Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Februar 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 53/05

(BPatG: Beschluss v. 28.02.2007, Az.: 32 W (pat) 53/05)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 12. Juni 2003 angemeldete Wortmarke LUCKY RINGS wurde am 11. September 2003 für folgende Waren in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen:

"für die menschliche Ernährung zubereitete Getreidepräparate, insbesondere Müslis, Cerealien, Haferflocken und andere Getreideflocken".

Widerspruch erhoben ist aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 1 095 421 (angemeldet am 5. März 1999)

RINGO welche u. a. für

"Getreidepräparate"

Schutz genießt.

Die Markenstelle für Klasse 30 hat in einem ersten Beschluss vom 28. Juli 2004 den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auch unter Berücksichtigung der teilweisen Warenidentität bzw. hohen Warenähnlichkeit sowie der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke werde der zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr erforderliche deutliche Abstand der Marken gewahrt. In der jüngeren Marke stünden die Bestandteile "LUCKY" und "RINGS" gleichberechtigt nebeneinander. Mithin werde diese Marke nicht durch "RINGS" geprägt; der Verkehr habe auch keinen Anlass zu einer Verkürzung auf diesen zweiten Bestandteil. In der Gesamtheit sei keine klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeit vorhanden. Die Vergleichsmarken stimmten auch im Sinngehalt nicht überein; bei "LUCKY RINGS" handele es sich um eine aus zwei Wörtern des englischen Grundwortschatzes gebildete Marke mit der Bedeutung "glückliche Ringe", während "RINGO" ein männlicher Vorname sei.

Die Erinnerung der Widersprechenden ist durch Beschluss einer Regierungsangestellten im höheren Dienst derselben Markenstelle vom 16. März 2005 zurückgewiesen worden.

Die durch den in der angegriffenen Marke enthaltenen Wortbestandteil "LUCKY", welcher im Widerspruchszeichen keine Entsprechung finde, bewirkte Abweichung betreffe die Hälfte der sich gegenüberstehenden Marken und sei weder überhörbar, noch übersehbar. In der jüngeren Marke sei "RINGS" nicht selbständig kollisionsbegründend. Dieses Wort verbinde sich mit dem voranstehenden Adjektiv "LUCKY" zu einem einheitlichen Ausdruck ("glückliche Ringe/Glücksringe"). Dass "LUCKY" wegen zahlreicher benutzter Drittmarken verbraucht sei - wie die Widersprechende vorgetragen habe -, sei weder offenkundig, noch amtsbekannt. Zudem wohne "RINGS" ein beschreibender Anklang (als Hinweis auf die mögliche Form von Getreidepräparaten) inne. Die Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens sei gleichfalls nicht gegeben; ein übereinstimmender oder wesensgleicher Stammbestandteil sei nicht vorhanden. Die Verwendung weiterer für die Widersprechende geschützter Marken mit dem Bestandteil "RINGO" sei nicht liquide.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat schriftsätzlich beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 vom 28. Juli 2004 und vom 16. März 2005 aufzuheben.

Ihrer Ansicht nach kommen sich die Vergleichsmarken in einer eine Verwechslungsgefahr begründenden Weise nahe. In der angegriffenen Marke sei "RINGS" selbständig kennzeichnend, während "LUCKY" keine besondere Bedeutung zukomme. "RINGO" und "RINGS" stimmten in den ersten vier Buchstaben identisch überein. Die jeweils letzten Buchstaben "O" und "S" seien sich äußerlich ähnlich und könnten leicht füreinander gelesen werden. Die Wortfolge "LUCKY RINGS" ergebe keinen sinnvollen Gesamtbegriff. Ringe, welcher Art auch immer, könnten als solche nicht glücklich sein. Dagegen könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Verkehr "LUCKY RINGO" anstatt "LUCKY RINGS" lese. Beim Erwerb preiswerter Verbrauchsgüter sei von eher geringer Aufmerksamkeit gegenüber Warenkennzeichnungen auszugehen. Die Unterstellung der Markenstelle, das Wort "RING" vermittle einen Hinweis auf die Form der Getreidepräparate, sei eine irrelevante Vermutung.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die angegriffene Marke "LUCKY RINGS" bestehe aus zwei gleichwertig nebeneinander stehenden Begriffen in gleicher Schriftart und -größe. Der Verkehr habe keinen Anlass, die Gesamtbezeichnung aufzuspalten. Diese werde auch nicht allein durch "RINGS" geprägt, zumal sich der verständliche Begriff "glückliche Ringe" ergebe. Zulässig sei nur ein Vergleich der Zweiwortmarke "LUCKY RINGS" und der Einwortmarke "RINGO", die auch aus der Erinnerung heraus keiner Verwechslungsgefahr unterlägen.

An der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende - gemäß vorheriger Ankündigung - nicht teilgenommen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Diese war gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt beteiligt. Aus den dem Senat vorliegenden, seitens des HABM nur auszugsweise übersandten Akten ist nicht ersichtlich, dass (und ggf. wann) die Widerspruchsmarke auf ein anderes Unternehmen (A... S. p. A.) übertragen worden ist. Die Widersprechende hat den Eintritt jenes Unternehmens in das laufende Verfahren auch nicht angezeigt.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - keiner Gefahr einer Verwechslung im Verkehr (gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b Nr. 1 MarkenG) unterliegen.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren besteht, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Identität bzw. Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren, der Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie der Art des beteiligten Verkehrs und dessen zu erwartende Aufmerksamkeit gegenüber Warenkennzeichnungen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 1999, 734 - Lloyd/Loints; 2000, 899 - Marca/Adidas; BGH GRUR 2005, 513 - Ella May/MEY).

Im vorliegenden Fall besteht trotz Warenidentität und von Hause aus durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - für eine Steigerung des Schutzumfangs infolge umfangreicher Benutzung fehlt es an Anhaltspunkten - keine (unmittelbare oder assoziative) Verwechslungsgefahr, weil die sich gegenüberstehenden Marken in der Gesamtheit einander nicht so nahe kommen, dass sie nicht auseinandergehalten werden könnten oder gedanklich in Verbindung gebracht würden.

a) Einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr steht die unterschiedliche Länge beider Zeichen (zwei Wörter gegen ein Wort) entgegen. Der erste Wortbestandteil "LUCKY" der jüngeren Marke ist weder zu übersehen, noch zu überhören. Der Verkehr hat auch keinen Anlass, ihn bei der Benennung und Wiedergabe wegzulassen. Schon äußerlich tritt dieses Wort in gleicher Schriftart und -größe wie das nachfolgende "RINGS" in Erscheinung. Für die, mutmaßlich nicht unbeträchtlichen, Teile des inländischen Verkehrs, welche über (Grund-)Kenntnisse der englischen Sprache verfügen, ergibt sich die Gesamtaussage "glückliche Ringe". Einen solchen Begriff zu verkürzen besteht auch dann keine Veranlassung, wenn letztlich unklar bleibt, was - im Blick auf die Waren - glückliche Ringe (bzw. Glücksringe) auszeichnet oder diese bewirken sollen. Für diejenigen Teile des Verkehrs, die über keine Englischkenntnisse verfügen oder für die sich kein (sinnvoller) Gesamtbegriff ergibt, besteht erst recht kein Grund, das an erster Stelle stehende Wortelement "LUCKY" zu vernachlässigen.

Innerhalb der jüngeren Marke hat "RINGS" keine selbständig kennzeichnende Stellung im Sinne der neueren Rechtsprechung (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz). Auf die - von den Beteiligten kontrovers gesehene sog. Prägetheorie einzugehen, besteht kein Anlass. Selbst wenn das Wort "LUCKY" auf dem vorliegenden Warensektor häufig in benutzten Drittzeichen in Erscheinung treten würde - was nicht ausreichend belegt ist -, wäre es innerhalb der hier maßgeblichen Wortfolge "LUCKY RINGS", unabhängig von dem aufgezeigten gesamtbegrifflichen Charakter, nicht der schwächere Bestandteil, weil "RINGS" (= Ringe) auf dem Lebensmittelsektor ein von Hause aus beschreibender und somit allenfalls schwach kennzeichnender Ausdruck ist; es dürfte zudem nicht ausgeschlossen sein, dass auch Getreidepräparate im Einzelfall ringförmig gestaltet sein können.

Da somit auf Seiten der angegriffenen jüngeren Marke die Gesamtbezeichnung in der registrierten Form der Kollisionsprüfung zugrunde zu legen ist, stellt sich nicht die - seitens der Widersprechenden aufgeworfene - Frage, ob die Wörter "RINGS" und "RINGO" schriftbildlich wegen der jeweils runden Form der Endbuchstaben "S" und "O" einander ähnlich sind. Denn selbst wenn dem so wäre, bewirkt das nur in der jüngeren Marke vorhandene Element "LUCKY" einen in jeder Hinsicht verwechslungsausschließenden Abstand, und zwar auch bei angemessener Berücksichtigung des Umstands, dass Massengüter des täglichen Verbrauchs, um die es hier geht, nicht stets mit besonderer Aufmerksamkeit erworben werden. Andererseits darf auf Seiten der Widerspruchsmarke nicht etwa das dort gar nicht vorhandene Wort "LUCKY" hinzugedacht werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 93, 312). Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist von daher nicht relevant, ob "LUCKY RINGS" mit "LUCKY RINGO" verwechselbar wäre.

b) Es besteht auch nicht die Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, Altern. 2 MarkenG. Diese Art von Verwechslungsgefahr hat zur Vorraussetzung, dass der Verkehr die Unterschiede beider Marken zwar wahrnimmt, jedoch aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung oder in dominanten Einzelteilen Anlass hat, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche bzw. organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung, zu schließen.

Abgesehen von der - oben aufgezeigten - gesamtbegrifflichen Bedeutung von "LUCKY RINGS" liegt hier kein beiden Marken gemeinsamer kennzeichnungskräftiger (Stamm-)Bestandteil einer Zeichenserie vor. Gemeinsam haben beide Zeichen nur die Buchstabenfolge "RING", die aber - in deutscher wie in englischer Sprache - äußerst kennzeichnungsschwach ist und der deshalb auf dem vorliegenden Warengebiet die Eignung fehlt, verwechslungsbegründende gedankliche Assoziationen auszulösen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 326, 327). Von daher ist auch nicht maßgeblich, ob die Widersprechende über eine Zeichenserie mit dem Wort "RINGO" verfügt. Im Übrigen werden halbwegs aufmerksame Verbraucher, auf die bei der assoziativen Verwechslungsgefahr - auch bei geringwertigen Waren - abzustellen ist (vgl. Senatsbeschluss GRUR 2006, 868, 871 - go seven), angesichts des schriftbildlichen und begrifflichen Unterschieds zwischen "RINGS" und "RINGO" - letzterer ist seit Jahrzehnten als männlicher Vorname aus dem angelsächsischen Sprachbereich bekannt - die Vergleichsmarken nicht irrtümlich derselben betrieblichen Herkunftsstätte bzw. verbundenen Unternehmen zuordnen.

3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 28.02.2007
Az: 32 W (pat) 53/05


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