebracht wird, und das ist im vorliegenden Fall die Beklagte. Da sie als Fachunternehmen die hinreichende Sachkunde besitzt und auch die Zusammensetzung des beworbenen Erzeugnisses kennt, hat sie die Richtigkeit der von ihr gegebenen Produktinformation darzulegen und näher zu substantiieren, wenn diese Wirkung in Frage gestellt wird (vgl. BGH, GRUR 2010, 359, Tz. 17 - Vorbeugen mit Coffein). Der Unterschied zur bisherigen Rechtslage besteht lediglich darin, dass es genügt, ernst zu nehmende Veröffentlichungen beizubringen, in denen die betreffende Wirkung des beworbenen Produktes belegt wird. Auch dem genügen die von der Beklagten als Anlagen B2 bis B8 vorgelegten Veröffentlichungen in Bezug auf die hier in Rede stehende Substanz Chlorophyll nicht.

In Anlage B2 wird ausgeführt, Chlorophyll wirke entzündungshemmend und keimtötend und helfe bei Blutarmut und Antriebsschwäche (ebenso Anlage B3 S. 2), und Anlage B5 führt aus (S. 10 f., Bl. 163, 164 d.A.), Chlorophyll sei für seine desodorierenden Fähigkeiten bekannt und seine Fähigkeit, die Wundheilung zu fördern und die Erholungszeit nach Verletzungen zu verkürzen sowie als Antioxidant zu wirken und gegen Mikroben vorzugehen. Das Gutachten nach Anlage B6 weist lediglich Chlorophyll als Bestandteil von Gerstengras aus, und in Anlage B8 wird ausgeführt, Chlorophyll gehöre zu der großen Gruppe der Antioxidantien, schütze Fettzellen gegen Oxidationsprozesse und wirke so einem vorzeitigen Abbau bzw. einer Zerstörung von Zellmembranen entgegen, werde vor allem zur Vermeidung von Mund- und Körpergeruch eingesetzt, wirke antibakteriell und hemme so etwa das Wachstum von Tuberkulosebazillen, stärke aber auch das Immunsystem und rege den Leberstoffwechsel an. Keine dieser Veröffentlichungen erwähnt auch nur in Andeutungen, dass Chlorophyll Mücken abwehren kann.

d)

Auch die Bestimmungen des neuen § 11 Abs. 1 LFGB und von Art. 7 Abs. 1 LMIV sind wie die zuvor geltenden Vorschriften Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdnr. 4.182). Sie treten ergänzend neben die Bestimmungen der HCVO. Während die Beschränkungen der HCVO die Lenkungswirkung gesundheitsbezogener Angaben regulieren sollen (vgl. EuGH, GRUR 2012, 1161, Tz. 137 - Deutsches Weintor; BGH, GRUR 2014, 1224, Tz. 13 - ENERGY & VODKA), dient Art. 7 LMIV dem Schutz vor Irreführungen. Die speziellen Regelungen der HCVO sollen die allgemeinen Regelungen über den Täuschungsschutz nicht verdrängen, sondern lediglich ergänzen (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 17 und 18 - Monsterbacke II).

D.

Auch hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu Ziffer I.3 angegriffenen Werbeaussage steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 und 2 und 4 LMIV zu.

a)

Die Werbeaussage im Rahmen der Fernseh-Dauersendung ist eine Information im Sinne dieser Bestimmung, weil sie eine mündliche Erklärung im Hinblick auf einen für die Bewertung des Lebensmittels maßgeblichen Umstand abgibt, indem sie im Kern aussagt, eine beim Verzehr herkömmlicher Lebensmittel entstehende nährstoffarme Ernährung lasse sich mit dem Verzehr des beworbenen Produktes ausgleichen. Auch das ist eine Eigenschaft bzw. Wirkung.

b)

Zur Irreführung des Verbrauchers ist die angegriffene Werbeaussage deshalb geeignet, weil sie ihm suggeriert, er könne mit dem Produkt einen Nährstoffmangel ausgleichen, der bei alleinigem Verzehr herkömmlicher Lebensmittel mehr oder weniger zwangsläufig entstehe. In Bezug auf die inhaltliche Bewertung der angegriffenen Werbeaussage hat das Landgericht im angefochtenen Urteil alles Erforderliche ausgeführt; diesen Ausführungen tritt der Senat in vollem Umfang bei und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Dass der in der angegriffenen Werbeaussage behauptete Nährstoffmangel herkömmlicher Lebensmittel in dieser allgemeinen Form tatsächlich besteht, lässt sich nicht feststellen. Dagegen sprechen bereits die vom Kläger vorgelegten Artikel gemäß Anlagen K8 bis K12; ihr Inhalt lässt sich mit dem Landgericht dahin zusammenfassen, dass exemplarisch durchgeführte Vergleiche einzelner pflanzlicher Lebensmittel im Hinblick auf ihren Mineralstoff- und Nährwertgehalt aus den letzten 50 Jahren anhand von Nährwerttabellen keine konstante Abnahme von Mineralstoff- und Nährwertgehalt haben erkennen lassen, wobei teilweise auch auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) Bezug genommen und gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass Untersuchungen mit einem verlässlichen Aussagegehalt bisher nicht vorliegen. Unter diesen Umständen sind die von der Beklagten vorgelegten Veröffentlichungen, in denen eine Abnahme des Mineralstoff- und Nährwertgehaltes behauptet wird, nicht geeignet, die Richtigkeit der Werbebehauptung zu belegen, weil sie sich mit den gegenteiligen Veröffentlichungen des Klägers nichts auseinandersetzen und die Beklagte auch keine Anhaltspunkte dafür darlegt, aus welchen Gründen die von ihr überreichten Veröffentlichungen zuverlässiger sind als die vom Kläger beigebrachten Unterlagen.

c)

Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf die in Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung berufen. Da die behauptete Armut an Vitalstoffen heute angebotener konventioneller Lebensmittel, insbesondere von Obst und Gemüse, nicht zutrifft, wirbt die Beklagte mit einer unzutreffenden und damit irreführenden Angabe für das Nahrungsergänzungsmittel "Eyelight Augenkapseln". Irreführende Angaben sind auch im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 GG nicht zulässig (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdnr. 1.65).

E.

1.

Auch von einer Wiederholungsgefahr ist das Landgericht zu Recht ausgegangen. Da insoweit im Berufungsverfahren keine Angriffe vorliegen, erübrigen sich hierzu weitere Ausführungen.

2.

Ebenso hat das Landgericht zu Recht dem Kläger den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zuzüglich Zinsen zuerkannt. Auch insoweit sind weitere Darlegungen nicht angezeigt, weil die Berufung die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts nicht gesondert angreift.

III.

Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, wie die hierfür in § 542 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung wirft die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen auf, die wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bzw. zur Fortbildung des Rechts einer revisionsgerichtlichen Entscheidung durch den Bundesgerichtshof bedürfen.

Dr. K. F. Dr. B.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 06.08.2015
Az: I-2 U 10/15


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3e324a4ca080/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_6-August-2015_Az_I-2-U-10-15




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