Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. März 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 191/02
(BPatG: Beschluss v. 23.03.2004, Az.: 24 W (pat) 191/02)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 19. April 2000 angemeldete Markevgl. Abb. 1 am Endeist unter der Nummer 300 30 648 für die Waren
"Seifen; Parfümerien, insbesondere Desodorierungsmittel für den persönlichen Gebrauch, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel"
in das Register eingetragen worden.
Hiergegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin der am 6. Februar 1956 aufgrund Verkehrsdurchsetzung für die Ware
"Frisiercreme"
unter der Nummer 687 240 eingetragenen Markefit.
Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß sich die Vergleichsmarken zwar auf identischen Waren begegnen könnten. Der Widerspruchsmarke komme aber nur ein geminderter Schutzumfang zu, da die Bezeichnung "fit" für Frisiercreme kennzeichnungsschwach sei. Sie weise lediglich darauf hin, daß das Haar in einen guten Zustand gebracht werde, Kraft erhalte und damit besser gestylt werden könne. In diesem Sinne werde die Bezeichnung "fit" auch in der Werbung für Haarpflegeprodukte verwendet. In der angegriffenen Marke trete das Wort "fit" trotz graphischer Herausstellung nicht kollisionsbegründend hervor. Die Wortfolge "fit FOR FUN" bilde eine Gesamtaussage. Der Verkehr habe daher keinen Anlaß, die angegriffene Marke auf den - zumal kennzeichnungsschwachen - Bestandteil "fit" zu verkürzen. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide im Hinblick auf die Kennzeichnungsschwäche von "fit" ebenfalls aus.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffassung kommt dem Wort "fit" nur im sportlichen Bereich ein beschreibender Sinngehalt zu, nicht aber auf dem Gebiet der Kosmetik. Im übrigen nehme der mit der Widerspruchsmarke identische Bestandteil "fit" in der angegriffenen Marke aufgrund der graphischen Hervorhebung eine kollisionsbegründende Stellung ein.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der Marke 300 30 648 anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß. Im patentamtlichen Verfahren hat sie darüber hinaus darauf hingewiesen, daß in der Klasse 3 eine Vielzahl von "fit"-Marken eingetragen sei. Auch dies belege die Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke. Im übrigen seien die von den Vergleichsmarken erfaßten Waren nicht ähnlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Markenstelle hat zu Recht und mit im wesentlichen zutreffender Begründung eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verneint (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).
Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfaßten Waren (oder Dienstleistungen). Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 "Lloyd"; GRUR 1998, 387, 389 "Sabèl/Puma"; BGH GRUR 2004, 235, 237 "Davidoff II"; GRUR 2002, 1067, 1068 "DKV/OKV", jeweils m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.
Die Vergleichsmarken können sich auf identischen Waren begegnen. Denn bei den von der angegriffenen Marke u.a. erfaßten Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege kann es sich z.B. auch um eine Frisiercreme handeln. Die übrigen Waren der angegriffenen Marke liegen im engeren Ähnlichkeitsbereich der Ware "Frisiercreme", für welche die Widerspruchsmarke eingetragen ist.
Diesem kollisionsfördernden Umstand steht jedoch, wie die Markenstelle im Ergebnis zutreffend angenommen hat, eine ausgeprägte Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke gegenüber. Die Markenstelle hat in diesem Zusammenhang allerdings nicht berücksichtigt, daß die Widerspruchsmarke aufgrund von Verkehrsdurchsetzung (§ 4 Abs. 3 WZG, nunmehr § 8 Abs. 3 MarkenG) eingetragen worden ist. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Register (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 528), läßt sich aber den Akten der Widerspruchsmarke entnehmen. Der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung bedeutet zwar zunächst nur, daß die Marke die Schutzhindernisse des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG bzw. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG überwunden hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann aber darüber hinaus durchgesetzten Marken in der Regel eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden (BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"; GRUR 1991, 609, 610 "SL"). Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Auch bei durchgesetzten Marken können beschreibende Sinngehalte - wie bei anderen Marken auch - die Kennzeichnungskraft schwächen (vgl. BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"). Dabei kann auch die Entwicklung des Sprachgebrauchs dazu beitragen, daß ein beschreibender Sinngehalt deutlicher hervortritt als dies im Zeitpunkt der Eintragung der Fall war. Dies kommt vor allem in Betracht, wenn die Eintragung - wie im vorliegenden Fall - lange zurückliegt. Denn die damals (im Jahr 1956) festgestellte erhöhte Verkehrsbekanntheit gibt keine Grundlage dafür, auf Dauer von einer zumindest durchschnittlichen oder gar erhöhten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die Kennzeichnungskraft einer durchgesetzten Marke ist vielmehr für den jeweiligen Kollisionszeitpunkt (hier im April 2000) jeweils neu zu bestimmen (vgl. BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"; Ströbele/Hacker, aaO, § 8 Rn. 533).
Die Markenstelle hat insoweit zutreffend festgestellt, daß der Ausdruck "fit" zu einer vielfältig gebrauchten werblichen Anpreisung im Bereich der Haarpflegemittel geworden ist. So heißt es etwa in dem Werbebeispiel gemäß Anlage 3 zu dem angefochtenen Beschluß: "HAIR BALANCING macht das Haar fit!". In dem Beispiel in Anlage 4 zu dem angefochtenen Beschluß wird für ein haarkräftigendes Mittel mit dem Spruch geworben: "Fit bis in die Haarspitzen". Die Widerspruchsmarke weist daher deutliche beschreibende Anklänge auf, die darauf hinweisen, daß die so gekennzeichnete Frisiercreme dazu geeignet und bestimmt ist, das Haar in einen guten Zustand zu versetzen, ihm Kraft zu verleihen und so ein besseres Styling zu ermöglichen. Die darin zutage tretende Kennzeichnungsschwäche wird auch durch die von der Markeninhaberin aufgezeigte große Zahl von "fit"-Marken bestätigt, die im Bereich der Klasse 3, u.a. für Haarpflegemittel, registriert sind. Umgekehrt hat die Widersprechende nichts vorgetragen, was für eine nach wie vor bestehende erhöhte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke sprechen könnte. Nach alledem kann der Widerspruchsmarke nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuerkannt werden.
Bei dieser Ausgangslage können an den seitens der angegriffenen Marke einzuhaltenden Abstand von der Widerspruchsmarke keine hohen Anforderungen gestellt werden. Dem wird sie ohne weiteres gerecht.
Daß die angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit nicht mit der Widerspruchsmarke verwechselt werden kann, bedarf keiner näheren Ausführungen. Eine (unmittelbare) Verwechslungsgefahr käme daher nur in Betracht, wenn der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch den Bestandteil "fit" geprägt würde. Dies ist von der Markenstelle zutreffend verneint worden. Zwar ist der Bestandteil "fit" in der angegriffenen Marke graphisch hervorgehoben. Gegen eine Prägung spricht aber bereits die aufgezeigte Kennzeichnungsschwäche des Begriffs "fit" auf dem vorliegenden Warengebiet. Denn kennzeichnungsschwachen Elementen ist bereits aus Rechtsgründen die Eignung abzusprechen, den Gesamteindruck einer kombinierten Marke maßgeblich zu bestimmen (vgl. BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"; GRUR 2003, 792, 793 "Festspielhaus II"; OLG Frankfurt Mitt. 2003, 314, 315 "BranchenKompass"). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die Wortfolge "fit FOR FUN" sowohl infolge der alliterierenden sprachlichen Gestaltung als auch aufgrund ihres Sinngehalts als einheitlicher Spruch wirkt. Auch dies steht der Annahme entgegen, die angegriffene Marke würde durch den Bestandteil "fit" geprägt (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, aaO, § 9 Rn. 402 und § 14 Rn. 72 m.w.N.).
Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist von der Widersprechenden nicht behauptet und von der Markenstelle mit zutreffenden Erwägungen, auf die Bezug genommen wird, verneint worden (vgl. auch BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder").
Es bestand kein Anlaß, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
Ströbele Kirschneck Hacker Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D38563.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 23.03.2004
Az: 24 W (pat) 191/02
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