Bundesgerichtshof:
Urteil vom 17. September 2002
Aktenzeichen: X ZR 1/99
(BGH: Urteil v. 17.09.2002, Az.: X ZR 1/99)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15. Oktober 1998 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts teilweise abgeändert.
Das deutsche Patent 42 16 252 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
1.
Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken, in einem zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessenen verschließbaren Mischgefäß mit einem am Ende einer durch eine Zentralöffnung eines Deckels hindurchführbaren Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbaren Flügelrührer mit Reibflächen, die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind, dadurch gekennzeichnet, daß das Mischgefäß eine Schraubkruke (1) mit einem verschiebbaren Boden und mit einem auf ein Außengewinde (8) des Krukenkörpers (2, 15) aufschraubbaren Schraubdeckel (26)
ist, die zugleich als Abgabegefäß verwendet wird, daß die Zentralöffnung (30) des Schraubdeckels (26) nach Entfernen der Antriebswelle (54) verschließbar ist und daß das Mischgefäß relativ zum Flügelrührer auf-und abbewegbar ist.
2.
Anordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Krukenkörper (2) ein Kreiszylinder ist, dessen dem Außengewinde (8) gegenüberliegendes Ende eine Bodenöffnung (6) und einen Innenring aufweist und in dem verschiebbar ein Boden (9) angeordnet ist.
3.
Anordnung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Innenfläche (11) des in der Schraubkruke verschiebbaren Bodens (9) der Form des Rührwerkzeugs (56) angepasst ist, und sein Außenrand (12) in einen unteren Gleitring (13) übergeht.
4.
Anordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zentralöffnung (30) im Schraubdeckel (26) zur Befestigung unterschiedlicher Applikatoren (38 -42) ausgebildet ist.
5.
Anordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Flügelrührer (56) Rührflügel (57) aufweist, die halbmondförmig ausgebildet sind, daß die Reibflächen (58) an den beim Rühren nacheilenden Flügelteilen (59) sitzen, die elastisch an dem Innenmantel (3, 16) des Krukenkörpers (2, 15) anliegen, und daß der Abstand (60) zwischen einander gegenüberliegenden Reibflächen (58) in ausgefahrenem Zustand größer ist als der Durchmesser (4, 17) der Schraubkruke (1, 14).
6.
Anordnung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Flügelrührer (56) zwei Rührflügel (57) aufweist.
7.
Anordnung nach den Ansprüchen 5 und 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Übergänge zwischen den Rührflügeln (57) und der Nabe (62) des Flügelrührers (56) nach Art von Luftschraubenprofilen (61) gekrümmt sind derart, daß beim Rühren das Rührgut auf den Krukenboden (9, 19) gepresst wird.
8.
Anordnung nach den Ansprüchen 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die unteren Flächenbereiche (64) des Flügelrührers (56) der Form der Innenflächen (11, 20) des verschiebbaren Krukenbodens (9, 19) angepasst sind.
9.
Anordnung nach den Ansprüchen 5 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die oberen Flächenbereiche (63) des Flügelrührers (56) der Form der Innenfläche (29) des Schraubdeckels
(26) angepaßt sind.
Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des auf einer am 18. November 1993 offengelegten Anmeldung vom 16. Mai 1992 beruhenden deutschen Patents 42 16 252, dessen erteilter Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen, in einem zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessenen verschließbaren Mischgefäß mit einem am Ende einer durch eine Zentralöffnung eines Deckels hindurchführbaren Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbaren Flügelrührer mit Reibflächen, die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind, dadurch gekennzeichnet, daßdasMischgefäßeine Schraubkruke (1, 14) mit einem auf ein Außengewinde (8) des Krukenkörpers (2, 15) aufschraubbaren Schraubdeckel (26) ist, die zugleich als Abgabegefäß verwendet wird, und daß die Zentralöffnung (30) des Schraubdeckels (26) nach Entfernen der Antriebswelle (54) verschließbar ist."
Wegen der weiterhin erteilten, unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Der Kläger hat begehrt, das Streitpatent für nichtig zu erklären, weil es gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Das Bundespatentgericht hat diesem Antrag entsprechend das Streitpatent für nichtig erklärt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er verteidigt das Streitpatent nur noch in geänderter Fassung, wobei er einen Hauptantrag und drei Hilfsanträge stellt, die jeweils einen Hauptanspruch 1 sowie unmittelbar oder mittelbar hierauf bezogene Unteransprüche umfassen. Was Patentanspruch 1 betrifft, beantragt der Beklagte hauptsächlich, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, daß Patentanspruch 1 wie folgt lautet (Änderungen kursiv):
"Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken, in einem zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessenen verschließbaren Mischgefäß mit einem am Ende einer durch eine Zentralöffnung eines Deckels hindurchführbaren Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbaren Flügelrührer mit Reibflächen, die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind, dadurch gekennzeichnet, daßdasMischgefäßeine Schraubkruke (1, 14) mit einem auf ein Außengewinde (8) des Krukenkörpers (2, 15) aufschraubbaren Schraubdeckel (26) ist, die zugleich als Abgabegefäß verwendet wird, daß die Zentralöffnung
(30)
des Schraubdeckels (26) nach Entfernen der Antriebswelle
(54)
verschließbar ist und daß das Mischgefäß relativ zum Flügelrührer auf-und abbewegbar ist."
Die nach dem ersten Hilfsantrag erstrebte Fassung des Patentanspruchs 1 kann dem Urteilstenor entnommen werden. Im übrigen wird wegen der weiteren hilfsweise verteidigten Fassungen des Patentanspruchs 1 auf den Schriftsatz des Beklagten vom 3. April 2002 Bezug genommen.
Der Kläger tritt dem Begehren des Beklagten entgegen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Prof. Dr.-Ing. habil. L. M. vom Institut für Apparate-und Umwelttechnik -... -der Fakultät für Verfahrens-und Systemtechnik der ... Universität M. . Dieses Gutachten hat der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt. Der Beklagte hat ein Privatgutachten von Prof. Dr. K. H. B. vom Pharmazeutischen Institut ... Universität F. vorgelegt.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur teilweise Erfolg. Das Streitpatent ist gemäß § 22 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG teilweise für nichtig zu erklären. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§§ 1-5 PatG) besteht jedoch nicht, soweit das Streitpatent mit dem ersten Hilfsantrag verteidigt wird.
1. In der verteidigten Form betrifft das Streitpatent die Herstellung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken. Dort wurden solche Produkte als Rezepturmischungen im allgemeinen in weit offenen Mörsern hergestellt, indem die Bestandteile der Rezeptur bei ungehindertem Luftzutritt mittels Pistills in Handarbeit verrieben und gemischt wurden. Das hat -wie in Sp. 1 Z. 10 ff. der Beschreibung des Streitpatents auch angegeben ist -mehrere Nachteile. Die Handarbeit ist aufwendig. Angesichts des ungehinderten Luftzutritts wird eine unverantwortlich große Anzahl von Luftkeimen in das Mischgefäß eingebracht, was insbesondere die Haltbarkeit der Rezepturmischung beeinträchtigt (vgl. Sp. 6 Z. 16 f.). Das Mischgefäß muß nach dem Gebrauch aufwendig gereinigt werden. Das fertige Produkt muß nach Beendigung des Mischvorganges zur Abgabe an den Patienten in ein anderes Gefäß umgefüllt werden.
Die Streitpatentschrift erwähnt ferner, daß auch bereits Salbenmischund Rührmaschinen bekannt waren, welche die Handmischung mehr oder weniger nachahmen. Hierdurch läßt sich die zum Verreiben und Mischen ansonsten nötige aufwendige Handarbeit ersparen; nach der Darstellung in Sp. 1 Z. 25 ff. der Beschreibung des Streitpatents sind die anderen zuvor genannten Nachteile aber auch bei diesem Stand der Technik vorhanden.
Nach der weiteren Angabe in Sp. 1 Z. 28 ff. war es schließlich bekannt, aus pharmazeutischen, biochemischen, chemischen, kosmetischen oder ähnlichen Stoffen Mischungen kleiner Mengen unter weitgehendem Luftabschluß maschinell herzustellen. Nach der Beschreibung in der Streitpatentschrift war insoweit ein Laborgerät zum Dispergieren, Emulgieren und/oder Mischen solcher Stoffe bekannt, das einen Behälter mit druckdichtem Deckel aufweist, in den ein drehbares Werkzeug einsetzbar ist. Abgesehen davon, daß auch bei ihm der Reinigungsbedarf und die Notwendigkeit des Umfüllens des erzeugten Produkts besteht, kritisiert die Beschreibung des Streitpatents an diesem Laborgerät die als außerordentlich aufwendig bezeichnete Konstruktion des Aufnahmebehälters und des Deckels.
Diese Darstellung des vorbekannten Formenschatzes führt zu der Erkenntnis, daß das der Lehre des Streitpatents zugrundeliegende Problem nicht -wie es in Sp. 1 Z. 52 ff. der Beschreibung heißt -dahin zu umschreiben ist, ein Umfüllen von Rezepturmischungen in Abgabegefäße zu vermeiden. Das betrifft bereits einen Lösungsansatz. Patentgemäß soll vielmehr eine einfache und kostengünstige Anordnung zur Verfügung gestellt werden, die für die Erstellung von Rezepturmischungen geeignet ist, wie sie in Apotheken hergestellt werden müssen, und welche die geschilderten Nachteile vermeidet, insbesondere die Kontaminierungsgefahr und den Reinigungsaufwand vermindert.
Der Lösungsvorschlag nach Anspruch 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung lehrt eine Anordnung mit einem verschließbaren Mischgefäß und einem Rührwerk, deren Merkmale sich im einzelnen wie folgt gliedern lassen:
1. Das Rührwerka) dient zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken, b) hat einen Flügelrührer, aa) der am Ende einer Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbar ist, bb) der Reibflächen aufweist,
(1) die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind.
2. Das verschließbare Mischgefäß a) ist zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessen, b) ist eine Kruke, c) weist ein Außengewinde (auf dem Krukenkörper) auf, d) weist einen Deckel auf, aa) der auf das Außengewinde aufschraubbar ist, bb) der eine Zentralöffnung hat,
(1)
durch welche die Antriebswelle hindurchgeführt werden kann,
(2)
die -nach Entfernen der Antriebswelle -verschließbar ist;
e) ist relativ zum Flügelrührer auf-und abbewegbar, f) wird zugleich als Abgabegefäß verwendet.
2. Die Fassung, mit welcher der Beklagte Patentanspruch 1 mit seinem Hauptantrag verteidigt, ist zulässig. Der hiermit definierte Gegenstand gehörte -unabhängig davon, ob alle neu aufgenommenen Merkmale zur vorrichtungsmäßigen Bestimmung der beanspruchten Anordnung beitragen -bereits nach den ursprünglich zur Anmeldung des Streitpatents eingereichten Unterlagen zu der angemeldeten Erfindung. Seite 1 der ursprünglichen Beschreibung offenbart, daß eine Problemlösung bei der Herstellung von Rezepturmischungen beansprucht ist, die "in der Apotheke" erfolgen kann. Auf Seite 7 f. der ursprünglichen Beschreibung war ferner angegeben, anmeldungsgemäß könne der Rührvorgang geschehen, indem entweder die Bedienungsperson die Kruke relativ zum Flügelrührer auf-und abbewege oder indem bei festgelegter Kruke der Elektromotor auf-und abgeführt werde, was bei einer Antriebswelle bestimmter Länge ebenfalls zu einer Relativbewegung des an ihrem Ende festlegbaren Flügelrührers gegenüber der Kruke führt.
3. Der Gegenstand nach Anspruch 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung ist neu. Wie auch der Kläger nicht in Zweifel zieht, weist keine Entgegenhaltung alle Merkmale dieses Gegenstands auf. Ihn aufzufinden, war jedoch für einen Fachmann naheliegend, so daß ihm die für einen Patentschutz nötige erfinderische Tätigkeit nicht zugrunde liegt.
a) Maßgeblicher Fachmann ist hier entgegen der Meinung des Beklagten nicht ein Absolvent eines Pharmaziestudiums mit langjähriger Apothekenpraxis. Ausbildung und Berufsbild des Apothekers geben nichts dafür her, daß Mitglieder dieses Personenkreises sich typischerweise als Entwickler von Gerätschaften für die Apotheke betätigen. Die Apotheker wissen aber um die insoweit bestehenden Probleme und sind auch in der Lage, sie Dritten zu vermitteln. Erkennt ein Apotheker Probleme, die im Zusammenhang mit in seinem Betrieb verwendeten Gerätschaften bestehen, wird er sie bei Interesse an einer Lösung deshalb an ihm im Einzelfall geeignet erscheinende, technisch versierte Personen oder Unternehmen herantragen. Da die technischen Probleme, die in einer Apotheke auftreten können, eher begrenzt sind, kann ferner davon ausgegangen werden, daß sich ein gerade zur Problemlösung auf diesem Gebiet gerüsteter Spezialistenkreis nicht hat herausbilden können. Maßgeblicher Fachmann ist hier deshalb ein von einem Apotheker mit der anstehenden Problematik vertraut gemachter, auch verfahrenstechnisch gebildeter Apparatebauer, der nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium auf Grund langjähriger Berufspraxis gewohnt ist, gerätetechnische Lösungen nach den Anforderungen zu realisieren, die bei Anwendern auf verschiedenen Gebieten der Technik bestehen. Das deckt sich mit den Bekundungen des gerichtlichen Sachverständigen. Er hat bestätigt, daß dies die Fachleute sind, die dann, wenn es um Entwicklungen nach den Anforderungen von Pharmazeuten in dem hier interessierenden Bereich geht, entsprechende Entwicklungen machen. Der Umstand, daß das Arbeitsgebiet dieser Fachleute vergleichsweise weit gestreut ist, hat dabei auch zur Folge, daß sie bei ihren Entwicklungen nicht nur bisher bekannte Geräte der jeweils interessierenden Größe oder des engeren Bereichs in den Blick nehmen, für den sie gerade eine gerätetechnische Lösung suchen. Der gerichtliche Sachverständige hat dies -mit Bezug auf den Streit der Parteien und durchaus anschaulich -dahin ausgedrückt, daß es für den hier maßgeblichen Fachmann nicht erheblich ist, ob es sich bei den realisierten Apparaten um große oder kleine Apparaturen handelt und ob im entsprechenden Apparat Salben, Kuchenteig oder Zement gemischt werden.
b) Ein solcher Fachmann hat in dem Vorschlag nach der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656 ein Vorbild, das hinsichtlich der Verringerung der Gefahr von Verunreinigung durch Luftkeime bereits den Anforderungen genügte, die dem Streitpatent zugrunde liegen und die zu erkennen selbst keine besondere Leistung war, die sich vielmehr aus der Praxis in der Apotheke ohne weiteres geradezu zwangsläufig ergaben. Die deutsche Offenlegungsschrift betrifft ein Laborgerät, in dem pharmazeutische und/oder kosmetische Stoffe in kleinen Mengen gemischt werden können. Genannt sind -ohne Untergrenze -Mengen von 1 l oder weniger. Das vorbekannte Gerät kommt deshalb ohne weiteres auch für die hier interessierende Herstellung von Rezepturmischungen in Apotheken in Betracht. Seiner körperlichen Gestaltung und objektiven Eignung nach ist es ein Gerät zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Apotheke (Merkmal 1 a). Es weist ferner ein verschließbares Mischgefäß (Merkmal 2) mit einem Deckel (Merkmal 2 d) auf. Sein Rührwerk (Merkmal 1) umfaßt Schaufeln, was Merkmal 1 b entspricht. Die Schaufeln sind am Ende einer Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektromotors installiert (Merkmal 1 b aa), die durch eine zentrale Öffnung des Deckels (Merkmal 2 d bb) hindurchgeführt ist (Merkmal 2 d bb (1)). Hiernach war es also bekannt, Rezepturmischungen, wie sie in einer Apotheke hergestellt werden müssen, nicht in einem offenen Behälter, sondern in einem geschlossenen Gefäß ohne aufwendige Handarbeit maschinell zu erzeugen.
Über die Schaufeln des Rührwerks heißt es in der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656, daß sie zweckmäßigerweise bis an den Innenwandungsbereich des Behälters reichen und vorzugsweise Abstreifer zum ständigen Reinigen der Innenseite des Behälters tragen; hierdurch werde sichergestellt, daß keine Toträume innerhalb des Behälters entstünden und Materialien nicht unvermischt blieben. Das Bundespatentgericht, das aufgrund des technischen Sachverstands seiner technischen Richter ohne weiteres die für die Beantwortung derartiger Fragen erforderliche Sachkunde besitzt, hat angenommen, daß dem Fachmann damit auch eine Gestaltung gelehrt war, wie sie mit den Merkmalen 1 b bb und 1 b bb (1) beansprucht ist. Der Senat vermag nicht zu einer anderen Feststellung zu gelangen. Denn der Vorschlag nach der deutschen Offenlegungsschrift schließt ein, Schaufeln oder Abstreifer mit Druck an Innenflächen des Mischgefäßes wirken zu lassen. Das vorbeschriebene Gerät weist dann unter Reibdruck anliegende Reibflächen auf. Außerdem ist dann auch eine Führung des Rührwerks gewährleistet, wie sie nach Meinung des Beklagten durch die Merkmale 1 b bb und 1 b bb (1) patentgemäß sichergestellt werden kann. Daß das in der deutschen Offenlegungsschrift vorbeschriebene Gerät als Vorbild für die Entwicklung des patentgemäßen Gegenstands in Betracht kommt, kann schließlich auch nicht etwa dann durchgreifenden Zweifeln unterliegen, wenn die soeben genannten Merkmale darüber hinaus noch zum Ausdruck bringen sollen, daß in der patentgemäßen Anordnung die Bestandteile vergleichbar dem Verreiben und Mischen mittels Pistills in einem Mörser sollen bearbeitet werden können. Ob der hierauf abstellenden Sicht des Beklagten gefolgt werden kann, mag dabei dahinstehen. Denn die maschinelle Nachahmung der händischen Bearbeitung war ausweislich Sp. 1 Z. 20 der Beschreibung des Streitpatents ebenfalls schon bekannt. Sie gehörte damit zu dem zur Verfügung stehenden Wissen. Dieses Wissen konnte demgemäß ohne weiteres auch im Hinblick auf die Gestaltung des Geräts nach der deutschen Offenlegungsschrift eingesetzt werden. Denn die deutsche Offenlegungsschrift legt den Fachmann nicht auf eine bestimmte Gestaltung des Rührers fest, überläßt es vielmehr ihm, die insoweit für den betreffenden Anwendungsfall optimale Lösung aus dem bekannten Formenschatz selbst auszuwählen. Das führt zu der Feststellung, daß dem Fachmann aufgrund der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656 ohne erfinderisches Bemühen eine Anordnung der Merkmale 1, 1 a, 1 b einschließlich aller Untermerkmale, 2, 2 a, 2 b, 2 d bb, 2 d bb (1) zur Verfügung stand.
c) Zu seiner gegenteiligen Ansicht, die deutsche Offenlegungsschrift 36 38 656 sei kein vom Fachmann verwertbarer Stand der Technik, ist der Beklagte gelangt, weil er nicht die Merkmale, die eine weitgehende Übereinstimmung in der Gestaltung der Vorrichtung ergeben und deren Eignung mitbestimmen, sondern den sich aus der deutschen Offenlegungsschrift ergebenden Einsatzzweck und diejenige Konstruktion des dort beschriebenen Geräts in den Blick genommen hat, die in Sp. 1 Z. 46 ff. der Streitpatentschrift als aufwendig und deshalb nachteilig bezeichnet ist. Das verkennt, daß eine vorveröffentlichte Lehre zum technischen Handeln alle Brauchbarkeiten umfaßt, die auf Grund der offenbarten Gestaltung der Vorrichtung zukommen. Dies ist hier nicht anders. Die bemängelte aufwendige Konstruktion des Laborgeräts nach der deutschen Offenlegungsschrift ergibt sich lediglich aus zusätzlichen Merkmalen, beispielsweise der vorgeschlagenen exzentrisch angeordneten Aufnahmeöffnung oder der zu einer verläßlichen Druckdichtheit führenden Maßnahmen, die durch den Zweck dieser Neuerung bedingt sind, ihre grundsätzliche Eignung jedoch nicht berühren. Angesichts der Qualifikation des hier maßgeblichen Fachmanns kann überdies angenommen werden, daß er ohne weiteres die Entbehrlichkeit der in der deutschen Offenlegungsschrift zusätzlich offenbarten Merkmale erkennt und daß er auf sie auch verzichtet, wenn es nicht auf die spezifischen Zwecke ankommt, derentwegen der Lösungsvorschlag der deutschen Offenlegungsschrift gemacht worden ist. Denn eine -wie man es kurz bezeichnen kann -Bereinigung der Vorrichtung, vor allem derjenigen, die in Figur 2 der deutschen Offenlegungsschrift gezeigt ist, beispielsweise um die Mittel, die wegen eingesetzter Dispergierwerkzeuge oder der Befestigung des Deckels vorgeschlagen sind, ist eine rein handwerkliche Maßnahme. Ein Fachmann, der -um im Beispiel zu bleiben -Dispergierwerkzeug und die in der deutschen Offenlegungsschrift gezeigte druckdichte Befestigung des Deckels für den von ihm ins Auge gefassten Verwendungszweck nicht braucht, wird diese Bereinigung als willkommene Vereinfachung ansehen und deshalb auch nutzen.
d) Der Fachmann hat dann auch ein Mischgefäß, das einer Kruke (Merkmal 2 b) gleicht, in der üblicherweise angemischte Salben, Pasten, Cremes, Gele oder Emulsionen von Apotheken an ihre Kunden zur häuslichen Anwendung abgegeben werden. Die Übereinstimmung in der Form wird durch Figur 2 der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656 belegt. Bezüglich der Größe ergibt sich die Übereinstimmung aus der erstinstanzlich vorgelegten Anl. 3 (GA 63), wonach der Handel den Apotheken Kruken mit einem Fassungsvermögen bis 1.000 g anbietet, was der maximalen Literangabe gleichkommt, die -wie bereits erwähnt -in der deutschen Offenlegungsschrift enthalten ist. Was schließlich die sonstigen Beschaffenheitsmerkmale (etwa das zu verwendende Material) anbelangt, sind der deutschen Offenlegungsschrift verbindliche Vorgaben nicht zu entnehmen. So sind Glas und Metall nur als bevorzugte bzw. mögliche Materialien benannt. Die Lehre für das vorbekannte Laborgerät schließt deshalb auch Mischgefäße ein, die nicht nur hinsichtlich Form und Größe, sondern auch ihrer sonstigen Herrichtung nach das Merkmal 2 b verwirklichen.
e) Da eine Kruke ein Gefäß ist, in dem üblicherweise angemischte Salben, Pasten, Cremes, Gele oder Emulsionen von Apotheken an ihre Kunden zur häuslichen Anwendung abgegeben werden, führt das zwangsläufig zu der Feststellung, daß dem durch Merkmal 2 f zum Ausdruck kommenden Vorschlag ebenfalls eine erfinderische Tätigkeit nicht zu Grunde liegt. Dieses Merkmal korrespondiert mit dem Merkmal 2 b, ohne selbst eine besondere Herrichtung für die angegebene Verwendung zu kennzeichnen. Weil der hauptsächlich verteidigte Patentanspruch 1 sich in diesem Zusammenhang auf die Angabe der späteren Verwendung und damit eines bestimmten Zwecks der Kruke beschränkt und insoweit ohne jede weitere Konkretisierung ist, beschreibt Merkmal 2 f im Rahmen der eine Vorrichtung betreffenden Lehre lediglich die Eignung der Vorrichtung, die durch ihre objektive Beschaffenheit gegeben ist. Das Gefäß, das die Besonderheiten, die gerade dem Zweck der deutschen Offenlegungsschrift dienen, nicht (mehr) aufweist, kann damit auch Merkmal 2 f erfüllen. Dabei ist es unter den bereits dargelegten Umständen ohne Belang, daß in der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656 nichts offenbart ist, das hätte darauf hinweisen können, das beschriebene Mischgefäß zugleich als Abgabegefäß zu verwenden. So wie nach dem Vorschlag der deutschen Offenlegungsschrift das Gefäß nach Form, Größe und sonstiger Beschaffenheit gestaltet sein kann, schließt es eine solche Verwendung nicht aus. Mit diesem Gefäß stand der Fachwelt -soweit sie nicht an der Nutzung der spezifischen Besonderheiten dieser Neuerung interessiert war -mithin jedenfalls in naheliegender Weise ein Gefäß zur Verfügung, das zugleich als Abgabegefäß in der Apotheke verwendet werden kann.
f) Eine Anordnung dieser Gestaltung zusätzlich mit den Merkmalen 2 c und 2 d aa sowie 2 d bb (2) auszustatten, kann ebenfalls nicht als Leistung anerkannt werden, der eine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt. Der Anerkennung steht entgegen, daß -wie der gerichtliche Sachverständige, ohne daß das von den Parteien in Zweifel gezogen worden wäre, in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat -ein auf ein Außengewinde aufschraubbarer Deckel die gegenüber der in der deutschen Offenlegungsschrift beschriebenen Gestaltung nächsteinfachere Form des Verschlusses eines Behältnisses ist, die dem Fachmann zur Verfügung stand. Sie zu wählen war deshalb nahegelegt, wenn unter Verzicht auf in der Streitpatentschrift als aufwendig bezeichnete Besonderheiten die Möglichkeiten genutzt werden, die auf Grund der sonstigen Gestaltung der Anordnung nach dem Vorschlag der deutschen Offenlegungsschrift bereits zur Verfügung standen. Zu den Bereinigungsmöglichkeiten, die in diesem Falle zu einer Vereinfachung führen und deshalb von einem Fachmann der hier maßgeblichen Qualifikation konsequenterweise in Betracht gezogen werden, gehörte ferner, die Welle für den motorischen Antrieb nicht dauerhaft am Deckel festzulegen, sie vielmehr nur bei Bedarf durchzustecken. Die Öffnung im Deckel ist dann nur zeitweise wirklich von Nöten, was es geradezu selbstverständlich sein läßt, sie im übrigen verschließbar zu machen. Da geeignete Mittel hierzu dem hier maßgeblichen Fachmann zur Verfügung stehen, muß mithin angenommen werden, daß auch diese Maßnahme im Rahmen der Nutzung der grundsätzlichen Möglichkeiten der in der deutschen Offenlegungsschrift beschriebenen Vorrichtung naheliegend war.
g) Der für eine Patentierung erforderliche erfinderische Überschuß der nach Anspruch 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung beanspruchten Lehre zum technischen Handeln kann schließlich entgegen der Meinung des Beklagten auch nicht in der dem Merkmal 2 e zugrundeliegenden Anweisung gesehen werden. Dieses Merkmal ist in Sp. 4 Z. 51 ff. der Beschreibung des Streitpatents dahin erläutert, daß auch in senkrechter Richtung eine Relativbewegung zwischen Flügelrührer und Mischgefäß stattfindet, indem entweder bei feststehendem Mischgefäß der Elektromotor mittels eines Handgriffs in an sich bekannter Weise auf-und abbewegt wird, was eine entsprechende Bewegung des Flügelrührers zur Folge hat, oder daß bei feststehendem Elektromotor und damit bei in vertikaler Hinsicht festgelegtem Flügelrührer eine Bedienungsperson das Mischgefäß auf-und abbewegt. Eine solche Gestaltung ist zwar in der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656 nicht offenbart. Auch sie stellt aber eine naheliegende Ergänzung der übrigen nach Patentanspruch 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung patentgemäßen Merkmale dar. Sie führt dazu, daß der Rührer zur Herstellung von Rezepturmischungen nur bereichsweise an Innenflächen des Mischgefäßes wirken kann. Ein nur bereichsweise an Innenflächen des Mischgefäßes wirkender Angriff hat den ohne weiteres ersichtlichen Vorteil, daß dann die Reibkräfte leichter zu beherrschen sind und man deshalb beispielsweise mit einem weniger leistungsfähigen Antrieb auskommen kann. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung anschaulich geschildert, welche Kräfte im Falle von Klumpenbildung, mit der bei Mischung von trockenen mit flüssigen Substanzen zu rechnen ist, aufzuwenden sind, wenn der Rührer Wandungen des Gefäßes über ihre gesamte Höhe bestreicht. Dadurch war es eine nahegelegte Möglichkeit der Gestaltung, den Flügelrührer seiner Höhe nach so zu dimensionieren, daß er mit seinen Reibflächen jeweils nur an einem Teil der Innenfläche anliegt oder anlegbar ist. Der Fachmann, der wegen der leichter beherrschbaren Reibkräfte die Möglichkeit eines nur bereichsweise anliegenden bzw. anlegbaren Rührers ins Auge faßte, mußte allerdings noch dafür sorgen, daß gleichwohl möglichst alle Innenflächen, an die zu mischende Substanzen gelangen können, von dem Flügelrührer erreicht werden, weil ansonsten die Verarbeitung aller Bestandteile zu einer homogenen Mischung nicht gewährleistet ist. Auch diese sich aus dem Zweck der zu schaffenden Anordnung ohne weiteres ergebende Notwendigkeit stellte den Fachmann jedoch nicht vor Probleme, die er nicht mit seinem Fachwissen hätte lösen können. Bereits aus der händischen Herstellung von Mischungen, beispielsweise auch von Salben in Mörsern mittels Pistills, war zu ersehen, daß es sinnvoll sein kann, wenn die Höhenlage des Werkzeugs im Verhältnis zum Gefäß variabel ist. Das war nur auf den maschinellen Betrieb zu übertragen. Schwierigkeiten der Realisierung ergaben sich insoweit nicht. Zu dem hieraus folgenden Ergebnis, daß Merkmal 2 e ebenfalls nahegelegen hat, ist auch der u.a. gerade hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgiebig befragte gerichtliche Sachverständige gelangt. Danach mag zwar eine Relativbewegung des Rührers bei Mischgefäßen mit kleinem Durchmesser unter 10 cm nicht ohne weiteres auf der Hand gelegen haben. Die abgehandelten und für den maßgeblichen Fachmann ohne weiteres einsichtigen prinzipiellen Vorteile gaben aber hinreichend Anlaß, das Mischen durch diese im Fachkönnen liegende Gestaltung auch bei solchen Behältern zu optimieren. Eine Bestätigung dafür, daß eine Auf-und Abbeweglichkeit eines Flügelrühres im Verhältnis zu einem Mischgefäß auch kleineren Durchmessers bei einer maschinell betriebenen Anordnung zu verwirklichen sei, bildet das deutsche Gebrauchsmuster 87 05 605. Denn dort ist für einen solchen Behälter, in dem verschiedene Bestandteile zu einem Produkt gemischt werden sollen, offenbart, wie die in Merkmal 2 e vorgeschlagene Bewegung funktionieren kann. Die Fähigkeiten des hier maßgeblichen Fachmanns schließen ein, diese Gestaltung als Vorbild auch für das hier interessierende Anwendungsgebiet zu erkennen und sich bei der Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsion mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilenin Apotheken zunutze zu machen. Es ist deshalb unerheblich, daß das deutsche Gebrauchsmuster die relative Auf-und Abbewegung ausdrücklich nur für die Zubereitung von Babynahrung in der Flasche vorschlägt, mit der das Kleinkind sodann versorgt wird.
h) Das von dem Beklagten vorgelegte Privatgutachten hindert nicht die somit zu treffende Feststellung, daß der eine Vorrichtung lehrende Anspruch 1 des Streitpatents in der hauptsächlich verteidigten Fassung mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist. Dieses Gutachten hat vorrangig konkrete Gestaltungen in den Blick genommen, auf die weder der hauptsächlich verteidigte Patentanspruch 1 noch der ihm entgegengehaltene Stand der Technik beschränkt sind. Vor allem hat der Privatgutachter nicht den vollständigen Offenbarungsgehalt des entgegengehaltenen Stands der Technik zu ergründen gesucht, der neben dem allgemeinen Fachwissen und Fachkönnen des Fachmanns darüber entscheidet, ob eine erfinderische Tätigkeit verneint werden muß. Dadurch gehen die bestehenden Gemeinsamkeiten verloren, die Anspruch 1 des Streitpatents in der hauptsächlich verteidigten Fassung als bloße fachmännische Weiterentwicklung einer vorbekannten Vorrichtung ausweisen, die zur Folge hat, daß sie für den Zweck brauchbar ist, pharmazeutische und/oder kosmetische Salben, Pasten, Cremes, Gele oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken nach maschineller Herstellung in demselben Gefäß abgeben zu können.
4.
Die auf Patentanspruch 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Unteransprüche bedürfen keiner weiteren Prüfung, weil der Beklagte nach der in der mündlichen Verhandlunggegebenen Erläuterung seines Berufungsantrags für den Fall, daß der hauptsächlich verteidigte Anspruchssatz nicht gewährt werden kann, Patentschutz in Form seiner hilfsweise verteidigten Anspruchssätze wünscht.
5.
Mit diesem Begehren hat die Berufung auch Erfolg. Denn hinsichtlich der in dem Patentanspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag definierten Lehre zum technischen Handeln, die nach Maßgabe des Anspruchs 5 der Anspruchsunterlagen formuliert und deren Beanspruchung deshalb ebenfalls zulässig ist, kann nicht festgestellt werden, daß sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Es verbleiben durchgreifende Zweifel, daß es naheliegend war, eine Anordnung der bereits abgehandelten Beschaffenheit vorzuschlagen, bei der -wie Patentanspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag zusätzlich vorschlägt das Mischgefäß
2. g) einen verschiebbaren Boden hat.
Anders als sonstige Merkmale des Patentanspruchs 1 betrifft diese Gestaltung vornehmlich einen Bereich, der erst im Zusammenhang mit der Abgabe der Mischung interessiert. So stellt auch die Streitpatentschrift wesentlich darauf ab, daß es der verschiebbare Boden möglich macht, den Inhalt der Kruke nach und nach durch die Zentralöffnung des Deckels hinauszudrücken (Sp. 2 Z. 7 ff.). Ein weiterer Nutzen, der in der Streitpatentschrift beschrieben ist, nämlich eine mikrobielle Verunreinigung sowie unerwünschte Lufteinschlüsse und Luftoxidation weitgehend ausschließen zu können, weil durch Hochschieben des Bodens vorhandene Luft verdrängt werden kann, ist hingegen mehr im Sinne eines zusätzlichen Vorteils erwähnt (Sp. 6 Z. 5 ff.). Merkmal 2 g bedeutet damit eine gegenständliche Konkretisierung des Gefäßes im Hinblick auf die Kennzeichnung, als Abgabegefäß verwendet zu werden (Merkmal 2 f). Es handelt sich um eine gestalterische Anpassung an die durch Merkmal 2 f gegebene Eignung durch eine bestimmte Herrichtung des Gefäßes. Schon die Erkenntnis, daß eine solche Herrichtung überhaupt in Betracht komme, war mit dem -oben herausgearbeiteten -Umstand nicht verbunden, daß dem Fachmann eine Vorrichtung der mit dem hauptsächlich verteidigten Patentanspruch 1 beanspruchten Merkmale in naheliegender Weise zur Verfügung stand. Um zu dem durch Merkmal 2 g gekennzeichneten Vorschlag zu gelangen, mußte deshalb als erstes die Überlegung hinzukommen, daß das bisher zum Mischen von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apotheken benutzte Gefäß auch als Abgabegefäß bestimmt werden kann, damit der Kunde sich hieraus mit der Mischung behandeln könne.
Eine Anregung, zu dieser Erkenntnis zu gelangen und hiervon ausgehend das Gefäß vorteilhaft zu gestalten, konnte der Fachmann der deutschen Offenlegungsschrift 36 38 656 nicht entnehmen. Wie bereits ausgeführt, bietet die Offenbarung dieser Schrift insoweit nichts. Etwas anderes kann auch für die europäische Patentschrift 0 178 658 nicht festgestellt werden, auf die der Kläger seine Klage ferner wesentlich gestützt hat. Diese Schrift betrifft die Herstellung von Knochenzement zur Fixierung von Prothesen durch Mischen verschiedener Stoffe. Auch hier ist also die Behandlung eines kranken Menschen mit einer individuell dafür herzustellenden Mischung betroffen, deren Menge entsprechend begrenzt zu bemessen ist. Daraus ergeben sich vergleichbare Probleme, namentlich auch diejenigen, die dem Streitpatent zugrunde liegen. Es verwundert deshalb auch nicht, daß in dem europäischen Patent die Schädlichkeit ungehinderten Luftzutritts ebenso angesprochen ist wie der Wunsch, das Umfüllen des Gemischs zu vermeiden. Das in der europäischen Patentschrift beschriebene und in Fig. 2 abgebildete Mischgefäß mit verschiebbarem Boden bleibt nach diesem Vorschlag aber im Bereich der Klinik, in der die Mischung hergestellt wird, also sozusagen in derselben Hand; es wird nicht an denjenigen abgegeben, der mit der Mischung für die gebotene Behandlung einer Krankheit sorgen soll. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die europäische Patentschrift bei dem Fachmann, der eine Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Problematik sucht, erst Interesse findet, wenn er bereits zu der Erkenntnis gelangt ist, das Gefäß auch als Abgabegefäß bestimmen und insoweit vorteilhaft herrichten zu müssen. Was schließlich die vom Privatgutachter angesprochenen Kartuschen mit Fugendichtungsmasse anbelangt, so waren diese Vorrichtungen mit verschiebbarem Boden lediglich als am Einsatzort zu benutzende Behältnisse bekannt. Schon die Herstellung einer Mischung betreffen sie nicht. Das verbietet auch hinsichtlich dieses Stands der Technik, zur Überzeugung zu gelangen, daß der Fachmann durch ihn eine Anregung erhielt, ein zum Mischen bestimmtes und geeignetes Gefäß durch gezielte Herrichtung, wie sie durch Merkmal 2 g zum Ausdruck kommt, weiter zu entwickeln.
Die damit verbleibende Frage, warum der Fachmann bei Nutzung durchschnittlicher Kenntnisse und Fähigkeiten eine solche Weiterentwicklung gewählt haben sollte, führt zu durchgreifenden Zweifeln, daß die nach dem ersten Hilfsantrag beanspruchte Lehre nahegelegt gewesen sei. Der gerichtliche Sachverständige hat bei seiner Anhörung im Termin zwar gemeint, die Gleichsetzung von Rührgefäß und Abgabegefäß sei durch die dem Streitpatent zu Grunde liegende Aufgabe vorgegeben gewesen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß diese Angabe durch eine nachträgliche Sicht beeinflußt ist, die bereits Kenntnisse einschließt, die erst die Streitpatentschrift vermittelt. So entfällt bei maschineller Mischung in einem geschlossenen Gefäß, welche die Einbringung unnötig vieler Luftkeime verhindert, die aufwendige Reinigung des Mischgefäßes auch dann, wenn auf seine Wiederverwendung verzichtet wird. Wesentlichen Aspekten der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Problematik konnte mithin auch auf andere als von diesem vorgeschlagene Weise Rechnung getragen werden. Das läßt die Schlußfolgerung des gerichtlichen Sachverständigen nicht zwingend erscheinen. Mangels Anregung im Stand der Technik, sich das Mischgefäß als Abgabegefäß zu nutze zu machen, ist es daher möglich, daß zum Auffinden der Lehre nach Anspruch 1 in der Fassung des ersten Hilfsantrags doch erfinderisches Bemühen notwendig war, so daß das Streitpatent in dieser Form Bestand haben muß.
6. Dementsprechend kann der Beklagte Patentschutz auch in Ansehung der Gestaltungen beanspruchen, die auf einen festen Boden des Mischgefäßes verzichten und entsprechend den aus dem erteilten Patent übernommenen Unteransprüchen als unmittelbar oder mittelbar auf den so eingeschränkten Patentanspruch 1 rückbezogene Ansprüche mit dem ersten Hilfsantrag weiter verfolgt werden. Der erteilte Unteranspruch 3, nach dem zwingend ein fester Boden des Mischgefäßes vorzusehen ist, ist mit dem Inhalt des Patentanspruchs 1 nach dem ersten Hilfsantrag unvereinbar. Der Senat geht deshalb davon aus, daß dieser Antrag einen solchen Unteranspruch nicht umfaßt. Dasselbe gilt, soweit der erteilte Unteranspruch 9 als alternative Möglichkeit neben dem nach Patentanspruch 1 kennzeichnenden verschiebbaren Boden auch eine Ausbildung mit festem Boden zuläßt. Die dadurch notwendige Anpassung des Anspruchsatzes bedingt die vorgenommene teilweise Änderung der Numerierung der Unteransprüche.
7. Soweit das Streitpatent von dem Beklagten nicht mehr verteidigt wird, ist es für nichtig zu erklären (vgl. Senat, Urt. v. 04.06.1996, X ZR 49/94, GRUR 1996, 857, 858 -Rauchgasklappe, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 133, 57).
8. Die Kostentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, § 121 Abs. 2 PatG.
BGH:
Urteil v. 17.09.2002
Az: X ZR 1/99
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