Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2009
Aktenzeichen: 17 W (pat) 108/05
(BPatG: Beschluss v. 28.07.2009, Az.: 17 W (pat) 108/05)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist am 2. März 2002 beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Bezeichnung
"Vorrichtung zum Ablenken eines Lichtstrahles und Scanmikroskop"
eingereicht worden.
Die Prüfungsstelle für Klasse G02B hat durch Beschluss vom 22. März 2005 die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G02B des Deutschen Patentund Markenamts vom 22. März 2005 aufzuheben, und die Sache zur weiteren Bearbeitung und Entscheidung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen.
Für den Fall, dass dem vorstehenden Antrag nicht gefolgt würde, beantragt sie des Weiteren, das Patent gemäß Hauptantrag mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
-Patentansprüche 1 bis 28, Beschreibung Seiten 1 bis 12 und 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 6, alle jeweils vom Anmeldetag (2. März 2002).
Sie beantragt des Weiteren, das Patent gemäß Hilfsantrag mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
-Patentansprüche 1 bis 22 vom 24. Mai 2005, eingegangen am 1. Juni 2005, Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind folgende Druckschriften genannt worden:
D1: US 2001/0017725 A1 D2: DE3805353C1 D3: DE3503401C2 D4: DE 196 54 210 C2 D5: DE 100 33 549 A1 D6: DE 196 05 505 A1.
Vom Senat wurden zusätzlich die Druckschriften D7: DE 197 22 790 A1 D8: JP 62-073444 A, englisches Abstract in: Patents Abstracts of Japan D8a: JP 62-073444 A (japanische Schrift zu D8)
eingeführt.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
"1. Vorrichtung zum Ablenken eines Lichtstrahles mit einer um eine erste Achse drehbaren Einheit, die zwei zueinander ortsfeste Reflexionsflächen -nämlich eine erste und eine zweite Reflexionsfläche -beinhaltet, und die einen Lichtstrahl empfängt und an eine dritte Reflexionsfläche weiterleitet, die um eine zweite Achse, die senkrecht zur ersten Drehachse verläuft, drehbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehbare Einheit eine zu der ersten und zu der zweiten Reflexionsfläche ortsfeste weitere Reflexionsfläche aufweist, wobei die erste und die weitere Reflexionsfläche senkrecht zu der zweiten Reflexionsfläche angeordnet sind."
Der nebengeordnete Patentanspruch 15 nach Hauptantrag lautet:
"15. Scanmikroskop mit einer Lichtquelle, die einem Lichtstrahl zur Beleuchtung einer Probe emittiert, und mit einer Vorrichtung zum Ablenken des Lichtstrahles, die eine um eine erste Achse drehbare Einheit aufweist, die zwei zueinander ortsfeste Reflexionsflächen -nämlich eine erste und eine zweite Reflexionsfläche beinhaltet, wobei die drehbare Einheit einen Lichtstrahl empfängt und an eine dritte Reflexionsfläche weiterleitet, die um eine zweite Achse, die senkrecht zur ersten Drehachse verläuft, drehbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehbare Einheit eine zu der ersten und zu der zweiten Reflexionsfläche ortsfeste weitere Reflexionsfläche aufweist, wobei die erste und die weitere Reflexionsfläche senkrecht zu der zweiten Reflexionsfläche angeordnet sind."
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:
"1. Vorrichtung zum Ablenken eines Lichtstrahles mit einer um eine erste Achse drehbaren Einheit, die zwei zueinander ortsfeste Reflexionsflächen -nämlich eine erste und eine zweite Reflexionsfläche -beinhaltet, und die einen Lichtstrahl empfängt und an eine dritte Reflexionsfläche weiterleitet, die um eine zweite Achse, die senkrecht zur ersten Drehachse verläuft, drehbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehbare Einheit eine zu der ersten und zu der zweiten Reflexionsfläche ortsfeste weitere Reflexionsfläche aufweist, wobei die erste und die weitere Reflexionsfläche senkrecht zu der zweiten Reflexionsfläche angeordnet sind, dass die dritte Reflexionsfläche (35) auf einem Spiegelsubstrat (43) und ein motorischer Antrieb (65) zu einem Modul (71) zusammengefasst sind, dass eine vierte Reflexionsfläche (75) auf einem Spiegelsubstrat (77) und ein motorischer Antrieb (79) zu einem weiteren Modul (73) zusammengefasst sind, und dass durch ein Auswechseln der Module (71, 73) die jeweils gewünschte Reflexionsfläche positionierbar ist."
Der nebengeordnete Patentanspruch 12 nach Hilfsantrag lautet:
"12. Scanmikroskop mit einer Lichtquelle, die einem Lichtstrahl zur Beleuchtung einer Probe emittiert, und mit einer Vorrichtung zum Ablenken des Lichtstrahles, die eine um eine erste Achse drehbare Einheit aufweist, die zwei zueinander ortsfeste Reflexionsflächen -nämlich eine erste und eine zweite Reflexionsfläche beinhaltet, wobei die drehbare Einheit einen Lichtstrahl empfängt und an eine dritte Reflexionsfläche weiterleitet, die um eine zweite Achse, die senkrecht zur ersten Drehachse verläuft, drehbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehbare Einheit eine zu der ersten und zu der zweiten Reflexionsfläche ortsfeste weitere Reflexionsfläche aufweist, wobei die erste und die weitere Reflexionsfläche senkrecht zu der zweiten Reflexionsfläche angeordnet sind, dass die dritte Reflexionsfläche (35) auf einem Spiegelsubstrat (43) und ein motorischer Antrieb (65) zu einem Modul (71) zusammengefasst sind, dass eine vierte Reflexionsfläche (75) auf einem Spiegelsubstrat (77) und ein motorischer Antrieb (79) zu einem weiteren Modul (73) zusammengefasst sind, und dass durch ein Auswechseln der Module (71, 73) die jeweils gewünschte Reflexionsfläche positionierbar ist."
Mit dem Patentbegehren gemäß Hauptantrag soll laut Beschwerdebegründung vom 24. Mai 2005 S. 2 Abs. 3 die Aufgabe gelöst werden, eine gegen Dejustierungen unempfindliche Vorrichtung zum Ablenken eines Lichtstrahls anzugeben.
Mit dem Patentbegehren gemäß Hilfsantrag soll laut Beschwerdebegründung vom 24. Mai 2005 S. 3 Abs. 2 die Aufgabe gelöst werden, eine Vorrichtung zur Ablenkung eines Lichtstrahls anzugeben, die ein einfaches, unkompliziertes und schnelles Austauschen der den Lichtstrahl ablenkenden Einzelelemente ermöglicht.
Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Sie konnte jedoch keinen Erfolg haben, da die Gegenstände des Patentanspruchs 1 und des nebengeordneten Patentanspruchs 15 nach Hauptantrag sowie des Patentanspruchs 1 und des nebengeordneten Patentanspruchs 12 nach Hilfsantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Satz 1 PatG).
1. Gemäß dem mit einer möglichen Gliederung versehenen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag betrifft die Anmeldung eine
(a)
Vorrichtung zum Ablenken eines Lichtstrahles
(b)
mit einer um eine erste Achse drehbaren Einheit,
(c)
die zwei zueinander ortsfeste Reflexionsflächen -nämlich eine erste und eine zweite Reflexionsfläche -beinhaltet,
(d)
und die einen Lichtstrahl empfängt und an eine dritte Reflexionsfläche weiterleitet,
(e)
die um eine zweite Achse, die senkrecht zur ersten Drehachseverläuft, drehbar ist, dadurch gekennzeichnet,
(f)
dass die drehbare Einheit eine zu der ersten und zu der zweiten Reflexionsfläche ortsfeste weitere Reflexionsfläche aufweist,
(g)
wobei die erste und die weitere Reflexionsfläche senkrecht zu der zweiten Reflexionsfläche angeordnet sind.
Zudem betrifft die Anmeldung gemäß dem Patentanspruch 15 nach Hauptantrag ein
(A) Scanmikroskop mit einer Lichtquelle, die einen Lichtstrahl zur Beleuchtung einer Probe emittiert, wobei das Scanmikroskop eine Vorrichtung mit den Merkmalen (a) bis (g) enthält.
Gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag vorgesehen,
(h)
dass die dritte Reflexionsfläche auf einem Spiegelsubstrat und ein motorischer Antrieb zu einem Modul zusammengefasst sind,
(i)
dass eine vierte Reflexionsfläche auf einem Spiegelsubstrat und ein motorischer Antrieb zu einem weiteren Modul zusammengefasst sind,
(k)
und dass durch ein Auswechseln der Module die jeweils gewünschte Reflexionsfläche positionierbar ist.
Der nebengeordnete Anspruch 12 nach Hilfsantrag betrifft ein Scanmikroskop gemäß Merkmal (A), das eine Vorrichtung mit den Merkmalen (a) bis (g) und mit den zusätzlichen Merkmalen (h) bis (k) enthält.
Als Fachmann sieht der Senat hier einen Physiker mit speziellen Kenntnissen in der Optik und Erfahrung in der Entwicklung von Scanvorrichtungen an, wie sie in Scanmikroskopen eingesetzt werden.
2. Die Gegenstände des geltenden Anspruchs 1 und des nebengeordneten Anspruchs 15 nach Hauptantrag sowie des Anspruchs 1 und des nebengeordneten Anspruchs 12 nach Hilfsantrag beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie dem Fachmann durch die vorveröffentlichten Druckschriften D5 und D8 (mit D8a) nahegelegt waren.
Die Druckschrift D5 (DE 100 33 549 A1), die von der Anmelderin selbst genannt wurde und auch von dieser stammt, betrifft gemäß Fig. 1 und 3 mit Beschreibung eine Vorrichtung zum Ablenken eines Lichtstrahles mit einer um eine erste Achse
(7) drehbaren Einheit (16), die zwei zueinander ortsfeste Reflexionsflächen (erste Reflexionsfläche 8 und zweite Reflexionsfläche 9) beinhaltet - Merkmale (a), (b), (c). Über einen in einer Ausnehmung angeordneten (drehfesten) Reflektor (15) empfängt die Einheit (16) einen Lichtstrahl und leitet diesen an eine dritte Reflexionsfläche (10) weiter, die um eine zweite Achse (6), die senkrecht zur ersten Drehachse (7) verläuft, drehbar ist - Merkmale (d), (e). Zur Minimierung von Verzeichnungsfehlern sind die Reflexionsflächen so angeordnet, dass die optische Achse des von der zweiten zur dritten Reflexionsfläche verlaufenden Lichtstrahls etwa senkrecht zur Drehachse der Einheit (16) liegt, vgl. die Zusammenfassung. Eine Aufnahmevorrichtung (19), welche die Einheit 16 und die dritte Reflexionsfläche 10 mit den zugehörigen Drehantrieben enthält, ist insgesamt um die Achse (7) drehbar, wodurch die Orientierung der Strahlablenkeinrichtungen und damit des erzeugten Ablenkmusters 20 beliebig veränderbar ist, vgl. Sp. 4 Abs. [0018] sowie Sp. 6 Abs. [0036] in Verbindung mit Fig. 3. In D5 Sp. 4 Abs. [0021] sowie den Ansprüchen 24 bis 29 ist eine modulare Bauweise angesprochen. Insbesondere kann der dritte, drehbare Spiegel mit seinem Drehantrieb zu einem Modul zusammengefasst und ausgetauscht werden -Merkmal (h), um z. B. einen Drehantrieb höherer oder niedrigerer Scanrate (durch den Austausch zweier solcher Module) in die optische Anordnung einzusetzen -Merkmal (i). Hierbei können die austauschbaren Module und/oder die ebenfalls modular ausgeführte Aufnahmevorrichtung Mittel zur exakten Positionierung wie Führungsund/oder Anschlagelemente aufweisen, so dass durch ein Auswechseln der Module die jeweils gewünschte Reflexionsfläche positionierbar ist -Merkmal (k). Die Vorrichtung ist in einem konfokalen Rastermikroskop einsetzbar, vgl. Sp. 1 Z. 6 und 7, das selbstverständlich eine einen Lichtstrahl zur Beleuchtung einer Probe emittierende Lichtquelle enthält - Merkmal A. Eine zur ersten und zweiten Reflexionsfläche ortsfeste, weitere Reflexionsfläche ist nicht vorgesehen.
Die englische Druckschrift D8, die eine Zusammenfassung der japanischen Druckschrift D8a darstellt, betrifft einen Optikkopf zum Auslesen von Information aus einem Speichermedium. Gemäß der in D8 Kap. "Purpose" dargelegten Lehre ist im Strahlengang eine gerade Anzahl von Reflexionen so vorgesehen, dass die Richtung des reflektierten Strahls für die eine Hälfte der Anzahl von Reflexionen etwa senkrecht steht auf der Richtung des reflektierten Strahls für die andere Hälfte der Anzahl von Reflexionen. Dadurch heben sich die durch die Reflexion an den einzelnen Reflexionsflächen erzeugten Phasendifferenzen zwischen den unterschiedlich polarisierten Komponenten des Lichtstrahls gegenseitig auf, so dass durch die Reflexionen insgesamt die Polarisation des Lichtstrahls nicht verändert wird, vgl. den letzten Satz in D8. Im Ausführungsbeispiel gemäß der Figur in D8 (Fig. 1 in D8a) mit Beschreibung im Kap. "Constitution" wird Licht aus einer Lichtquelle (Laser 50) über einen Strahlteiler 54, einen Spiegel 58 und eine Linse 60 auf das Speichermedium fokussiert; das reflektierte Licht, in dem die auszulesende Information als Polarisation kodiert ist, wird über zwei Reflexionsflächen (58, 56) zum Polarisationsstrahlteiler 68 gelenkt, in dem es je nach seiner Polarisation unterschiedlich reflektiert und auf ein Element 76 (Detektor) gelenkt wird. Wie in der Figur zu erkennen ist, stehen hier Einfallsund Ausfallswinkel eines Lichtstrahls für jede der beiden einander polarisationsmäßig ausgleichenden, parallelen Reflexionsflächen 58 und 56 etwa senkrecht aufeinander.
In der vorliegenden Anmeldung ist eine polarisationsausgleichende Wirkung der beanspruchten Anordnung von Reflexionsflächen nicht erwähnt. In der Patentanmeldung DE 102 09 321.0-55 (Gerichts-Aktenzeichen 17 W (pat) 107/05) der Anmelderin, die in ihren Ausführungsbeispielen eine ebensolche Anordnung von vier Reflexionsflächen mit senkrecht zur zweiten Reflexionsfläche stehender erster und weiterer Reflexionsfläche zeigt wie die vorliegende Anmeldung, hat die Anmelderin jedoch die polarisationsausgleichende Wirkung hervorgehoben. Es ist somit davon auszugehen, dass diese Wirkung auch bei den Ausführungsbeispielen der vorliegenden Anmeldung gegeben ist, die vom Anspruch 1 nach Hauptantrag umfasst sind. Ebenso wie im Senatsbeschluss zur Akte 17 W (pat) 107/05 ausgeführt, konnte der Fachmann über polarisationsoptische Erwägungen zu einer solchen Anordnung von Reflexionsflächen gelangen:
In seinem ständigen Bestreben nach Verbesserung liegt es für den Fachmann nahe, die in D5 als vorteilhaft beschriebene Vorrichtung, die insbesondere in einem konfokalen Rastermikroskop einsetzbar ist, unter Beibehaltung ihrer Vorteile möglichst universell auszugestalten, so dass mit ihr unterschiedliche bekannte mikroskopische Verfahren durchführbar sind, auch polarisationsmikroskopische Verfahren. Wie der Fachmann erkennt, wird die Polarisation des in die Vorrichtung einfallenden Lichts durch die Reflexionen an den Reflexionsflächen verändert, und zwar je nach Drehstellung der gemäß D5 Sp. 4 Abs. [0018] und Sp. 6 Abs. [0036] insgesamt drehbaren Vorrichtung in unterschiedlicher Weise, so dass die Vergleichbarkeit von in unterschiedlichen Drehstellungen gewonnenen Messergebnissen beeinträchtigt ist. Auf der Suche nach Kompensationsmöglichkeiten für diese störenden Polarisationsveränderungen sieht sich der Fachmann in dem Stand der Technik um, der die polarisationsoptische Untersuchung von Objekten betrifft, etwa bei polarisationsoptischen Abtastund Messvorrichtungen. Hierbei stößt er auf die Druckschrift D8 (mit D8a), die eine Kompensation von durch Reflexionen verursachten Polarisationsänderungen durch das Vorsehen einer geraden Anzahl von Reflexionen mit jeweils zueinander senkrechten Reflexionsrichtungen lehrt. Diese Lehre wendet der Fachmann ohne Weiteres auf die aus D5 bekannte Vorrichtung an, wobei sich eine Ergänzung der ersten Reflexionsfläche 8 in D5 Fig. 3 durch eine zweite, die erste polarisationsmäßig ausgleichende Reflexionsfläche anbietet; dagegen kompensieren sich die beiden Spiegel 9 und 10, deren reflektierte Lichtstrahlen etwa senkrecht zueinander stehen, gegenseitig polarisationsmäßig, so dass hier keine Ergänzung von Reflexionsflächen nötig ist. Aufgrund dieser gegebenen Spiegelpositionen und Lichtstrahlrichtungen in D5 und unter Berücksichtigung der Figur in D8, in der die beiden einander polarisationsmäßig ausgleichenden Reflexionsflächen parallel angeordnet sind und einfallende Lichtstrahlen jeweils senkrecht reflektieren, liegt eine Anordnung der vier Reflexionsflächen "im Rechteck" nahe mit zur ersten Reflexionsfläche paralleler weiterer Reflexionsfläche und hierzu senkrechter zweiter Reflexionsfläche - Merkmale (f), (g).
Durch diese Überlegungen konnte der Fachmann zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag gelangen, wozu keine erfinderische Tätigkeit erforderlich war.
Wie oben erwähnt, ist in der aus D5 bekannten Vorrichtung bereits vorgesehen, die dritte Reflexionsfläche auf einem Spiegelsubstrat und ein motorischer Antrieb zu einem Modul zusammenzufassen -Merkmal (h), um z. B. einen Drehantrieb höherer oder niedrigerer Scanrate (durch den Austausch zweier solcher Module) in die optische Anordnung einzusetzen -Merkmal (i). Hierbei können austauschbare Module Mittel zur exakten Positionierung wie Führungsund/oder Anschlagelemente aufweisen -Merkmal (k).
Damit beruht auch der Anspruch 1 und ebenso der nebengeordnete Anspruch 12 nach Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Anmelderin hat auf S. 4 der Anmeldeunterlagen (Absätze 2, 5 und 6) hervorgehoben, dass die beanspruchte senkrechte Anordnung der Reflexionsflächen vorteilhaft sehr unempfindlich gegen Dejustierungen sei, so dass nach Austausch von Reflexionsflächen ein aufwendiges Nachjustieren nicht erforderlich sei; der einfallende Lichtstrahl trete nach dem Katzenaugenbzw. Retroreflektoreffekt immer weitgehend senkrecht aus der drehbaren Einheit aus. Ein etwaiger solcher Vorteil oder Effekt ergibt sich jedoch bei der durch D5 in Verbindung mit D8 nahegelegten Anordnung zwangsläufig, so dass er eine erfinderische Tätigkeit nicht stützen kann.
Nach dem oben Ausgeführten ist der Anspruch 1 nach Hauptantrag nicht gewährbar. Entsprechendes gilt für den nebengeordneten Anspruch 15 nach Hauptantrag. Auch der Anspruch 1 und der nebengeordnete Anspruch 12 nach Hilfsantrag sind nicht gewährbar.
Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die jeweiligen abhängigen Patentansprüche (2 bis 14 und 16 bis 28 nach Hauptantrag, 2 bis 11 und 13 bis 22 nach Hilfsantrag) nicht gewährbar (BGH in GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät").
Da die Sache entscheidungsreif war, konnte dem Antrag auf Zurückverweisung an das Deutsche Patentund Markenamt nicht entsprochen werden.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen. Danach ist die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Maßgebend dafür sind alle Umstände des Falles. Die Billigkeit der Rückzahlung kann sich aus u. a. aus der Sachbehandlung durch das Deutsche Patentund Markenamt ergeben (vgl. Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 10. Auflage (2006), PatG § 80 Rdnr. 21; Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage (2008), § 80 Rdnr. 111, 112 sowie § 73 Rdn. 132 ff.). Dies ist hier der Fall. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Mängel des Erteilungsverfahrens vor der Prüfungsstelle der Grund für die Einlegung der Beschwerde waren.
Dass die Prüfungsstelle dem Antrag der Anmelderin auf eine erste Anhörung nicht stattgegeben hat, war nicht sachdienlich. Sachdienlich ist eine Anhörung grundsätzlich in jedem Verfahren einmal (BPatGE 18,30). Sie ist immer sachdienlich, wenn sie das Verfahren fördern kann, insbesondere wenn sie eine schnellere und bessere Klärung als eine schriftliche Auseinandersetzung verspricht. Die Ablehnung eines Antrags auf Anhörung kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht. Das gilt besonders dann, wenn es sich wie hier um eine erste Anhörung handelt. Für die Ablehnung des Antrages müssen daher triftige Gründen vorliegen, z. B., dass die Anhörung zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung führen würde (Schulte, a. a. O., § 46 Rdnr. 9 f.).
Im vorliegenden Fall sind objektive, die Ablehnung des Antrages auf eine erste Anhörung rechtfertigende Gründe nicht ersichtlich. Insbesondere gab das Verhalten der Anmelderin keinen Anlass für die Vermutung, dass in einer Anhörung die gegensätzlichen Bewertungen lediglich noch einmal wiederholt würden und das Verfahren lediglich verzögert würde.
Die Anmelderin hat zwar nach dem einzigen Prüfungsbescheid ihr Patentbegehren nicht geändert, sie hat jedoch ihre von der Beurteilung der Prüfungsstelle abweichende Sicht der Dinge eingehend erläutert und hilfsweise eine Anhörung beantragt. Dadurch hat sie deutlich ihre Gesprächsbereitschaft gezeigt.
Auch war der der Anmeldung zugrunde liegende, relativ komplexe Sachverhalt nicht so klar und unmittelbar einsichtig, dass die Durchführung einer Anhörung nicht sachgerecht gewesen wäre.
Es erscheint durchaus denkbar, dass im Rahmen einer Anhörung das Verfahren so weit hätte gefördert werden können, dass die Anmelderin auf die Einlegung der Beschwerde verzichtet hätte. Diese Möglichkeit ist der Anmelderin durch die Ablehnung des Antrags auf Anhörung auf unbillige Weise genommen worden.
Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass der festgestellte Mangel in der Verfahrensführung durch die Prüfungsstelle der Grund für die Beschwerdeeinlegung war. Das macht die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr i. S. v. § 80 Abs. 3 PatG recht und billig.
Dr. Fritsch Werner Baumgardt Dr. Thum-Rung Me
BPatG:
Beschluss v. 28.07.2009
Az: 17 W (pat) 108/05
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