Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 9/06

(BPatG: Beschluss v. 22.11.2006, Az.: 26 W (pat) 9/06)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2005 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 22. November 2005 die Anmeldung der Wortmarke Zeit zu Zweitfür die Dienstleistungen der Klasse 39:

Transport- und Lagerwesen; Beförderung von Personen und Gütern, insbesondere mit Kraftfahrzeugen, Schienenfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen; Gepäckträgerdienste; Transport von Geld- und Wertsachen;

Veranstaltung, Buchung und Vermittlung von Reisen, Exkursionen und Kreuzfahrten;

Vermittlung von Transportleistungen;

Vermietung von Taucheranzügen;

Veranstaltung, Buchung und Vermittlung von Ausflugsfahrten, Tagestouren und Stadtbesichtigungen; Reiseberatung und Reisebegleitung;

Vermietung, Buchung und Vermittlung von Flugzeugen; Vermietung Buchung und Vermittlung von Schiffen, insbesondere Ruder- und Motorbooten, Segelschiffen und Kanus; Vermietung, Buchung und Vermittlung, von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern, Pferden, Taucherausrüstungen (soweit in Klasse 39 enthalten);

Verpackung und Lagerung von Waren; Zustellung von Paketen;

Organisation von Ausflügen, Urlaubsaufenthalten und Besichtigungen;

Dienstleistungen und Betrieb eines Reisebüros (soweit in Klasse 39 enthalten), insbesondere Beratung und Buchung von Reisen, Informationen über Reisen sowie Vermittlung von Verkehrsdienstleistungen und Reisen; Reservierungsdienste (soweit in Klasse 39 enthalten);

Informationen über Reisen im Internet, insbesondere über Reservierung und Buchung im Bereich Touristik und der Geschäftsreisen (Online travel agencies); alle vorgenannten Dienstleistungen, insbesondere im Reise- und Freizeitbereich;

Austragen, Versenden und Zustellen von Zeitungen und Zeitschriften;

Beratung mittels Hotline oder Callcenter auf dem Gebiet des Tourismus, des Transport- und Lagerwesens;

Standortermittlung von Personenfahrzeugen mittels Computer Klasse 41:

Ausbildung und Fortbildung sowie Erziehungsberatung Unterricht insbesondere Fernunterricht und Sprachunterricht; Unterhaltung; Film- und Videoproduktion; Produktion von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Film- und Videoverleih, Film- und Videovorführungen; Künstlervermittlung; Künstlerdienste (Unterhaltung); Musikdarbietungen; Zirkusdarbietungen; Volksbelustigungen; Theateraufführungen; Organisation und Durchführung, von Kinderbetreuungsdienstleistungen (Unterhaltung, Erziehung außerhalb der Schule); Organisation von Ferienaufenthalten (Unterhaltung);

Veranstaltung und Durchführung von Sport- und Sprachunterricht sowie Filmvorführungen und Musikdarbietungen;

Betrieb von Gesundheitsclubs (soweit in Klasse 41 enthalten), Trainingsclubs, Fitnessstudios, Golfplätzen, Tennisplätzen, Reitanlagen, Kindergärten (Erziehung, Unterhaltung), Kinos, Diskotheken, Museen, Spielhallen, Sportcamps, Sportanlagen und Vergnügungsparks;

Vermietung und Vermittlung von Sporttaucherausrüstungen; Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe; Organisation und Veranstaltung kultureller und sportlicher Ereignisse;

Reservierungsdienste (soweit In Klasse 41 enthalten) für sportliche, wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen;

Betrieb von Internetcafes (soweit in Klasse 41 enthalten), insbesondere zum Zweck der Unterhaltung und Weiterbildung;

Online angebotene Spieldienstleistungen;

Vermietung von bespielten Datenträgern (Filme, Musik, Spiele), Projektionsapparaten und deren Zubehör (soweit in Klasse 41 enthalten); Vermietung von Zeitungen und Zeitschriften, Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckereierzeugnissen auch in Form von elektronischen Medien einschließlich CD-ROMs;

Herausgabe von Druckschriften, insbesondere von Büchern, Zeitschriften, Katalogen und Zeitungen, einschließlich in elektronischer Form auch im Internet;

Videofilmproduktion, nämlich Aufzeichnung von Videobändern; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Dienstleistungen eines Freizeit- und Vergnügungsparks auf dem Gebiet der Erziehung und Unterhaltung;

Dienstleistungen eines Dolmetschers und eines Übersetzers; Photographieren;

Rundfunkunterhaltung, Fernsehunterhaltung;

Beratung mittels Hotline oder Callcenter auf dem Gebiet der Erziehung und Unterhaltung;

Beratung mittels Hotline oder Callcenter auf dem Gebiet der Reservierungsdienste für sportliche, wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen;

Informationen über Unterhaltung und Unterhaltungsveranstaltungen via Onlinenetzen und Internet;

Klasse 43:

Beherbergung und Verpflegung von Gästen;

Zimmervermittlung; Vermittlung sowie Vermietung von Ferienhäusern, Ferienwohnungen und Appartements; Zimmerreservierung und Hotelreservierung; Betrieb von Hotels, Pensionen und Motels;

Catering;

Dienstleistungen von Pensionen und Hotels; Vermietung von Versammlungsräumen; Betrieb von Restaurants und Bars;

Verpflegung von Gästen in Internetcafes;

Beratung mittels Callcenter oder Hotline auf dem Gebiet der Zimmervermittlung, Vermittlung und Vermietung von Ferienhäusern, der Zimmerreservierung und Hotelreservierung sowie der Beherbergung und Verpflegung von Gästengemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldete Wortfolge für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Es handele sich um einen reinen Werbeslogan, dem Verbraucher lediglich eine sachbezogene, schlagwortartig anpreisende Werbeaussage entnähmen. Bei der Wortfolge "Zeit zu Zweit" handele es sich um eine feststehende Redewendung, die dem angesprochenen Publikum allgemein als Umschreibung eines als besonders positiv und angenehm empfundenen Zeitabschnitts geläufig sei. Daher werde darin kein individualisierendes Betriebskennzeichen eines bestimmten Unternehmens gesehen. Ob auch ein Freihaltebedürfnis besteht, hat die Markenstelle dahinstehen lassen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie hat in der mündlichen Verhandlung das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis beschränkt und erklärt, dass sie nur noch Schutz begehre für die Dienstleistungen

"Lagerwesen, Verpackung und Lagerung von Waren;

Standortermittlung von Personenfahrzeugen mittels Computer; Dienstleistungen eines Dolmetschers und Übersetzers".

Die Anmelderin ist der Auffassung, die angemeldete Marke verfüge jedenfalls insoweit über die erforderliche Unterscheidungskraft, auch ein Freihaltebedürfnis stehe der Anmeldung insoweit nicht entgegen.

Die Anmelderin beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im Umfang des zuletzt gestellten Antrags begründet. Für die nach der erfolgten Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen entbehrt die angemeldete Marke weder der Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch stellt sie eine unter das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallende beschreibende Angabe dar.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 74 m. w. N.). Werden zwei rein beschreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43 - biomild).

Nach diesen Grundsätzen kann der hier zu beurteilenden Wortmarke die Eignung zur Identifizierung des Erbringers der beanspruchten Dienstleistungen für die noch beanspruchten Dienstleistungen - anders als für die nunmehr nicht mehr beanspruchten Dienstleistungen - nicht abgesprochen werden. Die Wortfolge "Zeit zu Zweit" spricht allgemein verständlich einen Zeitraum im Freizeitbereich an, den zwei Menschen für sich gemeinsam beanspruchen und den sie miteinander verbringen. In einem solchen Zeitraum können Freizeitaktivitäten jeglicher Art unternommen werden, wie sie etwa im Rahmen der ursprünglich zum Schutz angemeldeten Dienstleistungen von einem Veranstalter angeboten werden können.

Dies gilt aber nicht mehr für die nun noch beanspruchten Dienstleistungen "Lagerwesen, Verpackung und Lagerung von Waren; Standortermittlung von Personenfahrzeugen mittels Computer; Dienstleistungen eines Dolmetschers und Übersetzers". Diese Dienstleistungen weisen zu zweisamen Tätigkeiten im Freizeitbereich keinerlei Bezug auf. Insoweit ist die beanspruchte Wortfolge nichtssagend und in diesem - engen - Rahmen geeignet, vom Verkehr als betriebskennzeichnende Angabe angesehen zu werden.

Die angemeldete Marke kann daher nicht mangels Unterscheidungskraft von der Eintragung für die noch beanspruchten Dienstleistungen ausgeschlossen werden.

Ebenso wenig ist ein Freihaltebedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG feststellbar. Es sind nach dem oben Gesagten keine Umstände ersichtlich, aus denen heraus die Bezeichnung "Zeit zu Zweit" als konkret beschreibende Angabe über den Gegenstand der angemeldeten Dienstleistungen zugunsten der Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste.






BPatG:
Beschluss v. 22.11.2006
Az: 26 W (pat) 9/06


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