Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. September 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 61/00
(BPatG: Beschluss v. 20.09.2000, Az.: 29 W (pat) 61/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Wort- Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endesoll für die Dienstleistungen
"Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit schmalbandigen (insbesondere PC mit Modem) und breitbandigen (insbesondere TV-Anschluß) Online-Diensten für den Aufbau elektronischer Netze, Entwicklung, Ausbau und Betrieb von Computernetzwerken, Vermietung von Kapazitäten auf Computernetzen für Inhalte-Anbieter (Content-Provider) der verschiedensten Branchen (Waren und Dienstleistungen) und für Hersteller von Waren sowie Erbringern von Dienstleistungen, Aufbau von Computer-Daten-Basen, Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen, Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; Computer-Software-Design; einschl. aller Datenträger gleich welcher Art; Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit schmalbandigen (insbesondere PC mit Modem) und breitbandigen (insbesondere TV-Anschluß) Online-Diensten für die Nachrichten und Bildübermittlung, Durchführung von Telefondiensten, Telekommunikation, Teletext-Services, Kommunikation durch Computer-Terminals, Übertragung von Daten, Text, Ton und Bild, computerunterstützte Übertragung von Nachrichten und Bildern; einschl. aller Datenträger gleich welcher Art; Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit schmalbandigen (insbesondere PC mit Modem) und breitbandigen (insbesondere TV-Anschluß) Online Diensten für die Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren über Computer-Netzwerken laufende Angebote in Form von Daten, Text, Bild, Ton oder sämtliche Kombinationen dieser Elemente für den Verkauf von Waren aller Art und Dienstleistungen soweit entsprechenden Informations- und Kommunikationsdienstleistungen für Dritte, einschl. aller Datenträger gleich welcher Art; Abwicklung sämtlicher mit dem Betrieb der vorgenannten Geschäfte verknüpften Handels- und Dienstleistungsaufgaben zu eigenen Zwecken sowie zum Angebot an Dritte; einschl. aller Datenträger gleich welcher Art; Erbringen von Dienstleistungen in Verbindung mit schmalbandigen (insbesondere PC mit Modem) und breitbandigen (insbesondere TV-Anschluß) Online-Diensten für die Herausgabe von Informationen über die Veranstaltung, Veröffentlichung und Herausgabe von ergänzenden Printmedien (Katalogen; einschl. aller Datenträger gleich welcher Art"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen eines fehlenden Freihaltungsbedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um den Inhalt der angemeldeten Dienstleistungen beschreibende Wortbestandteile sowie um einen werbeüblichen bildlichen Hinweis rein beschreibenden Inhalts, der die Schutzfähigkeit nicht begründen könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Die angemeldete Marke sei schon wegen der phantasievollen graphischen Ausgestaltung schutzfähig, was insbesondere durch die Form und die farbliche künstlerische Gestaltung sowie die ellipsenförmige Darstellung der CD begründet sei. Nach der Rechtsprechung könnten schon relativ geringfügige graphische Zutaten die Schutzfähigkeit von Marken begründen.
Der Anmelder beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Der Erinnerungsbeschluß vom 8. Dezember 1999 war an den Anmelder persönlich bzw. dessen Geschäftsadresse adressiert, obwohl bereits am 16. April 1999 eine Vollmacht einer Anwaltskanzlei eingegangen war. Auf Hinweis des Rechtspflegers des Bundespatentgerichts ist der Beschluß am 3. April 2000 an den Vertreter des Anmelders mit neuer Rechtsmittelbelehrung, auf der die neue Beschwerdegebühr von 345,-- DM genannt wird, zugestellt worden. Am 4. Januar 2000 ist ein nicht unterschriebener Beschwerdeschriftsatz auf dem Briefpapier und unter dem Namen "C... GmbH" eingegangen und DM 300,-- Be- schwerdegebühr überwiesen worden. Am 22. März 2000 ist erneut ein Schreiben des Anmelders per Fax eingegangen, das unterschrieben ist und den Briefkopf des Anmelders trägt. Die Einzahlung von DM 345,-- ist am 27. April 2000 erfolgt. Der Anmelder trägt vor, er habe erst jetzt erfahren, daß sein Anwalt das Mandat niedergelegt habe, und beantragt darum hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig.
Erst der am 22. März 2000 eingegangene Schriftsatz des Anmelders ist als zulässige Beschwerde anzusehen, weil der Schriftsatz vom 4. Januar 2000 nicht unterzeichnet ist und außerdem nicht erkennen läßt, daß der Anmelder für sich selbst als natürliche Person Beschwerde einlegen will. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, daß der unterschriebene Beschwerdeschriftsatz des Anmelders nach Ablauf eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingegangen und die Zahlung der Beschwerdegebühr erst nach diesem Zeitraum erfolgt ist, obwohl bereits diese erste Zustellung des Beschlusses an den Anmelder persönlich wirksam ist, weil dieser ihn erhalten hat (vgl. etwa Althammer/Ströbele § 94 Rn 18), sind die Beschwerdefrist und die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nicht in Lauf gesetzt worden (§§ 94 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG, 8 Abs. 2 Satz 2 VwZG), weil an den bestellten Vertreter hätte zugestellt werden müssen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 VwZG). Einer Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist oder Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr bedarf es deshalb nicht. Da nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 PatGebG die bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Gebührensätze anzuwenden sind (DM 300,-- Beschwerdegebühr), wird der nach der zweiten Zustellung des Beschlusses gezahlte Betrag von DM 345,-- zurückzuerstatten sein.
2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist für sämtliche angemeldeten Dienstleistungen freihaltungsbedürftig und es fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 1 MarkenG).
2.1 Der Anmelder bestreitet nicht ernsthaft, daß es sich- wie die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat - bei den Wortbestandteilen um Angaben handelt, die zur Beschreibung der Dienstleistungen, nämlich als Hinweis auf den Inhalt, den Gegenstand oder die Bestimmung der Dienstleistungen oder die Art ihrer Erbringung dienen können und darum gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig sind. Aber auch die graphische Ausgestaltung kann - entgegen der Ansicht des Anmelders - die Schutzfähigkeit nicht begründen, denn ihr fehlt ein Mindestmaß an gestalterischer Eigentümlichkeit. Es ist in der Werbung üblich, durch einfache graphische Darstellungen Sachhinweise zu geben, wobei meist die Ware oder bei Dienstleistungen mit diesen eng zusammenhängende Waren oder Symbole verwendet werden. Gerade auf Sektoren, die mit Telekommunikation, Internet, Datenverarbeitung etc. in Zusammenhang stehen, ist die Verwendung von farblich und graphisch auffälligen, stilisierten Abbildungen - etwa auf Websites, in Zeitschriften und Prospekten, auf Flugblättern, auf Verpackungen - sehr verbreitet. Besonders bei Abbildungen von Geräten oder CDs bieten sich perspektivische Darstellungen, die kreisförmige Objekte als Ellipsen abbilden, geradezu an, kommen deshalb häufig vor und sind nicht ungewöhnlich. Das auf der CD sichtbare Interferenzmuster stellt ebenfalls ein naheliegendes, werbeübliches Gestaltungselement dar. Bei spiegelnden und/oder farbig schillernden Flächen wie CDs drängt sich die Wiedergabe von farbigen Reflexen und/oder Interferenzmustern, wie sie sich bei Beleuchtung ergeben, als gefällige Ausgestaltung auf. Daß es sich im vorliegenden Fall um eine rein werbeübliche graphische Ausgestaltung handelt, wird auch deutlich, wenn man die Bilder zu Artikeln sowie die Aufmachung von Werbeanzeigen für CD-Rohlinge, CD-Brenner, bespielte CDs, Computerprogramme usw. betrachtet, wie sie etwa in Computer- oder Internetzeitschriften (z. B. "PC WELT" oder "TOMORROW") zu finden sind. Derartige werbeübliche graphische Elemente und Ausgestaltungen beseitigen darum das Freihaltungsbedürfnis nicht (vgl. zur Rspr. Althammer, § 8 Rn. 108, 106; Ingerl/Rohnke § 8 Rn. 57). Auch die Anordnung der einzelnen Elemente der Marke ist werbeüblich.
2.2 Der angemeldeten Marke fehlt auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Da die Wortbestandteile als reine Sachangaben für die angemeldeten Dienstleistungen wirken und sich die graphische Ausgestaltung sowie die Anordnung der Zeichenelemente nicht von werbeüblichen Gestaltungen abheben, wird der Verkehr in der Marke keinen Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem bestimmten Ursprungsbetrieb sehen (vgl. dazu Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 8 Rn 26, 28; Ingerl/Rohnke § 8 Rn 42, 45 f.).
3. Diesem Ergebnis können nicht die vom der Anmelder genannten eingetragenen Marken mit dem Bestandteil "Immo-Börse" (33 W (pat) 125/99) und "NEW MAN" (BGH GRUR 1991, 136, 137 f.) entgegengehalten werden. Die zitierte Entscheidung des 33. Senats "Immobörse" stellt entscheidend auf die speziellen Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Immobilienvermittlung ab und ist auf dem Gebiet der hier angemeldeten Dienstleistungen schon aus diesem Grund nicht einschlägig. Das Zeichen "NEW MAN" wies eine unübliche graphische Ausgestaltung auf, weil auch der "auf dem Kopf stehende" Bestandteil ebenfalls als "NEW MAN" gelesen werden konnte. Eine derartige phantasievolle Ausgestaltung fehlt aber bei der hier angemeldeten Marke. Im übrigen ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand eingetragener Drittzeichen zu beurteilen. Eine Bindung des Gerichts besteht selbst bei einer abweichenden Eintragungspraxis nicht (vgl. BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today").
Meinhardt Pagenberg Guth Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/29W(pat)61-00.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 20.09.2000
Az: 29 W (pat) 61/00
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