Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 27. Januar 2005
Aktenzeichen: L 16 KR 90/03
(LSG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 27.01.2005, Az.: L 16 KR 90/03)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24. Februar 2003 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Vergütung der Klägerin für physiotherapeutische Leistungen.
Die Klägerin betreibt eine krankengymnastische Praxis in C. Sie ist als Leistungserbringerin gemäß § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassen und erbringt fortlaufend Leistungen auch an Versicherte der Beklagten. Da die Klägerin seit vielen Jahren die auf Landesebene geschlossenen Vereinbarungen über die Erbringung und Vergütung physiotherapeutischer Leistungen für sich nicht anerkennt und sie bzw. der Berufsverband "Praxis Vereinigung Physiotherapie e. V." in C, deren Mitglied sie ist, eine solche Vereinbarung mit der Beklagten und anderen Krankenkassen nicht abgeschlossen haben, vergütet die Beklagte die von der Klägerin erbrachten Leistungen entsprechend der Vergütungsregelung des zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen und verschiedenen Berufsverbänden selbständiger Physiotherapeuten und Krankengymnasten geschlossenen Landesvertrags über die Erbringung und Vergütung physikalischtherapeutischer Leistungen vom 25. Juni 1991 (Landesvertrag), auf deren Grundlage die Klägerin der Beklagten gegenüber in der Vergangenheit regelmäßig abrechnete. Diesen Vertrag hatte die Klägerin am 29.08.1994 gegenüber der Beklagten mit folgender Erklärung anerkannt:
"Hiermit erkenne(n) ich/wir den mir/uns ausgehändigten Vertrag über die Erbringung und Vergütung physikalischtherapeutischer Leistungen für die Versicherten der Mitgliedskassen der Landesverbände durch Krankengymnasten/Physiotherapeuten in Nordrhein vom 25.06.1991 an. Ich/wir bin/sind damit einverstanden, dass spätere Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages mir/uns gegenüber ohne weitere Anerkennung verbindlich werden, soweit ich/wir diese Anerkenntnis-Erklärung nicht schriftlich widerrufe(n).
Ich/wir verpflichte(n) mich/uns, meinen/unseren Erfüllungsgehilfen die Bestimmungen des Vertrages zur Kenntnis zu bringen und deren Beachtung durch sie in geeigneter Weise zu überwachen.
Mit meiner Unterschrift erkenne ich alle Vereinbarungen nach § 124 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) als Zulassungsvoraussetzung an."
Die Klägerin hat der Preisgestaltung auf der Grundlage des Landesvertrages seit Jahren widersprochen, weil sie die dort vereinbarten Preise für unzureichend hält.
Der bei der Beklagten versicherten Q S (im Folgenden: Versicherte) verordnete der Nervenarzt Dr. C am 15.06.1998, 31.05.1999 und 04.10.1999 Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis. Da die Verordnungen handschriftliche Änderungen bzw. Ergänzungen aufwiesen, leistete die Beklagte auf den mit Rechnungen vom 11.09.1998, 17.07.1999 und 10.01.2000 geltend gemachten Gesamtbetrag in Höhe von 1.836,60 DM zunächst nur einen Teilbetrag in Höhe von 402,60 DM. Die Zahlung der Restforderung machte sie jeweils von einer ärztlichen Bestätigung der handschriftlichen Änderungen auf den Verordnungen abhängig, die die Klägerin jedoch nicht beibrachte.
Mit ihren am 30.03.1999 (Rechnung vom 11.09.1998) bzw. 12.05.2000 (Rechnungen vom 17.07.1999 und 10.01.2000) zum Sozialgericht Köln erhobenen Klagen hat die Klägerin u. a. die Zahlung der von der Beklagten gekürzten Beträge geltend gemacht und insoweit vorgetragen, die handschriftlichen Eintragungen auf den ärztlichen Verordnungen seien auf den verordnenden Arzt zurückzuführen. Nach Einholen einer schriftlichen Auskunft des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C vom 13.01.2003 hat die Beklagte den von der Klägerin ursprünglich in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von weiteren 743,21 Euro vollumfänglich anerkannt.
Darüber hinaus hat die Klägerin höhere Entgelte für die erbrachten Leistungen auf der Grundlage der von ihr erarbeiteten Preistabellen gefordert. Seit Jahren streite sie um einen sachgerechten Vertrag, um diskriminierende Vertragspunkte und Vergütungen zu beseitigen, wie sie in dem Landesvertrag zu finden seien, auf den sich die Beklagte stütze. Sie nehme ihr Recht auf Koalitionsfreiheit wahr. Auch wenn sie die Vergütungen entsprechend dem von der Beklagten angewandten Landesvertrag in der Vergangenheit hingenommen habe, so liege darin jedoch keine Anerkennung. Vielmehr habe sie seit 1995 turnusmäßig allen Krankenkassen ihre jeweils neueste Preisliste zugestellt. Diese beinhalte für alle Patienten für identische Leistungen am selben Ort eine gleiche Vergütung, unabhängig vom Versichertenstatus. Dies sei der objektive Wert der Leistung, wie er einer sachverständigen, betriebswirtschaftlichen Prüfung standhalte. Demgegenüber seien die Preise der Beklagten diskriminierend. Zu den geringen gewährten Beträgen seien keine medizinisch notwendigen höchstqualifizierten Therapien möglich. Mangels einer üblichen Vergütung und gleichzeitiger öffentlichrechtlicher Verpflichtung der Klägerin, Leistungen für die Beklagte zu erbringen, müssten §§ 315, 316 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angewendet werden, die nur noch eine Unbilligkeitsprüfung seitens des Gerichts bezüglich der von ihr, der Klägerin, in Rechnung gestellten Sätze zulasse. Zu veranschlagen seien je Behandlung auf der Grundlage ihrer Preistabelle im Falle der bei der Versicherten S erbrachten Leistung 95,50 DM, während die Beklagte nur 50,75 DM bzw. 51,55 DM vergütet habe.
Die Klägerin hat beantragt (Schriftsatz vom 09.01.2003/Niederschrift vom 24.02.2003),
die Beklagte zu verurteilen, an sie innerhalb von 2 Wochen nach mündlicher Urteilsverkündung 1.757,82 Euro (3.438,00 DM) zuzüglich 551,15 Euro (1.077,96 DM) Zinsen zuzüglich Verwaltungs- und Neben- sowie Abrechnungskosten der Fa. Optica bzw. der Fa. DeBit in Höhe von 151,85 Euro (399,00 DM), insgesamt 2.513,10 Euro (4.915,20 DM), hilfsweise, 1.808,95 Euro (3.538,00 DM) jeweils abzüglich bisher gezahlter 205,64 Euro (402,20 DM) und 743,21 Euro (1.453,59 DM) zu zahlen; im Rahmen einer einheitlichen Rechtsprechung für die üblichen und berufsspezifischen, ärztlich verordneten Physiotherapieleistungen nicht diskriminierende, sondern auf der BAT-Grundlage nach dem Prinzip Wirtschaftlichkeit kalkulierte Preise gemäß der jeweils gültigen Preisliste der Klägerin zu zahlen, die auch auf der Basis mit anderen privaten Berufsverbänden vereinbarten Höchstpreise nach § 125 SGB V, hier Stundensatz für Dienstleistungen von ca. 42,- Euro pro Stunde, nicht erwähnenswert abweicht, für jeden Hausbesuch gemäß einer Mischkalkulation und entsprechend der Preisliste der Klägerin einen ortsüblichen Entschädigungssatz von 26,00 DM (ab 01.01.2002: 13,50 Euro) pro Einzelhausbesuch und für eine innerörtliche Wegentschädigung eine Pauschale von 17,00 DM (ab 01.01.2002: 8,90 Euro) pro Hausbesuch und ab 10 km eine Wegentschädigung von 1,60 DM (ab 01.01.2002: 0,90 Euro) pro km an die Klägerin zu zahlen,
hilfsweise,
auf der Basis einer möglichen rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens bezüglich der Kürzungen bei sogenannten Mehrfachbehandlungen in einer Einrichtung die Beklagte zu verurteilen, einen Entschädigungssatz von 49,50 DM (25,30 Euro) pro Einzelhausbesuch und für eine innerörtliche Wegentschädigung eine Pauschale von 19,20 DM (9,80 Euro) pro Hausbesuch sowie pro Rezeptur zur Abgrenzung des Kostenträgers und der zu berechnenden Hausbesuchs-Gebühr für die jeweiligen Einzelhausbesuche einen Zuschlag von 16,50 DM (7,70 Euro) an sie zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Maßgabe ihrer Preisliste bestehe nicht. Diese habe mit Erklärung vom 29.08.1994 den Vertrag vom 25.06.1991 anerkannt. Sie sei deshalb auch an die Preisvereinbarung gebunden. Jedenfalls aber könne sie nicht mehr verlangen, als sie, die Beklagte, anderen niedergelassenen Krankengymnasten zu zahlen habe. Wegen des fehlenden Zahlungsanspruchs entfalle auch ein Anspruch auf Verzugszinsen. Für die geltend gemachten Verwaltungskosten sei keine Rechtsgrundlage erkennbar.
Mit Urteil vom 24.02.2003 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 27.03.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.04.2003 Berufung eingelegt, mit der sie ihre Auffassung weiterverfolgt. Sie vertritt insbesondere die Meinung, die von der Beklagten angebotenen Vergütungen ließen eine ausreichende und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten nicht zu. Sie hält die über die Leistungsklage hinausgehenden Feststellungsanträge nicht gesondert aufrecht, wobei sie davon ausgeht, dass über die den Feststellungsanträgen zugrunde liegenden Rechtsansprüche im Rahmen der Leistungsklage mitentschieden wird.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.02.2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 693,42 Euro nebst 11 % Zinsen seit Klageerhebung zuzüglich Verwaltungs-, Neben- und Abrechnungskosten der Firma Optica bzw. der Firma DeBit in Höhe von 151,85 Euro zuzüglich 69,30 Euro (für neun Mal Verwaltungskosten a 7,70 Euro je Rezept) sowie 11 % Zinsen ab Klageerhebung für die am 17.07.2003 verspätet gezahlten 943,12 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Der in dem Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin enthaltenen - nicht sachdienlichen - Klageänderung widerspreche sie. Zumindest aber bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Vergütung der erbrachten Leistungen nach deren eigenen Preisvorgaben. Die von der Klägerin beanstandeten Preise seien im Übrigen mit den Berufsverbänden der Krankengymnasten ausgehandelt worden und trügen daher die Vermutung der Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit in sich. Die Beklagte erhebt außerdem die Einrede der Verjährung bzw. den Einwand der Verwirkung, weil die Klägerin die Forderungen zum Teil erst verspätet geltend gemacht habe, und zwar unmittelbar durch Klage und nicht erst im Wege eines an sie, die Beklagte, gerichteten Leistungsersuchens.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Prozessakte Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.02.2003 hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere übersteigt die Beschwer den Wert für die zulassungsfreie Berufung von 500 Euro, vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24.02.2003 zu Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche weder aus Vertrag noch aus ungerechtfertigter Bereicherung, §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), zu.
Ein Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung für die erbrachten physiotherapeutischen/krankengymnastischen Leistungen nach Maßgabe der Preistabellen der Klägerin besteht nicht. Dabei kann es der Senat dahinstehen lassen, ob dies schon Folge der Erklärung der Klägerin vom 29.08.1994 ist, weil aufgrund dessen die zwischen der Beklagten und den Interessen- und Landesverbänden der Krankengymnasten und Physiotherapeuten im Bezirk Nordrhein geschlossene Preisvereinbarung auch zwischen der Klägerin und der Beklagten Wirkung hat. Der Zusatz in dieser Erklärung über die Anerkennung der Zulassungsvoraussetzungen steht dem nicht entgegen. § 124 Abs. 2 Nr. 4 SGB V a. F. sah vor, dass als Heilmittelerbringer nur zuzulassen ist, wer die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt (jetzt inhaltsgleich § 124 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Ob die Unterwerfung unter eine bestehende Preisvereinbarung eine Zulassungsvoraussetzung im Sinne des § 124 Abs. 2 SGB V ist, hat das Bundessozialgericht (BSG) ausdrücklich offen gelassen (SozR 3-2500 § 124 Nr. 3 S. 29), solche Vergütungsvereinbarungen aber als verbindlich angesehen, denen der die Zulassung beantragende Heilmittelerbringer nicht widersprochen hat. Die Klägerin hat mit ihrer Erklärung ausdrücklich anerkannt, dass es sich um eine Zulassungsvoraussetzung handelte. Vom Empfänger-Horizont der Beklagten her konnte der Zusatz über die Zulassungsvoraussetzungen in der Erklärung vom 29.08.1994 daher auch nur dahin verstanden werden, die Zustimmung der Klägerin werde für alle von beiden Beteiligten für erforderlich gehaltene Zulassungsvoraussetzungen erteilt. Da beide Parteien aber übereinstimmend die Vergütungsvereinbarung hierzu zählten, ist damit auch insoweit ein entsprechender Vertragsschluss zustande gekommen.
Aber auch wenn man in Folge des späteren Verhaltens und der Erklärungen sowie Abrechnungen der Klägerin diese Preisvereinbarung als zumindest konkludent gekündigt ansieht, steht der Klägerin keine höhere Vergütung zu, als sie von der Beklagten den übrigen Heilmittelerbringern (entsprechend den mit diesen einheitlich geschlossenen Vereinbarungen) gezahlt werden. Auf Grund des insoweit vertragslosen Zustandes steht der Klägerin kein einseitiges Bestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB zu, auch wenn die Bestimmungen des BGB gemäß § 69 Satz 3 SGB V entsprechende Anwendung zwischen den Beteiligten finden können (vgl. BSG SozR 3-2500 § 69 Nr. 1). Diese Vorschriften, die eine einseitige Vergütungsbestimmung durch den Leistenden regeln, sind jedoch im Recht der Leistungserbringer gemäß §§ 124 ff. SGB V nicht anwendbar (BSG SozR 3-2500 § 132a Nr. 1 S. 4). § 125 Abs. 2 SGB V stellt die Vereinbarung über die Vergütung in die Vertragsautonomie der Heilmittelerbringer sowie deren Verbände und der Verbände der Krankenkassen. Es entfiele aber jeglicher Anreiz zum Abschluss derartiger Verträge, wenn ohne diese eine der Parteien ihre Preise einseitig durchsetzen könnte (BSG a.a.O.; BSG SozR 3-2500 § 125 Nr. 7 S. 26).
Die Klägerin hat lediglich Anspruch auf die übliche Vergütung im Sinne des § 612 BGB bzw. der §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB (vgl. insoweit Urt. des Senates vom 28.10.2004, Az.: L 16 KR 106/03, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ob sich der Vergütungsanspruch der Leistungserbringer bei einer fehlenden vertraglichen Preisvereinbarung nach ersterer Vorschrift - hier aufgrund des jeweiligen Behandlungsvertrages - (vgl. dazu Urteil des Senats vom 22.04.2004, Az.: L 16 KR 270/02, www.sozialgerichtsbarkeit.de) oder allein nach Bereicherungsrecht - Leistungskondition des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB - (vgl. BSG SozR 4-2500 § 132a Nr. 1; BSG, SozR 3-2500 § 132a Nr. 1 S. 5; gegenteilige Auffassung OLG Düsseldorf, SGb 1993, 429, 431 mit insoweit zustimmender Anmerkung von Kummer, a.a.O., S. 433) richtet, kann letztlich dahinstehen. Die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB ist die für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen an dem betreffenden Ort mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse gewöhnlich gewährte Vergütung (Putzo in Palandt, Kommentar zum BGB, 63. Auflage, RdNr. 8 zu § 612). § 818 Abs. 2 BGB stellt im Bereicherungsrecht auf den objektiven Verkehrswert des Erlangten ab (BGHZ 55, 128, 135; 82, 299, 307 f.). Dies sind aber ebenfalls die Vergütungssätze, die üblicherweise von den Krankenkassen für vergleichbare Leistungen gezahlt werden (BSG SozR 4-2500 § 132a Nr. 1). Dabei ist auf das für das jeweilige Kassensystem gültige Vergütungssystem und nur bei Ermangelung eines solchen auf sonstige Vergütungsvereinbarungen zurückzugreifen. Der Gesetzgeber hat es dem jeweiligen Kassenverband überlassen, für seine Mitglieder mit den Heilmittelerbringern oder deren Verbänden Vereinbarungen "im freien Spiel der Kräfte" abzuschließen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 132 a Nr. 1 S. 4). Bestehen daher außerhalb des jeweiligen Verbandssystem höhere Vergütungssätze, könnte der einzelne Heilmittelerbringer, für den keine Verbandspflicht besteht, ohne weiteres durch eine Kündigung der bestehenden Verträge eine höhere Vergütung erlangen, wenn nicht auf das jeweilige Kassensystem im Rahmen der Vergütungsansprüche nach §§ 612 Abs. 2, 812 BGB abzustellen wäre. Im umgekehrten Fall wäre die Durchsetzung einer weiteren Erhöhung regelmäßig ausgeschlossen, weil mit der Kündigung der Vergütungsvereinbarung automatisch der geringere Durchschnittssatz in Kraft träte, so dass für die Krankenkasse keine Verhandlungsnotwendigkeit bestünde (vgl. dazu auch BSG SozR 3-2500 § 125 Nr. 7 S. 26). Da die Beklagte nach einer einheitlichen Preisvereinbarung die Leistungen der Krankengymnastik/Physiotherapie im Bereich Nordrhein vergütet, kann die Klägerin demzufolge keine höhere Vergütung beanspruchen.
Unter welchen Umständen nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB; 313 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 - BGBl I. S. 3138 -; vgl. auch § 59 SGB X) ein Anspruch auf Anpassung der Vergütung besteht, kann dahinstehen (vgl. dazu BSG SozR 3-2200 § 376 b Nr. 1 unter Hinweis auf BGHZ 86, 167 169). Ein solches Anpassungsrecht ist nur bei schwerwiegenden Veränderungen begründet, die es einer Partei unzumutbar machen, entsprechend den bisherigen Vereinbarungen behandelt zu werden. Ein solches Missverhältnis der Vergütung lässt sich trotz der Behauptung der Klägerin angesichts des Umstandes, dass zahlreiche Krankengymnastinnen und Physiotherapeutinnen ihre Leistungen nach den entsprechend zwischen ihren Verbänden und der Beklagten vereinbarten Preisen erbringen, nicht annehmen. Dabei hängt die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung von zahlreichen Faktoren ab, so dass nicht auf die Verhältnisse eines/einer Einzelnen abgestellt werden kann, selbst wenn diese/r nicht in der Lage ist, mit allgemein vereinbarten Preisen wirtschaftlich zu arbeiten. Im Übrigen ist der Vortrag der Klägerin insoweit so wenig konkret, dass er keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung gibt.
Auch Zinsen, Verwaltungskosten und Abrechnungsgebühren kann die Klägerin nicht beanspruchen.
Ein Zinsanspruch scheitert bezüglich der geltend gemachten Hauptforderung - soweit es einen Betrag von mehr als 743,21 Euro betrifft - bereits daran, dass der Klägerin diese in der geltend gemachte Höhe nicht zusteht. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, Zinsen ab Klageerhebung für die am 17.07.2003 geleistete Teilzahlung in Höhe von 743,21 Euro (nicht: 943,12 Euro) zu zahlen bzw. die Verwaltungskosten der Klägerin zu übernehmen. Ein derartiger Anspruch könnte sich allenfalls aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens ergeben. Voraussetzung wäre, dass die bürgerlichrechtlichen Vorschriften über den Schuldnerverzug auf den vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finden. Dies ist jedoch bei Forderungen aus einem öffentlichrechtlichen Vertrag nicht der Fall (vgl. BSG SozR 1300 § 61 Nr. 1). Verzugszinsen sind im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nur ausnahmsweise zu bezahlen, wenn sie gesetzlich oder vertraglich vorgesehen oder wegen bereichsspezifischer Besonderheiten zu zahlen sind (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 1). Da aber weder die §§ 124, 125 SGB V noch die aufgrund dieser Bestimmungen geschlossenen Vereinbarungen Zinsansprüche vorsehen, fehlt es an einem derartigen Ausnahmetatbestand. Die Erstattung von "Verzugsgebühren", Verwaltungs-, Neben- und Abrechnungspauschalen sind gleichfalls nicht vorgesehen.
Da die von der Klägerin geltend gemachten Haupt- und Nebenansprüche nicht gegeben sind, konnte der Senat offen lassen, ob Verjährung bzw. Verwirkung eingetreten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG in der hier noch anzuwendenden bis zum 01.01.2002 gültigen Fassung i. V. m. § 116 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG.
Der Senat hat im Anschluss an die Verfahren L 16 KR 270/02 und L 16 KR 106/03 wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
LSG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 27.01.2005
Az: L 16 KR 90/03
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