Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 23. September 2004
Aktenzeichen: 6 U 184/03
(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 23.09.2004, Az.: 6 U 184/03)
Tenor
Die Berufung der Klägerin und Widerbeklagten gegen das am10.10.2003 verkündete Urteil der 12. Kammer für Handelssachen desLandgerichts Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,dass der Unterlassungsausspruch in dem Teil nach der Androhung derOrdnungsmittel und vor der Wiedergabe der konkreten Verletzungsformwie folgt gefasst wird:
€... zu unterlassen, Rechtsberatung auf dem Gebiet desMarkenrechts und/oder des § 12 BGB dadurch durchzuführen, dass siefür eines ihrer Mitglieder oder auf Veranlassung eines ihrerMitglieder gegenüber dem Mitglied rechtliche Stellungnahmen zurBegründetheit von im Rahmen von Beanstandungsschreiben(Abmahnschreiben) geltend gemachten Ansprüchen aus Markenrecht(ausgenommen §§ 127, 128 Markengesetz) und/oder § 12 BGB abgibt,insbesondere gemäß ...€.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zutragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf dieVollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,-- EURabwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitin gleicher Höhe leistet.
Beschwer der Klägerin: 50.000,-- EUR.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten € mit (für erledigt erklärter) negativer Feststellungsklage und auf Unterlassung gerichteter Widerklage € über die Befugnis der Klägerin zur Rechtsberatung.
Die beklagte Anwaltssozietät mahnte im Auftrag einer Mandantin die Firma A € GmbH wegen einer Werbeanzeige ab und hielt in ihrem Abmahnschreiben vom 22.01.2002 (Anlage B 1 / Bl. 181 ff. d.A.) der Firma A unter anderem vor, sie habe Firmen- und Namensrechte der Mandantin aus §§ 5 MarkenG, 12 BGB verletzt. Daraufhin wandte sich die Werbeagentur B pp., die die Anzeige im Auftrag der Fa. A konzipiert hatte, ratsuchend an die Klägerin, deren Mitglied sie ist. Die Klägerin antwortete der Werbeagentur mit Schreiben vom 28.01.2002 (Anlage B 4 / Bl. 161 f. d.A.), unterzeichnet von ihrem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Rechtsanwalt C, und erklärte unter Anführung rechtlicher Argumente, die Abmahnung sei aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt. Dabei führte die Klägerin unter anderem aus, nach ihrer Einschätzung sei (auch) eine Verletzung des Markenrechts und des Namensrechts zu verneinen. Die Beklagte, der die Stellungnahme der Klägerin durch die Fa. A übermittelt worden war, forderte nunmehr die Klägerin mit Schreiben vom 05.02.2002 (Anlage K 1 / Bl. 9 ff. d.A.) dazu auf, mitzuteilen, aufgrund welcher Umstände sich die Klägerin für berechtigt halte, Rechtsberatung wie in dem Schreiben vom 28.01.2002 zu betreiben. Hierbei legte die Beklagte dar, dass nach ihrer Auffassung ein klarer Verstoß gegen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes vorliege. Die Klägerin antwortete mit Anwaltsschreiben vom 11.02.2002 (Anlage K 4 / Bl. 117ff. d.A.), in dem sie einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz aus Rechtsgründen in Abrede stellte und die Beklagte aufforderte, die in deren Abmahnung gegenüber der Klägerin liegende Berühmung fallenzulassen.
Die Beklagte leitete gegen die Klägerin ein einstweiliges Verfügungsverfahren ein. Nach Zurückweisung ihres Eilantrags durch das Landgericht erließ der Senat im Beschwerdeverfahren durch Beschluß vom 12.07.2002 € 6 W 36/02 € (Bl. 193 ff. d.A.) die beantragte einstweilige Verfügung, durch die der Klägerin untersagt wurde, Rechtsberatung auf dem Gebiet des Markenrechts und/oder des § 12 BGB dadurch durchzuführen, dass sie rechtliche Stellungnahmen zur Begründetheit von im Rahmen von Beanstandungsschreiben (Abmahnschreiben) geltend gemachten Ansprüchen aus Markenrecht und/oder § 12 BGB abgibt. In der Begründung dieser Beschwerdeentscheidung führte der Senat im Hinblick auf Art. 1 § 7 RBerG aus, dass eine Rechtsberatung auf dem Gebiet des Markenrechts und des § 12 BGB nicht zu den in der Satzung beschriebenen Aufgaben der Klägerin zähle. Ansprüche aus Marken- und aus Namensrecht, die stets Individualinteressen beträfen, seien von den durch § 13 Abs. 2 UWG (a.F.) erfassten wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen, auf die sich die satzungsgemäße Bestimmung des Vereinszwecks beziehe, zu unterscheiden.
Die ersten beiden Absätze in § 2 der Satzung der Klägerin (Anlage K 2 / Bl. 13 ff.) lauteten ursprünglich wie folgt:
(1) Der Verein dient der Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 UWG und des § 13 AGB-Gesetz und hat den Zweck, durch Beteiligung an der Rechtsforschung sowie durch Aufklärung und Belehrung zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs beizutragen und, ggf. im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspflege, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Der Verein kann diesen Zweck auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland verfolgen.
(2) Der Verein erstattet Gutachten, insbesondere gegenüber Gerichten und Behörden. In Wettbewerbsstreitfällen ist möglichst eine gütliche Einigung herbeizuführen und zwar durch Abmahnung oder die Anrufung der Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten bei den Industrie- und Handelskammern. Der Verein kann außerdem Zivilprozesse führen, Strafanträge stellen und Strafanzeigen erstatten. Der Vereinszweck wird auch dadurch verwirklicht, dass der Verein monatlich eine Zeitschrift €Der Wettbewerb€ für seine Mitglieder und die Öffentlichkeit zur Unterrichtung über alle im wettbewerbsrechtlichen Bereich bedeutsamen Gesetzesänderungen, Rechtsentwicklungen und Gerichtsentscheidungen herausgibt, und dass der Verein ferner an einer wissenschaftlichen Zeitschrift mitwirkt.
In der Mitgliederversammlung der Klägerin vom 14.05.2003 wurde die Satzung geändert; die ersten beiden Absätze des § 2 wurden wie folgt gefasst (Bl. 255 ff. d.A.):
(1) Der Verein dient der Förderung gewerblicher Interessen in den Bereichen des Wettbewerbsrechts, des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts, des gewerblichen Firmen- und Namensrechts, des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie des für die Wirtschaft maßgeblichen Verbraucherschutzrechts. Insbesondere dient er der Förderung gewerblicher Interessen im Sinn der die Klagebefugnis regelnden Bestimmungen des UWG, des UklaG, des Markengesetzes, des GWB sowie sonstiger die Klagebefugnis regelnden Bestimmungen in wettbewerbsbezogenen Gesetzen. Der Verein hat den Zweck, durch Beteiligung an der Rechtsforschung sowie durch Aufklärung, Belehrung und Rechtsberatung zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs und eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs beizutragen und, ggf. im Zusammenwirken mit den zuständigen Stellen der Rechtspflege, unlautere, Markt verzerrende, das geistige Eigentum beeinträchtigende und wettbewerbswidrige Maßnahmen zu bekämpfen. Der Verein kann diesen Zweck auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland verfolgen.
(2) Die Satzungszwecke werden insbesondere verwirklicht durch die Erstattung von Gutachten, Rechtsberatung sowie die Vermittlung von Informationen zu Fragen des lauteren Geschäftsverkehrs. In streitigen Fällen ist möglichst eine gütliche Einigung herbeizuführen, und zwar durch Abmahnung oder die Anrufung von Stellen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten, hierzu gehören z.B. die Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten bei den Industrie- und Handelskammern, oder durch Streit schlichtende Maßnahmen. Der Verein kann Zivilprozesse führen, Strafanträge (§ 301 Abs. 2 Strafgesetzbuch) stellen und Strafanzeigen erstatten. Der Vereinszweck wird auch dadurch verwirklicht, dass der Verein Publikationen für seine Mitglieder und die Öffentlichkeit zur Unterrichtung über alle im Satzungsbereich bedeutsamen Rechtsgrundlagen, Gesetzesänderungen, Rechtsentwicklungen und Gerichtsentscheidungen herausgibt, Seminare und sonstige Fortbildungsmaßnahmen veranstaltet und dass der Verein an wissenschaftlichen Zeitschriften mitwirkt.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin zunächst negative Feststellungsklage erhoben, gerichtet auf die Feststellung, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, ein Verhalten zu unterlassen, wie es mit dem Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 (Anlage K 1) beanstandet worden ist. Die Beklagte hat daraufhin die Klägerin im Wege der Widerklage auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sodann hat die Klägerin ihre negative Feststellungsklage in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
Wegen des weiteren Vorbringens im ersten Rechtszug einschließlich der genauen Fassung des Widerklageantrags wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil (Bl 287 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die (auf Feststellung der Erledigung gerichtete) Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, Rechtsberatung auf dem Gebiet des Markenrechts und/oder des § 12 BGB dadurch durchzuführen, dass sie rechtliche Stellungnahmen zur Begründetheit von im Rahmen von Beanstandungsschreiben (Abmahnschreiben) geltend gemachten Ansprüchen aus Markenrecht und/oder § 12 BGB abgibt, insbesondere gemäß dem nachstehend einkopierten Schreiben der Klägerin vom 28.01.2002 an die B & € GmbH (folgt die Kopie des Schreibens vom 28.01.2002).
Zur Begründung hat das Landgericht dargelegt, dass die Klägerin durch die beanstandete Tätigkeit € trotz der inzwischen vorgenommenen Satzungsänderung € gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße. Den Streitgegenstand der Widerklage hat das Landgericht dahingehend umrissen, dass es lediglich um die Zulässigkeit einer €Abwehrberatung€ durch die Klägerin gehe, bei der die Klägerin angesichts einer Abmahnung, mit der auch Ansprüche aus Marken- und Namensrecht reklamiert wurden, im Rahmen ihrer rechtlichen Beratung gegenüber ihrem Mitglied auch zu den marken- und namensrechtlichen Anspruchsgrundlagen und Gesichtspunkten Stellung nehme. Weiter hat das Landgericht ausgeführt, auch wenn man der Klägerin grundsätzlich die Befugnis zur Rechtsberatung zugestehe, so finde diese Befugnis nach der aus den §§ 13 Abs.2 Nr.2 UWG (a.F.), 33 Satz 2 GWB, 3 Abs.1 Nr.2 UklaG, 128 MarkenG ersichtlichen Wertung des Gesetzgebers jedenfalls dort ihre Grenze, wo sie im Rahmen der Abwehrberatung in Bereiche eindringe, innerhalb derer schützenswerte Belange der Allgemeinheit oder der Mitbewerber nicht berührt würden und es (lediglich) um die Verfolgung von Individualinteressen gehe. Für die Abwehr solcher die Individualinteressen betreffender Ansprüche seien die Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen nicht geschaffen. Auch wenn man unterstelle, dass es sich bei der Klägerin um eine auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigung oder Stelle handele, so könne sie das Privileg des Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich im Rahmen ihres Aufgabenbereichs halte, der sich nach ihren berufsständischen (oder ähnlichen) Zielen richte. Diesen Rahmen habe die Klägerin mit der beanstandeten Beratungstätigkeit verlassen. Durch das ausgesprochene Verbot werde die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 9 Abs. 1 und 12 GG verletzt.
Wegen der weiteren Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit ihrer Berufung hält die Klägerin daran fest, dass kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliege. Es fehle bereits an einer geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, da keine substantielle Rechtsberatung stattgefunden habe. Vielmehr habe die Klägerin unentgeltlich und rein gefälligkeitshalber gegenüber einem Mitglied eine Rechtsauffassung wiedergegeben. Auch handele es sich hier nicht um eine fremde Rechtsangelegenheit, da Verein und Mitglied eine Einheit bildeten. Aber selbst wenn man hier eine Rechtsberatung bejahe, sei diese gemäß Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG erlaubnisfrei zulässig. Maßgebend sei, auch im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG, der von der Vereinigung sich selbst gegebene Aufgabenbereich, der nicht wie in der angefochtenen Entscheidung eingeschränkt werden dürfe, zumal sich die Sachbefugnis der Verbände nach neuem Recht (§ 8 Abs.3 Nr.2 UWG) auch auf Verstöße beziehe, die die Individualinteressen einzelner Mitbewerber beträfen. Schließlich führe aber jedenfalls die verfassungsrechtlich gebotene (Art. 2 Abs.1, 12 Abs.1 GG) restriktive Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des Gesetzes und in Anbetracht der rechtsberatenden Kompetenz des Verfassers des Schreibens vom 28.01.2002 dazu, einen Verstoß im vorliegenden Fall zu verneinen. Im übrigen sei der der Klägerin zur Last gelegte Rechtsverstoß nicht geeignet, im Sinne von § 3 UWG (n.F.) den Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen. Es handele sich um einen rein internen singulären Vorgang ohne Nachahmungsgefahr.
Weiter meint die Klägerin, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung über die Klage verkannt, dass die in dem Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 liegende Berühmung weit über den späteren Widerklageantrag hinausgegangen sei. Die Beklagte habe der Klägerin generell das Recht abgesprochen, gegenüber ihren Mitgliedern rechtsberatend tätig zu werden. Diese weitergehende Berühmung habe die Beklagte dann mit Erhebung der enger formulierten Widerklage fallen lassen.
Schließlich hat die Klägerin beanstandet, auch der Widerklageantrag sei noch zu weit, weil er die Beratung von Nichtmitgliedern miterfasse und die Ausnahme des §€128 MarkenG nicht berücksichtige.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. festzustellen, dass die Klage der Klägerin und Widerbeklagten in der Fassung des Feststellungsbegehrens sich erledigt hat,
2. die Widerklage der Beklagten und Widerklägerin abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass im Unterlassungsausspruch nach den Worten €dadurch durchzuführen, dass sie€ als Einschub die Worte folgen: €für eines ihrer Mitglieder oder auf Veranlassung eines ihrer Mitglieder gegenüber dem Mitglied€, sowie mit der weiteren Maßgabe, dass im Anschluss an die Worte €Ansprüche aus Markenrecht€ der Einschub erfolgt: €(ausgenommen §§ 127, 128 Markengesetz)€.
Die Klägerin hat hierin eine Teilklagerücknahme gesehen, dieser zugestimmt und insoweit Kostenantrag gemäß § 269 Abs. 3 ZPO gestellt.
Die Beklagte tritt der Berufung entgegen, verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht, an dem Vorliegen einer Rechtsberatung könne kein Zweifel bestehen. Bei dem Schreiben der Klägerin vom 28.01.2002 habe es sich sogar ausschließlich um rechtliche Beratung, nämlich um die Erteilung einer konkreten Rechtsauskunft, gehandelt. Im übrigen habe sich die Klägerin, insbesondere durch die entsprechende Änderung ihrer Satzung, ausdrücklich berühmt, auf dem Gebiet des Marken- und Namensrechts rechtsberatend tätig werden zu dürfen. Die hier im Streit stehende Rechtsberatung durch die Klägerin sei unzulässig. Bei der Klägerin handele es sich schon nicht um eine berufsständische oder berufsstandsähnliche Vereinigung im Sinne von Art. 1 § 7 RBerG. Eine Rechtsberatungsbefugnis der Klägerin ergebe sich auch nicht als eine Art €Annex€ aus der ihr im Interesse der Allgemeinheit eingeräumten Klagebefugnis. Zumindest aber umfasse der der Klägerin allenfalls zuzugestehende Aufgabenkreis nicht das Recht der Kennzeichnungen und das Namensrecht und insbesondere keine Abwehrberatung.
Zur Fassung des Widerklageantrags trägt die Beklagte vor, dass eine Beratung von Nichtmitgliedern außerhalb der im erstinstanzlichen Hilfsantrag konkret umschriebenen Konstellation nie Gegenstand ihres Unterlassungsbegehrens gewesen sei. Auch habe ihr Unterlassungsbegehren eine Beratung wegen des Schutzes geographischer Herkunftsangaben (§§ 126 ff. MarkenG) von vornherein ersichtlich nicht erfasst.
Schließlich habe das Landgericht auch die Klage zu Recht abgewiesen, zumal die negative Feststellungsklage zu unbestimmt gewesen sei und das Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 keine Berühmung enthalten habe.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil war unter Einbeziehung der in den Widerklageantrag zur Klarstellung aufgenommenen Ergänzungen zu bestätigen.
Die Widerklage ist begründet. Nach dem Inkrafttreten des neuen UWG am 8. Juli 2004 ergibt sich der Unterlassungsanspruch der Beklagten, der ursprünglich aus § 1 UWG a.F. begründet war, aus den §§ 3, 4 Nr.11, 8 Abs.1 und 3 Nr.1 UWG.
Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 28.01.2002 unerlaubte Rechtsberatung auf dem Gebiet des Markenrechts und des § 12 BGB betrieben (Art. 1 § 1 RBerG). Neben der dadurch begründeten Wiederholungsgefahr besteht aufgrund der Satzungsänderung vom 14.05.2003 auch eine entsprechende Erstbegehungsgefahr. Denn in der neu gefassten Satzung hat die Klägerin die Rechtsberatung ausdrücklich zu einem ihrer Vereinszwecke erklärt und sie hat in ihren auf die Förderung gewerblicher Interessen bezogenen Wirkungskreis neben den Bereichen des Wettbewerbsrechts und des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nun auch die Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts und des gewerblichen Firmen- und Namensrechts einbezogen.
Eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gemäß Art. 1 § 1 RBerG liegt dann vor, wenn konkrete fremde Rechtsangelegenheiten unmittelbar gefördert werden, was durch Rechtswahrnehmung gegenüber Dritten, aber auch durch eine Rechtsberatung im Innenverhältnis geschehen kann (vgl. Chemnitz / Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Auflage, Art.1 § 1 Rdnr. 61 f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Klägerin hat der Werbeagentur B in einem konkreten Einzelfall rechtlichen Rat erteilt. Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlt es hier insbesondere nicht an einer €substantiellen Rechtsberatung€.
Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. WRP 2003, 1103, 1105 f. m.w.N. € Erbenermittler), die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung trägt, zu berücksichtigen, dass die Erlaubnispflicht nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG grundsätzlich für alle geschäftsmäßigen Tätigkeiten gilt, die darauf gerichtet und geeignet sind, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung kann angesichts dessen, dass nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und daher eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgestellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine abwägende Beurteilung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich bei ihm um Rechtsbesorgung oder um eine Tätigkeit handelt, die ohne Beeinträchtigung ihrer Qualität oder der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und der zu ihrer Aufrechterhaltung benötigten Rechtsberater auch von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann. Dabei sind die öffentlichen Belange, die den Erlaubnisvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes rechtfertigen, gegen die Berufsfreiheit desjenigen abzuwägen, dem wegen des Fehlens einer entsprechenden Erlaubnis die Vornahme bestimmter Handlungen untersagt werden soll. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, ob der Auftraggeber im Rahmen der Geschäftsbesorgung eine besondere rechtliche Prüfung des Inhalts des Geschäfts oder der mit diesem verbundenen Risiken ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet. Die dementsprechende Erwartung richtet sich im Zweifel nach der Person und der Qualifikation des Geschäftsbesorgers, nach den verkehrstypischen Gepflogenheiten und nach den objektiven Maßstäben des jeweiligen Geschäfts. Eine nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung liegt vor, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Tätigkeit eine umfassende Beratung auf mindestens einem Teilgebiet des Rechts auf der Grundlage von Kenntnissen und Fertigkeiten erfordert, die durch ein Studium oder durch langjährige Berufserfahrung vermittelt werden. Dem stehen solche Tätigkeiten wirtschaftlicher Art gegenüber, bei denen eine besondere rechtliche Prüfung weder verkehrsüblich noch im Einzelfall offensichtlich geboten noch auch vom Auftraggeber ausdrücklich gewünscht ist, sondern die notwendige rechtliche Betätigung in für die angesprochenen Verkehrskreise so geläufigen Bahnen verläuft, dass sie nicht mehr als ein Handeln auf dem Gebiet des Rechts empfunden wird.
Im vorliegenden Fall führt eine Anwendung der eben angesprochenen Abgrenzungskriterien nicht aus dem Verbotsbereich des Rechtsberatungsgesetzes heraus. Vielmehr geht es hier um eine rein juristische Tätigkeit, die nicht mit einer kaufmännischen Hilfstätigkeit zusammenhängt. Die Werbeagentur B hatte ausweislich der als Anlage B 7 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Rechtanwalts C (Bl. 271 f. d.A.) die Klägerin im Hinblick auf das Abmahnschreiben der Beklagten vom 22.01.2002 per Telefax um kurzfristige rechtliche Prüfung der beanstandeten Werbeanzeige gebeten. Die Anfrage zielte somit allein auf eine juristische Tätigkeit der Klägerin, nämlich auf die Bewertung eines Sachverhalts anhand rechtlicher Kategorien. Auch die durch die Satzungsänderung begründete Begehungsgefahr erstreckt sich auf Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes. Eine Beschränkung auf eine im jeweiligen Einzelfall im Zusammenhang mit anderen (wirtschaftlichen) Aktivitäten stehende, untergeordnete Beratungstätigkeit kann der Neufassung des § 2 der Satzung nicht entnommen werden.
Des weiteren bezieht sich die durch das Schreiben vom 28.01.2002 und die Satzungsänderung begründete Begehungsgefahr auf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Die Klägerin besorgt eine fremde Rechtsangelegenheit auch dann, wenn sie sich der Angelegenheit eines Vereinsmitglieds annimmt. Das Mitgliedschaftsverhältnis lässt das Tatbestandsmerkmal €fremd€ nicht entfallen. Dies erschließt sich bereits aus Art.1 § 7 RBerG. Denn diese Ausnahmevorschrift wäre entbehrlich, wenn ein Verein durch die Beratung eines Vereinsmitglieds im Rahmen seines Aufgabenbereichs eine eigene Rechtsangelegenheit besorgen würde (vgl. Henssler / Prütting € Weth, BRAO, 2. Auflage, Art.1 § 7 RBerG, Rdnr. 2).
Auch die Geschäftsmäßigkeit der Rechtsbesorgung ist gegeben. Der Begriff der Geschäftsmäßigkeit erfordert eine Tätigkeit, bei der der Handelnde beabsichtigt, sie € sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit € in gleicher Art zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen (Chemnitz / Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Auflage, Art.1 § 1 Rdnr. 102 m.w.N.). Eine Wiederholungsabsicht in diesem Sinne erschließt sich jedenfalls aus der Satzungsänderung, die die Klägerin vorgenommen hat. Aber auch unabhängig davon ist es offensichtlich, dass die Klägerin immer wieder mit Anfragen eines Mitglieds konfrontiert werden kann, die auf der Grundlage eines konkreten Sachverhalts marken- oder namensrechtliche Rechtsfragen betreffen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich dann € abweichend von ihrer Reaktion auf die Anfrage der Werbeagentur B € einer Rechtberatung zu Fragen des Marken- und Namensrechts enthalten werde.
Wie weiter unten noch näher auszuführen sein wird, rechtfertigen auch die an Artt. 2 Abs.1, 12 Abs.1 GG zu messenden Besonderheiten des konkreten Falles keine Verneinung des Tatbestandsmerkmals €geschäftsmäßig€.
Der Erlaubnistatbestand gemäß Art.1 § 7 RBerG greift nicht zugunsten der Klägerin ein. Nach der genannten Vorschrift sind auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs befugt, ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten zu gewähren, ohne über eine Erlaubnis gemäß Art.1 § 1 RBerG zu verfügen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, ob es sich bei der Klägerin um eine Vereinigung handelt, die auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildet ist.
Eine auf berufsständischer Grundlage errichtete Vereinigung stellt die Klägerin allerdings schon deshalb nicht dar, weil es an einer Verbundenheit der Vereinsmitglieder bei der Wahrnehmung beruflicher Standesinteressen fehlt (vgl. hierzu BGH, GRUR 2004, 253, 254 € Rechtsberatung durch Automobilclub). Bei der Klägerin kann gemäß § 3 (1) der Satzung jede natürliche und juristische Person sowie Personenvereinigung Mitglied werden. Eine berufsstandsähnliche Vereinigung i.S.v. Art.1 § 7 RBerG liegt dann vor, wenn die Vereinigung auf der Grundlage der gleichen oder ganz ähnlichen wirtschaftlichen oder sozialen Stellung ihrer Mitglieder zur Wahrnehmung der für diese Stellung bezeichnenden wirtschaftlichen oder sozialen Interessen gebildet worden ist (BGH, GRUR 1986, 79, 80 € Mietrechtsberatung; GRUR 2004, 253, 254 € Rechtsberatung durch Automobilclub). Auch die Erfüllung dieser Anforderungen ist fraglich, zumal die Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs und eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs als solche noch keine Zielsetzung erkennen lässt, die einem vom Allgemeininteresse klar abgrenzbaren Gruppeninteresse entspricht.
Andererseits mögen § 8 Abs.3 Nr.2 UWG und vergleichbare gesetzliche Bestimmungen, die Wettbewerbsverbänden wie der Klägerin eine eigene Klagebefugnis einräumen, auch eine gewisse Befugnis zu rechtlicher Beratung voraussetzen, soweit der betreffende Verband auf Veranlassung eines Mitglieds tätig werden soll. Außerdem kann durch eine Anlehnung an § 8 Abs.3 Nr.2 UWG (und die Parallelvorschriften in anderen wettbewerbsbezogenen Gesetzen) ein hinreichend klar abgrenzbarer Interessenbereich eines klagebefugten Verbandes festgelegt werden. Wenn sich auf diesem Wege ein über die Interessen des Einzelnen hinausgehendes Gruppeninteresse umreißen lässt, das von einer Bündelung gleichliegender Einzelinteressen zu unterscheiden ist, so würde dies nach Art.1 § 7 Abs.1 des Entwurfs eines Rechtsdienstleistungsgesetzes (Anlage BK 2 / Bl. 499 ff. d.A.) bereits ausreichen. Die angesprochene Bestimmung im Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums (RDG-E) lautet auszugsweise: €Beruflichen oder anderen zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründeten Vereinigungen sind Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs erlaubt, soweit sie gegenüber der Wahrung gemeinschaftlicher Interessen nicht von übergeordneter Bedeutung sind ...€.
Ob indessen durch eine Anlehnung an die Gesetzesbestimmungen zur Klagebefugnis und den dort umschriebenen Aufgabenbereich auch die Voraussetzungen für das Vorliegen einer berufsstandsähnlichen Vereinigung gemäß dem derzeit noch geltenden Art. 1 § 7 RBerG erfüllt werden können, bleibt fraglich, muss hier aber auch nicht entscheiden werden. Denn die beanstandete Beratungstätigkeit der Klägerin hält sich jedenfalls nicht im Rahmen des Aufgabenbereichs der Klägerin im Sinne von Art.1 § 7 RBerG.
Nachdem die Klägerin § 2 ihrer Satzung wie dargestellt geändert hat, ergibt sich das Handeln außerhalb des Aufgabenbereichs allerdings nicht mehr, wie noch im einstweiligen Verfügungsverfahren, aus einer Überschreitung der in der Satzung selbst gesetzten Befugnisse. Entscheidend ist jetzt vielmehr, ob die Klägerin ihre satzungsgemäßen Befugnisse wie geschehen ausweiten und hierdurch ihren Aufgabenbereich im Sinne von Art.1 § 7 RBerG vergrößern und auf die hier angegriffene Beratungstätigkeit erstrecken konnte. Diese Frage ist in Übereinstimmung mit der ausführlich und zutreffend begründeten Einschätzung des Landgerichts, der sich der Senat in vollem Umfang anschließt, zu verneinen.
Die Klägerin ist, von der aus §§ 127 f. MarkenG ersichtlichen Ausnahme abgesehen, nicht berechtigt, auch auf dem Gebiet des Namens- und des Markenrechts rechtsberatend tätig zu sein. Festzuhalten ist zunächst, dass ein Verein seine Befugnis zur Rechtsberatung durch eine Ausweitung seiner satzungsgemäßen Aufgaben nicht beliebig ausweiten kann. Vielmehr ist eine (der Satzung entsprechende) Rechtsberatung nur zulässig, wenn sie sich als eine auf das Gebiet der Rechtsbesorgung übergreifende Teilaufgabe des gesamten Tätigkeitsbereichs der berufsständischen oder berufsstandsähnlichen Vereinigung darstellt, also Mittel zur Erreichung des Gesamtzwecks der Vereinigung ist (vgl. BGH, NJW 1982, 1882, 1883; Chemnitz / Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Auflage, Art.1 § 7 Rdnr. 695; Henssler / Prütting € Weth, BRAO, 2. Auflage, Art.1 § 7 RBerG, Rdnr. 33). Durch die Satzung kann somit nicht einfach eine Rechtsberatung der Mitglieder zur Aufgabe der Vereinigung erklärt werden, ohne dass hierfür nach den berufsständischen bzw. berufsstandsähnlichen Zielen der Vereinigung ein ausreichender Anlass besteht (vgl. BGH, a.a.O.).
Eine Umschreibung der berufsständischen bzw. berufsstandsähnlichen Ziele der Klägerin stößt allerdings aus eben den Gründen auf Schwierigkeiten, die oben bei der Frage, ob es sich bei der Klägerin überhaupt um eine berufsstandsähnliche Vereinigung handele, bereits angesprochen wurden. Hält man der Klägerin im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der berufsstandsähnlichen Vereinigung die aus § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG und den entsprechenden Parallelvorschriften ersichtliche Aufgabenzuordnung zugute und erschließt aus dieser Aufgabenzuordnung eine Rechtsberatungsbefugnis, so sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Klagebefugnis von Wettbewerbsverbänden auch maßgebend für die Bestimmung der Grenzen dieser Rechtsberatungsbefugnis. Hat sich somit der Aufgabenbereich der Klägerin i.S.v. Art.1 § 7 RBerG an der ihr nach dem Gesetz eingeräumten Klagebefugnis auszurichten, so kann eine rechtsberatende Tätigkeit im Hinblick auf namens- und markenrechtliche Ansprüche (ausgenommen §§ 127 f. MarkenG) diesem Aufgabenbereich nicht mehr zugeordnet werden.
Zwischen Ansprüchen aus Namens- und Markenrecht (ausgenommen §§ 127 f. MarkenG) einerseits und solchen Ansprüchen, für die die Klägerin klagebefugt ist, andererseits, besteht kein hinreichend enger Zusammenhang. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren (Beschluß vom 12.07.2002 € 6 W 36/02) ausgeführt, dass Ansprüche aus Marken- und aus Namensrecht, die Individualinteressen betreffen, von den durch § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs.2 UWG a.F.) erfassten wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen zu trennen sind. Soweit die Klägerin die Tauglichkeit dieser Abgrenzung mit dem Argument in Frage zu stellen versucht, nach dem neuen UWG bestehe die Klagebefugnis der Klägerin auch bei wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen, die allein der Durchsetzung von Individualinteressen dienten, kann ihr nicht gefolgt werden. Vielmehr ist auch nach der Neufassung des UWG die Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbandes nur dann gegeben, wenn der Wettbewerbsverstoß zugleich Interessen anderer Marktteilnehmer oder das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb berührt (vgl. Baumbach / Hefermehl-Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 8 UWG Rdnr. 3.5 f.; Harte/Henning-Bergmann, UWG, § 8 Rdnr. 259 f.; s.a. zum alten Recht: BGH, GRUR 1998, 417, 418 € Verbandsklage in Prozessstandschaft). Soweit nach neuem Recht die Klagebefugnis eines Verbandes voraussetzt, dass die Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder berührt, sind damit die kollektiven Mitgliederinteressen angesprochen. Im übrigen besteht auch die Verbandsklagebefugnis gemäß § 128 Abs.1 MarkenG gerade deshalb, weil durch eine unbefugte Benutzung geographischer Herkunftsangaben nicht nur die Interessen der Berechtigten, sondern auch das Allgemeininteresse berührt wird (vgl. Ingerl / Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, §€128 Rdnr. 4 und 7). Dementsprechend berechtigt die Funktion als Wettbewerbsverband die Klägerin nicht zu einer rechtsbesorgenden Tätigkeit auf dem Gebiet des Namensrechts und des individuelle Rechte schützenden Markenrechts.
Insoweit besteht auch keine €Annexkompetenz€ der Klägerin, deren Umfang und Grenzen ohnehin nicht in einer den Anforderungen der Rechtssicherheit genügenden Art und Weise bestimmt werden könnten. Hiervon abgesehen beinhaltete zwar das Schreiben der Klägerin vom 28.01.2002 eine Rechtsberatung unter markenrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Aspekten, wobei die wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkte im Vordergrund standen. Die zwischenzeitliche Neufassung des § 2 der Satzung hat aber eine (Erst-) Begehungsgefahr geschaffen, die sich nicht nur auf die Wahrnehmung einer vermeintlichen €Annexkompetenz€ bezieht.
Bei der mit dem Unterlassungsbegehren erfassten Tätigkeit geht es außerdem um eine Beratung zur Anspruchsabwehr. Auch in dieser Hinsicht entfernt sich das beanstandete Verhalten von dem der Klägerin durch die Verbandsklagebefugnis eröffneten Tätigkeitsfeld. Dabei handelt es sich hier nicht um eine Beratung im Vorfeld einer beabsichtigten Werbemaßnahme, die je nach dem Ergebnis der rechtlichen Überprüfung auch dazu dienen könnte, einen Rechtsverstoß von vornherein zu unterbinden. Vielmehr betrifft die der Klägerin zu untersagende Beratungstätigkeit die Reaktion auf eine Abmahnung. Insoweit tritt ein möglicherweise im Interesse des lauteren Wettbewerbs liegender Präventionszweck (trotz der bestehenden Wiederholungsgefahr) hinter dem Rechtsverteidigungsinteresse des betroffenen Mitglieds zurück, das als solches dem Aufgabenbereich eines Wettbewerbsverbandes nach Maßgabe des Art. 1 § 7 RBerG nicht zugeordnet werden kann. Aber auch wenn man die Befugnis der Klägerin zur Beratung eines potentiellen Unterlassungsschuldners nicht auf eine Beratung im Vorfeld beschränken will, so darf sich eine Abwehrberatung jedenfalls nicht auf Ansprüche erstrecken, die außerhalb des durch die Verbandsklagebefugnis umrissenen, insbesondere das Wettbewerbsrecht betreffenden, Aufgabengebiets der Klägerin liegen.
Eine Rechtsberatung, wie sie Gegenstand des Unterlassungsantrags ist, ist der Klägerin somit gemäß Art.1 § 1 RBerG verboten. Durch diese Beschränkung ihrer Handlungsmöglichkeiten wird die Klägerin nicht in ihren Grundrechten verletzt.
In ihrer Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 GG wird die Klägerin nicht berührt, da ihr Recht auf Entstehen und Bestehen nicht in Frage steht. Für ihre Beteiligung im Rechtsverkehr und die ihr insoweit zustehenden Befugnisse kann die Klägerin aus Art. 9 GG nichts herleiten, weil dieses Grundrecht einem gemeinsam verfolgten Zweck keinen weitergehenden Schutz vermittelt als einem individuell verfolgten (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1251).
Auch in ihrer Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs.1 Satz 2 GG) und in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs.1 GG) wird die Klägerin nicht verletzt.
Hierbei kann offenbleiben, ob die Klägerin Grundrechtsträgerin gemäß Art. 12 GG ist, was allerdings zweifelhaft erscheint, weil das Schutzgut des Art. 12 GG bei einer juristischen Person in der Freiheit zu sehen ist, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann; dabei muss zu den satzungsmäßigen Zwecken die Führung eines Geschäftsbetriebs gehören (vgl. BVerfGE 65, 196, 209 f.; 74, 129, 148 f.; 97, 228, 253; großzügiger allerdings BVerwG, JZ 1995, 94 f.). Sofern Art. 12 GG nicht anwendbar sein sollte, ist die Klägerin aber jedenfalls durch Art. 2 Abs.1 GG geschützt.
Während eine Grundrechtsverletzung auf der Grundlage des für die Entscheidung im Eilverfahren maßgebend gewesenen Sachverhalts schon deshalb fernlag, weil die Eingrenzung des Wirkungskreises bereits aus der eigenen Satzung der Klägerin folgte, ergibt sich nach der Satzungsänderung das hier in Rede stehende Verbot der Rechtsberatung allein aus der Auslegung und Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, die nicht zur Disposition der Klägerin stehen. Gleichwohl wird die Klägerin in ihren Grundrechten nicht verletzt, weil es sich bei der ihr auferlegten Einschränkung ihrer Handlungsmöglichkeiten um eine durch die legitimen Zwecke des Rechtsberatungsgesetzes gebotene, die Klägerin nicht übermäßig belastende und insgesamt verhältnismäßige Beschränkung handelt.
Das Rechtsberatungsgesetz dient dem Schutz der Rechtssuchenden und der geordneten Rechtspflege. Ein weiterer Schutzzweck des Gesetzes, nämlich der Schutz des Anwaltsstandes, kann hingegen nur bedingt als ein für Art. 12 GG bedeutsames Gemeinwohlinteresse angesehen werden. Denn Schutz vor Wettbewerb ist als solcher kein legitimes Ziel. Geschützt ist der Anwaltsstand lediglich insofern, als eine existenzfähige Anwaltschaft für eine funktionierende Rechtspflege benötigt wird ( vgl. BVerfG, GRUR 1998, 556, 560; Henssler / Prütting € Weth, BRAO, 2. Auflage, Einleitung zum RBerG, Rdnr. 7 ff.).
Aus dieser Schutzzweckbestimmung lässt sich aber nicht ableiten, dass der Klägerin Rechtsberatung auf dem Gebiet des Marken- und Namensrechts schon deshalb erlaubt sein müsse, weil sie oder jedenfalls der Verfasser des Schreibens vom 28.01.2002, Herr Rechtsanwalt C, die Gewähr für eine ausreichend qualifizierte Beratung biete. Bei der Anwendung des RBerG kann im Interesse der Rechtssicherheit nicht auf eine gewisse Verallgemeinerung und Typisierung verzichtet werden. Deshalb kommt es auf die Qualifikation des Rechtsberaters im konkreten Einzelfall grundsätzlich nicht an. Selbst eine juristische Person, die die von ihr geschuldete Beratungsleistung ausschließlich durch Rechtsanwälte erbringt, bleibt dem Erlaubniszwang nach dem RBerG unterworfen, sofern es sich nicht um eine Gesellschaft gemäß Art.1 § 3 Nr.2 RBerG handelt (vgl. BGH, WRP 2003, 374, 376 € Anwalts-Hotline).
Im übrigen kann aber auch bei einer einzelfallbezogenen, die Beratungskompetenz der Klägerin berücksichtigenden, Betrachtungsweise nicht davon ausgegangen werden, dass der Schutz des Rechtssuchenden hier ausreichend gewährleistet sei. Ein Rechtsuchender kann eine von Drittinteressen unabhängige Rechtsberatung erwarten, die auf die Wahrnehmung seiner eigenen Interessen im konkreten Fall ausgerichtet ist. Die Klägerin ist demgegenüber allgemein dem Interesse an der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verpflichtet. Gerade in dem Bereich der €Abwehrberatung€, um den es hier geht, ist die Gefahr eines Interessengegensatzes nicht von der Hand zu weisen.
Der während des Berufungsverfahrens ergangene Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29.07.2004 € 1 BVR 737/00 € (NJW 2004, 2662 f.) gibt keinen Anlass für eine von den bisherigen Ausführungen abweichende Beurteilung des vorliegenden Falles. Das Bundesverfassungsgericht hat die Annahme einer geschäftsmäßigen Rechtsberatung durch die mit der Sache befassten Instanzgerichte in einem Fall beanstandet, der eine unentgeltliche Rechtsbesorgung durch einen berufserfahrenen Juristen betraf. Eine vergleichbare Konstellation ist hier nicht gegeben. Ferner sind hier auch die Voraussetzungen der gemäß § 6 Abs.1, 2 RDG-E vorgesehenen Neuregelung nicht erfüllt, nach der unentgeltliche Rechtsdienstleistungen auch außerhalb des sozialen Nahbereichs erlaubt sein sollen, wenn sie durch einen Volljuristen erbracht werden.
Denn im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der Unentgeltlichkeit der Rechtsberatung. Eine unentgeltliche, aus altruistischen Gründen geleistete Rechtsberatung kann nur dann angenommen werden, wenn die Beratungsleistung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht (vgl. auch § 6 Abs.1 RDG-E). Dem entspricht die Beratung eines (beitragspflichtigen) Vereinsmitglieds nicht, auch wenn für die Beratung als solche keine gesonderte Vergütung berechnet wird.
Der Verstoß der Klägerin gegen Art. 1 § 1 RBerG begründet einen Unterlassungsanspruch der Beklagten, die im Hinblick auf das Angebot juristischer Beratungsleistungen mit der Klägerin in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis steht. Der Anspruch folgt aus §§ 3, 4 Nr.11, 8 Abs.1 und 3 Nr.1 UWG. Bei dem Erlaubniszwang des RBerG handelt es sich nicht nur um eine Marktzutrittsregelung, sondern zugleich um eine Regelung des Marktverhaltens im Interesse der Marktteilnehmer, so dass die Voraussetzungen des § 4 Nr.11 UWG erfüllt sind (vgl. Baumbach / Hefermehl € Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, §€4 UWG Rdnr. 11.63; Harte / Henning € v. Jagow, UWG, § 4 Nr.11, Rdnr. 115; s.a. zum alten Recht: BGH, WRP 2003, 1103, 1107 € Erbenermittler). Auch die Eignung zu einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs gemäß § 3 UWG ist in Anbetracht der bedeutenden Funktion und großen Mitgliederzahl der Klägerin sowie im Hinblick auf den Rang der durch das RBerG geschützten Interessen gegeben. Der Einwand der Klägerin, bei dem Schreiben vom 28.01.2002 handele es sich nur um einen rein internen singulären Vorgang ohne Nachahmungsgefahr, ist nicht tragfähig, wie die zwischenzeitliche Satzungsänderung belegt.
Das Landgericht hat auch zu Recht die Klage abgewiesen. Eine Erledigung der Hauptsache ist insoweit nicht eingetreten, da die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage von Anfang an unbegründet war.
Der Klägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass die negative Feststellungsklage einen weiteren Streitgegenstand gehabt habe als die Widerklage. Dabei kommt es nicht darauf an, welcher Ansprüche sich die Beklagte möglicherweise berühmt hat. Maßgebend ist vielmehr der von der Klägerin formulierte negative Feststellungsantrag, und zwar auch dann, wenn er die etwaige Anspruchsberühmung der Beklagten nicht in vollem Umfang erfasst haben sollte. Die Klägerin hat nicht etwa die in dem Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 vorgetragenen Argumente für einen Verstoß gegen das RBerG einzeln aufgegriffen und zum Gegenstand ihres Feststellungsbegehrens gemacht. Der ursprüngliche Klageantrag war vielmehr auf die Feststellung gerichtet, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, ein Verhalten zu unterlassen, wie es mit dem Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 beanstandet worden ist. Bei dem beanstandeten Verhalten handelte es sich um das Schreiben der Klägerin vom 28.01.2002. Der negative Feststellungsantrag betraf daher lediglich die Frage, ob das Schreiben vom 28.01.2002 wegen eines Verstoßes gegen das RBerG im Ergebnis unzulässig war oder nicht. Damit stellte er das Spiegelbild einer auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Unterlassungsklage dar.
Die € über den Streitgegenstand der Widerklage nicht hinausgehende € negative Feststellungsklage war unbegründet, wie sich aus den Ausführungen zur Widerklage ergibt.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die im Termin vor dem Senat vorgenommene Konkretisierung des Widerklageantrags beinhaltete keine teilweise Antragsrücknahme. Das Widerklagebegehren beschränkte sich, wie seine Auslegung unter Berücksichtigung der Anspruchsbegründung ergibt, von vornherein auf rechtliche Stellungnahmen, die die Klägerin für ein Mitglied oder auf Veranlassung eines Mitglieds abgibt. Auch bezog sich die Widerklage von Anfang an erkennbar nur auf eine Rechtsberatung im Zusammenhang mit der Abwehr von Ansprüchen aus individuellen Marken- oder Namensrechten, zu denen Unterlassungsansprüche aus §€127 MarkenG nicht gehören. Aber auch wenn eine teilweise Zurücknahme des Widerklageantrags (bzw. eine verdeckte Teilabweisung durch das Landgericht) anzunehmen wäre, so hätte sie ein so geringes Gewicht, dass sie eine Kostenquotelung nicht rechtfertigen könnte (§ 92 Abs.2 Nr.1 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, weil die entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung und Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes grundsätzliche Bedeutung haben (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 23.09.2004
Az: 6 U 184/03
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