Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 201/99
(BPatG: Beschluss v. 11.05.2000, Az.: 25 W (pat) 201/99)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung MONOSEPT ist am 9. Mai 1996 für
"Präparate zur Desinfektion und Pflege von Weichlinsen, auch in Kombinationspackungen"
in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. August 1996.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, seit 1954 für
"Entkeimungs- und Entwesungsmittel (Desinfektionsmittel)"
eingetragenen Marke 660 624 MANUSEPT.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke schon im Verfahren vor der Markenstelle des Patentamts bestritten und die Nichtbenutzungseinrede auch nach Vorlage von Glaubhaftmachungsunterlagen für eine Benutzung der Widerspruchsmarke für "Händedesinfektionsmittel" aufrechterhalten. Im Beschwerdeverfahren hat die Widersprechende ergänzende Benutzungsunterlagen eingereicht.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 3. Mai 1999 durch einen Beamten des höheren Dienstes den Widerspruch wegen mangelnder Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke zurückgewiesen.
Das Bestehen einer Verwechslungsgefahr könne dahinstehen, weil auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke eine Benutzung nicht glaubhaft gemacht worden sei. Zwar sei die eidesstattliche Versicherung nach Form und Inhalt durchaus als persönliche Erklärung zu werten, jedoch schließe sie angesichts der lediglich als Anlage beigefügten Umsatzzahlen weder eine verwertbare Angabe zum Umfang noch im übrigen irgendwelche Aussagen zur Art der Benutzung im Fünfjahreszeitraum vor Veröffentlichung der angegriffenen Marke ein. Auch bei unterstellter Benutzung für dann lediglich noch zu berücksichtigende "Körperdesinfektionsmittel" könnte der Widerspruch unter Berücksichtigung möglicher Warenidentität und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keinen Erfolg haben, zumal der gemeinsame Wortbestandteil "sept" wegen seines beschreibenden Charakters als Hinweis auf "septisch", "Antiseptika" und damit auf die Zweckbestimmung der Waren wie auch der häufigen Verwendung in Drittzeichen nicht Grundlage einer Verwechslungsgefahr sein könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle vom 3. Mai 1999 aufzuheben, die Verwechslungsgefahr zu bejahen und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Um den von der Markenstelle geäußerten Zweifeln hinsichtlich der Glaubhaftmachung der Benutzung zu begegnen, werde eine neue eidesstattliche Versicherung vom 6. Januar 2000 nebst weiteren Unterlagen eingereicht. Es bestehe aber auch keine Verwechslungsgefahr. Da die Waren identisch, zumindest aber unbedenklich ähnlich seien, müßten strenge Anforderungen an den Markenabstand gestellt werden, den die angegriffene Marke nicht einhalte. Bei gleicher Buchstaben- und Silbenzahl unterschieden sich die Marken lediglich in den Vokalen "oo" / "au", die jedoch klangverwandt und wegen des dunklen Charakters fast nicht zu unterscheiden seien. Die von der Markenstelle genannten Begriffsanklänge könnten die Verwechslungsgefahr nicht mindern, da sie zum einen nicht erkannt würden und zum anderen wegen der klanglichen Gemeinsamkeiten nicht zum Tragen kämen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Darüber hinaus hat sie sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache noch zu den von der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren eingereichten Glaubhaftmachungsunterlagen geäußert.
Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die von der Widersprechenden eingereichten Benutzungsunterlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobene Widerspruch ist von der Markenstelle im Ergebnis zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen worden. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Widersprechende hat auf die nach § 43 Abs 1 MarkenG mögliche und bereits im Verfahren vor der Markenstelle erhobene Nichtbenutzungseinrede jedenfalls durch die im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für "Handdesinfektionsmittel" nach Zeit, Art und Umfang hinreichend glaubhaft gemacht (§ 26 Abs 1 MarkenG). Da die Widerspruchsmarke bei der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 10. August 1996 länger als fünf Jahre eingetragen war, hatte die Glaubhaftmachung der Benutzung sowohl für den Zeitraum des § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der jüngeren Marke, als auch für den Zeitraum nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG von fünf Jahren vor der hier maßgeblichen Beschwerdeentscheidung (vgl hierzu BGH MarkenR 2000, 97, 98 reSp - Contura) zu erfolgen (vgl zur kumulativen Anwendbarkeit von § 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG: BGH GRUR 1998, 938 ff "DRAGON"; MarkenR 1999, 297, 298 "HONKA" mwN). Die von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen, insbesondere die in der eidesstattlichen Versicherung vom 6. Januar 2000 für die Jahre 1991 bis einschließlich 1997 angegebenen Umsätze, erfassen beide maßgeblichen Zeiträume in ausreichender Weise, da eine für die Rechtserhaltung erforderliche Benutzung nicht den gesamten Fünfjahreszeitraum ausfüllen muß (vgl zB BGH MarkenR 1999, 297, 298 reSp - HONKA mwN).
Die Widersprechende hat eine Benutzung ihrer Marke für "Handdesinfektionsmittel" durch die in der eidesstattlichen Versicherung vom 6. Januar 2000 selbst eingeklebten Etiketten, auf der die Widerspruchsmarke wiedergegeben ist, auch der Art und - hinsichtlich der ebenfalls in dieser eidesstattlichen Versicherung genannten Umsätze zwischen ... DM (1997) und ... DM (1992) - dem Umfang nach hinreichend glaubhaft gemacht und damit zugleich die in dem angefochtenen Beschluß der Markenstelle insoweit erhobenen Bedenken ausgeräumt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die im Verfahren vor der Markenstelle eingereichten Unterlagen mangels ausdrücklicher Bezugnahmen zwingend als unzureichend beurteilt werden mußten (zur Würdigung aller Glaubhaftmachungsunterlagen als im Zusammenhang stehend vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 43 Rdn 31 mwN; BPatGE 38, 102, 104 "bonjour").
Danach ist auf Seiten der Widerspruchsmarke zunächst von ohne weiteres unter den im Warenverzeichnis enthaltenen Oberbegriff "Entkeimungs- und Entwesungsmittel (Desinfektionsmittel)" zu subsumierenden "Handdesinfektionsmitteln" auszugehen, § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG. Auch wenn die Widersprechende nach ständiger Rechtsprechung (vgl BPatG GRUR 1980, 54 "Mastu"; GRUR 1995, 488 "APISOL/Aspisol" sowie allgemein zur Integrationsfrage BGH GRUR 1990, 39 "TAURUS" in einem Löschungsverfahren mit Anmerkung von Heil) nicht auf dieses spezielle Produkt festgelegt werden kann, umfassen die insoweit noch zu berücksichtigenden Waren jedenfalls nicht mehr die "Präparate zur Desinfektion und Pflege von Weichlinsen, auch in Kombinationspackungen" der angegriffenen Marke.
Zwar mögen die sich danach gegenüberstehenden Waren insoweit, als es sich auf beiden Seiten um "Desinfektionsmittel" handelt, keinen großen Warenabstand aufweisen. Die Präparate zur Desinfektion von Weichlinsen, wie insbesondere Kontaktlinsen (Augenhaftschalen), sind jedoch dazu bestimmt, die Kunststofflinsen nach dem Herausnehmen von zumeist körpereigenen Protein- und Liquidablagerungen zu befreien. Sie richten sich damit unmittelbar auf Gegenstände, die - anders als bei den auf Seiten der Widerspruchsmarke angesichts der konkret benutzten Einzelware "Handdesinfektionsmittel" lediglich berücksichtigungsfähigen Desinfektionsmittel - nicht unmittelbar am oder im menschlichen Körper anzuwenden sind. Wegen der danach hinsichtlich des Anwendungszwecks und der Verwendungsweise bestehen Unterschiede kann davon ausgegangen werden, daß sich die Marken jedenfalls nicht mehr auf identischen Produkten begegnen können. So findet sich auch in der Hauptgruppe 33 "Desinfizientia/Antiseptika" der Roten Liste 2000, in der mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Produkte aufgeführt sind (Nr 33 011 und Nr 33 034), kein einziges Präparat zur Pflege und Desinfektion von Weichlinsen bzw Kontaktlinsen.
Der Senat geht von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "MANUSEPT" aus. Auch wenn insbesondere Fachleute mit entsprechenden Fach- und Sprachkenntnissen aufgrund der Sinnanklänge in "MANU-" (lat. "manus" = Hand) und "-SEPT" ("septisch" = nicht keimfrei bzw "aseptisch" = keimtötend, keimfrei oder auch "Antiseptika") einen Hinweis darauf erhalten, daß es sich bei dem derart gekennzeichneten Produkt um ein Mittel zur Desinfektion der Hände handelt, ergibt sich hieraus keine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Gesamtbezeichnung. Denn im Hinblick auf die im Bereich pharmazeutischer Erzeugnisse bestehende Übung, Marken in der Weise zu bilden, daß einzelne Bestandteile Indikation, Art der Zusammensetzung, Wirkung und dergleichen zumindest für Fachleute eindeutig erkennen lassen (vgl BGH GRUR 1998, 815, 817 - Nitrangin), erscheinen die entsprechenden Wortelemente in der Widerspruchsmarke noch hinreichend phantasievoll zusammengefügt.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände reichen die Abweichungen der Markenwörter in ihren jeweiligen Anfangsbestandteilen aus, um die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG in jeder Hinsicht noch hinreichend sicher auszuschließen.
In klanglicher Hinsicht stimmen die Bezeichnungen "MONOSEPT" und "MANU-SEPT" zwar in dem zweiten Wortbestandteil "-SEPT", der Silbenzahl sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus überein und weisen auch den gleichen Konsonantenbestand auf. Von Bedeutung ist jedoch, daß die Übereinstimmung in dem Markenbestandteil "-SEPT" bei der Beurteilung des jeweiligen Gesamteindrucks und der Markenähnlichkeit nicht so stark ins Gewicht fällt, wie dies bei einem reinen Phantasiebestandteil der Fall wäre. Dieser Bestandteil weist - wie ausgeführt - gerade im Zusammenhang mit Desinfektionsmitteln deutlich auf warenbeschreibende Begriffe wie "septisch, aseptisch, Antiseptika" und somit auf die Wirkung solcher Produkte hin. Aufgrund der Silbengliederung bleibt dieser Wortteil in seiner warenbeschreibenden Bedeutung auch ohne weiteres in den Marken erkennbar.
Das Wortelement "-SEPT" wird als Endbestandteil auch in einer großen Anzahl von Drittmarken verwendet. So sind im Markenregister 352 entsprechend gebildete Kennzeichen, davon allein 307 in der Klasse 5, eingetragen. Auch wenn von diesen Marken tatsächlich nicht alle benutzt werden, kann die Drittzeichenlage schon für sich genommen nicht gänzlich unbeachtet bleiben (vgl dazu BGH GRUR 1967, 246, 250 reSp aE "Vitapur" sowie MarkenR 1999, 57, 59 "Lions"). Entgegen den noch weiterreichenden Schlußfolgerungen des Bundesgerichtshofs in den genannten Entscheidungen führt dies nach Auffassung des Senats nicht unbedingt zu einer Kennzeichnungsschwäche der Gesamtbezeichnung (vgl auch Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 121 aE), hat aber die Auswirkung, daß der Übereinstimmung in dem warenbeschreibenden Endbestandteil weniger Bedeutung für die Verwechslungsgefahr zukommt und die Abweichungen in den vorangehenden Markenteilen "MONO-" bzw "MANU-", wenngleich auch insoweit Bedeutungsanklänge vorhanden sind, ein vergleichsweise stärkeres Gewicht erlangen, zumal Wortanfänge ohnehin regelmäßig stärker als die übrigen Markenteile beachtet werden (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 "Indorektal/Indohexal").
Diese Anfangsbestandteile weichen hinsichtlich ihrer Vokale "-O-O" bzw "-A-U-" deutlich voneinander ab. Dies führt auch insgesamt zu ausreichend verschiedenen - für den klanglichen Gesamteindruck besonders bedeutsamen (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 82 mwN) - Vokalfolgen und Klangbildern der Marken. Dies beruht im wesentlichen darauf, daß die Vokale des einen Bestandteils in dem jeweils anderen nicht vorkommen und zum anderen in "MONO" eine Wiederholung desselben Vokals vorliegt, während in "MANU" zwei unterschiedliche Vokale enthalten sind. Unter diesen besonderen Gegebenheiten kommt dem Umstand, daß die Vokale der Anfangsbestandteile üblicherweise den sogenannten "dunklen" Vokalen zugerechnet werden, hier keine erhebliche verwechslungsfördernde Bedeutung zu. Die genannten Abweichungen führen auch unter angemessener Berücksichtigung des gemeinsamen weiteren Wortelements "-SEPT" im Gesamteindruck zu einem zur Verneinung der Verwechslungsgefahr noch ausreichenden Abstand der Marken.
Im schriftbildlichen Vergleich ist unter den genannten Umständen ein Auseinanderhalten der Marken in allen üblichen Wiedergabeformen aufgrund der figürlichen Abweichungen zwischen den Vokalen in den jeweiligen Wortanfängen "MONO-" und "MANU-" ebenfalls gewährleistet. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort. Zudem treten auch im Schriftbild gerade die Unterschiede in den ohnehin regelmäßig stärker als die übrigen Markenteile beachteten Anfangsbestandteilen besonders hervor.
Schließlich wirken sich auch die unterschiedlichen Bedeutungsanklänge gerade in den besonders beachteten Anfangsbestandteilen "MONO-" (einzig, einzeln, einfach, Ein-) und "MANU-" (lat. "manus" = Hand, manuell = mit der Hand) in beachtlichem Umfang zusätzlich verwechslungsmindernd aus. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die genannten Begriffe nicht nur von Fachleuten, sondern zum Teil auch von Endverbrauchern aufgrund der üblichen allgemeinen Verwendung dieser Ausdrücke, insbesondere von "Mono", in der Regel erkannt werden.
Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.
Kliems Engels Brandt Pü
BPatG:
Beschluss v. 11.05.2000
Az: 25 W (pat) 201/99
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