Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 81/04
(BPatG: Beschluss v. 07.02.2007, Az.: 29 W (pat) 81/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke 398 09 590 BITTY BABY wurde am 20. Mai 1998 eingetragen für die Waren der Klassen 16, 26 und 28
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder; Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln; künstliche Blumen; Spiele, Spielzeug, insbesondere Puppen; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck".
Die Eintragung wurde veröffentlicht am 20. Juni 1998.
Dagegen wurde Widerspruch erhoben aus der älteren Wortmarke 752 213 Wittiedie seit 24. August 1961 eingetragen ist für die Waren der Klasse 28
"Spielwaren".
Der Widerspruch richtet sich nur gegen die Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Puppen; Christbaumschmuck" der jüngeren Marke.
Mit Beschluss vom 2. Mai 2001 hat die Markenstelle für Klasse 16 die jüngere Marke teilweise, nämlich für die Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Puppen" gelöscht und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass sich die Vergleichszeichen, soweit die Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Puppen" der jüngeren Marke den "Spielwaren" der Widerspruchsmarke gegenüberstünden, auf identischen oder sehr ähnlichen Waren begegnen könnten. Bezüglich der Ware "Christbaumschmuck" bestehe ebenfalls Warenähnlichkeit. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die jüngere Marke werde durch ihren Bestandteil "BITTY" geprägt, da der Bestandteil "BABY" als beschreibender Bestandteil schutzunfähig sei. Zwischen "BITTY" und "Wittie" bestehe klangliche Verwechslungsgefahr, da der Unterschied in den klangschwachen konsonantischen Anlauten "W" und "B" nicht ausreiche, ein sicheres Auseinanderhalten zu gewährleisten.
Hiergegen hat die Markeninhaberin Erinnerung eingelegt und im Erinnerungsverfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat eine eidesstattliche Erklärung des Leiters ihrer Marketingabteilung vom 19. Dezember 2001 mit Angaben zu den Umsätzen der Jahre 1997 bis 2001 sowie die Kopie einer Katalogseite vorgelegt, die neben anderen Abbildungen die Abbildung einer Stoffeule mit der Bezeichnung "Wittie" zeigt, außerdem die Kopie eines Anhängers einer Spielfigur mit u. a. dem Aufdruck "Wittie".
Mit Beschluss vom 27. Januar 2004 hat die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts die Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen. Sie ist dabei aufgrund der vorgelegten Unterlagen von einer rechtserhaltenden Benutzung für Spieltiere ausgegangen und hat im Übrigen den Erstbeschluss bestätigt.
Gegen die Teillöschung hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren "Spielwaren" nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die vorgelegten Unterlagen bezögen sich nur auf eine Plüscheule und enthielten keinen Nachweis nach Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung. Auch deckten sie nicht den gesamten relevanten Zeitraum ab. Im Übrigen bestehe zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr. "BITTY" präge die jüngere Marke nicht. Der Bestandteil "BABY" sei keine beschreibende Angabe und trete daher im Gesamteindruck nicht zurück.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Mai 2001 und vom 27. Januar 2004 aufzuheben.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat weitere Benutzungsunterlagen vorgelegt und trägt vor, dass die angegriffene Marke durch "BITTY" geprägt werde. "BABY" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen lediglich als Hinweis darauf aufgefasst, dass unter der Bezeichnung "BITTY" eine Babyfigur vertrieben werde. "BITTY" und "Wittie" unterschieden sich nur durch die klangschwachen Anfangskonsonanten, deren Unterschiede bei der klanglichen Wiedergabe nicht zum Tragen kämen.
Die Widersprechende hat an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen. Dort hat der der Vertreter der Markeninhaberin Zweifel an der eidesstattlichen Versicherung vom 11. Januar 2007 geäußert sowie die Auffassung vertreten, der vorgelegte Katalog lasse nicht erkennen, ob er aus dem erforderlichen Fünfjahreszeitraum stamme.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die jüngere Marke zu Recht für die Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Puppen" gelöscht. Für die im Bereich der Identität und engster Ähnlichkeit liegenden Waren hält sie den erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein (§§ 9 Abs. Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr., 43 Abs. 2 S. 1 MarkenG).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2006, 60 ff. - Rn. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859 ff. - Rn. 16 - Malteserkreuz).
1. Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten. Die Widerspruchsmarke ist seit dem 24. August 1961 eingetragen und damit mehr als fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 20. Juni 1998 (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Damit ergeben sich als relevante Benutzungszeiträume die Zeit vom 20. Juni 1993 bis zum 20. Juni 1998 sowie die Zeit vom 7. Februar 2002 bis 7. Februar 2007.
1.1. Die ernsthafte Benutzung einer Marke im Inland i. S. v. § 26 MarkenG liegt vor, wenn sie im Rahmen einer normalen wirtschaftlichen Betätigung eingesetzt wird, d. h. durch Handlungen, die nach einem objektiven Maßstab verkehrsüblich und wirtschaftlich angebracht sind. Hierbei hat die Beurteilung der Glaubhaftmachung verfahrensorientiert und ohne erfahrungswidrige Überspannung zu erfolgen. Allerdings muss sich der Widersprechende Mängel der Glaubhaftmachung zurechnen lassen. Dies gilt auch für solche Angaben, die zwar gewisse Ansatzpunkte für eine Benutzung enthalten, infolge ihrer Unstimmigkeit oder Lückenhaftigkeit aber noch Zweifel offen lassen, die ausschließlich zu Lasten der Widersprechenden gehen (Ströbele/ Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 43 Rn. 31). Glaubhaft zu machen sind alle maßgeblichen Umstände für eine ernsthafte Benutzung nach Art, Zeit, Ort und Umfang, wobei alle Glaubhaftmachungsmittel in ihrer Gesamtheit zu betrachten sind (Ströbele/Hacker a. a. O., Rn. 44 ff.).
Nach den oben genannten Voraussetzungen, die der Abgrenzung zu bloßen Scheinhandlungen dienen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 26 Rn. 4), ist die rechtserhaltende Benutzung ausreichend glaubhaft gemacht.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat die Widersprechende eine eidesstattliche Erklärung ihres Marketingleiters vom 19. Dezember 2001 vorgelegt. Sie bezieht sich auf den Zeitraum von 1997 bis 2001 und deckt damit den ersten relevanten Zeitraum ab. Die in der Erklärung enthaltenen Zahlen reichen aus, um eine vom Umfang her ernsthafte Benutzung nachzuweisen. Selbst bei Nichtberücksichtigung des jeweiligen Exportanteils sind die angegebenen Stückzahlen (zwischen rd. 2.500 und rd. 4.400 verkaufte Plüscheulen) auch angesichts der Produktpalette der Widersprechenden hoch genug, um eine Scheinbenutzung ausschließen zu können. Aus dem Hinweis, dass in den genannten Zahlen ein Exportanteil enthalten ist, ergibt sich eindeutig, dass sich die Zahlen ohne den Exportanteil auf Verkäufe im Inland beziehen. Dementsprechend greift die Rüge der Markeninhaberin, die Angaben von Zeit, Ort und Umfang der Benutzung reichten nicht aus, nicht durch. Darüber hinaus wird versichert, dass die Marke im Inland auf den Waren angebracht worden ist, die für den Export bestimmt waren, was nach § 26 Abs. 4 Markengesetz genügt. Der Nachweis der funktionellen Benutzung ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung in Verbindung mit der Abbildung der Plüscheule auf der vorgelegten Seite eines Katalogs, der in einer jährlichen Auflage von ca. einer Million Stück erscheint und in Spielwarengeschäften aufliegt. Die Abbildung zeigt, dass die Eule einen Anhänger mit u. a. der Bezeichnung "Wittie" trägt; der Anhänger selbst ist in vergrößerter Kopie ebenfalls eingereicht worden. Diese Art der Benutzung durch einen an der Ware angebrachten Anhänger, der die Widerspruchsmarke als Zweitmarke oberhalb der Firmenmarke der Widersprechenden aufweist, begegnet insgesamt keinen durchgreifenden Bedenken. Da der Phantasiebegriff "Wittie" kein gebräuchlicher Name ist, besteht insoweit auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die angesprochenen Verkehrskreise diesen Begriff nicht als Produktbezeichnung, sondern als bloßen Namen der Spielfigur ansehen.
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2007 hat die Widersprechende eine weitere eidesstattliche Versicherung vorgelegt, die bezüglich des Zeitraums und des Nachweises der funktionellen Benutzung - der dem vor der Markenstelle vorgelegten entspricht - ausreicht. Die von der Markeninhaberin geäußerten Zweifel an der Erklärungskompetenz der Assistentin Marketing Services sind nicht berechtigt. Denn die Marketingabteilung eines Unternehmens befasst sich mit Planung, Koordination und Kontrolle aller aktuellen und potenziellen Märkte und muss daher mit den Verkaufszahlen vertraut sein. Auch dass sich aus ein und demselben Unternehmen stammende eidesstattliche Versicherungen in vergleichbaren Markenkollisionsverfahren ähneln, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Dieser Umstand alleine spricht ohne konkrete Angaben etwa von nicht gerechtfertigten Übereinstimmungen oder Widersprüchen o. ä. Indizien nicht gegen die Richtigkeit einer eidesstattlichen Versicherung. Im Gegensatz zu der im Amtsverfahren eingereichten Versicherung fehlt in der vom 11. Januar 2007 zwar jegliche Differenzierung der Verkaufszahlen im Inland beziehungsweise im Ausland. Dies schadet aber im Hinblick auf § 26 Abs. 4 MarkenG nicht. Unabhängig davon genügt auch der Hinweis, dass die geschützte Bezeichnung in Katalogen oder Prospekten abgebildet ist und diese Druckschriften in einer jährlichen Auflage von über einer Million Exemplaren in nahezu sämtlichen Spielzeuggeschäften Europas aufliegen, um eine Scheinbenutzung ausschließen zu können. Was den Zeitraum der Benutzung anbelangt, ergibt sich aus dem in Kopie vorgelegten Deckblatt des Katalogs, dass dieser aus dem Jahr 2003 stammt und damit aus der Zeit vom 7. Februar 2002 bis 7. Februar 2007. In Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung ist die funktionelle Benutzung damit auch für den zweiten Benutzungszeitraum glaubhaft gemacht.
1.2. Die rechtserhaltende Benutzung ist vorliegend nur für eine Spielfigur in Form einer Plüscheule glaubhaft gemacht, nicht für "Spielwaren" insgesamt. Allerdings unterfallen derartige Spielfiguren dem genannten Oberbegriff. Wird eine Marke nur für einen Teil der eingetragenen Waren rechtserhaltend benutzt, ist im Kollisionsverfahren die Marke einerseits nicht zwingend auf diese tatsächlich benutzte konkrete Ware beschränkt, andererseits aber auch nicht ohne weiteres der gesamte mit den eingetragenen Oberbegriffen umfasste weite Warenbereich einzubeziehen. Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und das berechtigte Interesse des Zeicheninhabers, in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeengt zu werden, rechtfertigen es zwar, im Warenverzeichnis über die benutzte konkrete Ware hinaus auch die Waren zu berücksichtigen, die nach Auffassung des Verkehrs gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend angesehen werden. Andererseits ist es aber nicht gerechtfertigt, nur deshalb von einem Oberbegriff auszugehen, weil die tatsächlich benutzte Ware - wie hier - unter diesen (weiten) Oberbegriff fällt. Nur auf Waren, die nach der Verkehrsauffassung einem im engeren Sinne gleichen Warenbereich angehören, ist die Erstreckung des Schutzes einer für eine Einzelware benutzten Marke nach anerkannter Rechtsprechung gerechtfertigt (vgl. BGH GRUR 1974, 84 - Trumpf; GRUR 1978, 813 - TIGRESS; GRUR 1990, 39 - Taurus; BPatG GRUR 1980, 54 - MAST REDIPACK). Gleich in diesem Sinn sind nur Waren, die in ihren Eigenschaften und Zweckbestimmungen übereinstimmen. Nach den strengen Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BGH a. a. O - Taurus insoweit erfüllt sein müssen, kann vorliegend auf Grund der bloßen Benutzung der Marke für eine Plüscheule nicht das gesamte vom Oberbegriff "Spielwaren" umfasste Warenspektrum im Wege der Integration einbezogen werden. Denn - wie die Markeninhaberin im Amtsverfahren zu Recht vorgetragen hat - umfasst dieser Begriff eine Vielzahl von Gegenständen, die mit derartigen Spielfiguren nach Eigenschaft und Zweckbestimmung nicht vergleichbar sind. Dies sind beispielsweise Bauklötze und -kästen, Spielzeugpistolen, Kreise o. ä. Nach den strengen Kriterien der Taurus-Entscheidung sind in diesen Warenbereich allerdings Puppen noch einzubeziehen.
1.3. Dies kann aber letztlich offen bleiben. Denn die von der Teillöschung der jüngeren Marke umfassten Waren liegen im Identitäts- bzw. im engsten Ähnlichkeitsbereich zu der Spielfigur "Plüscheule". Zwischen dieser und den im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Oberbegriff "Spielzeug" besteht Identität, denn dieser Oberbegriff umfasst auch Spielfiguren in Form von Plüschtieren. Ansonsten besteht engste Ähnlichkeit. Für die Frage der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs auf alle erheblichen Faktoren abzustellen, die das Verhältnis der Waren zueinander kennzeichnen. Dies sind insbesondere ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, ihre regelmäßige Vertriebsart, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung, ihre wirtschaftliche Bedeutung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte. Wenn sie in diesen Bereichen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die angesprochenen Verkehrskreise meinen könnten, die einander gegenüber stehenden Waren oder Dienstleistungen würden unter der Kontrolle desselben Unternehmens oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Betrieb hergestellt, vertrieben oder erbracht, das für ihre Qualität verantwortlich ist, besteht eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit (vgl. EuGH GRUR 1998, 922 ff. - Canon; BGH WRP 2004, 357 ff. - GeDIOS; GRUR 1999, 731 ff. Canon II; GRUR 1999. 586 f. - White Lion; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 44 ff.). Die im Verzeichnis der jüngeren Marke beispielsweise erwähnten Puppen, die im Übrigen auch aus Stoff hergestellt sein können und daher Plüschtieren in ihrer Beschaffenheit entsprechen, werden von denselben Herstellern produziert, regelmäßig in denselben Vertriebsstätten angeboten, entsprechen einander in ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ebenso in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und sind miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte. Aber auch die von der jüngeren Marke beanspruchten "Spiele" liegen im Bereich enger Ähnlichkeit, da die vorgenannten Umstände auch auf sie zutreffen.
2. Die Widerspruchsmarke ist bezüglich der Waren, für die die Benutzung glaubhaft gemacht wurde, uneingeschränkt als Herkunftshinweis geeignet und verfügt daher über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der Phantasiebegriff "Wittie" hat zu Plüschtieren keinerlei beschreibende Beziehung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ein englisches Wort "witty" existiert, das "geistreich, witzig" bedeutet. Denn dieses Wort gehört nicht zum Grundwortschatz der englischen Sprache und ist den breiten inländischen Verkehrskreisen daher nicht geläufig. Daher wird das Publikum die in ihrer Schreibweise voneinander abweichenden Begriffe "Wittie" und "witty" nicht gleich setzen. Im Übrigen haben auch die nachgewiesenen Bedeutungen "geistreich" und "witzig" keinen beschreibenden Bezug zu einer Eule, die als Symbol der Weisheit gilt.
3. Wegen der Identität bzw. engen Ähnlichkeit der einander gegenüber stehenden Waren sowie der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muss die jüngere Marke einen erheblichen Abstand einhalten. Diese Anforderung erfüllt sie jedoch nicht.
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Um die Markenähnlichkeit zu bejahen, reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche aus (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH GRUR 2006, 60 ff. - coccodrillo). Maßgeblich für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist dabei grundsätzlich der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen (BGH a. a. O. - Malteserkreuz Rn. 17). Denn auch der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf verschiedene Einzelheiten. Allerdings kann auch eine mehrgliedrige Marke im Gesamteindruck durch einen Bestandteil geprägt sein. Voraussetzung für eine solche Prägung ist, dass die anderen Bestandteile so weitgehend in den Hintergrund treten, dass sie den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2004, 778 - Urlaub direkt; GRUR 2003, 880 ff. - City Plus). Dies ist vorliegend bei dem Bestandteil "BABY" der Fall. Dieser Begriff ist in Bezug auf Spiele, Spielwaren, nämlich Puppen, gegebenenfalls auch in Bezug auf Plüschtiere, eine rein beschreibende Bezeichnung, die entweder die Zielgruppe der Waren oder deren Art (Babypuppen) beschreibt. Diesem Begriff fehlt daher wegen seines im Vordergrund stehenden Sachbezugs jegliche Unterscheidungskraft, so dass er am Zeichenvergleich nicht teilnimmt (vgl. BGH a. a. O. - Urlaub direkt).
Danach stehen sich die beiden Zeichenwörter "Wittie" und "BITTY" gegenüber, die sich klanglich nahezu entsprechen. Der Unterschied in ihren Anfangsbuchstaben "W" bzw. "B" ist akustisch kaum wahrnehmbar. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, reicht dieser Unterschied in den klangschwachen konsonantischen Anlauten "W" und "B" nicht aus, um ein sicheres klangliches Auseinanderhalten der Vergleichszeichen zu gewährleisten. Aufgrund dieser beachtlichen klanglichen Markenähnlichkeit kann daher für die Waren "Spiele, Spielzeug, insbesondere Puppen" die Gefahr von Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden.
4. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst, § 71 Abs. 1 MarkenG.
BPatG:
Beschluss v. 07.02.2007
Az: 29 W (pat) 81/04
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