Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 233/03

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2004, Az.: 26 W (pat) 233/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die ua für die Waren

"Mineralwässer, alkoholfreie Getränke"

eingetragene Marke 301 53 610 Saint Georgesist - nur - gegen die vorgenannten Waren Widerspruch erhoben worden aus der Marke 1 178 880 St. Gerodie für die Waren

"natürliches Heilwasser und Mineralwasser"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die sich gegenüberstehenden Marken seien zwar teilweise zur Kennzeichnung identischer und sich im übrigen wirtschaftlich nahestehender Waren bestimmt, so daß - ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - ein deutlicher Abstand der Marken erforderlich sei, um die Gefahr von Verwechslungen hinreichend auszuschließen. Die angegriffene Marke halte den erforderlichen Abstand jedoch ein, denn die sich gegenüberstehenden Marken unterschieden sich sowohl in klanglicher, begrifflicher sowie schriftbildlicher Hinsicht ausreichend voneinander. Die beiden Kenzeichnungen stimmten zwar in der Lautfolge "S-t-G-er" überein, im übrigen bestünden aber deutliche klangliche Unterschiede. Der Übereinstimmung in der Buchstabenfolge "S-t" komme wenig Gewicht zu, da die Begriffe "Sankt" bzw "St." oder "Saint" in bezug auf die betreffenden Waren nicht besonders kennzeichnungskräftig seien, da diese Bestandteile oft verwendet würden, um darauf hinzuweisen, daß in den entsprechenden Getränken Quellwasser mit einer heilenden und gesundheitsfördernden Wirkung enthalten sei. Die weiteren Markenbestandteile "Georges" und "Gero" unterschieden sich deutlich. Bei naheliegender französischer Aussprache des Wortes "Georges" trete die Übereinstimmung im zweiten Buchstaben "e" nicht in Erscheinung. Das Markenwort der Widerspruchsmarke "Gero" sei zweisilbig, während die angegriffene Marke bei französischer Aussprache einsilbig sei. Zudem ende dieses Wort mit dem dunkelklingenden Vokal "o". Ebenso bestehe keine begriffliche Ähnlichkeit, da die Bestandteile "Saint" und "St." kennzeichnungsschwach seien und "Georges" an einen französischen männlichen, "Gero" an einen deutschen männlichen Vornamen erinnere.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach besteht die Gefahr, daß die sich gegenüberstehenden Marken verwechselt würden. Dafür spreche, daß der Verkehr die beiderseitigen Kennzeichnungen in aller Regel nicht gleichzeitig wahrnehme und er deshalb regelmäßig nur undeutliche Erinnerungen an sie besitze. Schließlich handele es sich hier um Waren des täglichen Bedarfs, denen der Verkehr nur eine verminderte Aufmerksamkeit schenke. Aufgrund langjähriger und intensiver Benutzung könne die Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft beanspruchen. Auch wegen der teilweisen Identität der beiderseitigen Waren seien an den Abstand der beiden Marken strenge Anforderungen zu stellen, den die angegriffene Marke jedoch nicht einhalte. In ihrer Gesamtheit ähnelten sich die Kennzeichnungen in klanglicher Hinsicht erheblich. Da der durchschnittliche deutsche Verbraucher über keine Französischkenntnisse verfüge, sei damit zu rechnen, daß er die jüngere Marke "Saint Georges" nicht französisch, sondern vielmehr wie "Seint" und "Georges" ausspreche. Die besonders bedeutsamen Wortanfänge beider Marken seien damit quasi identisch, so daß beide Kennzeichnungen im Kern letztlich wie "Sankt Geo" klingen würden. Aufgrund entsprechender Überlegungen bestehe auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr sowie die Gefahr, daß die Marken gedanklich in Verbindung gebracht würden.

Dementsprechend beantragt die Widersprechende die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Markeninhaber haben sich auf den Antrag beschränkt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke "Saint Georges" und der Widerspruchsmarke "St. Gero" keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922 - Canon"). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke.

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von Warenidentität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind für "Mineralwässer" bestimmt. Selbst wenn die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugunsten der Widersprechenden als erhöht unterstellt wird und deshalb an den Abstand der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen danach erhebliche Anforderungen zu stellen sind, ist dieser gewahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH, aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw).

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung unterscheiden sich die beiderseitigen Marken in ihrer Gesamtheit hinreichend deutlich voneinander. Zunächst ist davon auszugehen, daß ein - wenn auch geringerer - Teil des inländischen Verkehrs die jüngere Kennzeichnung "Saint Georges" als französische Wörter erkennen und dementsprechend etwa wie "sän gorsch" aussprechen wird, so daß in diesem Fall eine klangliche Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke "St. Gero" nicht besteht. Selbst wenn mit der Widersprechenden davon ausgegangen wird, daß der durchschnittliche deutsche Verbraucher nicht über die erforderlichen Französischkenntnisse verfügt und die jüngere Marke deshalb wie "Saint Georges" ausspricht, ist der erforderliche klangliche Abstand zur Widerspruchsmarke "St. Gero" insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Silbenzahl von "Georges" gegenüber "Gero" und der deutlich unterschiedlichen Endsilben "-ges" und "-ro" gewahrt. Der Umstand, daß die beiden Zeichenanfänge "Saint" und "St." (gesprochen: "Sankt") häufig und gleichsinnig verwendet werden, vermag eine Ähnlichkeit in klanglicher Hinsicht nicht zu begründen. Zum einen unterscheidet sich das Wort "Saint" sowohl bei deutscher als auch französischer Aussprache deutlich von dem deutschen Wort "Sankt". Im übrigen werden die Begriffe "Sankt", "St." oder "Saint" nicht selten für Kennzeichnungen von Mineralwässern verwendet, um auf die Herkunft dieser Getränke aus bestimmten Quellen hinzuweisen, weshalb die angesprochenen Verbraucher verstärkt auf die weiteren Markenbestandteile achten.

Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte für eine etwaige schriftbildliche Verwechslungsgefahr vor. Bereits aufgrund der unterschiedlichen Wortlängen von "Saint" und "St." sowie der Mehrsilbe von "Georges" ist eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Schließlich besteht auch nicht die Gefahr, daß die angesprochenen Verkehrskreise die beiden Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringen. Die hierfür von der Widersprechenden angeführte (begriffliche) Ähnlichkeit der Zeichenanfänge reicht für eine derartige Annahme schon deshalb nicht aus, weil diese Worte im Zusammenhang mit Mineralwässern keineswegs selten verwendet werden und bereits aus diesem Grund nicht geeignet sind, auf die Widersprechende hinzuweisen.

Die Beschwerde der Widersprechenden mußte deshalb erfolglos bleiben.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Vorsitzender Richter Albert ist infolge Urlaubs an der Unter-

schriftsleistung gehin-

dert.

Kraft Reker Kraftbr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 24.03.2004
Az: 26 W (pat) 233/03


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