Bundesgerichtshof:
Urteil vom 12. Juni 2014
Aktenzeichen: X ZR 96/11
(BGH: Urteil v. 12.06.2014, Az.: X ZR 96/11)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1. März 2011 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 071 556 (Streitpatents), das am 22. Januar 1999 angemeldet worden ist und eine Priorität vom 23. Januar 1998 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft einen Kartonkern für die Papierindustrie mit verbesserter Futterstärke und ein Verfahren zu dessen Herstellung. Es umfasst elf Patentansprüche, wobei die Ansprüche 1 bis 6 das Verfahren, die Ansprüche 7 bis 10 den Kartonkern und Patentanspruch 11 dessen Verwendung betreffen. Die Patentansprüche 1, 7 und 11 lauten in der Verfahrenssprache:
"1. A method of fabricating spiral paperboard cores for the paper industry by winding paperboard plies spirally around a mandrel into a tube, the cores having a wall thickness H of 10 mm or more and an inside diameter over 70 mm, said cores being for use at winding/unwinding speeds of at least about 200 m/min (3.3 m/s), characterized in that on the cylindrical surface on which the maximal tensile and shear stress i.e. a zdirection stress maximum occur in the wall of a finished paperboard core, and in the vicinity of said cylindrical surface, including the paperboard ply in the middle of the core wall,
- with the inside diameter of the core being 73 mm to 110 mm:
Lmp < 1550 mm, preferably less than 1450 mm, and more preferably less than 1300 mm,
- with the inside diameter of the core being 111 mm to 144 mm:
Lmp < 1900 mm, preferably less than 1650 mm, and more preferably less than 1500 mm, and - with the inside diameter of the core being 145 mm to 180 mm:
Lmp < 2450 mm, preferably 2200 to 1500 mm, and more preferably less than 1500 mm, where Lmp is an edge length of the paperboard ply on the cylindrical surface per 1 linear metre of the paper board core.
7. A spiral paperboard core for the paper industry or a spiral paperboard core intended for other purposes but requiring high chuck strength, comprising a plurality of paperboard plies wound spirally into a tube, the cores having a thickness H of 10 mm or more and an inside diameter over 70 mm, the cores being for use at winding/unwinding speeds of at least about 200 m/min (3.3 m/s), characterized in that on the cylindrical surface on which the maximal tensile and shear stresses i.e. zdirection stress maximum occur in the wall of the finished paperboard core, and in the vicinity of said cylindrical surface, including the paperboard ply in the middle of the core wall - with the inside diameter of the core being 73 mm to 110 mm:
Lmp < 1550 mm, preferably less than 1450 mm, and more preferably less than 1300 mm,
- with the inside diameter of the core being 111 mm to 144 mm:
Lmp < 1900 mm, preferably less than 1650 mm, and more preferably less than 1500 mm, and - with the inside diameter of the core being 145 mm to 180 mm:
Lmp < 2450 mm, preferably 2200 to 1500 mm, and more preferably less than 1500 mm, where Lmp is an edge Iength of the paperboard ply on the cyIindricaI surface per 1 linear metre of the paperboard core.
11. Use of a spiral paperboard core as recited in any of the claims 9 to 10 at winding/unwinding of paper rolls weighing at least 6.5 tons, preferably at least 8.5 tons."
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Lehre des Streitpatents sei nicht ausführbar offenbart und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent hilfsweise mit fünf geänderten Anspruchsfassungen verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin Klageabweisung erstrebt und das Streitpatent hilfsweise mit den in erster Instanz vorgelegten geänderten Fassungen verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Im Auftrag des Senats hat Dipl.-Ing. S. , K. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
Gründe
Die zulässige Berufung führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Kartonkernen oder Kartonhülsen für die Papierindustrie, eine nach diesem Verfahren konstruierte spiralig gewundene, dickwandige Hülse und deren Verwendung.
1. In der Papier-, Film- und Textilindustrie produzierte Bahnen werden - so die Streitpatentschrift - normalerweise auf Kernhülsen für Rollen gewickelt. Bei Herstellung der Hülsen, insbesondere der Spiralhülsen, werden Kartonstreifen übereinander geklebt und in einer speziellen Spiralhülsenwickelmaschine spiralig gewunden. Die Breite, Dicke und Anzahl der Kartonstreifen, die zur Bildung einer Hülse benötigt werden, variieren in Abhängigkeit von den Dimensionen und Festigkeitsanforderungen der herzustellenden Hülse (Beschr. Abs. 4 = Übers. S. 1, Z. 19 bis 25). Die Festigkeit eines Kartonstreifens muss dabei der Festigkeitsanforderung an die Hülse entsprechen. In der Papierverarbeitungsindustrie haben die Gewichte der beispielsweise in Druckmaschinen benutzten Papierrollen ständig zugenommen, was eine immer höhere Festigkeit und eine immer höhere Belastbarkeit von Spiralhülsen erfordert. Typischerweise werden Hülsen zweier Größen benutzt. Die gebräuchlichste Hülsengröße hat einen Innendurchmesser von 76 mm und eine Wanddicke von 13 oder 15 mm; bei den breitesten und schnellsten Druckmaschinen werden Hülsen mit einem größeren Innendurchmesser von 150 mm eingesetzt. Bei achslosem Auf- und Abrollen erzeugt das Gewicht einer Papierrolle Spannungen an der Hülse und damit auch an den Spannfuttern. Dadurch, dass die Hülse hier als einzige Achse dient und das Gewicht der Papierrolle entweder vollständig oder teilweise über ein kurzes Spannfutter trägt, wird sie Spannungen ausgesetzt, die ihren Bruch verursachen können. Deshalb ist die Spannfutterfestigkeit (chuck strength, Beschr. Abs. 11 = Übers. S. 3, Z. 4 bis 6) eine wesentliche Anforderung bei der Herstellung der Hülsen.
Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, ein effektiveres Verfahren zur Herstellung von dickwandigen Kartonhülsen für die Papierindustrie zu schaffen. Dabei soll die Spannfutterfestigkeit gesteigert und den durch stets zunehmende Rollengewichte gestellten Anforderungen Rechnung getragen werden (Beschr. Abs. 21 bis 23 = Übers. S. 5, Z. 4 bis 20).
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent ein Verfahren mit den nachfolgenden Merkmalen vor (Merkmalsbezeichnung des Patentgerichts in eckigen Klammern):
1. Bei dem Verfahren werden Kartonstreifen um eine Spindel spiralig zu einem Rohr gewickelt [1.2].
2. Die Hülsen 2.1 haben eine Wanddicke H von 10 mm oder mehr [1.3]
2.2 und einen Innendurchmesser über 70 mm [1.3], und 2.3 sind zur Verwendung bei Auf- oder Abrollgeschwindigkeiten von zumindest etwa 200 m/min (3,3 m/s) geeignet [1.4].
3. Die Kantenlänge des Kartonstreifens auf der Zylinderfläche pro 1 Laufmeter Kartonhülse (Lmp) [1.10] ist auf der Zylinderfläche, auf der die maximalen Zug- und Scherspannungen, d.h. ein Spannungsmaximum in Z-Richtung, in der Wand einer fertig gestellten Kartonhülse vorkommen [1.5], und in der Nähe dieser Zylinderfläche einschließlich des Kartonstreifens in der Mitte der Hülsenwand [1.6]
3.1 bei einem Innendurchmesser von 73 bis 110 mm
< 1.550 mm [1.7], 3.2 bei einem Innendurchmesser von 111 bis 144 mm
< 1.900 mm [1.8] und 3.3 bei einem Innendurchmesser von 145 bis 180 mm:
< 2.450 mm [1.9].
In Patentanspruch 7 wird eine spiralige Kartonhülse für die Papierindustrie oder eine spiralige Kartonhülse, die für andere Zwecke vorgesehen ist, aber eine hohe Spannfutterfestigkeit erfordert, mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 unter Schutz gestellt. Patentanspruch 11 betrifft die Verwendung einer spiraligen Kartonhülse nach einem der Patentansprüche 9 oder 10 beim Auf- oder Abrollen von Papierrollen, die mindestens 6,5 Tonnen, bevorzugt mindestens 8,5 Tonnen, wiegen.
3. Die erfindungsgemäßen Kartonhülsen sind mithin im Wesentlichen durch bestimmte Maßvorgaben definiert, zum einen durch die Wanddicke von mindestens 10 mm, die die Einspannung durch ein Spannfutter erlauben soll (Beschr. Abs. 25 Mitte = Übers. S. 5, Z. 35 bis S. 6, Z. 3) und den Innendurchmesser von über 70 mm (Merkmale 2.1 und 2.2 [1.3]), zum anderen durch die Kantenlänge des verarbeiteten Kartonstreifens auf der Zylinderfläche pro laufendem Meter Hülsenlänge, für die jeweils eine Obergrenze einzuhalten ist, die für drei Kategorien von Innendurchmessern in den Merkmalen 3.1 bis 3.3 [1.7 bis 1.9] angegeben ist. Die mit Lmp (die Buchstaben "mp" stehen für "middle ply" [mittlere Schicht oder Lage]) bezeichnete maximale Kantenlänge ist für denjenigen Bereich der Hülsen zu beachten, in dem das Spannungsmaximum auftritt, wobei der Kartonstreifen in der Mitte der Hülsenwand umfasst ist. Wie die Patentschrift erläutert, treten nämlich die stärksten Spannungen in Z-Richtung etwa in der Mitte der Hülsenwand, etwas zur Innenfläche der Hülse hin versetzt, auf (Beschr. Abs. 16 = Übers. S. 4, Z. 6 bis 10). Aus der Beachtung dieser Maßgaben soll sich die Eignung zur Verwendung der Hülsen bei hohen Abrollgeschwindigkeiten (Merkmal 2.3 [1.4]) ergeben.
Die durch die Kantenlänge definierte Vorgabe lässt sich, wie das Patentgericht ausgeführt hat, auch dahin ausdrücken, dass der Kartonstreifen in einem bestimmten Lagen- oder Wicklungswinkel, der in Figur 3 des Streitpatents in Bezug auf die Senkrechte quer zur Längsachse oder als spitzer Winkel zwischen der Richtung quer zur Kartonhülsenachse und der Kante zur Kartonlage dargestellt ist, gewickelt wird und die Lagen der Hülsen bildet.
Die für eine vollständige Überdeckung erforderliche Streifenbreite folgt in direkter Abhängigkeit aus dem Lagenwinkel und dem Durchmesser der Hülse. Der Lagen- oder Wicklungswinkel kann in Bezug auf die Längsachse der fertigen Hülse angegeben werden (so z.B. bei der in der Patentschrift erörterten US-Patentschrift 3 194 275 [D1]) oder wie im Streitpatent in Bezug auf die Senkrechte quer zur Längsachse. Ein kleiner Lagenwinkel zur Längsachse entspricht demgemäß einem großen Lagenwinkel zur Senkrechten. Die Lagenwinkel, die sich aus den in Patentanspruch 1 angegebenen Kantenlängen ergeben, liegen je nach Hülsendurchmesser zwischen (jeweils mindestens) 40,2€ und 24,1€ zur Längsachse bzw. zwischen (jeweils höchstens) 39,7€ und 65,2€ zur Senkrechten.
Die angestrebte Steigerung der Spannfutterfestigkeit der Hülse (auch als Walkfestigkeit oder dynamische Festigkeit [chuck strength, dynamic strength] bezeichnet) meint die Erhöhung der Fähigkeit einer Kartonhülse, die Belastung beim Auf- und Abrollen des Papiers, also während die Kartonhülse sich dreht, auszuhalten. Die Belastung wirkt zyklisch in radialer Richtung (Z-Richtung) und ist durch das Gewicht der Papierrolle bedingt. Die Beschreibung erläutert, dass ein Hülsenbruch am häufigsten in der dem Spannungsmaximum ausgesetzten Zylinderfläche entstehe (crack breaking mechanism, Abs. 27 = Übers. S. 6, Z. 20 bis 25). Wichtig sei deshalb, dass es dort möglichst wenig potentielle Abrissstellen gebe. Grundidee der Erfindung sei es, hierzu die Länge der Spalte (zwischen den Kartonstreifen) und damit die potentiellen Abrissstellen pro laufenden Meter Hülse zu reduzieren (Beschr. Abs. 31 = Übers. S. 7, Z. 14 bis 17). Es werden mit anderen Worten breitere Streifen (= größere Lagenwinkel zur Senkrechten) verwendet. Für den Stand der Technik gibt die Streitpatentschrift demgegenüber einen nach dem Hülsendurchmesser variierenden Wicklungswinkel von etwa 15€ bis 35€ an (Beschr. Abs. 8 = Übers. S. 2, Z. 21 bis 23).
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die patentgemäße Problemlösung sei auf eine spiralige Kartonhülse und auf ein Verfahren zu deren Herstellung gerichtet und nicht allein auf eine Hülse, die eine verbesserte Spannfutterfestigkeit aufweise. Die tatsächliche Leistung der beanspruchten Erfindung bestehe darin, dass mit den patentgemäßen Kartonhülsen auch schwere Rollen in einer Druckmaschine eingesetzt werden könnten.
Ein solcher Gegenstand sei - auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen - dem Fachmann, einem Maschinenbauingenieur oder Maschinenbautechniker, der über langjährige Erfahrung in der Entwicklung von Kartonhülsen verfüge, durch das finnische Gebrauchsmuster 3004 (D5) jedenfalls nahegelegt. D5 offenbare die Strukturschicht einer Kartonhülse und eine daraus hergestellte Hülse und nenne als Anwendungsbeispiel auch Druckmaschinen in der Papierindustrie. Dabei seien Wanddicken von 13 bis 15 mm und Innendurchmesser der Hülsen von 46 und 150 mm offenbart, ebenso wie die im Streitpatent genannten Geschwindigkeiten. Als typische Wicklungswinkel nenne D5 15€ bis 35€, was umgerechnet Kartonkantenlängen von 3.860 bis 1.743 mm entspreche. Der untere Wert von 1.743 mm decke einen großen Teil des Merkmals 3.3 [1.9] ab und stehe insoweit der Neuheit des Patentanspruchs 7 entgegen. Sofern der Fachmann den Winkel von 35€ lediglich dem kleineren Innendurchmesser zuordnen sollte, seien die Kantenlängen des Kartonstreifens in den genannten Bereichen jedenfalls nahegelegt. Figur 1 der D5 sei zu entnehmen, dass mit zunehmendem Wicklungswinkel weitgehend unabhängig von der Papierqualität eine sehr hohe Zunahme des Elastizitätsmoduls (E-Moduls) der Hülse einhergehe. Der Fachmann sei daher angeregt gewesen, abgesehen von einer besseren Papierqualität auch einen größeren Wicklungswinkel in Betracht zu ziehen, wenn er den steigenden Anforderungen an die Festigkeit der Kartonhülsen Rechnung tragen wolle. Die D5 setze zwar allein auf die Papierqualität, was jedoch mit höheren Kosten verbunden sei. Der Fachmann habe deshalb Anlass gehabt, den Wicklungswinkel in Betracht zu ziehen, um zu Kartonhülsen mit verbesserten mechanischen Eigenschaften zu kommen. Die Festlegung geeigneter Kartonkantenlängen und somit letztlich der Wicklungswinkel für Innendurchmesserbereiche erschöpfe sich damit ausgehend von der D5 in der Bestimmung geeigneter Wicklungswinkelbereiche. Dies liege im Bereich des fachmännischen Könnens. Die Nichteignung bestehender Maschinen zur Herstellung von Kartonhülsen mit großem Wicklungswinkel führe zu keinem anderen Ergebnis, da eine hierfür geeignete Maschine nicht Gegenstand des Streitpatents sei. Der Fachmann werde jedenfalls dadurch nicht abgehalten, sich Gedanken über die Eigenschaften von Kartonhülsen mit großem Wicklungswinkel zu machen.
III. Diese Beurteilung hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
1. Der Gegenstand des Streitpatents, auch der Patentansprüche 7 und 11, ist gegenüber dem finnischen Gebrauchsmuster 3004 (D5) neu (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG, Art. 54 EPÜ).
a) Die Druckschrift beschreibt die Strukturschicht einer spiraligen Kartonhülse und eine Kartonhülse, die eine solche Schicht aufweist. Breite, Dicke und Anzahl der Lagen variieren je nach Dimension und Festigkeitsanforderungen der Hülse. D5 gibt als übliche Messgrößen eine Lagenbreite von 50 bis 250 mm, eine Lagendicke von 0,2 bis 1,2 mm und die Anzahl der Lagen von ungefähr 3 bis 30 an (D5, Übers. S. 4, 3. Absatz). Wie im Streitpatent heißt es, dass die häufigste Hülsengröße einen Durchmesser von etwa 76 mm und eine Wanddicke von 13 oder 15 mm habe und dass die breitesten und schnellsten Druckmaschinen Hülsen mit einem lichten Durchmesser von 150 mm verwendeten (D5, Übers. S. 4, vorletzter Absatz).
Bei Hochleistungs-Druckmaschinen werde gegen Ende des Abrollens ein sogenannter fliegender Rollenwechsel durchgeführt, d.h. die Bahn für eine neue Papierrolle werde bei voller Geschwindigkeit mit der nahezu abgerollten Bahn verbunden. Damit der Rollenwechsel gelinge und die Resthülse wegen der hohen Laufgeschwindigkeit nicht in ihren Eigenschwingungsbereich und ins Vibrieren gerate, müsse die Hülse ausreichend steif und fest sein. Darum sei bei den breitesten Druckmaschinen der Hülsendurchmesser auf 150 mm erhöht worden. Aufgrund der weiteren Erhöhung der Geschwindigkeit gelange man jedoch wieder in den riskanten Bereich der Eigenschwingung der Restrolle. Um eine weitere Zunahme des lichten Durchmessers der Hülse zu vermeiden, müsse die Steifigkeit der Hülse auf die eine oder andere Weise erhöht werden (D5, Übers. S. 6, 2. u. 3. Absatz). Für die Hülsensteifigkeit sei der axiale Faktor entscheidend. Wegen der Spiralwicklung wirke jedoch der Elastizitätsmodul des Kartons in Maschinenrichtung mehr oder weniger in Umfangsrichtung und in Maschinenquerrichtung mehr oder weniger axial (D5, Übers. S. 7, 1. Absatz). Durch Optimieren des Verhältnisses des in Maschinenrichtung laufenden Kartons zu dem in Maschinenquerrichtung angeordneten Karton und durch Einstellung der Konstruktion einer spiralig gewundenen Hülse (Wicklungswinkel) könne die Festigkeit der Hülse zwar in gewissem Maße beeinflusst werden. Diese Möglichkeiten seien jedoch begrenzt und reichten zum Lösen des Problems nicht aus (D5, Übers. S. 7, 2. Absatz). D5 schlägt deshalb Strukturschichten für spiralige Hülsen vor, die einen hohen Elastizitätsmodul aufweisen. Ein solcher werde erreicht, wenn die in D5 vorgeschlagenen Kartonhülsen beispielsweise durch ein im Stand der Technik bekanntes Presstrocknungsverfahren hergestellt würden (D5, Übers. S. 8, 5. Absatz). Dadurch werde der Elastizitätsmodul der Strukturschichten bei Verwendung der üblichen Wicklungswinkel von 15€ bis 35€ deutlich erhöht (D5, Übers. S. 8, letzter Absatz bis S. 9, Z. 1). Unter Bezugnahme auf Figur 1 wird dies abschließend nochmals erläutert (D5, Übers. S. 10, letzter Absatz bis S. 11). Anspruch 1 ist auf eine Strukturschicht gerichtet, deren Elastizitätsmodul in Maschinenquerrichtung wesentlich höher als 5000 MPa ist, Anspruch 7 auf eine spiralig gewickelte Kartonhülse, deren Kern aus Strukturschichten besteht, von denen wenigstens eine einem Elastizitätsmodul in Maschinenquerrichtung von wenigstens 5000 MPa und in Maschinenrichtung von wenigstens 8000 MPa aufweist.
b) Das Patentgericht meint, da die in der D5 als typisch bezeichneten Wicklungswinkel von 15€ bis 35€ Kantenlängen von 3.860 bis 1.743 mm entsprächen, decke der untere Wert bei einem Innendurchmesser von 163 bis 165 mm einen Großteil des Merkmals 3.3 [1.9] (< 2.450 mm) ab. Zwar ordne die D5 den Angaben zum Wickelwinkel keine Durchmesserangaben zu. Gegen das Verständnis der Beklagten, der Fachmann ordne dem kleineren Innendurchmesser von 76 mm den Winkel von 35€ und dem größeren von 150 mm den kleineren Winkel von 15€ zu, weil dies üblich gewesen sei, spreche, dass die D5 den Winkelbereich als üblich bezeichne, zumal keine "gänzlich abwegigen" Winkelbereiche angegeben seien.
Für eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung des Merkmals 3.3 genügt dies nicht. Wenn die Entgegenhaltung die Zuordnung zwischen Durchmesser und Winkel nicht vornimmt, könnte sie allenfalls kraft Fachwissens vom Fachmann "mitgelesen" werden. Angesichts des unwiderlegten Vorbringens der Beklagten, dass das Gegenteil der vom Patentgericht angesehenen Zuordnung üblich gewesen sei und zur Herstellung von Kartonkernen mit bestimmten Durchmessern stets auch Kartonstreifen mit bestimmter Breite verwendet worden seien, kann davon keine Rede sein, zumal das Patentgericht erkennt, dass diese - wenn auch aus seiner Sicht nicht gänzlich abwegige - Zuordnung zumindest technisch wenig Sinn ergibt.
2. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts war der Gegenstand des Streitpatents durch die D5 auch nicht nahegelegt (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG, Art. 56 EPÜ).
a) Aus D5 erhielt der Fachmann keine Anregung zur Gestaltung eines Verfahrens und einer Kartonhülse nach dem Streitpatent.
Das Patentgericht hat angenommen, die D5 setze allein auf eine Erhöhung der Papierqualität, die jedoch mit höheren Kosten verbunden sei. Daher habe für den Fachmann Veranlassung bestanden, eine Veränderung des Wicklungswinkels in Betracht zu ziehen, um Kartonhülsen mit verbesserten mechanischen Eigenschaften zu schaffen. In Figur 1 der D5 sei der Zusammenhang zwischen größerem Wicklungswinkel und steigendem Elastizitätsmodul gezeigt. Dem Diagramm sei eindeutig und unzweifelhaft zu entnehmen, dass mit zunehmendem Wicklungswinkel eine sehr hohe Zunahme des Elastizitätsmoduls einhergehe.
b) Diese Beurteilung trifft nicht zu. Wie bereits ausgeführt und vom Patentgericht insoweit auch richtig gesehen, erstrebt D5, einen hohen Materialkennwert (Elastizitätsmodul) der Kartonhülsen durch Herstellung des Kartons in einem Presstrocknungsverfahren zu erreichen. Eine höhere Spannfutterfestigkeit oder Delaminationsfestigkeit als zu erreichendes Ziel ist nicht angesprochen. Bei der Darstellung des technischen Problems ist angegeben, beispielsweise könne auch die Änderung des Wicklungswinkels die Beschaffenheit der Hülse in gewissem Maße beeinflussen; die Möglichkeiten seien jedoch begrenzt und reichten zum Lösen des Problems nicht aus (D5, Übers. S. 7, 2. Absatz). Bei der Beschreibung der Erfindung ist weiter ausgeführt, dass die Verwendung des neuen Strukturschichtenmaterials den Steifheitsanforderungen genüge und keine Notwendigkeit bestehe, die Hülsenkonstruktion außer hinsichtlich des Rohstoffs noch auf irgendeine andere Weise zu ändern (D5, Übers. S. 9, 2. Absatz). Angesichts dieser eindeutigen Angaben ergibt sich entgegen der Auffassung des Patentgerichts keine Anregung, den Wicklungswinkel zu verändern, insbesondere im Sinne der Erfindung (deutlich) zu vergrößern. Der Fachmann wird - im Gegenteil - dazu angehalten, allein das Strukturschichtenmaterial zu verändern, um so eine weitere Durchmessererhöhung vermeiden zu können.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Darstellung in Figur 1 der Schrift. Zunächst ist zu beachten, dass die Beschreibung, wie bereits erwähnt, die Figur dahin erläutert, dass sie Elastizitätsmodulwerten erfindungsgemäßer Hülsen solche konventioneller Hülsen gegenüberstelle und zeige, dass der Elastizitätsmodul einer erfindungsgemäßen Strukturschicht in Maschinenquerrichtung eine wesentliche Wirkung auf den Gesamtelastizitätsmodul einer fertiggestellten Spiralhülse hat. Schon dies wird die Aufmerksamkeit des Fachmanns nicht auf den rechten Bereich der graphischen Darstellung lenken, in dem Wicklungswinkel von 40€ bis 90€ aufgetragen sind, die - wie die Beklagte unwidersprochen dargelegt hat - in der Praxis nicht verwendet worden sind und jedenfalls nicht ohne weiteres mit den vorhandenen Maschinen realisiert werden konnten. Dies hätte den Fachmann - auch mangels irgendwelcher Angaben dazu in der Beschreibung - zudem daran zweifeln lassen müssen, ob es sich insoweit um empirisch ermittelte Werte handelt, zumal bei einem der beiden Vergleichspaare etwa ab einem Winkel von 70€ der Elastizitätsmodul der konventionellen Hülse denjenigen der erfindungsgemäßen Hülse übersteigt. Bei Winkeln zwischen 15€ und 35€ ergibt sich hingegen nur ein geringfügiger Anstieg des E-Moduls, der deutlich hinter demjenigen zurückbleibt, der sich mit der erfindungsgemäßen Verbesserung der Kartonstruktur erreichen lässt. Hieraus ergibt sich kein Anlass für den Fachmann, die Lehre der D5 in ihr Gegenteil zu verkehren.
Dies gilt umso mehr, als die D5 hervorhebt, dass es für die gewünschte Steifigkeit der Hülse vor allem auf den E-Modul in axialer Richtung ankommt, die Wicklung aber dazu führt, dass die höhere Steifigkeit des Kartonstreifens in Längsrichtung sich mehr oder weniger in einem höheren E-Modul in Umfangsrichtung niederschlägt. Daher soll durch die Strukturverbesserung vor allem die Steifigkeit in Querrichtung erhöht werden, die im Ergebnis den Elastizitätsmodul in Maschinenrichtung verbessert. Wie die Berufung zu Recht geltend macht, spricht dies eher gegen eine Vergrößerung des Wicklungswinkels, die die "Axialwirkung" der Verbesserung des Elastizitätsmoduls in Querrichtung abschwächen muss. Da es im Ergebnis auf die axiale Steifigkeit ankommt und diese in Längsrichtung der Kartonstreifen per se größer ist, ist es nachvollziehbar, dass Figur 1 bei deutlich größeren Winkeln auch einen höheren E-Modul ausweist. Die "Pointe" der D5 liegt aber gerade darin, auch bei den sich aus den üblichen Kartonbreiten ergebenden kleineren Winkeln die axiale Steifigkeit der Hülse durch eine höhere Steifigkeit der Kartonstreifen in Querrichtung signifikant verbessern zu können. Dem kann nicht die Anregung entnommen werden, das Gegenteil zu tun.
IV. Das Urteil des Patentgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend. Der Gegenstand des Streitpatents wird auch durch die übrigen Entgegenhaltungen weder vorweggenommen noch nahegelegt.
1. Das bereits in der Streitpatentschrift erörterte US-Patent 3 194 275 (D1) betrifft eine spiralförmig gewickelte Papierhülse zum Aufwickeln von schwerem Bahnmaterial wie etwa Teppichen und dergleichen. Das schwere Material werde in der Regel in langen Stücken auf den hülsenförmigen Träger gewickelt, der deshalb eine hohe Beständigkeit gegenüber radialer Stauchung (= Flachstauchfestigkeit oder Scheitelstauchwiderstand) als auch eine hohe Trägerfestigkeit aufweise, die anhand der Fähigkeit der Hülse gemessen werde, einer zentral positionierten Last standzuhalten, während die Hülse nur an ihren Enden gestützt werde (D1, Sp. 1, Z. 25 bis 30 = Übers. S. 3, letzter Absatz bis S. 4, Z. 1). Dabei seien spiralförmig gewickelte gegenüber schraubenförmig gewickelten Hülsen kostengünstiger herzustellen. Vor diesem Hintergrund schlägt D1 eine aus Papierstreifen spiralförmig gewickelte Hülse vor, bei der der Wicklungswinkel der Papierstreifen im Bereich zwischen 15€ und 27€ (Sp. 2, Z. 25 = Übers. S. 5 unten) bei einem bevorzugten Winkel von 17€ liegt, so dass die lange Achse der Streifen und die Fasern in den Streifen parallel sehr nahe zur Hülsenachse liegen.
D1 betrifft nicht erkennbar Kartonhülsen für die Papierindustrie; die Schrift bezeichnet in der einleitenden Passage zwar die Verwendung von mehrlagigen Papierhülsen als Träger für Bahnmaterial wie Papier, Stoff, Teppichmaterial usw. als übliche Praxis. Bei der Beschreibung der Erfindung ist jedoch ausdrücklich nur Teppichmaterial erwähnt. Auch die Wandstärke der Hülse ist in D1 nicht besonders hervorgehoben. Sie ist im Rahmen einer Maßhaltigkeitsprüfung mit 0,150 inches, d.h. 3,8 mm bezeichnet (D1, Sp. 5, Z. 2 bis 5 = Übers. S. 10, letzte Zeile, vgl. auch Fig. 5). Demgegenüber ist die Wandstärke der Hülse im Streitpatent in Merkmal 2.1 [1.3] mit 10 mm oder mehr angegeben. Der Gegenstand des Streitpatents ist damit neu gegenüber D1.
2. Das US-Patent 5 505 305 (D8) offenbart eine Wickelhülse aus Karton mehrerer Qualitäten. Dabei werden feste Kartonmaterialien höherer Dichte in mehreren Lagen angeordnet, um den Innendurchmesser des Wickelkerns zu reduzieren (D8, Sp. 3, Z. 51 bis 55 = Übers. S. 11, letzter Absatz). Die Schrift schlägt in den Patentansprüchen eine hülsenförmige Körperwand aus einer Vielzahl von Kartonlagen vor, wobei die zentrale Kartonlage aus einem Karton erster Dichte gebildet ist und die radial innen und radial außen angeordneten Kartonlagen eine um mindestens 3% höhere Dichte als die zentrale Kartonlage aufweisen. Unter anderem in Patentanspruch 5 wird die Dichte der Kartonlagen mit mehr als 0,7 g/cm3 angegeben. Die Gesamtoffenbarung der Schrift zielt danach - ebenso wie D5, die denselben Effekt mittels des Presstrocknungsverfahrens erreicht - darauf ab, eine höhere Widerstandsfähigkeit und eine höhere Beständigkeit gegenüber einer Verformung des Innendurchmessers der Kartonhülse dadurch zu erreichen, dass Werkstoffe oder Kartons mit höherer Dichte verwendet werden. Die erfindungsgemäßen Kantenlängen sind weder als solche noch als Wicklungswinkel offenbart.
3. Der Gegenstand des Streitpatents ist auch gegenüber der Produktbeschreibung des Hülsenwicklers von Appleton (Appleton Core Winder, FG 2) neu. In der Broschüre ist eine Breite der Kartonstreifen von 8 1/2 inches = 215,9 mm und ein Durchmesserbereich von bis zu 60 inches = 1.524 mm erwähnt. Weiter ist angegeben, dass Winkel, Durchmesser, Wanddicke und Papierbreite leicht, schnell und sicher einstellbar seien. Eine Offenbarung der Merkmalsgruppe 3 des Streitpatents kann FG 2 jedoch nicht entnommen werden. Insbesondere sind die Kantenlängen des Kartonstreifens nicht mit einem bestimmten Maß des Innendurchmessers in Beziehung gesetzt.
4. Auch der Artikel von Spinatsch betreffend Qualitätsunterschiede bei und Qualitätsprobleme mit Spiral-Wickelhülsen (Papier + Kunststoff-Verarbeiter 8-84, S. 38 bis 42, FG 3) steht der Neuheit nicht entgegen. Der Autor legt zunächst dar, dass spiralgewickelte Kartonhülsen abhängig von ihrem Einsatzzweck spezifische Eigenschaften aufweisen und bestimmten Anforderungen genügen müssten. Diese Qualitätsmerkmale werden in dem Artikel in einer Tabelle bezogen auf die Hülsenart dargestellt. Ferner werden Berechnungsmodi für die Dimensionen einer Wickelhülse mit Blick auf Innen- und Außendurchmesser, Wandstärke, Länge und Qualitätsunterschiede hinsichtlich des Kartonmaterials sowie die Anpassungsvorschläge bei Maßveränderungen dargelegt. Damit offenbart der Artikel verschiedene Kriterien, auf die es bei der Hülsenherstellung ankommt oder ankommen kann; die Merkmale der Ansprüche des Streitpatents sind jedoch nicht offenbart. Auch über Einfluss und Ausgestaltung des Lagenwinkels enthält der Artikel keine Angaben.
5. Es ist nicht dargetan und auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für den Senat nicht erkennbar, inwiefern sich aus einer dieser Schriften oder einer möglichen Kombination mit einer anderen oder der D5 eine Anregung zu der erfindungsgemäßen Lehre ergeben sollte.
a) D1 beschreibt Kartonhülsen zum Aufwickeln schwerer Textil- oder Teppichmaterialien, bei denen eine hohe Beständigkeit gegenüber radialer Stauchung (Flachstauchfestigkeit) und eine hohe Trägerfestigkeit erwünscht ist, die anhand der Fähigkeit der Hülse gemessen wird, einer zentral positionierten Last stand zu halten, während die Hülse nur an ihren Enden gestützt wird (high resistance to radial crushing and a high beam strength which, as is well known, is measured by the ability oft he tube to withstand a centrally positioned load with the tube supported only at ist ends, D1 Sp. 1, Z. 27 bis 30 = Übers. S. 1 unten). Diese Anforderung ist der Belastung der Hülsen durch das auf sie aufgerollte, schwere Material geschuldet; ein Durchbiegen der Hülse, die das Gewicht der ganzen Papierrolle tragen muss, soll vermieden werden. Wird nun, wie in D1 vorgeschlagen, bei einer Hülse, die einer zentral positionierten Last stand halten soll, durch die Wahl bestimmter Wicklungswinkel die Träger- und radiale Stauchfestigkeit verbessert, verbessern sich, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, dadurch nicht zwangsläufig die Laufeigenschaften der Hülse. Nach der Lehre des Streitpatents kommt es gerade darauf an, die Fähigkeit der Hülse, die Belastung beim schnellen Auf- und Abrollen des Papiers auszuhalten, zu steigern. Eine Erhöhung der hierfür erforderlichen Spannfutterfestigkeit durch Maßnahmen, die in der D1 dem Problem der radialen Stauchung entgegenwirken sollen, war aus der Sicht des Fachmanns nicht zwangsläufig zu erwarten; von einer erforderlichen Spannfutterfestigkeit oder gar deren notwendiger Erhöhung ist in D1 nicht die Rede. Der Fachmann hätte demnach aus D1 keine Anregung entnommen, die dort offenbarten Lagenwinkel für eine Hülse, deren Spannfutterfestigkeit verbessert werden soll, vorzusehen. Schließlich lässt sich aus D1 auch keine Anregung für den Fachmann ableiten, die Wanddicke der Hülsen maßgeblich zu vergrößern. Die Wanddicke der Hülsen, die der gerichtliche Sachverständige als maßgeblichen Faktor bei der Herstellung von Kartonhülsen bezeichnet hat, ist in D1 nur beiläufig und mit einem sehr deutlich niedrigeren Wert (3,8 mm) als im Streitpatent erwähnt.
b) Angesichts des unterschiedlichen Inhalts der D5 und der D1 hatte der Fachmann auch keinen Anlass, aus diesen Schriften jeweils bekannte Parameter oder Gestaltungsmerkmale im Sinne des Streitpatents miteinander zu kombinieren. D5 betrifft Schwerlasthülsen mit einer Wanddicke von mehr als 10 mm, bei denen, wie das Streitpatent ausführt, die Notwendigkeit besteht, die Spannfutterfestigkeit zu verbessern. D1 offenbart demgegenüber Kartonkerne für Teppichmaterial, die, nicht zuletzt wegen ihrer geringen Wanddicke, bei geringen Wickelgeschwindigkeiten verwendet werden. Von einer etwa erforderlichen Spannfutterfestigkeit ist, wie ausgeführt, in D1 nicht die Rede. Die Kartonhülsen der D5 und der D1 sind sonach aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung auch unterschiedlichen dynamischen Prozessen und Belastungen unterworfen. Bei dieser Sachlage hatte der Fachmann keine Veranlassung, die D1 zur Verbesserung einer Schwerlastkartonhülse heranzuziehen. Dazu hätte es vielmehr der in den entgegengehaltenen Schriften nicht offenbarten Erkenntnis bedurft, dass durch die erfindungsgemäße Verkürzung der Kantenlänge die Delaminationsgefahr verringert werden und damit die Spannfutterfestigkeit verbessert werden kann.
c) Die übrigen Entgegenhaltungen kommen dem Streitpatent nicht näher.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Richter Dr. Grabinski kann Bacher wegen Urlaubsabwesenheit nicht unterschreiben. Meier-Beck Hoffmann Schuster Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.03.2011 - 1 Ni 19/09 (EU) -
BGH:
Urteil v. 12.06.2014
Az: X ZR 96/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/40ac496cfcff/BGH_Urteil_vom_12-Juni-2014_Az_X-ZR-96-11