Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2011
Aktenzeichen: 6 W (pat) 337/06
(BPatG: Beschluss v. 01.03.2011, Az.: 6 W (pat) 337/06)
Tenor
Das Patent 102 27 113 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gründe
I.
Gegen das am 26. Januar 2006 veröffentlichte Patent 102 27 113 mit der Bezeichnung "Abdichtungsvorrichtung für Lager" ist am 26. April 2006 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
In der Einspruchsbegründung verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften:
D1: US 54 31 413 D2: DE 198 50 322 A1 D3: US 50 04 358.
Die Einsprechende beantragt, das angegriffene Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das angegriffene Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.
Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sowohl neu sei als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Der erteilte Anspruch 1 lautet:
"Abdichtungsvorrichtung (1; 1') für einen festen Ring (3) und einen drehbaren Ring (4) besitzende Lager (2), mit einem am festen Ring (3) angeordneten Dichtungsring (5), einer am drehbaren Ring (4) an der Außenseite des Dichtungsringes (5) angeordneten Blende zum Schutz des Dichtungsringes (5) selbst und einem mit der Schutzblende (6) einteilig verbundenen Encoder (15), der axial an der Außenseite der Schutzblende (6) angeordnet und durch einen Abdeckteil (16) geschützt ist, wobei der Abdeckteil (16) Bestandteil der Vorrichtung (1; 1') ist und gegenüber dem Encoder (15) an der der Schutzblende (6) entgegengesetzten Seite angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schutzblende (6) einen eine Aufnahme (14) für den Encoder (15) bildenden, profilierten Flansch (13) aufweist, wobei der Encoder (15) zumindest mit einem Endansatz (17) versehen ist, der zur Außenseite der Aufnahme (14) radial verläuft und durch den Abdeckteil (16) radial abgedeckt ist."
Wegen der Unteransprüche 2 bis 6 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt wurden noch folgende Druckschriften berücksichtigt:
DE 4231332A1 DE 696 04 236 T1 US 5575568A US 6168315B1 EP 0 942 188 A2.
II.
1.
Der fristund formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und auch im Übrigen zulässig.
Dies ist seitens der Patentinhaberin nicht bestritten worden.
2.
Die erteilten Ansprüche sind zulässig.
Der erteilte Anspruch 1 ergibt sich aus Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1, 3 und 4 sowie aus Figur 1. Die Ansprüche 2 und 3 enthalten Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2, die Ansprüche 4 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 4, 5 und 7.
Die Zulässigkeit der erteilten Ansprüche ist im Übrigen seitens der Einsprechenden nicht bestritten worden.
4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.
a. Die Abdichtungsvorrichtung nach Anspruch 1 ist neu.
Dies wird seitens der Einsprechenden lediglich im Hinblick auf die D3: US 50 04 358 bestritten.
Im kennzeichnenden Teil des erteilten Anspruchs 1 ist u. a. angegeben, dass der Encoder zumindest mit einem Endansatz versehen ist, der zur Außenseite der Aufnahme radial verläuft und durch den Abdeckteil radial abgedeckt ist.
Bei der Abdichtungsvorrichtung nach der US 50 04 358 ist ebenfalls ein Encoder 12 vorgesehen, der mit einem Endansatz versehen ist, der zur Außenseite der Aufnahme 13 radial verläuft (Fig. 1), dieser Endansatz ist jedoch nicht durch ein Abdeckteil abgedeckt, da ein solches Bauteil bei der Abdichtungsvorrichtung nach der US 50 04 358 gar nicht vorhanden ist. Denn bei dem seitens der Einsprechenden als Abdeckteil bezeichneten Element 14, 15, 16, handelt es sich nicht um ein Abdeckteil, sondern um den Sensor für den Encoder 12 (Sp. 2, Z. 27 bis 35), welcher jedoch weder aufgrund seiner Sensor-Funktion, noch aufgrund seiner Konstruktion mit radialen abstehenden Zähnen 16 (Fig. 10) den Encoder abdecken kann.
Aber selbst wenn den Zähnen 16 des Sensors 14, 15, 16 eine gewisse Abdeckfunktion bezüglich des Encoders zukäme, ist zumindest der zur Außenseite der Aufnahme radial verlaufende Endansatz des Encoders nicht durch diese Zähne abgedeckt, wie ohne Weiteres der Figur 1 der US 50 04 358 zu entnehmen ist.
Somit ist der Gegenstand des erteilten Anspruch 1 neu gegenüber dem Gegenstand der US 50 04 358.
Die Neuheit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 gegenüber den übrigen Druckschriften ist seitens der Einsprechenden nicht bestritten, sie ist auch gegeben, wie eine Prüfung durch den Senat im Rahmen der Amtsermittlung ergeben hat.
Der Gegenstand des erteilten Anspruch 1 ist somit neu.
b. Die zweifelsfrei gewerblich anwendbare Abdichtungsvorrichtung gemäß dem erteilten Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die D2: DE 198 50 322 A1 offenbart in Figur 1 ein erstes Ausführungsbeispiel, welches eine Abdichtungsvorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1 zeigt (Abs. [0005] der Streitpatentschrift). Die im kennzeichnenden Teil des erteilten Anspruchs 1 angegebenen Merkmale sind diesem Ausführungsbeispiel nicht zu entnehmen.
Ein weiteres Ausführungsbeispiel (Figur 3) zeigt weiterhin einen Encoder mit einem radialen Endansatz, so dass bei dieser Ausbildung die Merkmalsteile bekannt sind, wobei der Encoder 7 zumindest mit einem Endansatz (ohne Bezugszeichen) versehen ist, jedoch ist bei dieser Ausgestaltung weder der Encoder an der Außenseite der Schutzblende angeordnet, noch ist der Endansatz des Encoders durch den Abdeckteil abgedeckt.
Die D1: US 54 31 413 offenbart ebenfalls einen mit einer Schutzblende 2 verbundenen Encoder 4 (Figur 1), jedoch ist dort weder ein den Encoder schützendes Abdeckteil noch ein zur Außenseite der Schutzblende radial verlaufender Endansatz an dem Encoder vorgesehen.
Auch die D3: US 50 04 358 offenbart keinen Encoder, dessen Endansatz durch den Abdeckteil abgedeckt ist, wie bereits im Zusammenhang mit dem Neuheitsvergleich ausgeführt wurde.
Eine Ausgestaltung, bei welcher der Endansatz des Encoders durch den Abdeckteil abgedeckt ist, ist auch dem übrigen Stand der Technik nicht zu entnehmen. Somit kann auch von keiner dieser Druckschriften eine Anregung in diese Richtung ausgehen.
Da somit zumindest das Merkmal, wonach der Endansatz des Encoders durch den Abdeckteil abgedeckt ist, im nachgewiesenen Stand der Technik ohne Vorbild oder Anregung ist, kann von dort auch weder einzeln noch in einer Zusammenschau eine Anregung zu dieser Ausgestaltung ausgehen.
Der erteilte Anspruch 1 ist somit bestandsfähig.
c. Zusammen mit dem Anspruch 1 sind auch die rückbezogenen Unteransprüche gewährbar, da sie nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen des Patentgegenstandes betreffen.
Lischke Guth Schneider Hildebrandt Cl
BPatG:
Beschluss v. 01.03.2011
Az: 6 W (pat) 337/06
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