Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 236/03
(BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az.: 28 W (pat) 236/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 vom 9. Mai 2003 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch rechtzeitig eingelegt ist.
Die Sache wird zur weiteren Entscheidung an die Markenstelle zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Marke 302 26 460 ist am 8. Oktober 2002 für verschiedene Warenklassen eingetragen und am 8. November 2002 veröffentlicht worden. Ablauf der Widerspruchsfrist war der 10. Februar 2003.
An diesem Tag ist beim Deutschen Patentamt ein Telefax der Widersprechenden bestehend aus 9 Seiten eingegangen. Bei Seite 1 handelt es sich um das ausgefüllte Deckblatt des amtlichen Vordrucks für den Widerspruch (W 7202) mit den Registernummern der angegriffenen Marke und die Widerspruchsmarke (IR 437 001). Blatt 2 ist ein von der anwaltlichen Vertreterin der Widersprechenden unterzeichneter Abbuchungsauftrag über die Bezahlung der Widerspruchsgebühr. Blatt 3 - 7 beinhalten den Rollenauszug der Widerspruchsmarke. Nicht übersandt wurden Seite 2 und 3 des amtlichen Vordrucks für die Einlegung des Widerspruchs, womit auch die Unterschrift auf dem Widerspruch fehlte.
Die Markenstelle hat den Widerspruch als unzulässig verworfen, denn die innerhalb der Widerspruchsfrist vorliegenden Schriftstücke erfüllten wegen der fehlenden Unterschrift nicht das Erfordernis der Schriftlichkeit.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde erhoben, diese bisher aber nicht begründet.
II Die Beschwerde ist zulässig (§ 165 Abs 4 MarkenG) und hat in der Sache auch Erfolg. Der Widerspruch ist rechtzeitig eingelegt worden.
Nach § 42 Abs 1 MarkenG iVm §§ 64 ff MarkenV, 65 Abs 1 Nr 8 MarkenG ist der Widerspruch schriftlich einzulegen. Die Schriftform des § 126 BGB ist neben der öffentlichen Beglaubigung (§ 129 BGB) und der Beurkundung (§ 128 BGB) die einfachste Form die das BGB vorsieht. Sie verlangt zwar grundsätzlich eigenhändige Unterschrift, ist aber insbesondere dann, wenn damit eine prozessuale Frist gewahrt werden soll, am Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses zu messen. Formvorschriften und Verfahrensvorschriften dienen keinem Selbstzweck, sondern sie sollen die einwandfreie Durchführung eines Rechtsstreits unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten sicherstellen. In diesem Sinn ist auch die Notwendigkeit der Schriftform auszulegen, soweit sie durch prozessrechtliche Vorschriften gefordert wird (GmSOGB NJW 2000, 2340). Dort nämlich soll die Schriftform in erster Linie gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Person, von der sie ausgeht, hinreichend sicher entnommen werden kann und sichergestellt ist, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass er mit Wissen und Willen des Berechtigten der betreffenden Behörde bzw dem Gericht zugeleitet worden ist (BVerfG NJW 2002, 411). Dies bedeutet, dass die Schriftform nicht in jeden Fall verletzt ist, wenn das Schriftstück nicht unterzeichnet ist, ansonsten aber bei einer Gesamtschau in einer "jeden Zweifel ausschließlichen Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt und dass kein bloßer Entwurf vorliegt" (BGH MarkenR 2003, 469 - Computerfax). So wurde die Einlegung eine Beschwerde im Markenverfahren per Computerfax als zulässig erachtet, denn gerade dort ist eine eigenhändige Unterschrift schon technisch nicht möglich ist. Dies muss aber auch gelten, wenn auf Grund einer Gesamtschau aller dem Gericht oder der Behörde vorliegender Schriftstücke oder Umstände keine ernsthaften Zweifel an der bewussten und gewollten willentlichen Weitergabe eines nicht nur im Entwurfsstadium befindlichen Schriftsatzes bestehen.
Davon ist hier auszugehen. Dem Patentamt waren auf Grund von Seite 1 des amtlichen Formblattes für den Widerspruch die Rollennummer der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bekannt. Dem oben aufgedruckten Fax-Sendeprotokoll war auch der Name der absendenden Anwaltskanzlei zu entnehmen und ein weiterer Vermerk wies darauf hin, dass es sich um ein "Telefax vorab" handelt, das Original des Widerspruchs also noch folgen sollte. Insbesondere durch Blatt 2 des Faxes, nämlich dem von der anwaltlichen Vertreterin der Widersprechenden unterzeichnetem Abbuchungsauftrags war der unzweideutige Wille zur Einlegung des Widerspruchs erkennbar. Hier sind die Rollennummer der angegriffenen Marke, der Grund der Gebührenzahlung ("Widerspruch"), das Aktenzeichen der anwaltlichen Vertreter, sowie deren vollständige Adresse genannt. Derartige Daten sind regelmäßig nur den an einem Verfahren Beteiligten bekannt, so dass all diese Umstände keinen vernünftigen Zweifel an einer gewollten Einlegung des Widerspruchs aufkommen lassen. Dies wurde durch das nachgereicht - vollständige - Original auch bestätigt.
Damit war der Widerspruch rechtzeitig und auch formgerecht eingelegt, die Beschwerde hat somit Erfolg.
Das Patent- und Markenamt hat in der Sache noch nicht entschieden, so dass deshalb eine Zurückverweisung notwendig war (§ 70 Abs 3 Nr 1 MarkenG).
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BPatG:
Beschluss v. 03.03.2004
Az: 28 W (pat) 236/03
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