Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 10. Mai 2005
Aktenzeichen: I-3 Wx 321/04
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 10.05.2005, Az.: I-3 Wx 321/04)
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. der Beschluss der 25. Zivilkam-mer des Landgerichts Düsseldorf vom 10. November 2004 teilweise abge-ändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beteiligte zu 2. wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1. 6.231,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins-satz seit dem 23. September 2003 zu zahlen.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens tragen der Beteiligte zu 1. zu 42 % und die Beteiligte zu 2. zu 58 %. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 10.825,53 EUR.
Gründe
A.
Der Beteiligte zu 1., der Mitglied der eingangs bezeichneten Wohnungseigentumsanlage und Sondereigentümer der Wohnung Nr. 34 war, nimmt die Beteiligte zu 2. als Verwalterin der Anlage auf Schadensersatz wegen der Verweigerung der Zustimmung zum Verkauf seines Wohnungseigentums in Anspruch.
Nach Nr. 9.2 der Gemeinschaftsordnung vom 29. Juli 1980 bedarf die Weiterveräußerung der Zustimmung des Verwalters. Nachfolgend ist hierzu im einzelnen festgelegt:
9.3. Der Verwalter darf die Zustimmung nur aus einem wichtigen Grunde versagen. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn durch Tatsachen begründete Zweifel daran bestehen, dass
9.31 der Erwerber die ihm gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegenden finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllt, oder
9.32 der Erwerber beziehungsweise Nutzungsberechtigte oder eine zu seinem Hausstand gehörende Person sich nicht in die Hausgemeinschaft einfügen wird.
9.4 Verweigert der Verwalter die Zustimmung, so entscheidet auf Antrag des Sondereigentümers die Eigentümerversammlung. Diese kann mit 2/3 Mehrheit die Zustimmung des Verwalters ersetzen.
In einem früheren Wohnungseigentumsverfahren verlangten die übrigen Wohnungseigentümer von dem Beteiligten zu 1. und seiner damaligen Ehefrau, der zu jenem Zeitpunkt das Wohnungseigentum gemeinschaftlich mit dem Beteiligten zu 1. zustand, nach einer Fassaden- und Wohnflächenveränderung die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Das gerichtliche Verfahren wurde durch einen Vergleich vom 04.09.1986 beendet. Hierin einigten sich die damals Beteiligten unter anderem darauf, dass auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verzichtet werde. Der Beteiligte zu 1. und seine damalige Ehefrau verpflichteten sich im Gegenzug, 161.250,00 DM als verlorenen Zuschuss in die Rücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuzahlen und die Kosten für bestimmte, im Vergleich näher beschriebene bauliche Maßnahmen zu übernehmen. Es wurde vereinbart, dass mit der Zahlung der Vergleichssumme "alle wechselseitigen Ansprüche der Wohnungseigentümer und der Eheleute B. aus den streitgegenständlichen Umbau- und Veränderungsmaßnahmen erledigt" seien. In Ziffer VI dieses Vergleichs wurde folgendes festgelegt:
"Die Eheleute B. verpflichten sich gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft im Falle einer Veräußerung der WE 34 alle übernommenen Bedingungen und Verpflichtungen auch ihren Rechtsnachfolgern aufzuerlegen und diese wiederum entsprechend zu verpflichten, und zwar in der Weise, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit durch Schuldbeitritt der Rechtsnachfolger einen unmittelbaren Erfüllungsanspruch auch gegen die Rechtsnachfolger erwirbt. Die Eheleute B. erkennen an, dass die Nichtweitergabe der Verpflichtung aus diesem Vergleich an ihre etwaigen Rechtsnachfolger einen wichtigen Grund, der den Verwalter zur Versagung der Veräußerungszustimmung berechtigt, darstellt."
Die von dem Beteiligten zu 1. und seiner damaligen Ehefrau in diesem Vergleich übernommenen Zahlungspflichten wurden von diesen nachfolgend erfüllt.
Durch einen am 22.04.2003 geschlossenen notariellen Kaufvertrag verkaufte der Beteiligte zu 1. seine Wohneigentum zu einem Kaufpreis von insgesamt 770.000,00 EUR an Herrn B.G.. Die Vertragsparteien vereinbarten, dass der beurkundende Notar die erforderliche Zustimmung des Verwalters der Wohnungseigentumsgemeinschaft zur Veräußerung einholen sollte. Einen ausdrücklichen Hinweis auf den dargestellten Vergleich und die darin vom Beteiligten zu 1. übernommenen Verpflichtungen enthält die Vertragsurkunde nicht.
Der Beteiligte zu 1. bat die Beteiligte zu 2. sodann um Erteilung der Zustimmung zu der Veräußerung. Mit Schreiben vom 02.05.2003 teilte die Beteiligte zu 2. dem Beteiligten zu 1. mit, dass sie die Zustimmung zur Veräußerung vorläufig nicht erteilen könne, da im Kaufvertrag eine Weitergabe der Verpflichtungen an den Rechtsnachfolger entsprechend der Ziffer VI. des Vergleiches vom 04.09.1986 nicht enthalten sei. Unter dem 07.05.2003 bestand die Beteiligte zu 2. gegenüber dem Notar auf der Übernahme der Vereinbarung aus dem Vergleich durch den Käufer. Eine Abschrift dieses Schreibens sandte die Beteiligte zu 2. an den Beteiligten zu 1.. Daraufhin beauftragte der Beteiligte zu 1. seinen jetzigen Verfahrensbevollmächtigten damit, die Beteiligte zu 2. außergerichtlich zur Zustimmung zum Verkauf des Wohnungseigentums aufzufordern. Dementsprechend wurde die Beteiligte zu 2. mit Anwaltsschreiben vom 21.05.2003 unter Fristsetzung bis zum 31.05.2003 aufgefordert, die Zustimmung zu erteilen, wobei die Beteiligte zu 2. darauf hingewiesen wurde, dass Abschnitt Vl. des Vergleichs wegen § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG unwirksam sein dürfte. Die Beteiligte zu 2. verweigerte durch ihren jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 02.06.2003 erneut unter Hinweis auf Abschnitt VI. des Vergleichs die Verwalterzustimmung.
Am 12.06.2003 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt. Unter TOP 1 dieser Versammlung wurde festgestellt, dass die Einberufung mit einer Frist von ca. 3 Wochen ordnungsgemäß erfolgt sei. Unter dem TOP 8 "Verschiedenes" berichtete ein Geschäftsführer der Beteiligten zu 2. darüber, dass dem Beteiligten zu 1. die Zustimmung zur Veräußerung verweigert worden sei, da in dem notariellen Vertrag eine Klausel fehle, wonach die in dem gerichtlichen Vergleich getroffene Vereinbarung auf den Käufer übergehe.
Durch Anwaltsschreiben vom 25.06.2003 widersprach der Beteiligte zu 1. der in dem Schreiben vom 02.06.2003 geäußerten Rechtsauffassung und kündigte an, die Erteilung der Zustimmung gerichtlich geltend zu machen. Mit Anwaltsschreiben vom 01.07.2003 ließ der Beteiligte zu 1. die Beteiligte zu 2. unter Bezugnahme auf eine vorangegangene entsprechende fernmündliche Absprache der Anwälte beider Beteiligten auffordern, gemäß Ziffer 9.4 der Gemeinschaftsordnung aufgrund der Zustimmungsverweigerung die Eigentümerversammlung zur Entscheidung einzuberufen. In der daraufhin allein zu diesem Zweck mit einer Frist von ca. 2 Wochen einberufenen Eigentümerversammlung vom 31.07.2003 wurde sodann zu TOP 2 beschlossen, die Zustimmung zur Veräußerung zu erteilen. Die entsprechende Mitteilung des Notars an den Käufer des Wohnungseigentums erfolgte am 11.08.2003.
Der Beteiligte zu 1. begehrt nun von der Beteiligten zu 2. Schadensersatz in Höhe von insgesamt 10.825,53 DM. Hierin enthalten sind Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.700,40 EUR für die außergerichtliche Aufforderung der Beteiligten zu 2. zur Zustimmungserteilung sowie in Höhe von 3.877,65 EUR für die Ersetzung der Zustimmung durch die Eigentümergemeinschaft und ein Zinsschaden infolge der verzögerten Kaufpreiszahlung in Höhe von 3.247,48 EUR. Hinsichtlich dieses Zinsschadens macht der Beteiligte zu 1. geltend, dass nach den in Kaufvertrag getroffenen Regelungen der Restkaufpreis von 670.000,00 EUR bei rechtzeitiger Zustimmung zur Veräußerung am 01.08.2003 zu zahlen gewesen sei. Aufgrund der Vereinbarung in dem notariellen Vertrag, dass der Restkaufpreis nicht vor Ablauf einer Woche seit Zugang einer Mitteilung des Notars an den Käufer, dass alle erforderlichen Genehmigungen vorlägen, fällig werde, sei die Zahlung dann tatsächlich erst am 18.08.2003 erfolgt, so dass der Ausgleich seines Darlehens- bzw. Kontokorrentkontos erst mit einer entsprechenden Verzögerung erfolgt sei. Der Beteiligte zu 1. hat die Auffassung vertreten, dass die Beteiligte zu 2. die Verwalterzustimmung pflichtwidrig versagt habe. In Ziffer VI des gerichtlichen Vergleichs sei kein wichtiger Grund im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG, der unabdingbar sei, zu sehen. Da die Beteiligte zu 2. auf die rechtliche Lage hingewiesen worden sei, treffe sie der Vorwurf der Fahrlässigkeit.
Der Beteiligte zu 1. hat beantragt, die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, an ihn 10.825,33 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2003 zu zahlen.
Die Beteiligte zu 2. hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat geltend gemacht:
Durch den gerichtlichen Vergleich sei ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung vereinbart worden. Jedenfalls habe sie unter Berufung auf den gerichtlichen Vergleich nicht schuldhaft gehandelt. Die dem Beteiligten zu 1. erteilte Anwaltsrechnung sei überhöht.
Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung den Antrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Aufgrund des gerichtlichen Vergleichs habe dem Beteiligten zu 2. hinsichtlich der Zustimmung zur Veräußerung ein Zurückbehaltungsrecht aus dem Rechtsgedanken der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB bis zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Satz 1 der Ziffer VI des Vergleichs zugestanden. Sollte man entgegen dieser Auffassung von einer pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung seitens der Beteiligten zu 2. ausgehen, so fehle es jedenfalls an deren Verschulden.
Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1. sofortige Beschwerde eingelegt.
Unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vortrags hat er seinen erstinstanzlichen Antrag wiederholt.
Die Beteiligte zu 2. ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat nach mündlicher Verhandlung die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, die Zustimmungsverzögerung sei nicht berechtigt gewesen und die Beteiligte zu 2. habe diese Verzögerung zu vertreten.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
den Beschluss des Landgerichts aufzuheben und die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, an ihn 10.825,33 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2003 zu zahlen.
Die Beteiligte zu 2. beantragt,
die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Verweigerung der Zustimmung sei nicht pflichtwidrig gewesen. Es habe sich um einen Zweifelsfall gehandelt, bei dem sie berechtigt gewesen sei, die Eigentümerversammlung einzuschalten. Sie habe jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
B.
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist überwiegend auch begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht teilweise auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
I.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Dem Beteiligten zu 1. stehe kein Schadensersatzanspruch gegen die Beteiligte zu 2. aus §§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 286 BGB zu. Allerdings habe die Beteiligten zu 2. durch die Verweigerung der Zustimmung zur Veräußerung eine Pflichtverletzung begangen. Die Zustimmung dürfe nur aus einem wichtigen Grund, der in der Person des Erwerbers liege, verweigert werden. Diese Gründe seien auch ausdrücklich in die Gemeinschaftsordnung aufgenommen worden. Aus anderen als in der Person des Erwerbers liegenden Gründen dürfe die nach der Gemeinschaftsordnung erforderliche Zustimmung nicht zurückgehalten werden. Die in dem gerichtlichen Vergleich vom 04.09.1986 unter Ziffer VI. getroffene Regelung sei somit wegen Verstoßes gegen § 12 Abs. 2 S. 1 WEG unwirksam. Die hierauf gestützte Verweigerung durch die Verwalterin sei mithin pflichtwidrig gewesen. Gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung könne von dem Zustimmungsberechtigten auch kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden. Der Zustimmungsanspruch erfordere nämlich eine rasche Klärung und dürfe nicht von der Frage möglicher Ansprüche nach § 16 WEG oder ähnlichem abhängig gemacht werden. Die Beteiligte zu 2. habe jedoch nicht schuldhaft gehandelt. Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Verwalter bei realistischer Einschätzung der Sachlage mit der Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung durch ein Gericht rechnen musste. Das sei nicht der Fall gewesen. Entscheidend sei, dass die Beteiligte zu 2. sich auf den vor dem Amtsgericht Düsseldorf geschlossenen Vergleich aus dem Jahre 1986 gestützt habe. Dieser Vergleich sei unter Ziffer Vl. unwirksam, soweit danach die Nichtweitergabe der unter den vorhergehenden Ziffern des Vergleichs übernommenen Verpflichtungen an etwaige Rechtsnachfolger einen wichtigen Grund zur Versagung der Veräußerungszustimmung darstellen sollte. Durch diese Vereinbarung habe ein zusätzlicher, nicht allein in der Peron des Erwerbers liegender Zustimmungsverweigerungsgrund nicht geschaffen werden können. Es könne einem Verwalter aber nicht zum Vorwurf gereichen, sich an einen vor einem Richter geschlossenen Vergleich der Wohnungseigentümer untereinander zu halten. Insofern sei die Situation bei Beschlüssen anzuführen. Der Verwalter sei nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zur Durchführung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer verpflichtet, und zwar auch zur Durchführung fehlerhafter Beschlüsse, solange sie nicht für ungültig erklärt worden seien. Auch unter Kenntnis der Rechtsprechung, wonach die Verwalterzustimmung nur dann aus wichtigem Grund versagt werden dürfe, wenn es darum gehe, das Eindringen unerwünschter Personen in die Eigentümergemeinschaft zu verhindern, habe die Beteiligte zu 2. nicht fahrlässig gehandelt, wenn sie aufgrund des Anerkennens eines wichtigen Grundes durch den Beteiligten zu 1. in dem gerichtlichen Vergleich gegenüber den anderen Wohnungseigentümern vorliegend eine Ausnahme von diesem Grundsatz angenommen habe. Fahrlässigkeit sei nicht anzunehmen, wenn in einem vor dem für Wohnungseigentumsverfahren zuständigen Gericht geschlossenen Vergleich der Antragsteller anerkenne, dass die Nichtweitergabe der Verpflichtungen einen wichtigen Grund zur Versagung der Veräußerungszustimmung darstelle. Die Beteiligte zu 2. habe davon ausgehen können, dass ein Richter eine unwirksame Regelung als Inhalt eines Vergleichs nicht protokolliert hätte. Die Beteiligte zu 2. habe trotz der ihr gegenüber bereits außergerichtlich geäußerten anderslautenden Auffassung der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. davon ausgehen dürfen, dass eine Vermutung für die Wirksamkeit auch dieser Klausel des Vergleichs bestehe.
II.
Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Im zuerkannten Umfang ist der Zahlungsanspruch des Beteiligten zu 1. gerechtfertigt. Dieser kann von der Beteiligten zu 2. Schadensersatz wegen der verzögerten Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB verlangen.
Soweit es auf die Anwendung bürgerlichen Rechts ankommt, ist das seit dem 01.01.2002 geltende Recht maßgeblich (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).
1) Die Beteiligte zu 2. war nicht berechtigt, die Zustimmung zur Veräußerung zu verweigern, weil der Beteiligte zu 1. die Verpflichtungen aus dem am 04.09.1986 geschlossenen gerichtlichen Vergleich entgegen der dortigen Ziffer VI dem Wohnungseigentumskäufer in dem notariellen Vertrag nicht auferlegt hat.
Es muss nicht entschieden werden, ob die Beteiligte zu 2. sich bei der Zustimmungsverweigerung grundsätzlich nicht darauf berufen konnte, dass der Beteiligte zu 1. seine Verpflichtung aus dem Vergleich in dem notariellen Vertrag nicht an den Erwerber weitergeleitet hatte, was nach diesem Vergleich einen wichtigen Grund für die Versagung der Veräußerungszustimmung darstellen sollte.
a) Diese Vereinbarung konnte eine Zustimmungsverweigerung von vornherein dann nicht rechtfertigen, wenn hierin eine dinglich wirkende rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkung zu sehen wäre. § 12 WEG, wonach vereinbart werden kann, dass die Veräußerung von Wohnungseigentum der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf, stellt eine Ausnahme von der Nichtigkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungsbeschränkungen gemäß § 137 S. 1 BGB dar und ist dem gemäß nach allgemeinen Grundsätzen einschränkend auszulegen (Weitnauer-Lüke, WEG, 9. A., § 12 Rn. 3). Nach § 12 Abs. 2 WEG darf die Zustimmung nur aus einem wichtigen Grund versagte werden. Diese Bestimmung ist unabdingbar, wie sich aus § 12 Abs. 2 S. 2 WEG ergibt. Dagegen verstoßende Bestimmungen in einer Gemeinschaftsordnung sind ebenso nichtig wie entsprechende Vereinbarungen oder Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung (vgl. BayObLGZ 1980, 29; OLG Hamm NJW-RR 1993, 279, 280; Weitnauer, a.a.O., § 12 Rn. 9; Bärmann/Pick/Merle-Pick, WEG, 9. A., § 12 Rn. 32; jew. m.w.N.). Als wichtig ist ein Grund nur dann anzuerkennen, wenn die Veräußerung aufgrund von in der Person des Erwerbers liegenden Umständen, z.B. dessen persönliche oder finanzielle Unzuverlässigkeit, eine gemeinschaftswidrige Gefahr für die anderen Wohnungseigentümer darstellt (vgl. BayObLG NJW-RR 1993, 280, 281; OLG Hamm, a.a.O.; Weitnauer, a.a.O., § 12 Rn. 10; Bärmann/Pick/Merle-Pick, a.a.O.). Einen solchen Grund stellt die fehlende Übertragung der Verpflichtungen aus dem Vergleich auf den Erwerber nicht dar.
b) Die Zustimmungsverweigerung seitens der Beteiligten zu 2. war aber auch dann nicht gerechtfertigt, wenn man in dem Vergleich vom 1986 lediglich eine grundsätzlich gemäß § 137 S. 2 BGB zulässige rein schuldrechtliche Verpflichtung des Beteiligten zu 1. sieht, über sein Wohnungseigentum nur nach Übertragung der Pflichten aus dem Vergleich auf den Erwerber und mit Zustimmung des Verwalters zu verfügen. Dann stünde einer Verweigerung der Zustimmung entgegen, dass der Beteiligte zu 1. seine im gerichtlichen Vergleich mit den übrigen Wohnungseigentümern übernommenen Verpflichtungen bereits lange vor dem Verkauf des Wohnungseigentums erfüllt hatte. Ein rechtlich schützenswertes Interesse, die Veräußerung von einer Übertragung der bereits erfüllten Verpflichtungen auf den Erwerber abhängig zu machen, ist nicht erkennbar, weshalb die Verweigerung der Zustimmung treuwidrig (§ 242 BGB) war. Damit hätte die Beteiligte zu 2. bei pflichtgemäßem Verhalten die Zustimmung erteilen müssen, selbst wenn durch den Vergleich eine Verpflichtung für den Beteiligten zu 1. zur Übertragung der Pflichten hieraus auf den Erwerber wirksam begründet worden wäre.
2) Die pflichtwidrige Nichterteilung der Zustimmung zur Veräußerung hat die Beteiligte zu 2. auch zu vertreten. Hierbei ist zunächst davon auszugehen, dass gemäß § 286 Abs. 4 BGB ein Verschulden vermutet wird. Allerdings ist wegen der mit der Zustimmungserteilung verbundenen erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten anerkannt, dass eine Haftung des Verwalters dann nicht angenommen werden kann, wenn er die bei der Zustimmungserteilung auftretenden Rechtsfragen mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft hat und er gleichwohl einem Rechtsirrtum unterliegt (BGH NJW 1996, 1216, 1218 - für die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung; Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat, 2. A., Rn. 212). Bei einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung des Zustimmungsbegehrens des Beteiligten zu 1. aber hätte, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, die Beteiligte zu 2. erkennen müssen, dass der Beteiligte zu 1. einen Anspruch auf die begehrte Zustimmung hatte. Hierbei kann die Beteiligte zu 2. nicht entlasten, dass sie einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat, der zu dem Ergebnis kam, die Zustimmung zur Veräußerung sei zu verweigern. Denn das Verschulden dieses Rechtsanwalts muss sich die Beteiligte zu 2. zurechnen lassen (278 BGB). Die Beteiligte zu 2. kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei berechtigt gewesen, die Eigentümerversammlung einzuschalten, um diese über die Zustimmungserteilung entscheiden zu lassen. Auch wenn anerkannt ist, dass in Fällen, in denen ernstliche Zweifel bestehen, ob ein wichtiger Grund zur Versagung der beantragten Zustimmung vorliegt, der Verwalter berechtigt ist, zunächst von den Wohnungseigentümern eine Weisung einzuholen (BGH, a.a.O.; Gottschalg, a.a.O.), so trifft die Beteiligte zu 2. im konkreten Fall ein Verschulden. Sie hat diese Weisung zunächst gerade nicht eingeholt, sondern die Zustimmung verweigert. Sie hat dann auch nachfolgend auf der Eigentümerversammlung am 12.06.2003 die Wohnungseigentümer nicht mit einer Ersetzung der Zustimmung befasst, sondern diese Frage erst mit erheblicher Zeitverzögerung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung vorgelegt, die dann im Sinne des Beteiligten zu 1. entschied. Nach der Aufforderung, die Zustimmung zur Veräußerung zu erteilen, hätte die Beteiligte zu 2. bei bestehenden Zweifeln an der Begründetheit des Verlangens die Gelegenheit nutzen müssen, die ordentliche Eigentümerversammlung am 12.06.2003 mit dieser Frage zu beschäftigen. Die Ladungsfrist für diese Versammlung von "ca. 3 Wochen" hätte sie hierbei ohne weiteres einhalten können. Es ist davon auszugehen, dass bei einer umfassenden Aufklärung über die Sach- und Rechtslage die Eigentümerversammlung bereits dann so entschieden hätte, wie später am 31.07.2003 , also selbst die Zustimmung erteilt hätte. Damit liegt auch in der verspäteten Einberufung der Eigentümerversammlung ein schuldhaftes Fehlverhalten der Beteiligten zu 2.
3) Die damit gegebene Schadensersatzpflicht der Beteiligten zu 2. umfasst den gesamten Verzögerungsschaden, der dem Beteiligten zu 1. nach dem 07.05.2003 entstanden ist. Denn unter diesem Datum hat die Beteiligte zu 2. die Zustimmungserteilung endgültig im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB abgelehnt, wodurch sie zugleich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie vor einer Entscheidung nicht zunächst das Votum der Eigentümerversammlung einholen wollte.
a) Damit kann der Beteiligte zu 1. zunächst die Kosten seines von ihm nach diesem Zeitpunkt beauftragten Rechtsanwalts verlangen, soweit diese angemessen sind. Das aber gilt nur hinsichtlich eines Betrags von insgesamt 2.984,45 EUR.
aa) Es ist davon auszugehen, dass der Rechtsanwalt von der Beteiligten zu 2. nur mit einer Angelegenheit im Sinne des § 118 Abs. 1 BRAGO, nämlich der Einholung der Zustimmung zur Veräußerung, beauftragt worden ist und deshalb seine Gebühren nur einmal fordern kann. Bei der Beurteilung, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vom Rechtsanwalt bearbeitet worden sind, ist entscheidend, inwiefern die Tätigkeiten bei objektiver Betrachtung innerlich zusammengehören, wobei insbesondere der konkrete Erfolg, der mit der anwaltlichen Tätigkeit erreicht werden soll, zu berücksichtigen ist. Durch eine künstliche Aufteilung eines einheitlichen Vorgangs dürfen die anwaltlichen Tätigkeiten nicht "atomisiert" werden (Riedel/Sußbauer-Frauenholz, BRAGO, 8. A., § 13 Rn. 24). Danach können die Beauftragung des Rechtsanwalts mit der Einholung der Zustimmung des Verwalters und mit dem Erwirken der Ersetzung dieser Zustimmung durch die Eigentümerversammlung nur als eine Angelegenheit angesehen werden, auch wenn die Auftragserteilung nicht gleichzeitig, sondern nacheinander erfolgt sein sollte. Denn die daraufhin entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts war einheitlich darauf gerichtet, die notwendige Zustimmung zur Veräußerung vom Verwalter oder der Eigentümerversammlung zu erhalten. Der Beteiligte zu 1. kann damit die ihm jeweils zweifach in Rechnung gestellten Geschäfts- und Besprechungsgebühren (§§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO) nur jeweils einmal von der Beklagten zu 2. ersetzt verlangen.
bb) Die Höhe dieser Gebühr ist mit jeweils 10/10 zutreffend berechnet. Diese volle Gebühr ist gerechtfertigt, weil die Angelegenheit angesichts des wirtschaftlichen Interesses des Beteiligten zu 1. an einem Verkauf der Wohnung zu dem hohen Preis von 770.000,00 EUR sehr groß war. Gleichzeitig war der Umfang sowie die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit angesichts der beharrlichen Verweigerung der Beteiligten zu 2. ganz erheblich.
cc) Der Gegenstandswert ist allerdings nicht mit 154.000,00 EUR, wie dies der Beteiligte zu 1. meint, sondern nur mit 77.000,00 EUR anzusetzen. Der Senat schließt sich hierbei der überwiegend vertretenen Auffassung an, dass der Geschäftswert eines Verfahrens auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums regelmäßig mit 10 bis 20 % des vereinbarten Kaufpreises zu bemessen ist (BayOblGZ 1990, 24; KG ZMR 1990, 68; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 785; Weitnauer-Lüke, a.a.O., § 12 Rn. 15). Dabei ist jedoch die Obergrenze von 20 % nur bei einem verhältnismäßig geringen Wert der Wohnung zu wählen; bei einem hohen Wert hingegen sind 10 % des Verkaufspreises anzusetzen (BayOblGZ a.a.O.; Weitnauer-Lüke, a.a.O.). Damit sind diese 10 % bei dem vorliegend sehr hohen Kaufpreis von 770.000,00 EUR zugrunde zu legen.
dd) Folglich kann der Beteiligte zu 1. als Schadensersatz verlangen eine 10/10 Geschäfts- und Besprechungsgebühr in Höhe von jeweils 1.200,00 EUR (§§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO), eine Kostenpauschale von 20,00 EUR (§ 26 BRAGO), Fahrtkosten wegen der Teilnahme seines Rechtsanwalts an der Eigentümerversammlung am 31.07.2003 in Höhe von 118,80 EUR (§ 28 BRAGO), Abwesenheitsgeld wegen dieser Teilnahme in Höhe von 31,00 EUR (§ 28 BRAGO) und Schreibauslagen in Höhe von 3,00 EUR (§ 27 BRAGO). Einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von 411,65 EUR (§ 25 Abs. 2 BRAGO) ergibt sich somit insgesamt der genannte Betrag von 2.984,45 EUR.
b) Darüber hinaus kann der Beteiligte zu 1. seinen Zinsschaden, den er unter Vorlage einer Bescheinigung der Stadtsparkasse K. detailliert dargelegt hat, ohne dass die Beteiligte zu 2. dem konkret entgegen getreten wäre, ersetzt verlangen. Wenn die Beteiligte zu 2. die Zustimmung unverzüglich erteilt hätte oder zumindest die Angelegenheit kurzfristig der Eigentümerversammlung vorgelegt hätte, wäre die Zustimmung deutlich vor dem 31.07.2003, an dem sie tatsächlich erst erteilt worden ist, erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass dann der restliche Kaufpreis von 670.000,00 EUR zum Fälligkeitstermin am 01.08.2003 gezahlt worden wäre und nicht erst am 18.08.2003, eine Woche nachdem der Notar dem Käufer mitgeteilt hatte, dass die Zustimmung nun vorliege. Wegen dieser verzögerten Zahlungen hatte der Beteiligte zu 1. Darlehenszinsen in Höhe von 181,09 und Zinsen für die Inanspruchnahme eines Kontokorrentkredits in Höhe von 3.066,39 EUR zu zahlen.
c) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann der Beteiligte zu 1. aufgrund des Verzugs der Beteiligten zu 2. wie beantragt ab dem 23.09.2003 verlangen. Die Zahlungsaufforderung vom 12.09.2003 enthielt eine Fristsetzung bis zum 22.09.2003.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, die Gerichtskosten im gesamten Verfahren entsprechend dem Grad des Obsiegens bzw. Unterliegens zu verteilen. Es besteht keine Veranlassung, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten eine Erstattung anzuordnen.
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 10.05.2005
Az: I-3 Wx 321/04
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