Landgericht Köln:
Urteil vom 2. Februar 2011
Aktenzeichen: 6 U 151/10
(LG Köln: Urteil v. 02.02.2011, Az.: 6 U 151/10)
Tenor
1.) Die Berufung der Antragsgegnerin zu 2) gegen das am 20.07. 2010 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 43/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der Beschlussverfügung der Kammer vom 22.02.2010 - 33 O 43/20 - zu Ziff. 1. bezüglich der Antragsgegnerin zu 2) wie folgt neu gefasst wird:
Der Antragsgegnerin zu 2) wird es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern für Hotelzimmer unter der Angabe von Preisen zu werben, die die Höhe der von dem Kunden zusätzlich zu dem Übernachtungsentgelt zu zahlenden Gebühren nicht ausweisen, wenn dies wie auf den nachfolgenden Seiten 3 bis 10 dieses Urteils geschieht.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragsgegnerin zu 1) zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 2) zu 3/4 zu tragen.
Gründe
B e g r ü n d u n g
I.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen. Gegen das Urteil vom 20.07.2010, mit dem die einstweilige Verfügung bestätigt worden ist, soweit sie gegen die Antragsgegnerin zu 2) gerichtet ist, haben beide Antragsgegnerinnen Berufung eingelegt. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihre Berufung mit am 02.09.2010 eingegangenem Schriftsatz zurückgenommen, die Antragsgegnerin zu 2) begehrt die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags. In der Berufungsverhandlung hat die Antragstellerin, die das Urteil verteidigt, nach entsprechenden Hinweisen des Senats den Verfügungsantrag sinngemäß entsprechend dem obigen Tenor formuliert.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Verfügungsantrag ist gegen die Antragsgegnerin zu 2) (im Folgenden: "Antragsgegnerin") zulässig und begründet.
1.
Der Verfügungsantrag war und ist, soweit er gegen die Antragsgegnerin zu 2) gerichtet ist, dringlich. Die aus § 12 Abs. 2 UWG herzuleitende Dringlichkeitsvermutung ist - was die Antragsgegnerin im Berufungsverfahren selbst nicht mehr in Abrede stellt - aus den Gründen, die die Kammer auf S. 14 der angefochtenen Entscheidung niedergelegt hat, nicht widerlegt.
2.
Der Verfügungsantrag genügt auch den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Einwand der Antragsgegnerin, es sei nicht zu erkennen, ob eine Irreführung darin gesehen werde, dass der Sternchenhinweis bei den Preisangaben in einer zu kleinen Schriftgröße dargestellt sei, oder darauf, dass die Sternchenauflösung sich nicht dicht genug an dem Text befinde, geht fehl. Gegenstand des Verbots ist nicht eine bestimmte Anordnung des Auflösungstextes zu einem Sternchen oder dessen Schriftgröße, sondern die Angabe von Preisen, bei denen zusätzlich zu dem Übernachtungsentgelt zu zahlende Gebühren überhaupt nicht ausgewiesen sind. Das ergibt sich schon aus dem ursprünglichen Wortlaut des Verbotsantrages und wird zudem durch die Urteilsbegründung auf S. 14 der angefochtenen Entscheidung deutlich, die sich im Übrigen in ihrer Hauptbegründung nicht auf eine Irreführung, sondern auf einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung stützt.
3.
Der mithin - von Anfang an - zulässige Verfügungsantrag ist aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 1 PAngV begründet. Soweit die Antragstellerin im Termin zur mündlichen Verhandlung den Antrag teilweise neu gefasst hat, stellt dies lediglich eine redaktionelle Klarstellung dar, die keine Reduzierung des Antragsumfanges enthält und deswegen nicht teilweise als Rücknahme des Antrags angesehen werden kann.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat, wer gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, "die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise)". Die Antragsgegnerin hat in den beanstandeten konkreten Verletzungsformen gegen diese Bestimmung verstoßen, weil sie mit ihren Internet-Seiten für Hotelbuchungen wirbt und ihre dortigen Angaben teilweise die von ihr sogenannten "Service-Gebühren" nicht enthalten, obwohl sie Preisbestandteile im Sinne der vorgenannten Bestimmung sind.
Das ergibt sich bereits aus den zutreffenden ausführlichen Gründen auf den Seiten 14 - 16 der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat zunächst zustimmend Bezug nimmt. Die - ihr erstinstanzliches Vorbringen teilweise wiederholenden - Angriffe der Berufung geben lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:
a)
Die Antragsgegnerin meint, es liege schon gar keine Werbung für die von ihr zu erbringende Service-Leistung vor. Tatsächlich erbringe sie nämlich in dem Zeitpunkt, in dem der Kunde die Angaben zur Buchung in die Buchungsmaske eingebe, ihre Service-Leistungen bereits. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Die Antragstellerin beanstandet eine unvollständige Preisangabe in der Buchungsphase, in der der Verbraucher noch nicht gebucht hat, sondern dabei ist, sich ein Hotel und dort ein konkretes Zimmerangebot auszusuchen. Eine verbindliche Buchung steht erst am Ende dieses Vorganges, sofern es überhaupt zu einer solchen kommt. Erst durch die verbindliche Buchung des Kunden wird aber ein Anspruch (auch) auf das Service-Entgelt begründet. Aus diesem Grunde stellen die einzelnen angegriffenen, die Buchung betreffenden Internet-Seiten sämtlich zumindest auch Werbung dafür dar, dass der Kunde letztlich eines der von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Hotelangebote wahrnimmt.
b)
Auch der Einwand der Antragsgegnerin, die "Service-Gebühr" sei deswegen nicht Preisbestandteil, weil der Nutzer zwei Verträge schließe, zwei Zahlungen erfolgten und dem Verbraucher diese Unterscheidung auch bewusst sei, hat keinen Erfolg.
aa)
Die Zuordnung eines Preises als "Preisbestandteil" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngG kann allerdings zweifelhaft sein, wenn es sich um eine Zahlung handelt, die nicht an den Erbringer der (Haupt-) Leistung, sondern an einen Dritten zu erbringen ist. Dass dies hier so wäre, hat die Antragsgegnerin aber schon nicht glaubhaft gemacht: In Betracht käme die Stellung der Antragsgegnerin als Dritte im vorstehenden Sinne nur dann, wenn der Kunde in zwei getrennten Vorgängen einmal das Hotelentgelt an das betreffende Hotel und zum Anderen die Service-Gebühr an sie zu entrichten hätte. Das hat die Antragsgegnerin indes nicht hinreichend vorgetragen. Ihre auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn L. (Anlage BK 2) gestützte Auffassung, die "entstehenden Reservierungsgebühren" würden "getrennt vom Hotelpreis bei den Kunden eingezogen", genügt den insoweit zu stellenden Anforderungen nicht. Der Vortrag belegt insbesondere nicht, dass die Service-Gebühr getrennt vom Hotelpreis und mit einer getrennten Rechnung abgerechnet werde.
bb)
Im Übrigen wäre mit der Kammer ein Verstoß gegen die Anforderungen der Preisangabenverordnung auch dann zu bejahen, wenn eine strikte Trennung der Abrechnung beider Preisbestandteile erfolgen würde:
Der BGH hat schon in der frühen Entscheidung "Flughafengebühr" (GRUR 1981, 140 ff.) entschieden und dies später bekräftigt (BGH GRUR 01, 1166, 1168 - "Fernflugpreise" und GRUR 03, 889, 890 - "Internet-Reservierungssystem"), dass bei der Werbung für Flugreisen auch die Flughafen- oder Startgebühr angegeben werden muss, die ihrerseits nicht an den Flugunternehmer, sondern den Flughafen zu zahlen ist. Dementsprechend führt M. an der auch von der Antragsgegnerin für sich in Anspruch genommenen Fundstelle zu § 1 PAngV unter Rz. 17 ausdrücklich aus, dass zu den Endpreisen "auch die Entgelte für Leistungen Dritter gehören, die zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssen". Um diese Situation handelt es sich indes auch im vorliegenden Verfahren: Der Kunde kann die von der Antragsgegnerin angebotene Hotelreservierung nur buchen, wenn er auch die Service-Gebühren übernimmt. Die Angabepflicht besteht zwar - das ist der Beklagten einzuräumen - nach Auffassung von M. für solche Entgelte nicht, die "auf Grund getrennter Vereinbarungen an Dritte zu zahlen sind", im vorliegenden Verfahren geht es aber nicht um getrennte Vereinbarungen mit Dritten, sondern um einen Bestandteil der einen und einzigen Vereinbarung, die der Kunde mit der Antragsgegnerin trifft, nämlich der Buchung eines Hotels unter Inanspruchnahme von Vermittlungsleistungen der Antragsgegnerin. Dieses Ergebnis wird auch durch die Kommentierung von Sosnitza (Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 1 PAngV Rz. 33) bestätigt, wonach lediglich "beliebig auswählbare Zusatzleistungen" nicht unter die Bestimmung fallen.
c)
Zu Recht hat die Kammer auch angenommen, dass die Angabe nicht etwa erst im Rahmen der verbindlichen Buchung, sondern bereits bei der Präsentation der ersten Trefferlisten gemacht werden musste, also in der Situation, die die auf den Seiten 3 - 10 dieses Urteils wiedergegebenen konkreten Verletzungsformen abbilden. Der BGH hat allerdings in der erwähnten Entscheidung "Internet-Reservierungssystem" entschieden, dass die Angaben nicht von Anfang an erfolgen müssten, wenn sie "erkennbar vorläufig" seien. In der jüngeren Entscheidung "Sondernewsletter" (GRUR 10, 744 Rz. 33) hat er die Auffassung von Sosnitza (a.a.O. Rz 28) bestätigt, wonach Kosten, die (noch) nicht bezifferbar oder laufzeitabhängig seien, nicht in den einheitlichen Endpreis einbezogen werden müssten. Um einen derartigen Fall handelt es sich aber nicht:
Die Antragsgegnerin hat, auch auf Nachfrage des Gerichts, zur Frage der Kriterien für die Servicegebühr lediglich vorgetragen, diese hänge von der Anzahl der Gäste, der "Benennung des Hotels" sowie der Frage ab, ob der Betreffende einen Versicherungsschutz beanspruchen wolle. Alle diese Fragen lassen sich - worauf die Antragstellerin zu Recht mehrfach hingewiesen hat - leicht auch zu Beginn des Auswahl- und Buchungsvorganges abfragen und sind in der zum Gegenstand des Verbotes gemachten Phase überwiegend von dem Kunden auch bereits beantwortet, so dass spätestens von dem Moment an, wo das System ein konkretes Hotel benennt, die Gebühr mit beziffert und angegeben werden kann und daher auch angegeben werden muss. Geringere Anforderungen lassen sich schließlich auch nicht aus der erwähnten Entscheidung "Internet-Reservierungssystem" ableiten, weil dort - worauf der BGH ausdrücklich abgestellt hat - bereits vor der erstmaligen Anzeige von Flugtarifen ein Hinweis mit folgendem Wortlaut erschienen war: "Alle ausgewiesenen Tarife verstehen sich zuzüglich ... da die anfallenden ... Gebühren vom jeweiligen Flugziel und vom Routing abhängig sind, wird der endgültige Flugpreis erst nach Auswahl der gewünschten Flugverbindung angezeigt." Im Streitfall besteht die so beschriebene Unwägbarkeit schon nicht und fehlt es im Übrigen auch an einem entsprechenden Hinweis.
Dass der mithin vorliegende Verstoß gegen die Preisangabenverordnung eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG darstellt, ist zu Recht nicht im Streit (vgl. BGH a.a.O. "Sondernewsletter", Rz. 25).
Schließlich kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Spürbarkeitsgrenze des § 3 UWG überschritten ist. Ungeachtet der Frage, in welchen Fällen ein Gesetzesverstoß ungeeignet sein kann, die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen, ist diese Spürbarkeit im Streitfall zu bejahen, weil dem Benutzer bis zum letzten Schritt, bei dem er zu buchen schon fest entschieden ist, vorenthalten wird, wie hoch die zusätzlichen Servicegebühren sind.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 525 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren:
bis zum 2.9.2010: 50.000 €,
anschließend: 25.000 €.
LG Köln:
Urteil v. 02.02.2011
Az: 6 U 151/10
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