Bundesgerichtshof:
Urteil vom 16. November 2010
Aktenzeichen: X ZR 97/08

(BGH: Urteil v. 16.11.2010, Az.: X ZR 97/08)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 2. April 2008 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.

Das deutsche Patent 196 54 370 wird für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht:

1. Heizsystem für Fahrzeuge mit offener Personenzelle, wie z.B. bei Cabriolets, welchem zum Heizen Warmluft über Kanäle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, a) dass es getrennt von dem Fahrzeug-Heizungs- und -Lüftungssystem als Zusatzheizung ausgeführt ist, b) dass es als gesonderte Heizung mit separatem Wärmetauscher (22, 42) und Gebläse (23, 43) vorgesehen ist, c) dass im Bereich der Rückenlehne (3, 32) von Sitzen Luftdüsen (6, 33) zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs der sitzenden Person mit Warmluft vorgesehen sind undd) dass die hierdurch erzielte Warmluftströmung derart räumlich begrenzt ist, dass sie bis zu den beiden Schulteraußenseiten und zu den Oberarmen reicht.

2. Heizsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere zum oberen Randbereich der Sitze führende Luftkanäle (20, 41) innerhalb oder im rückwärtigen Bereich der Rückenlehne (3, 32) angeordnet sind, um die Luftdüsen (6, 33) mit Warmluft zu versorgen.

3. Heizsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass elektrische Heizdrähte wenigstens in einem Teil der Luftkanäle (20, 41) vorgesehen sind.

4. Heizsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Luftdüsen (33) in die Rückenlehne (32) integriert sind.

5. Heizsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Luftdüsen (6) an einem Düsenhalter (5) zwischen Rückenlehne (3) und Kopfstütze (4) angeordnet sind.

6. Heizsystem nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen Luftdüsen und Luftkanälen vor und/oder zwischen Luftkanälen (20) und dem vorgeschalteten Heizsystem Bälge (21, 40) vorgesehen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden zu 2/3 den Klägerinnen und ihrer Streithelferin und zu 1/3 dem Beklagten auferlegt. Die Kosten der Berufung fallen den Klägerinnen und der Streithelferin zur Last.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 24. Dezember 1996 angemeldeten deutschen Patents 196 54 370 (Streitpatents), dessen Patentanspruch 1, auf den in der erteilten Fassung sieben Unteransprüche unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind, folgenden Wortlaut hat:

"Heizsystem für Fahrzeuge, insbesondere solche mit offener oder offen zu fahrender Personenzelle, welchem zum Heizen Warmluft über Kanäle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass im Bereich der Rückenlehne (3, 32) von Sitzen Luftdüsen (6, 33) zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs der sitzenden Person mit Warmluft vorgesehen sind."

Die Klägerinnen haben geltend gemacht, der Gegenstand der Patentansprüche sei nicht patentfähig; er sei vor dem Anmeldetag schriftlich, namentlich durch die veröffentlichte europäische Patentanmeldung 543 289 (Anlage K 7), beschrieben, beruhe jedenfalls aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Streithelferin hat den Gegenstand des Streitpatents ebenfalls für nicht patentfähig erachtet.

Die Klägerinnen und die Streithelferin haben beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise hat er das Streitpatent mit mehreren Hilfsanträgen verteidigt, wobei Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags IV wie folgt lauten sollte:

"Heizsystem für Fahrzeuge, insbesondere solche mit offener oder offen zu fahrender Personenzelle, welchem zum Heizen Warmluft über Kanäle zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass es als gesonderte Heizung mit separatem Wärmetauscher (22, 42) und Gebläse (23, 43) vorgesehen ist und im Bereich der Rückenlehne (3, 32) von Sitzen Luftdüsen (6, 33) zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs der sitzenden Person mit Warmluft vorgesehen sind, wodurch eine räumlich begrenzte Warmluftströmung erzielt wird, welche bis zu den Schulteraußenseiten bzw. Oberarmen reicht."

Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung verteidigt der Beklagte das Streitpatent nur noch beschränkt im Umfang der aus dem Tenor ersichtlichen Patentansprüche und diesen Anspruchssatz hilfsweise in einer Fassung, in der in Patentanspruch 1 unter lit. c vor dem Substantiv "Umströmen" das Adjektiv "gezielten" eingefügt wird und weiter hilfsweise in Gestalt von Verwendungsansprüchen nach Maßgabe des als Anlage A5 zum Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 zu den Akten gereichten Hilfsantrags I.

Im Übrigen beantragt der Beklagte, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen und die Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. M. ein schriftliches Sachverständigengutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Gründe

Soweit das Streitpatent nicht mehr verteidigt wird, verbleibt es ohne weitere Sachprüfung bei der Nichtigerklärung durch das Patentgericht (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 170, 215 - Carvedilol II). Im Umfang der im Berufungsrechtszug verteidigten Fassung erweist sich der Gegenstand des Streitpatents dagegen als patentfähig, so dass das angefochtene Urteil insoweit auf die Berufung abzuändern und die Klage im Übrigen abzuweisen war.

I. 1. Das Streitpatent betrifft in der noch verteidigten Fassung ein Heizsystem für Fahrzeuge mit offener Personenzelle, beispielsweise Cabriolets, welchem zum Heizen Warmluft über Kanäle zugeführt wird. Derartige Heizungssysteme funktionieren, den Ausführungen in der Beschreibung zufolge, bei Fahrzeugen mit geschlossenem Cockpit durchaus befriedigend, da hier die Strömungsverhältnisse frei von äußeren Einflüssen sind. Dagegen entstünden bei offenen Fahrzeugen Luftverwirbelungen, die zu einem Unterdruck im Bereich der Personenzelle führten, wodurch im hinteren Fahrzeugbereich teilweise die Umkehr der Luftströmung bewirkt werde, die dann im Bereich der Sitze und dazwischen nach vorne verlaufe. Diese Rückströmung sei an sich zwar nicht unerwünscht, weil sie einen Teil des Cabrio-Fahrgefühls ausmache (sogenannte Cabrio-Brise); sie führe aber zu einem kühlen Luftzug im Kopf-Nacken-Schulterbereich, der nicht nur bei niedrigen Außentemperaturen zur Unterkühlung und Gesundheitsschäden führen könne. In der deutschen Offenlegungsschrift 39 25 809 werde, um dem entgegenzuwirken, ein Zusatzlüftungssystem für Cabriolets vorgeschlagen, bei dem durch Zuführung zusätzlicher Luftmengen in den Cockpit-Bereich dem beschriebenen Luftzug entgegengewirkt werden soll. Des Weiteren würden hinter den Rücklehnen der Vordersitze quer verlaufende Windschutzschirme (Windschotts) eingesetzt. Eine gezielte Erwärmung des gefährdeten Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs finde nicht statt. Entsprechendes gelte für die in der deutschen Offenlegungsschrift 34 23 657 gezeigten Klimaanlage für einen Fahrzeugsitz.

2. Die Streitpatentschrift bezeichnet es vor diesem Hintergrund als Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Heizsystem zu schaffen, das eine Unterkühlung des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs während der Fahrt in offenen Fahrzeugen bei Vermeidung lästiger Zugluft wirkungsvoll verhindere, ohne die durchaus erwünschte Cabrio-Brise zu unterbinden. Dazu schlägt Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung (im Folgenden nur: Patentanspruch 1; in Klammern die Gliederungspunkte der von den Klägerinnen verwendeten Merkmalsgliederung) ein Heizsystem vor, 1. für Fahrzeuge mit offener Personenzelle, wie z.B. bei Cabriolets (M 1, M 2)

2. welchem zum Heizen Wärme über Kanäle zugeführt wird (M 3), 3. das als gesonderte, vom Fahrzeug-Heizungs- und -Lüftungssystem getrennte Zusatzheizung mit separatem Wärmetauscher und Gebläse ausgeführt ist (M 4, M 5), 4. bei dem im Bereich der Rückenlehne von Sitzen Luftdüsen vorgesehen sind (M 6), 5. mit Eignung zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs der sitzenden Person mit Warmluft (M 7), 6. wobei die hierdurch erzielte Warmluftströmung räumlich begrenzt ist (M 8) und bis zu den beiden Schulteraußenseiten und zu den Oberarmen reicht (M 9).

3. Die vom Streitpatent verfolgte Problemlösung besteht darin, die Fahrzeuginsassen vor den negativen Begleiterscheinungen der "Cabrio-Brise" durch Einsatz eines zusätzlichen Heizsystems zu bewahren, bei dem der der kalten Zugluft ausgesetzte Kopf-, Hals- und Nackenbereich unabhängig vom stets vorhandenen allgemeinen Fahrzeugheiz- bzw. -klimatisierungssystem direkt mit Warmluft angestrahlt wird. Das streitpatentgemäß ausgebildete Heizsystem soll diesen spezifischen Zweck generell in Fahrzeugen mit offener Personenzelle erfüllen, also sowohl in Automobilen (viersitzige Cabriolets oder zweisitzige Roadster bzw. Spider), wie auch in Booten oder (Leicht-)Flugzeugen, die in der Beschreibung ebenfalls erwähnt sind.

Die nachstehend abgebildete Figur 3 des Streitpatents zeigt als Ausführungsform einen Sitz mit integrierter Kopfstütze in Draufsicht, bei dem die Luftdüsen (33) in einer Reihe angeordnet sind.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Als den zur Anmeldezeit mit der Verbesserung der Klimatisierung von Fahrzeugen mit offener Personenzelle befassten Fachmann, auf dessen Verständnis bei der Auslegung des Patentanspruchs abzustellen ist, hat das Patentgericht einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung bei einem Fahrzeughersteller oder einem seiner Zulieferer, der sich mit Fragen der Klimatisierung der Fahrgastzelle befasst, angesehen. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gehen die Impulse für eine Fortentwicklung auf dem Gebiet des verbesserten Fahrkomforts im Bereich der Klimatisierung von den Automobilherstellern aus, während die Umsetzung durch spartenübergreifend zusammengesetzte Teams von Ingenieuren verschiedener Fachrichtungen geschieht. Soweit die Streithelferin den Fachmann im Anschluss an den von ihr beauftragten Gutachter bei den Sitzeherstellern angesiedelt sieht, überzeugt dies in Anbetracht der im Stand der Technik vorzufindenden Lösungsvorschläge nicht, sondern erscheint von einer vom Streitpatent aus rückschauenden Sichtweise geprägt.

Eine Patentanspruch 1 nachgearbeitete Zusatzheizung verfügt über separate Wärmetauscher und Gebläse. Nach den Vorgaben der Beschreibung ist es demgegenüber für die Einordnung als Zusatzheizung unschädlich, wenn sich das System zum Erwärmen der Luft des vom Motor aufgeheizten Kühlwassers bedient, auch wenn dieses zugleich vom hauptsächlichen Heizsystem benutzt wird (vgl. Beschreibung Sp. 3 Z. 44 ff.). Es liegen dann zwei Heizsysteme vor, die beide erwärmtes Kühlwasser als Medium für den Wärmetausch aus einer Quelle beziehen.

Die Anordnung der Luftdüsen "im Bereich" der Rückenlehne von Sitzen (Merkmal 4, M 6 in der Gliederung der Klägerinnen) versteht sich aus fachmännischer Sicht dahin, dass diese Düsen in oder an der Rückenlehne selbst, aber auch in einer an die Sitzelemente angrenzenden Zone vorgesehen sein können, deren Ausdehnung zwangsläufig durch die den Düsen gemäß Merkmal 5 i. V. mit Merkmalsgruppe 6 (M 7 bis M 9) zugewiesene Funktion begrenzt ist.

Was i. S. des Streitpatents unter "Umströmen" zu verstehen ist, ergibt sich aus der Beschreibung. Dort wird an den im Stand der Technik vorzufindenden Lösungen bemängelt, dass sie dem Kopf-, Nacken- und Schulterbereich nicht gezielt Warmluft zuführen. Um eine solche gezielte Zufuhr von Warmluft aus Düsen, die im Bereich der Rückenlehnen angeordnet sind, geht es dem Streitpatent (Beschreibung Sp. 1 Z. 54 ff.). Warmluftströme sollen unmittelbar auf den Kopf-, Nacken- und Schulterbereich der Fahrzeuginsassen gerichtet werden, um, wenn sie aus nächster Nähe auf die angeströmten Körperteile auftreffen, dort umgelenkt zu werden und auf diese Weise die genannten Körperzonen zu umströmen.

Die Angabe in Merkmal 6, dass die erzielte Warmluftströmung räumlich auf den Bereich bis zu den beiden Schulteraußenseiten und zu den Oberarmen begrenzt ist, versteht sich aus fachmännischer Sicht als eine die Anweisungen in Merkmal 5 ergänzende Bereichsangabe. Dadurch wird verdeutlicht, dass es patentgemäß um den Schutz der Körperzonen geht, die bei offener Fahrweise exponiert den schädlichen Einflüssen kalter Zugluft ausgesetzt sind. Auf eine horizontal trennscharfe Demarkation kommt es dem Streitpatent ersichtlich nicht an, sondern es hält vielmehr lediglich eine Erwärmung der darunter liegenden Körperzonen durch die Zusatzheizung für das Wohlbefinden der Fahrzeuginsassen nicht für erforderlich (Sp. 1 Z. 67 ff.). Eine genaue Trennungslinie könnte auch schwerlich gezogen werden, weil aufeinander auftreffende Luftmengen unterschiedlicher Temperatur sich im Grenzbereich ohnehin stets mischen werden.

Die Ausgestaltung der vorzusehenden Luftdüsen, zu der sich das Streitpatent ausschweigt, ergibt sich aus dem angestrebten Erfolg. Sie müssen so beschaffen sein, dass sie Warmluftströme kanalisieren und so bündeln können, dass die angesprochenen Körperzonen, wie vorstehend beschrieben, angeströmt und umströmt werden können. Die fachmännische Befähigung, die Düsen so einzurichten, dass sie den vorgesehenen Zweck erfüllen können, setzt das Streitpatent ersichtlich voraus. Ausführbarkeitsprobleme, wie sie im Vorbringen der Nebenintervenientin anklingen, stellen sich dem Fachmann im Zusammenhang mit den Merkmalen 5 und 6 nicht.

II. Das Patentgericht hat diesen Gegenstand für nicht patentfähig gehalten und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die europäische Patentschrift 543 289 nehme sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1, auch in der Fassung des Hilfsantrags IV vorweg. Dies gelte insbesondere auch für die Merkmale 1, 3, 5 und 6 (M 1/2, 4, 5 und 7 bis 9). Bei der überwiegenden Anzahl der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge sei es möglich, mit offener Fahrgastzelle zu fahren, etwa durch das Öffnen eines Seitenfensters oder eines Schiebedachs. Merkmal 1 werde vom Fachmann daher bei den in dieser Entgegenhaltung behandelten Fahrzeugen mitgelesen. Eine getrennte Ausführung des Heizsystems könne nach den Ausführungsbeispielen des Streitpatents auch eine Trennung von Teilbereichen eines Heizsystems betreffen und erfordere nicht zwingend einen vollständig unabhängigen Betrieb, zumal das Kühlwasser üblicherweise als Wärmequelle für das reguläre Heizungs- und Lüftungssystem angezapft werde. Solche Lösungen offenbare auch die europäische Patentanmeldung 543 289, indem für einen Fahrzeugsitz ausgebildete Heizsysteme getrennt über die jeweilige Temperatureinstelleinrichtung betrieben würden, indem die jeweiligen Gebläse und Luftmischklappen eingestellt würden, um eine gewünschte Temperatur für den jeweiligen Sitz zu erreichen; somit werde durch getrennte Umströmung gezielt die jeweils gewünschte Temperatur erreicht. Die bewirkte Warmluftströmung reiche vom Kopf bis zum Beinbereich und somit jedenfalls auch bis zu den Oberarmen.

III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist patentfähig.

1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist weder von der europäischen Patentanmeldung 543 289 noch von der japanischen Patentanmeldung Hei 7-266841 (HSS 1), die allein näherer Erörterung bedürfen, neuheitsschädlich getroffen.

a) Die europäische Patentanmeldung 543 289 betrifft eine Klimaanlage für ein Fahrzeug (air conditioning apparatus for a vehicle).

aa) Klimatisieren soll dabei das Regeln der Temperatur der Luft im Fahrgastraum eines Fahrzeugs durch Kühlen und Heizen der Luft bedeuten (Sp. 1 Z. 12 bis 15 = Übersetzung der Patentschrift [T2] S. 1 Z. 18 bis 20). Es wird erläutert, dass im Stand der Technik u.a. ein Klimatisierungssystem mit Luftabgabeauslässen an Sitzen bekannt sei. Die Luft werde aus der Vielzahl von Luftabgabeauslässen zu dem Bereich rund um die Sitze zum Klimatisieren gerichtet, wonach die Luft durch den gesamten Bereich des Fahrgastraums ströme. Der Luftstrom im Fahrgastraum werde einem Wärmeaustausch mit Bereichen des Fahrgastraums, wie dessen Wänden, unterzogen. Als Folge dieses Wärmeaustauschs steige die Temperatur der Luft an, die wieder in das Klimatisierungssystem eingeführt oder nach außen abgegeben werde (Sp. 1 Z. 31 bis 52 = T2 S. 1 Z. 37 bis S. 2 Z. 18).

Die bekannten Klimatisierungssysteme werden als nachteilig bezeichnet, weil mehr Energie verbraucht werde, als für angenehme Klimaverhältnisse erforderlich sei (Sp. 1 Z. 53 bis Sp. 2 Z. 2 = T2 S. 2 Z. 20 bis 26).

Nach der Entgegenhaltung soll deshalb nur der Bereich rund um die auf dem jeweiligen Sitz sitzende Person einer Klimatisierung unterzogen werden, was zu einem erhöhten Wirkungsgrad führe, weil eine schnelle Regelung der Solltemperatur erreicht und das Kühlvolumen verringert werden könne, wodurch der Energiewirkungsgrad erhöht werde (Sp. 2 Z. 31-37 = T2 S. 2 Z. 35 bis S. 3 Z. 2). Dies soll durch eine Ausgestaltung des Klimatisierungssystems erreicht werden, wie sie etwa in Patentanspruch 1 der Schrift und in der nachfolgenden Figur 1 dargestellt ist.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Dabei ist ein erster Kanal mit einer ersten Öffnung (60) vorgesehen, die zum Fahrgastraum hin in der Nähe des Sitzbereichs geöffnet ist, und ein zweiter Kanal (66, 70) mit einer zweiten, der ersten gegenüberliegenden Öffnung (72), die in höherer Position zum Fahrgastraum geöffnet ist. Es sind Mittel zum Schaffen von Luftströmen zwischen den Öffnungen zum Klimatisieren eines Bereichs ausschließlich rund um den Sitz herum, bei denen der Luftstrom von einer Öffnung abgegeben und von der anderen aufgenommen wird, und Wärmeaustauschmittel vorgesehen.

bb) Die in der europäischen Patentanmeldung 543 289 offenbarte Lehre bezieht sich aus fachmännischer Sicht, wie im schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen überzeugend dargelegt ist und sich in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, nicht auf Fahrzeuge mit offener Personenzelle, sondern auf Limousinen oder Kleinbusse, die in den zahlreichen den Innenraum abbildenden Figuren ausschließlich gezeigt werden. In den meisten dieser Figuren ist die Decke der Personenzelle deutlich (vgl. z.B. Figur 40, 108, 128), zumindest schematisch eingezeichnet und mit dem Bezugszeichen 106 versehen; wenn vereinzelten Figuren das Bezugszeichen fehlt, ist die Decke gleichwohl schematisch zu erkennen. Soweit Figuren in dieser Schrift auch ohne Fahrzeugdach abgebildet sind, beziehen sich die insoweit von den Klägerinnen angeführten Beispiele auf die Abbildung von Sitzen, bei denen das Einzeichnen einer Decke für das Verständnis des Illustrierten nicht erforderlich ist oder gar hinderlich wäre, wie bei den Figuren 118 und 120 (vgl. zu dieser auch Sp. 63 Z. 2 bis 17 = T2 S. 93 Z. 3 bis 18), die eine Sicht auf das Fahrzeuginnere von vorn und schräg von oben zeigen.

cc) Wie der gerichtliche Sachverständige des Weiteren überzeugend ausgeführt hat, befasst sich die europäische Patentanmeldung 543 289 aus fachmännischer Sicht im Wesentlichen und vorrangig mit der Klimatisierung durch Kühlung. Ihre Zielsetzung besteht in einer verbesserten Energiebilanz und dieses Problem tangiert grundsätzlich nur die Kühlfunktion, weil nur dafür zusätzliche Energie aufgebracht werden muss, während sich für die Beheizung des Fahrzeugs die Abwärme des Motors kostenneutral anbietet. Eine effektivere Energieausnutzung soll erfindungsgemäß dadurch herbeigeführt werden, dass nur der Bereich rund um die auf dem jeweiligen Sitz Platz nehmende Person einer Klimatisierung unterzogen wird. Dazu wird in vielfältigen Ausführungsformen eine Klimatisierung dieser Zonen vornehmlich durch über dem Kopf (Figur 1) und im Bereich der Schultern und der Kopfstützen angebrachte Luftauslässe vorgeschlagen (vgl. Figuren 6, 9 (A), 18).

dd) Allerdings befasst die europäische Patentanmeldung 543 289 sich durchaus auch mit der Klimatisierung des Bereichs der Sitzumgebung durch Beheizung. Mit dieser Funktion bringt der Fachmann aber nicht die über dem Kopf oder im Schulterbereich angeordneten Auslässe in Verbindung, weil ihm aufgrund seines allgemeinen Fachwissens klar ist, dass eine Beheizung geschlossener Personenzellen in Fahrzeugen von oben nach unten grundsätzlich nicht sachgerecht ist. Aus dem in der mündlichen Verhandlung einvernehmlich herausgearbeiteten Umstand, dass das unter dem Sitz angebrachte Gebläse (74) nur in eine Richtung arbeitet und Luft stets von oben ansaugt, aber nicht so funktioniert, dass Luft durch die oberen Auslässe (72) angesaugt und durch die Ansaugeinlässe (60) abgegeben wird, lässt sich deshalb nicht ableiten, die Schrift lehre den Fachmann ein - vom Fahrzeugheizungs- und -lüftungssystem getrenntes - Heizsystem mit Luftdüsen zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs der sitzenden Person mit Warmluft. Der Fachmann muss vielmehr, wie der gerichtliche Sachverständige einleuchtend erläutert hat, bestrebt sein, bei der Nutzung der Heizfunktion der Klimaanlage die Wärme in erster Linie dem unteren Bereich der Fahrgastzelle zuzuleiten. So erläutert es die Entgegenhaltung auch etwa bei der Darstellung des Ausführungsbeispiels nach den Figuren 44 bis 46 (Sp. 24 Z. 21 bis 30 = T2 S. 40 Z. 6 bis 14). Aus fachmännischer Sicht ist daher bei der Heizfunktion die Nutzung von Ausführungsformen geboten, wie sie in den Figuren 87 und 88 gezeigt und in der Beschreibung (Sp. 40 Z. 17 ff. = T2 S. 66 Z. 20 ff.) erläutert werden. Dabei wird die vom Gebläse (74) angesaugte Luft durch zusätzlich vorgesehene Klappen in den Kanälen so geleitet, dass sie, wie für das Wohlbefinden der Fahrzeuginsassen erforderlich, im unteren Bereich, nämlich über die unteren Ansaugöffnungen (60) in das Fahrzeuginnere strömt.

ee) Soweit die europäische Patentanmeldung 543 289, wie die eingehende Erörterung der Figur 102 in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, auch Beheizungsvorrichtungen vorschlägt, bei denen zum einen mittels einer Heizeinrichtung (80) erwärmte Außenluft über einen Kanal (557) dem Fahrgastraum zugeleitet werden kann, zum anderen in dem den Lufteinlass (60) und den Luftauslass (72) verbindenden Kanal ein Peltierelement angeordnet ist, gilt auch insoweit, dass die Nutzung des Peltierelements, der Zielrichtung der Schrift entsprechend, zunächst für die Kühlung der Fahrgastzelle beschrieben ist. Hierdurch wird die schematisch dargestellte räumliche Anordnung von Ein- und Auslass bestimmt. Der Fachmann hat vernünftigerweise keinen Anlass, sie für ein Heizsystem zum Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs der Fahrzeuginsassen in Erwägung zu ziehen. Es kommt hinzu, dass es aus fachmännischer Sicht fern liegt, den Kanal mit dem Peltierelement als von vom Fahrzeugheiz- und -lüftungssystem getrenntes Heizsystem auszulegen. Denn wenn es einer Beheizung des Fahrgastraums bedarf, wird der Fachmann hierzu in erster Linie auf die Heizeinrichtung (80) zur Erwärmung der Außenluft zurückgreifen. Das Peltierelement erfüllt dann, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend erläutert hat, nur die Funktion, ein Element zur ergänzenden Regelung der Temperatur der über den Einlass (60) zuströmenden bereits erwärmten Innenluft zur Verfügung zu stellen. Allenfalls in diesem Zusammenhang mag aus fachmännischer Sicht (auch) die Nutzung eines im Kopfbereich angeordneten Luftauslasses in Betracht kommen.

ff) Soweit die Streithelferin unter Bezugnahme auf das von dem von ihr beauftragten Sachverständigen erstellte Parteigutachten und die von ihm geleiteten Versuchsreihen aufzeigen möchte, dass Luftauslässe wie die in der europäischen Patentanmeldung 543 289 mit dem Bezugszeichen 72 gezeigten auch zur Warmluftzufuhr in Cabriolets benutzt werden könnten, ist dies, wie ausgeführt, in der Schrift nicht dargestellt. Es ist aber auch nicht nach den dafür geltenden Grundsätzen unausgesprochen offenbart. Nur dasjenige ist ohne im Patentanspruch und in der Beschreibung erwähnt zu sein doch offenbart, was aus der Sicht des Fachmanns für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner expliziten Offenbarung bedarf, weil es "mitgelesen" wird (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 - Olanzapin; Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 27/06, GRUR 2010, 509 - Hubgliedertor I). Von einem "Mitlesen" in Bezug auf die Möglichkeit des Einsatzes der in der europäischen Patentanmeldung 543 289 gezeigten Klimaanlagen in Fahrzeugen mit offener Personenzelle kann nicht die Rede sein. Es bedarf keiner fachlichen Vorbildung um zu wissen, dass der Effekt von Klimaanlagen empfindlich gestört wird, wenn die zu klimatisierende Raumeinheit nicht gegenüber einem nicht klimatisierten Raum abgeschlossen ist. Deshalb werden in Fahrzeugen etwa geöffnete Seitenfenster tunlichst geschlossen, wenn die Klimaanlage eingeschaltet wird. Umso mehr wird der Offenbarungsgehalt der europäischen Patentanmeldung 543 289 aus fachmännischer Sicht auf Fahrzeuge mit geschlossener Personenzelle bezogen.

Unbeschadet dessen ist das in der Entgegenhaltung dargestellte Klimatisierungssystem freilich auch bei Fahrzeugen einsetzbar, die sowohl mit geschlossener als auch mit offener Fahrgastzelle gefahren werden können, und könnte - zweckwidrig - auch bei geöffnetem Dach oder geöffneten Fenstern betrieben werden. Die Schrift offenbart dem Fachmann jedoch nicht die technische Lehre, die Klimaanlage so auszulegen, dass auch in diesem Fall mittels eines gesonderten, vom Fahrzeugheizungs- und -lüftungssystem getrennten Heizsystems über Luftdüsen im Bereich der Rückenlehne von Sitzen eine - räumlich begrenzte - Warmluftströmung erzeugt werden kann, die den Kopf-, Nacken- und Schulterbereich der sitzenden Person umläuft. Aus fachmännischer Sicht ist vielmehr zu erwarten, dass sich die in der Entgegenhaltung beschriebenen Klima- und Strömungsverhältnisse nicht einstellen, wenn die Klimaanlage bei offener Fahrgastzelle betrieben wird.

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist auch nicht von der japanischen Patentanmeldung Hei 7-266841 vorweggenommen. Die in dieser Schrift gezeigten Vorschläge zielen darauf ab, bei der Fahrt mit abgeklapptem Verdeck eine Fahrzeugklimatisierung zu erreichen, die gegenüber derjenigen bei geschlossenem Verdeck zumindest nicht signifikant abfällt. Zu diesem Zweck schlägt die Schrift eine Klimatisierungsanlage für Cabriolets vor, in deren zahlreichen Ausführungsformen erwärmte Luft durch Kanäle zu Luftaustrittsschlitzen geleitet wird, die an verschiedensten Stellen in der Personenzelle angeordnet sind, um sich nach Austritt mit dem Fahrtwind zu mischen. Dies sind insbesondere die Bereiche des Dachrahmens (Front-Header, vgl. Figur 10 Bezugszeichen 10; Figur 7 Bezugszeichen 54 L und 54 R), des Armaturenbretts (Figur 13 Bezugszeichen 97), der Oberseiten der Türverkleidungen (Figur 15), der Hutablage (Figur 26) und daneben auch die Sitze (insbesondere Figuren 19 bis 21). An den Rückseiten der Sitzlehnen sind Kanäle für Klimatisierungsluft (134) mit entsprechenden Belüftungsöffnungen (133) vorgesehen, aus denen, wie aus der nachfolgend abgebildeten Figur (20) ersichtlich, im Wesentlichen auf voller Breite der Rückenlehnen, hinter den Kopfstützen, Warmluft in Richtung nach oben austreten kann (vgl. auch die weiter unten bei III 2 b abgebildete Figur 19 mit Pfeil g).

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Neuheitsschädlich ist diese Ausführungsform schon deshalb nicht, weil die aus den Sitzen austretende Warmluft nicht mittels einer Zusatzheizung (Merkmal 3) zugeführt wird.

Die japanische Schrift offenbart allerdings auch Heizelemente, die als zusätzliche Heizung bezeichnet werden können, und zwar insbesondere in der in den Figuren 25 und 26 gezeigten Ausführungsform, die ersichtlich für Fahrzeuge mit Heckmotor konzipiert ist. Im Bereich des Verdeckstauraums ist ein Lüfter vorgesehen, der sich bei abgeklapptem Verdeck einschaltet, um vom Motor erwärmte Luft durch Kanäle nach oben in die offene Personenzelle zu fördern.

Diese Ausführungsform mag eine zusätzliche Heizung mit Gebläse zeigen, die aber entgegen Merkmal 3 schon nicht mit einem eigenen Wärmetauscher ausgestattet ist. Außerdem erfüllt diese Ausführungsform nicht die Merkmale 4 bis 6. Entsprechend der generellen Zielsetzung der Schrift soll die aus dem Verdeckstauraum austretende Warmluft sich vielmehr diffus mit dem Fahrtwind mischen, so dass die Temperatur des von hinten in den Innenraum dringenden Fahrtwinds erhöht wird (Übersetzung Tz. 102).

c) Die weiteren in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen stellen die Neuheit des Gegenstands von Patentanspruch 1 ebenfalls nicht in Frage.

2. Der gesamte Inhalt der Verhandlungen einschließlich der durchgeführten Beweisaufnahme gestattet nicht die Wertung, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war.

a) Zwar ist es im Stand der Technik seit langem bekannt, die Fahrzeugsitze selbst in die Klimatisierung einzubeziehen. Die europäische Patentanmeldung 543 289 wäre allerdings als Ausgangspunkt für den Fachmann gänzlich ungeeignet. Wie ausgeführt, sind die Bemühungen dieser Schrift hauptsächlich von dem Bestreben getragen, einen energieeffizienteren Weg zur Kühlung der Personenzelle in geschlossenen Fahrzeugen bereitzustellen, indem nur der Bereich um den Sitz mit der darauf befindlichen Person von Kühlluft umströmt wird. Der Fachmann, der vor dem Problem stand, wie die Gefahr der Unterkühlung des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs von Cabrio-Fahrern abgewendet werden kann, hatte keinen Grund, hierfür in dieser Schrift Lösungsansätze zu erwarten.

b) Soweit die Sitze in der japanischen Patentanmeldung Hei 7-266841 zur Klimatisierung benutzt werden, werden sie nur als ein Objekt unter vielen in der Personenzelle als Träger von Austrittschlitzen für Warmluft (oben III 1 b) vorgeschlagen. Es liefe auf eine rückschauende Betrachtung hinaus, darin den Weg zu einer Anordnung von Luftdüsen zum fokussierten Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs mit Warmluft gemäß den Merkmalen 5 und 6 von Patentanspruch 1 angelegt zu sehen. Die japanische Schrift propagiert die diffuse Erwärmung der in der offenen Personenzelle strömenden Kaltluftmengen (oben III 1 b). Soweit in dieses Konzept die Rückenlehnen eingebunden sind, sind dementsprechend und wie aus der nachfolgend abgebildeten Figur 19 der Schrift (mit Luftpfeil g) ersichtlich, Belüftungsöffnungen für einen Austritt der Warmluft vertikal nach oben vorgesehen.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Diese Warmluft soll sich mit dem Fahrtwind mischen; eine direkte Hinlenkung auf die genannten Körperzonen der Fahrzeuginsassen wie beim Streitpatent ist weder vorgesehen noch angelegt, mögen die vom Parteigutachter durchgeführten Versuche auch belegen können, dass ein Umströmen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs erreichbar ist.

Der zur Anmeldezeit tätige Fachmann wird dem von der Schrift angebotenen Gesamtkonzept allerdings von vornherein skeptisch gegenübergestanden haben, weil ihm eine Verwirklichung des gesetzten Ziels, die offene Personenzelle genauso oder zumindest annähernd so zu klimatisieren, wie die geschlossene, aus naheliegenden Gründen (vgl. oben III 1 a ff) wenig realistisch erscheinen musste. Es ist deshalb auch nachvollziehbar, dass, wie der Sachverständige unwidersprochen erklärt hat, der Eingang dieser Vorschläge in die Serienfertigung nicht bekannt geworden ist.

Unabhängig davon gab die japanische Schrift dem zur Anmeldezeit tätigen Fachmann weder Anlass noch Anregung, den diametral entgegengesetzten Weg einer Fokussierung der Warmluftströme auf die neuralgischen Körperregionen einzuschlagen und die Warmluftzufuhr über Luftdüsen (Merkmal 4) zum direkten Anstrahlen des Kopf-, Nacken- und Schulterbereichs mit Warmluft vorzusehen und dabei zudem einem von der Klimaanlage getrennten Zusatzheizsystem zuzuweisen, mögen solche Zusatzheizungen als solche auch seit langem im Stand der Technik bekannt sein, wie die Streithelferin unter Hinweis namentlich auf die deutsche Patentschrift 1 123 220 (HSS 8) dargetan hat. Anregungen zu einer patentgemäßen Lösung für Fahrzeuge mit offener Personenzelle leiten sich daraus nicht her.

c) Die von Patentanspruch 1 vorgeschlagene Lösung kann auch nicht als durch eine Zusammenschau der Lehren der europäischen Patentanmeldung 543 289 und der japanischen Patentanmeldung Hei 7-266841 nahegelegt bewertet werden. Die in beiden Schriften offenbarten Vorschläge weisen in diametral entgegengesetzte Richtungen, indem die Letztere eine Erwärmung der Luft in der offenen Fahrgastzelle gleichsam "nach dem Gießkannenprinzip" vorschlägt, während die Erstere aus Energiespargründen möglichst nur den Bereich um die einzelnen Sitze klimatisieren will. Hinzu kommt, dass, wie ausgeführt, die europäische Patentanmeldung 543 289 dem nach Anregungen für ein Wärmekonzept für Fahrzeuge mit offener Personenzelle suchenden Fachmann schon deshalb nicht vielversprechend erscheint, weil dort die Klimatisierung durch Kühlung schwerpunktmäßig im Vordergrund steht. Dass der Fachmann vor diesem Hintergrund eine Anregung erhielte, den mit einem Kanal für Klimatisierungsluft versehenen Sitz der japanischen Schrift aus dem von ihr verfolgten Gesamtkonzept herauszulösen und mit Luftaustritten etwa nach Art der Figuren 6, 9 und 18 der europäischen Patentanmeldung 543 289 zu versehen, ist nicht anzunehmen.

d) Das Streitpatent schlägt somit eine Lösung vor, die einen gänzlich anderen Weg geht, als der in der Praxis dominierende Einsatz von Windschotts oder der Vorschlag der deutschen Patentschrift 39 25 809 (K 3), und die auch weder in der europäischen Patentanmeldung 543 289 und der japanischen Patentanmeldung Hei 7-266841 noch in der Zusammenschau dieser Schriften angelegt ist und von dem die übrigen Entgegenhaltungen noch weiter ab liegen.

3. Die übrigen Patentansprüche werden von der Patentfähigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 1 getragen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 101 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Meier-Beck Gröning Berger Grabinski Hoffmann Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.04.2008 - 1 Ni 24/07 -






BGH:
Urteil v. 16.11.2010
Az: X ZR 97/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/41813f14a2fc/BGH_Urteil_vom_16-November-2010_Az_X-ZR-97-08




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