Oberlandesgericht Karlsruhe:
Beschluss vom 10. Januar 2006
Aktenzeichen: 12 W 136/04

(OLG Karlsruhe: Beschluss v. 10.01.2006, Az.: 12 W 136/04)

Haben die Vorzugsaktionäre ein Stimmrecht gemäß § 140 Abs. 2 AktG. kann bei der Bewertung der Vorzugsaktien ein Abschlag vom Wert der Stammaktien unter Umständen entfallen.

Im Spruchverfahren haben die Antragsteller keinen Anspruch auf Offenlegung geheimhaltungsbedürftiger Basistatsachen aus den Geschäftsunterlagen.

Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen 4, 5 und 6 und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 25.10.2004 - 24 AktE 2/00 - werden zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des gemeinsamen Vertreters im Beschwerdeverfahren.

3. Die Antragstellerinnen 4, 5 und 6 und die Antragsgegnerin tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren wird auf EUR 1.057.095,80 festgesetzt.

Gründe

Das Landgericht hat den für jede Vorzugsaktie der K. AG zu gewährenden Ausgleich in Höhe von 3 Stammaktien der A. AG um eine bare Zuzahlung erhöht und diese auf 6,38 EUR je Vorzugsaktie - verzinsbar ab 05.05.2000 - festgesetzt. Die Anträge auf Erhöhung der baren Zuzahlung als Ausgleich für den Verlust von K. - Stammaktien hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Landgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass Stammaktien und Vorzugsaktien der K. aufgrund von Besonderheiten im Verschmelzungszeitraum gleich zu bewerten waren und von einem Unternehmenswert pro Aktie von 76,67 EUR auszugehen sei. Hieraus ergebe sich der Zuzahlungsbetrag von 6,38 EUR. Der Umstand, dass nach dem Verschmelzungsvertrag, der für die Vorzugsaktionäre lediglich 70,29 EUR pro Aktie vorsehe, die Inhaber der K. - Stammaktien pro Aktie 82,69 EUR erhalten haben, schmälere den Ausgleichsanspruch der Inhaber der K. - Vorzugsaktien nicht, begründe für diese allerdings auch keinen Anspruch auf eine noch höhere Zuzahlung.

Im Beschwerdeverfahren streiten die Antragsteller und die Antragsgegnerin nur noch darüber, wie der Unternehmenswert der K. von rund 32,2 Mio. EUR auf die Vorzugsaktien und Stammaktien zu verteilen ist. Die Antragstellerinnen 4, 5 und 6 vertreten die Auffassung, dass bei der Vorzugsaktie eine höhere Zuzahlung angemessen sei, mindestens in Höhe von EUR 12,40 entsprechend der Bewertung der Stammaktie.

Die Antragsstellerinnen 4 und 6 führen im Wesentlichen aus, es gäbe keinen sachlichen Grund, die stimmrechtlosen Vorzugsaktien der K. anders zu behandeln als die Stammaktien. Für die Unternehmensbewertung sei auch der Börsenwert heranzuziehen, und nicht nur vom Ertragswert auszugehen. Im vorliegenden Falle komme noch hinzu, dass der Konzern R. AG sich als fast alleiniger Eigentümer der Stammaktien der bisherigen K. durch die Schlechtbehandlung der Vorzugsaktien in erster Linie selbst begünstigt habe.

Die Antragstellerin 5 führt aus, der Verzinsungsbeginn der Nachzahlung sei falsch gewählt. Vorliegend sei vom 24. März 2000 und damit dem Eintrag in das Handelsregister auszugehen. Der Börsenkurs habe nicht schon deshalb unberücksichtigt bleiben können, weil die übernehmende A. nicht börsennotiert gewesen wäre. Außerdem sei den Antragstellern nicht die Möglichkeit gegeben gewesen, die Arbeitspapiere der Verschmelzungsprüfer für die Ermittlung des Unternehmenswertes einzusehen.

Die Antragstellerin Ziffer 5 beantragt:

den Beschluss des Landgerichts Mannheim aufzuheben und die Höhe der angemessenen Barzuzahlung anderweitig (höher) festzusetzen.

Die Antragsteller Ziffer 4 und 6 und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre beantragen,

für den Umtausch des stimmrechtslosen Vorzugsaktien der bisherigen K. AG einen Ausgleich durch bare Zuzahlung zzgl. Zinsen nicht nur in Höhe von 6,38 EUR, sondern in Höhe von mindestens 12,40 EUR festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen 4, 5 und 6 zurückzuweisen und den Beschluss des Landgerichts Mannheim zu ändern und die Anträge auf gerichtliche (Neu -) Bestimmung einer baren Zuzahlung zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin führt aus, dass die Vorzugsaktie zur Stammaktie mit einem Abschlag von 15 % zu bewerten sei, weil die Vorzugsaktie eine andere Gattung als die Stammaktien bilde. Die Vorzugsaktie gewähre nur eine Vorzugs- oder Mehrdividende und gebe grundsätzlich kein Stimmrecht. Außerdem habe die Vorzugsaktie der K. 49 % unter der Stammaktie an der Börse notiert. Darüber hinaus sei für den Erwerb einer Vorzugsaktie entsprechend weniger als Kaufpreis gegenüber einer Stammaktie aufzuwenden gewesen. Zur Wertbestimmung sei insbesondere das so genannte Vergleichswertverfahren heranzuziehen. Auch danach ergebe sich mindestens ein Abschlag von 15 % der Vorzugsaktie zur Stammaktie. Es sei deshalb äußerst überraschend, dass der Sachverständige C. in seinem Gutachten das dem Vergleichsverfahren zugrunde liegende Heranziehen von DAX - Werten als zweifelhaft bezeichnet und festgestellt habe, dass es keine betriebswirtschaftlichen Regeln für die Wertrelation von Vorzugsaktien/Stammaktien gäbe. Der K. komme - wie unstreitig - insgesamt ein Unternehmenswert von EUR 32,2 Mio. zu, in dessen Höhe ihre Aktionäre Aktien der A. AG bekommen hätten. Rechne man die vom Landgericht zugesprochene Zuzahlung von EUR 6,38 je Vorzugsaktie hoch, ergäbe sich plötzlich - weil die Kompensation für die Stammaktionäre nicht mehr verringert werde könne - ein (gedachter) Wert der K. von über EUR 33,5 Mio. (216.000 Stammaktien x EUR 82,6913 + 204.000 Vorzugsaktien x 76,67 EUR). Die Antragsgegnerin müsse damit eine Zusatzleistung erbringen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Dadurch würde zu Unrecht ihr Gesellschaftsvermögen geschmälert, worin zugleich ein verfassungswidriger Eingriff in das gem. Art. 14 Abs. 1 GGG geschützte Eigentum ihrer Aktionäre einschließlich ihrer Minderheitsaktionäre liege. Dass Vorzugsaktien trotz Vorzugsdividende niedriger notierten als Stammaktien, erkläre sich in erster Linie damit, dass der Anleger ein dauerhaftes Stimmrecht, wie es die Stammaktie gewähre, höher bewerte als etwaige Vorzugs- und Mehrdividenden. Hieraus folge, dass für Vorzugsaktien wegen des fehlenden Stimmrechts immer ein Abschlag zu machen sei. Ein Anspruch auf Einsicht in die Arbeitspapiere bestehe schon deshalb nicht, weil diese auf den geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen aufbauten.

A.

Sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Eine Schlechterstellung der Vorzugsaktionäre in Höhe eines Abschlages von 15 % im Vergleich zu den Stammaktien, wie er im Prüfbericht des Verschmelzungsprüfers, der W., für angemessen angesehen worden ist, kommt nicht in Betracht. Die Antragstellerin kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich im vorliegenden Falle eine Minderbewertung der Vorzugsaktie schon daraus ergebe, dass der Vorzugsaktie - wie in der Regel - ein Stimmrecht fehle und Vorzugsaktien trotz der Gewährung von Mehr- oder Vorzugsdividenden an der Börse niedriger notierten. Diese Unterscheidung der Vorzugsaktie zur Stammaktie trifft zwar im Regelfall zu, wenn der Vorzugsaktie tatsächlich das Stimmrecht fehlt. Im vorliegenden Falle steht jedoch unstreitig fest, dass das Stimmrecht zum Zeitpunkt des Jahresabschlusses 1998 wegen Nichtzahlung der Dividende aufgelebt war (§ 140 Abs. 2 AktG). Die Stellung der Vorzugsaktionäre war in der Phase der Verschmelzung im zweiten Halbjahr 1999 damit derjenigen der Stammaktionäre voll vergleichbar. Hierin liegt der maßgebliche Grund dafür, dass eine Minderbewertung der Vorzugsaktie hier ausscheidet.

Zwar werden im Regelfall Vorzugsaktien an der Börse - so auch hier - im Vergleich zu Stammaktien geringer bewertet und gehandelt. Der sachliche Grund hierfür liegt aber nach den Ausführungen des Sachverständigen C. in der fehlenden Mitwirkung durch ein Stimmrecht wie bei der Stammaktie. Dieses Defizit besteht vorliegend nicht, weil den Vorzugsaktien der K. wegen fehlender Gewinnausschüttung bei der Verschmelzung ein temporäres Stimmrecht zustand.

Nach den auch den Senat überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen C. gibt es darüber hinaus keine festen Regeln für die Wertrelation von Stamm- und Vorzugaktien (siehe mündliche Ausführung des Sachverständigen AS 304). Auch nach der Auffassung von Peemöller (Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 2001, S. 461, Rn. 224) fehlt es ausgehend vom Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53 a AktG) an einem Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Vorzugsaktionäre zu den Stammaktionären. Danach gilt dies besonders für stimmrechtslose Aktien, also Vorzugsaktien, bei denen der Nachteil beim Stimmrecht durch einen Vorzug bei der Gewinnverteilung ausgeglichen wird. Solange aus Sicht der Beteiligten zwischen dem Vor- und dem Nachteil kein gravierendes Missverhältnis besteht, ist die Vorzugsaktie zum Zwecke der Abfindungsbemessung den Aktien mit Normalausstattung gleichzusetzen, d. h. ein entsprechender Abschlag für das fehlende Stimmrecht ist nicht zulässig (Peemöller, a.a.O.). Im vorliegenden Falle kommt hinzu, dass die Vorzugsaktien hier auch zum maßgeblichen Zeitpunkt über ein Stimmrecht verfügten, sodass ein Abschlag von 15 % nicht in Betracht kommt. Die Vergleichswertmethode stellt nur auf den notierten Börsenkurs der Stamm- zur Vorzugsaktie ab und berücksichtigt damit nicht den Umstand, dass die Vorzugsaktien hier über ein temporäres Stimmrecht verfügten. Die von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung (OLG Düsseldorf AG 1973, 282 und AG 2002, 398 2002 781 und OLG Köln ZIP 2001, 2049) betreffen jeweils Fälle, bei denen den Vorzugsaktien das Stimmrecht fehlte und sich deshalb ein Abschlag im Vergleich zum Wert der Stammaktie rechtfertigte.

Auch der Umstand, dass die Vorzugsaktien an der Börse niedriger als die Stammaktien (49 %) notierten und der Erwerbspreis für die Stammaktie damit höher lag, führt zu keiner anderen Beurteilung. Bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses ist von dem Grundgedanken auszugehen, dass den Anteilsinhabern der übertragenden Rechtsträger für den Verlust ihrer Anteile eine vermögensmäßig entsprechende Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger zu gewähren ist. Danach soll keinem Anteilsinhaber ein unbewusster Vor- oder Nachteil aus der Verschmelzung entstehen und jeder soll seinen bisherigen relativen Anteil an der Summe der verschmolzenen Vermögensmassen behalten (Luther a.a.O., § 5 Rn. 18). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist im Falle der temporär faktischen Gleichstellung von Vorzugs- und Stammaktionären, wenn wie hier beiden Aktiengattungen (§ 11 AktG) ein Stimmrecht zukommt, der höhere Börsenpreis der Stammaktien nicht der allein maßgebende und ausschlaggebende Gesichtspunkt bei der Bewertung. Hiervon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen. Denn das Stimmrecht der Stammaktien, die sich im Jahre 1999 noch auf dem freien Markt bzw. in Händen von Minderheitsaktionären befanden, war von ebenso begrenzter Bedeutung wie das temporäre Stimmrecht der Vorzugsaktien. Denn ausweislich des Verschmelzungsberichts (S. 16) hatte die R. E. AG schon im Zeitpunkt vom 01.11.1997 75,5 % der Stammaktien erworben und belief sich die Anzahl der freien Stammaktien auf nur ca. 3,5 % (Verschmelzungsbericht vom 12.10.1999; S. 29). Die Verschmelzungsprüfer sind in ihrem Bericht 12.10.1999 (S. 31) auf Grund der Tatsache, dass seit längerer Zeit kein Handel mit K. - Stammaktien am Markt stattgefunden hat, auch nicht von der Kursentwicklung von 49 % der K. - Stammaktie zu der K. - Vorzugsaktie ausgegangen, sondern hielten nur einen Wertabschlag von 15 % bei der niedriger notierten Vorzugsaktie für berechtigt. Ein Abschlag von 15 % kommt im vorliegenden Fall allerdings - wie ausgeführt - nicht Betracht, weil den Vorzugsaktionären zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Stimmrecht zustand.

Es liegt auch keine verfassungswidrige Benachteiligung der Aktionäre der Antragsgegnerin und damit ein verfassungswidriger Eingriff in das gem. Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum ihrer Aktionäre einschließlich ihrer Minderheitsaktionäre vor. Denn die Antragsgegnerin hat die Inhaber von Stammaktien auf der Grundlage des Verschmelzungsberichtes und des sich hieraus ergebenden Wertes für die Stammaktien von EUR 82,69 ausgeglichen, statt den zutreffenden Wert von nur EUR 76,67 pro Stammaktie anzusetzen. Die nicht gerechtfertigte Zusatzleistung ist alleine auf den Verschmelzungsvertrag zurückzuführen. Durch sachlich nicht berechtigte Leistungen an die Inhaber von Stammaktien kann jedoch ein Eingriff in die Rechte der Inhaber von Vorzugsaktien nicht gerechtfertigt werden.

B.

Sofortige Beschwerde der Antragsteller Ziffer 4, 5 und 6:

Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, in der Sache haben sie keinen Erfolg.

Das Umtauschverhältnis der Anteile der Vorzugsaktionäre, welches im Beschwerdeverfahren alleine noch im Streit ist, ist mit 3 Stammaktien der A. AG und einer baren Zuzahlung von EUR 6,38 je Vorzugsaktie angemessen bewertet und stellt einen vollen Wertausgleich für den Verlust ihrer Mitgliedschaft an der K dar (§§ 15 Abs. 1, 12 Abs. 2 UmwG). Der Senat teilt nach erneuter Überprüfung die Ausführungen des Landgerichts, dass die Vorzugsaktie mit einer baren Zuzahlung von 6,38 EUR auszugleichen ist.

Maßgeblich ist hierbei, dass nur der Gesamtwert des Unternehmens auf die Stamm- und Vorzugsaktionäre der zu übernehmenden AG zu verteilen ist. Der Unternehmenswert der K ist sowohl von den Gutachtern zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses, der P., als auch der Verschmelzungsprüferin, der W., und darüber hinaus auch von dem gerichtlichen Gutachter Dipl. - Kfm. C. jeweils mit (rund) 32,2 Mio. EUR ermittelt worden. Hierbei ist - so auch der gerichtliche Sachverständige - zutreffend von der Ertragswertmethode ausgegangen worden. Eine andere Bewertung durch Heranziehung der Börsenkurse der K. Aktien als Untergrenze kommt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil die Heranziehung des Börsenkurses gegen den Grundsatz der Methodengleichheit verstoßen würde. Denn im vorliegenden Fall gilt auch für das Verhältnis zwischen den Anteilsinhabern des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53 a AktienG). Dieser macht es notwendig, die Unternehmenswerte nach der gleichen Bewertungsmethode zu bewerten, um auf diese Weise eine Verzerrung der Umtauschrelationen zu vermeiden. Im vorliegenden Falle ist die A. und damit eine der verschmolzenen Gesellschaften nicht börsennotiert gewesen, sodass eine Heranziehung der Börsenkurse für die K. nicht in Betracht kommt, worauf schon das Landgericht zutreffend abgestellt hat (BayObLG ZIP 2003, 253; Hüffer, AktienG, 6. Auflage, § 305 Rn. 24j). Im Übrigen bringen die Antragstellerinnen nichts weiter gegen die einzelnen Bewertungsregeln der Ertragswertmethode in Bezug auf die beiden Unternehmensgruppen vor. Danach ist nach allen gutachterlichen Stellungnahmen, insbesondere auch des Sachverständigen C. von einem Unternehmenswert von (rund) 32,2 Mio. EUR auszugehen.

Den Antragstellern steht entgegen der Auffassung der Antragstellerin 5 auch kein Anspruch auf Vorlage weiterer Bewertungsunterlagen, insbesondere der von ihr erstmals im Beschwerdeverfahren angemahnten Arbeitspapiere der Verschmelzungsprüferin und des gerichtlichen Sachverständigen zu.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, dass die Antragsteller im Spruchverfahren keinen Anspruch auf Offenlegung geheimhaltungsbedürftiger Basistatsachen aus den Geschäftsunterlagen haben. Dies gilt auch nach § 7 Abs. 7 des im Beschwerdeverfahren geltenden Spruchgesetzes (§ 17 SpruchG). Danach steht der Herausgabe der Planungsunterlagen an die Antragsteller das Geheimhaltungsinteresse gem. § 7 Abs. 7 S. 2 SpruchG entgegen. Der Sachverständige C. hat in seinem zweiten Gutachten (S. 3) eingehend und auch den Senat überzeugend ausgeführt, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht absolut verständlich sei, wenn die Antragsgegnerin auf Geheimhaltung der detaillierten Planungsunterlagen bestehe. Der Sachverständige C. hat ausdrücklich versichert, alle Planunterlagen eingehend analysiert zu haben, und hat weiter ausweislich seiner Prüfung die Anlegung gleicher Maßstäbe bestätigt. Hiervon geht letztlich auch die Antragstellerin 5 aus (AS. 419).

Ein Anspruch auf Vorlage weiterer Unterlagen in Form von Arbeitspapieren besteht nicht. Zwar sind in der BT-Drucksache 15/371 zu § 7 SpruchG beispielhaft die Arbeitspapiere der Sachverständigen genannt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Antragsteller verlangen können, ihnen müssten sämtliche Unterlegen zugänglich gemacht werden, die der Sachverständige verwertet und in seinen Arbeitspapieren festgehalten hat. Das Gutachten soll neben den allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen (OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1503). Diese ist im vorliegenden Fall durch das gerichtliche Gutachten in ausreichendem Maße gewährleistet. Hinreichende Ausführungen dazu, warum die Antragstellerin 5 die Vorlage der Arbeitspapiere dennoch für notwendig erachtet, hat diese nicht gemacht, sodass es - unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin überhaupt einen förmlichen Antrag auf Vorlage der Arbeitspapiere gemäß § 7 SpruchG gestellt hat - an einem sachlichen Grund für die Vorlage und damit an einem begründeten Vorlagebegehren gemäß § 7 Abs. 2 SpruchG fehlt. Denn die herausverlangten Papiere müssen für die Entscheidung von Bedeutung und damit entscheidungsrelevant sein, was vom Antragsteller darzulegen und zu begründen ist (Kölner Komm., 1. Auflage, SpruchG, § 7 Rn. 39 und 57).

Die Vorlage der Arbeitspapiere ist aber auch deshalb entbehrlich, weil die Unternehmenswertermittlung in insgesamt 5 Gutachten von drei verschiedenen Sachverständigen im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargestellt und bestätigt worden ist, sodass es schon von daher keiner weiteren Sachverhaltserhebungen und Ermittlungen für die Unternehmensbewertung mehr bedarf.

Ausgehend von einem Unternehmenswert von 32,2 Mio. EUR und einem Gesamtaktienbestand von 420.000 Stamm- und Vorzugsaktien ergibt sich somit ein Unternehmenswert pro Aktie von 76,67 EUR, sodass die sofortigen Beschwerden auf eine höhere bare Zuzahlung für die Vorzugsaktien zurückzuweisen sind. Dass die Antragsgegnerin die Stammaktie mit EUR 82,69 bewertet hat, ist allein darauf zurückzuführen, dass die Antragsgegnerin sich an den Bericht des Verschmelzungsprüfers gehalten hat und von einem 15 %-igen Abschlag für die Vorzugsaktien ausgegangen ist. Der überhöhte Ausgleich der K. - Stammaktien gibt den Inhabern von K. - Vorzugsaktien jedoch kein Recht, ebenfalls einen überhöhten Ausgleich zu erhalten. Für einen solchen Vermögenszuwachs zu Lasten Dritter fehlt jede Rechtfertigung.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin 5 ist auch unbegründet, soweit sie einen früheren Verzugszeitpunkt für die Zinsen geltend macht. Der Verzinsungsbeginn ergibt sich aus § 15 Abs. 2 S. 1 UmWG. Danach beginnt die Verzinsung - wie vom Landgericht zutreffend angeführt - mit dem 05.05.2000, nämlich nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers als bekannt gemacht gilt. Gem. § 20 UmWG wird die Verschmelzung erst mit der Eintragung in das Register des Sitzes der übernehmenden Gesellschaft wirksam.

C.

Schuldnerin der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens ist die Antragsgegnerin (§§ 15 Abs. 2 S. 1, 17 Abs. 2 S. 2 SpruchG).

Die Entscheidung über die den Antragstellerinnen 4, 5 und 6 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten folgt aus §§ 17 Abs. 1, 15 Abs. 4 SpruchG. Im vorliegenden Fall entspricht es der Billigkeit, den Antragstellerinnen die für ihr unbegründetes Rechtsmittel entstandenen Kosten aufzuerlegen (Kölner Kommentar, 1. Auflage, SpruchG, § 17 Rn. 7 und § 15 Rn. 37 ff). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin beruht auf § 17 Abs. 1 SpruchG i. V. m. § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Danach sind einem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, die er durch die Einlegung eines unbegründeten Rechtsmittels veranlasst hat (so auch OLG Zweibrücken, ZIP 2004, 1666). Die Beschwerden der Antragstellerinnen und der Antragsgegnerin sind zudem wertmäßig gleich, sodass jeder Beteiligte die außergerichtlichen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen hat.

Die Entscheidung über die Kosten des gemeinsamen Vertreters ergibt aus § 6 Abs. 2 SpruchG. Eine Entscheidung über die in erster Instanz entstandenen Kosten ist dem Landgericht vorzubehalten (Kölner Kommentar, a.a.O., § 6 Rn 49).

D.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG, § 30 Abs. 1 KostO.






OLG Karlsruhe:
Beschluss v. 10.01.2006
Az: 12 W 136/04


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