Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 2. Dezember 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 58/09

(BGH: Beschluss v. 02.12.2009, Az.: AnwZ (B) 58/09)

Tenor

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 19. März 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1986 im Bezirk der Antragsgegnerin als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Verfügung vom 9. Dezember 2008 widerrief die Antrags- gegnerin die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung an. Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Der Antragsteller hat gegen die Zurückweisung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde beantragt.

II.

Der Senat entscheidet vorab über den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde. Dieser ist gemäß § 16 Abs. 6 Satz 5 i.V.m. § 42 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 BRAO a.F. zulässig; er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids darf - als Ausnahmefall - nur angeordnet werden, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse zu einer schon vor Bestandskraft der Widerrufsverfügung notwendigen Abwehr konkreter Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist. Erste Voraussetzung für eine solche Anordnung ist die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangen wird. Wegen des mit der Anordnung verbundenen Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) ist jedoch des weiteren erforderlich, dass die sofortige Vollziehung als Präventivmaßnahme im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege erforderlich ist (vgl. BVerfGE 44, 105, 121; 48, 292, 296, 298; BGH, Beschluss v. 2. Juni 1993 - AnwZ (B) 27/93, BRAK-Mitt. 1993, 171; v. 14. März 1994 - AnwZ (B) 27/93, BRAK-Mitt. 1994, 176, 177; v. 16. Juli 2001 - AnwZ (B) 61/00, BRAK-Mitt. 2002, 63 f.; v. 9. Mai 2003 - AnwZ (B) 21/03, NJW-RR 2003, 1642, 1643).

2. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangt.

aa) Eine wirksame Zustellung des Widerrufsbescheids ist - wie bereits der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat - erfolgt.

bb) Der Antragsteller befand sich und befindet sich weiterhin in Vermögensverfall. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung waren gegen ihn die in der Widerrufsverfügung im Einzelnen aufgeführten zahlreichen Schuldtitel erwirkt worden. Er war mit 19 Haftbefehlsanordnungen im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Die hierdurch gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO begründete Vermutung für das Vorliegen eines Vermögensverfalls hatte er nicht widerlegt. Für eine zwischenzeitliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers besteht kein Anhaltspunkt; eine solche wird vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

b) Die zur Rechtfertigung des Sofortvollzugs über die abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden hinausgehende erforderliche konkrete Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ist hier ebenfalls gegeben. Der Antragsteller hat in der Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt, dass er nicht davor zurückschreckt, sich zu Lasten von Mandanten zu bereichern. Er ist deswegen bereits rechtskräftig durch Urteil des Amtsgerichts W. vom 16. November 2004 wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen und durch Urteil des Amtsgerichts W. vom 15. Januar 2008 wegen Betruges, Betruges in Tateinheit mit Wucher und Untreue zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Letztere Strafe ist in eine weitere - noch nicht rechtskräftige - Verurteilung durch das Amtsgericht W. vom 8. Dezember 2008 einbezogen worden, in der gegen den Antragsteller wegen Untreue in vier Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt worden ist. Gegenstand dieser Verurteilung ist, dass der Antragsteller in seiner Eigenschaft als testamentarisch bestellter Testamentvollstrecker zu Lasten des von ihm verwalteten Nachlasses einer früheren Mandantin insgesamt über 80.000 € für eigene Zwecke verwendet hat. Nach alldem besteht eine konkrete Gefahr für das Vermögen von Mandanten des Antragstellers, der auch nicht auf andere Art und Weise als durch die Anordnung des Sofortvollzugs wirksam begegnet werden kann.

Ganter Ernemann Frellesen Frey Hauger Vorinstanz:

AGH München, Entscheidung vom 19.03.2009 - BayAGH I - 1/09 -






BGH:
Beschluss v. 02.12.2009
Az: AnwZ (B) 58/09


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