Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juli 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 189/02

(BPatG: Beschluss v. 20.07.2004, Az.: 24 W (pat) 189/02)

Tenor

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen

Gründe

I.

Die Wort-Bildmarkeist für die Dienstleistungen

"Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen und Patienten, Senioren; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Alten-, Kurzzeit- und Tagespflege "

unter der Registernummer 399 80 135 eingetragen worden.

Dagegen hat die Inhaberin der für

"Dienstleistungen eines Seniorenwohnheimes; Beherbergung und Verpflegung von Gästen."

eingetragenen Wortmarke 395 08 909 Rosenhof Widerspruch erhoben.

Mit Beschluß vom 16. August 2002, dessen Rubrum hinsichtlich des Namens der Markeninhaberin durch Beschluß vom 13. Januar 2003 berichtigt worden ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, die teilweise Löschung der Marke 399 80 135 für die Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen und Patienten, Senioren; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Alten-, Kurzzeit- und Tagespflege" wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 08 909 angeordnet. Zur Begründung führt die Markenstelle im wesentlichen aus, die von der Löschungsanordnung betroffenen Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien mit den für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen teilweise identisch, im übrigen hochgradig bzw ohne weiteres ähnlich, da ein Seniorenwohnheim üblicherweise diese von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen erbringe, und auch kulturelle sowie sportliche Veranstaltungen und Unterhaltungsveranstaltungen für die Heimbewohner organisiere. Ausgehend von normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei zwar eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken abzulehnen, da diese sich in ihrer Gesamtheit deutlich voneinander unterschieden und der Gesamteindruck der angegriffenen Marke auch nicht von dem mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Wortbestandteil "ROSENHOF" geprägt werde. Der im Gesamteindruck der angegriffenen Marke allenfalls prägende Wortbestandteil "ROSEN-BLATT" sei mit der Widerspruchsmarke "Rosenhof" in keiner Hinsicht verwechselbar ähnlich. Es bestehe jedoch die Gefahr, daß die beiden Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Der Zusatz "verbunden mit dem RO-SENHOF SENIORENSITZ Stadthagen" lasse die angegriffene Marke wie ein Serienzeichen des "Rosenhofs" erscheinen, ein Eindruck, der noch durch eine Ähnlichkeit des hervorstechenden Merkmals "ROSENBLATT" unterstrichen werde. Der Verkehr werde daher aufgrund der Markenbildung in erheblichem Umfang davon ausgehen, daß die identischen oder ähnlichen Dienstleistungen aus demselben oder zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Nach ihrer Auffassung habe die Markenstelle zwar zu Recht die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen nach dem Gesamteindruck der Marken abgelehnt, im folgenden jedoch unzutreffend aufgrund des klein gedruckten Zusatzes "verbunden mit dem ROSENHOF SENIORENSITZ Stadthagen" eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienmarke angenommen. Die Formulierung "verbunden mit" stelle deutlich heraus, daß es sich bei dem Wort "RO-SENHOF" nicht um einen auf das Unternehmen der Widersprechenden hinweisenden Stamm einer Zeichenserie handle. Es werde gerade keine Zugehörigkeit der angegriffenen Marke zu der Widerspruchsmarke suggeriert. Vielmehr besage die Formulierung, daß es zwei voneinander unabhängige Unternehmen gebe. Daher werde der Verkehr auch nicht davon ausgehen, daß die identischen oder ähnlichen Dienstleistungen aus demselben oder aus wirtschaftlich kooperierenden Unternehmen stammten.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Widerspruch in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Ihrer Meinung nach ist die Entscheidung der Markenstelle nicht zu beanstanden. Zu Recht sei diese im Umfang der angeordneten Teillöschung von Identität bzw hochgradiger Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen ausgegangen. Ergänzend werde vorgetragen, daß die Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung stark erhöhte Kennzeichnungskraft besitze. Der Begriff "Rosenhof" werde seit 1970 im Zusammenhang mit dem Betrieb von Seniorenwohnanlagen nach dem Konzept des "betreuten Wohnens" bundesweit im großen Umfang benutzt. Seit der Gründung sei die "Rosenhof"-Kette auf insgesamt 10 Seniorenwohnanlagen, verteilt im gesamten Bundesgebiet, expandiert. Die Rosenhöfe würden kontinuierlich und umfänglich beworben. Zum Beleg reicht die Widersprechende einen aktuellen Werbeprospekt und einen Werbeprospekt aus dem Jahr 1971 für "Rosenhof"-Seniorenwohnanlagen ein, ferner Kopien von Presseberichten aus den Jahren 2001 und 2002 sowie Kopien von Werbeanzeigen aus verschiedenen Zeitungen aus den Jahren 1995, 2002 und 2004. Bei dieser Ausgangslage seien strenge Anforderungen an den von den Marken einzuhaltenden Abstand zu stellen. Es bestehe bereits eine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde von dem zentralen, durch seine große Schreibweise auffälligen Begriff "ROSENBLATT" geprägt. Aufgrund der Übereinstimmung der sich mithin gegenüberstehenden Markenworte "ROSENBLATT" und "Rosenhof" in ihrem prägenden, am Wortanfang besonders beachteten Begriff "Rosen" sei eine die Verwechslungsgefahr begründende hochgradige klangliche, schriftbildliche und begriffliche Ähnlichkeit gegeben. Außerdem bestehe die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Hierfür sei nicht zwingend das Vorliegen einer Serienmarke erforderlich. Eine solche Art der Verwechslungsgefahr sei vielmehr auch dann anzunehmen, wenn der Verkehr aufgrund der Ähnlichkeit der Marken sowie der Identität oder Ähnlichkeit der Dienstleistungen den unzutreffenden Eindruck gewinne, die hinter den Zeichen stehenden Unternehmen seien vertraglich, organisatorisch oder in sonstiger Weise wirtschaftlich verbunden. Dies sei vorliegend der Fall. Die eine erhöhte Kennzeichnungskraft aufweisende Widerspruchsmarke erscheine identisch in der prioritätsjüngeren Marke in dem Zusatz "verbunden mit dem ROSENHOF SENIO-RENSITZ Stadthagen". Daraus könne der angesprochene Verkehr nur den Schluß ziehen, daß das unter der angegriffenen Marke agierende Unternehmen wirtschaftlich oder organisatorisch mit dem hinter der Widerspruchsmarke stehenden Unternehmen verbunden sei und es sich um eine weitere Dependance der ihm bekannten "Rosenhof"-Kette in Stadthagen handle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gegen den Beschluß der Markenstelle vom 16. August 2002 form- und fristgerecht eingelegte sowie auch sonst zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken im beschwerdegegenständlichen Umfang Verwechslungsgefahr im Sinn von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die Anordnung der teilweisen Löschung der angegriffenen Marke durch die Markenstelle nach § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG ist daher zu Recht erfolgt.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl ua EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr 22) "Sabèl/Puma"; GRUR Int 2000, 899, 901 (Nr 40) "Marca/Adidas"; BGH GRUR 2002, 626, 627 "IMS"; WRP 2004, 763, 764 "dcfix/CD-FIX"; GRUR 2004, 598, 599 "Kleiner Feigling").

Bei den von der Löschungsanordnung der Markenstelle betroffenen Dienstleistungen der angegriffenen Marke handelt es sich sämtlich um solche, die heute üblicherweise vom Dienstleistungsangebot eines Seniorenwohnheims umfaßt werden. Sie liegen daher im Identitäts- bzw engeren Ähnlichkeitsbereich der für die Widerspruchsmarke registrierten "Dienstleistungen eines Seniorenwohnheimes" sowie der Dienstleistungen "Beherbergung und Verpflegung von Gästen".

Des weiteren ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden lassen ihr - insoweit unbestrittener - Tatsachenvortrag sowie die hierzu eingereichten Belege nicht den Schluß auf eine infolge intensiver Benutzung erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke zu. Eine solche Wertung erfordert nach der Rechtsprechung eine umfassende Prüfung, bei der alle relevanten Faktoren heranzuziehen sind, so neben den Eigenschaften, welche die Marke von Haus aus besitzt, ua den von der Marke gehaltenen Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke sowie den Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke (vgl EuGH MarkenR 1999, 236, 239 (Nr 23, 24) "Lloyd"; GRUR 2002, 804, 808 (Nr 60-62) "Philips"; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 "DKV/OKV"). Der Begriff "Rosenhof" besitzt von Haus aus als ein für die fraglichen Dienstleistungen fantasievoller Begriff ohne beschreibende Anklänge normale Kennzeichnungskraft. Der Umstand, daß die Bezeichnung "Rosenhof" seit 1970 für ein einschlägiges Dienstleistungsangebot im Rahmen des Betriebs von mittlerweile zehn "Rosenhof"-Seniorenwohnanlagen verwendet und - überwiegend in regionalen Medien - beworben wird, deutet zwar auf eine langjährig und gut benutzte Marke hin. In Anbetracht der Größe der Bundesrepublik und der Vielzahl der vorhandenen Seniorenheime stellt jedoch allein die Kennzeichnung des Dienstleistungsangebots von zehn Seniorenwohnanlagen mit der Widerspruchsmarke noch keine dem Umfang nach über den Durchschnitt liegende Benutzung dar. Ohne weitere Fakten, etwa Angaben zu dem von der Marke gehaltenen Marktanteil und den Umfang der getätigten Werbeausgaben, ist die Bewertung als eine auf dem in Rede stehenden Dienstleistungssektor stark benutzte und bekannte Marke mit entsprechend erhöhter Kennzeichnungskraft nicht gerechtfertigt.

Doch auch bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind im Hinblick auf die gegebene Identität bzw Nähe der beiderseitigen Dienstleistungen bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken strenge Maßstäbe anzulegen, muß sich die angegriffene Marke also in jeder Hinsicht deutlich von der älteren Marke unterscheiden, um eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.

Stellt man auf den Gesamteindruck ab, den die jüngere mehrgliedrige Wort-Bildmarke bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft, ist allerdings eine beachtliche - unmittelbare - Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke nicht zu besorgen.

Vergleicht man die Gesamtkombination aus verschiedenen Wort- und Bildelementen, die zusammen die jüngere Marke bilden, mit dem alleinstehenden Wort "Rosenhof" steht dies außer Frage. Auch wird der Gesamteindruck der jüngeren Marke ersichtlich nicht von dem mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Wort "ROSENHOF" in einer Weise geprägt, daß daneben die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (vgl ua BGH GRUR 2003, 880, 881 "City Plus"; GRUR 2004, 598, 599 "Kleiner Feigling"). Ungeachtet dessen, daß möglicherweise im klanglichen Gesamteindruck der Bildbestandteil zurücktritt, weil sich der Verkehr bei der mündlichen Markenwiedergabe in der Regel an den insoweit am einfachsten zu benennenden wörtlichen Zeichenteilen orientiert (vgl BGH GRUR 2002, 167, 169 "Bit/Bud"; GRUR 2002, 1067, 1069 "DKV/OKV"), steht dem hier entgegen, daß in der Marke außerdem auch das, zudem größenmäßig hervorgehobene, in seiner kennzeichnenden Wirkung mit dem Begriff "ROSENHOF" in etwa gleichgewichtige Wort "ROSENBLATT" enthalten ist (vgl BGH GRUR 1999, 52, 53 "EKKO BLEIFREI").

Des weiteren ist auch die von der Widersprechenden im Hinblick auf die Ähnlichkeit der Widerspruchsmarke mit dem Wortbestandteil "ROSENBLATT" geltend gemachte unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen und zwar bereits deswegen, weil dieser Wortbestandteil den Gesamteindruck der angegriffenen Marke ebenfalls nicht im dargelegten Sinn, unter Vernachlässigung der übrigen Zeichenelemente, prägt. Wenngleich die sonstigen Wortbestandteile, insbesondere "Ambulante Pflege", "SENIORENSITZ", "Stadthagen", größtenteils rein beschreibenden Charakter besitzen, kommt jedenfalls dem in seiner Kennzeichnungskraft mit der Bezeichnung "ROSENBLATT" vergleichbaren Wortbestandteil "ROSENHOF" eine mitprägende Bedeutung zu. Daß dieser Wortbestandteil deutlich kleiner als das optisch nach Größe und zentraler Anordnung dominierende Markenwort "RO-SENBLATT" gehalten ist, steht dem nicht entgegen. Denn der Zusatz "verbunden mit dem ROSENHOF SENIORENSITZ Stadthagen", vor allem aber das darin enthaltene, insoweit allein kennzeichnungskräftige Wort "ROSENHOF", welches zusammen mit der beschreibenden Angabe "SENIORENSITZ" durch die Wiedergabe in Versalien und größeren Lettern optisch herausgestellt ist, ist in der Gesamtmarke für den Verkehr hinreichend wahrnehmbar und kann damit auch eine herkunftshinweisende Funktion entfalten.

Abgesehen davon ist die Ähnlichkeit der Markenwörter "ROSENBLATT" und "Rosenhof", trotz der Übereinstimmung in ihrem Eingangswortbestandteil "RO-SEN-/Rosen-", aufgrund der durchgreifenden, sich auf den Gesamteindruck der Wörter nachhaltig auswirkenden klanglichen, schriftbildlichen und begrifflichen Abweichungen in den jeweils hinteren Wortteilen "-BLATT" und "-hof" zu gering, als daß selbst bei einem direkten Vergleich der beiden Wörter Kollisionen beachtlichen Umfangs zu befürchten wären. Ein Abstellen nur auf den gemeinsamen vorderen Wortbestandteil "Rosen-", unter Vernachlässigung der jeweils hinteren Wortteile, würde sich bei einem solchen Vergleich schon deswegen verbieten, weil in den sowohl sprachlich wie begrifflich einheitlichen Wortzusammensetzungen beiden Begriffselementen den jeweiligen Gesamteindruck mitprägende Bedeutung zukommt (vgl BGH GRUR 2004, 598, 599 "Kleiner Feigling").

Die Markenstelle hat jedoch im Ergebnis zutreffend die Gefahr eines gedanklichen Miteinanderin-Verbindungbringens der beiden Marken iSd § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bejaht. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke in dem ihren Gesamteindruck mitbestimmenden Wortbestandteil "ROSENHOF" identisch enthalten. Wenngleich die insoweit vorhandene Ähnlichkeit, welche auf der Übereinstimmung der Widerspruchsmarke mit einem die jüngere Marke lediglich mitprägenden Bestandteil beruht, nicht ausreicht, um eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu begründen, kann sich daraus jedoch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken ergeben.

Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, ob die jüngere Marke von den beteiligten Verkehrskreisen als ein von der Widerspruchsmarke "Rosenhof" abgewandeltes Serienzeichen aufgefaßt werden wird. Hiergegen spricht vor allem, daß die Widersprechende nach ihren eigenen Angaben den Verkehr nicht an eine entsprechende Zeichenserie mit dem Stammbestandteil "Rosenhof" oder an eine hiervon - begrifflich - abgewandelte "Rosen"-Zeichenserie gewöhnt hat, sondern sie als betrieblichen Herkunftshinweis für das betreffende Dienstleistungsangebot allein die Bezeichnung "Rosenhof" zusammen mit der Gattungsbezeichnung "Seniorenwohnanlagen" verwendet. Zu beachten ist jedoch, daß die Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung nicht auf den Tatbestand der sog mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienzeichenbildung beschränkt ist, sondern grundsätzlich auch andere Fallgestaltungen umfaßt. Allerdings kann das bloße Vorhandensein eines übereinstimmenden Wortbestandteils allein noch nicht die Annahme einer derartigen Verwechslungsgefahr rechtfertigen, zumal nicht die allgemeinen Grundsätze bei der Beurteilung markenrechtlicher Kollisionen durchbrochen werden dürfen und nach der Rechtsprechung die bloße gedankliche Assoziation für die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr nicht ausreicht (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr 18-21) "Sabel/Puma"). Maßgeblich ist vielmehr, ob die - als unterschiedlich erkannten - Marken wegen der Übereinstimmung in Teilbereichen oder aus anderen Gründen auf die Ursprungsidentität der betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen der Hersteller oder Anbieter schließen lassen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 505; EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr 16-18) "Sabel/Puma"; GRUR Int 1999, 734, 736 (Nr 17) "Lloyd"; GRUR 2002, 804, 806 (Nr 29-31) "Philips"; BPatG GRUR 2002, 438, 440 "WISCHMAX/Max"; PAVIS PROMA 27 W (pat) 226/02 "Ella May"). Eine solche Fallgestaltung liegt nach Auffassung des Senats hier vor, da weitere maßgeblich kollisionsfördernde Faktoren hinzukommen.

So ist das Markenwort "Rosenhof" zugleich das Schlagwort der widersprechenden Firma Der Rosenhof EBV Bauträger GmbH & Co. KG, welches ausweislich der von der Widersprechenden eingereichten Belege im Verkehr auch als solches benutzt wird, und stellt damit ein Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden gemäß § 5 Abs 2 Satz 1 MarkenG dar (vgl BGH GRUR 1991, 319, 321 " HURRI-CANE"; GRUR 1991, 317, 318 "MEDICE"; GRUR 1999, 155, 156 "DRIBECK's LIGHT").

Ferner spricht vor allem die Art der Markenbildung, insbesondere der sprachliche Kontext, in dem das Markenwort "ROSENHOF" in der jüngeren Marke steht, für die Annahme einer Verwechslungsgefahr im dargelegten Sinn. Die Formulierung "verbunden mit dem ROSENHOF SENIORENSITZ Stadthagen" bringt für die angesprochenen Verkehrsteilnehmer naheliegend zum Ausdruck, daß eine Verbindung zu dem Unternehmen mit dem Kennzeichen "ROSENHOF" besteht. Nachdem der Zusatz offenläßt, welcher Art die Verbindung ist, es sich also auch um eine rechtliche Verbindung handeln kann, zB in Form einer rechtlich unselbständigen Zweigstelle des Rosenhofs, ergibt sich aus der jüngeren Marke keineswegs zwangsläufig, daß das Unternehmen, welches unter dieser Marke einschlägige Dienstleistungen anbietet, von dem "ROSENHOF SENIORENSITZ Stadthagen" unabhängig und rechtlich selbständig ist. Deshalb ist nicht auszuschließen, daß der Verkehr in beachtlichem Umfang der Fehlvorstellung unterliegt, die unter den Vergleichsmarken angebotenen Dienstleistungen würden von demselben bzw unter der Kontrolle desselben Unternehmens erbracht, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Abgesehen davon kann der Zusatz auch als Hinweis auf eine wirtschaftliche oder organisatorische Verbindung zwischen den Inhabern der angegriffenen und der widersprechenden Marke verstanden werden und dementsprechend beim Verkehr den unzutreffenden, ebenfalls eine von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG erfaßte Verwechslungsgefahr begründenden Eindruck entstehen lassen, die unter den Marken angebotenen Dienstleistungen stammten aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen.

Die solchermaßen festgestellte Verwechslungsgefahr wird schließlich nicht durch den in der angegriffenen Marke der Bezeichnung "ROSENHOF SENIORENSITZ" angefügten lokalisierenden Zusatz "Stadthagen" ausgeschlossen. Da die Widerspruchsmarke "Rosenhof" keinen Hinweis auf den Sitz des Unternehmens bzw den Ort der Erbringung der für sie geschützten Dienstleistungen enthält und diese unter der Widerspruchsmarke grundsätzlich an unterschiedlichen Orten angeboten und erbracht werden können (was tatsächlich auch der Fall ist), ist es ohne weiteres möglich, daß das angesprochene Publikum die Ortsangabe Stadthagen - irrtümlich - auf den Sitz des Inhabers der Widerspruchsmarke oder den Ort, an dem einschlägige Dienstleistungen unter der Marke "Rosenhof" angeboten werden, bezieht.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Dr. Ströbele Dr. Hacker Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 20.07.2004
Az: 24 W (pat) 189/02


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