Anwaltsgerichtshof Celle:
Beschluss vom 11. Juni 2009
Aktenzeichen: AGH 15/07

(AGH Celle: Beschluss v. 11.06.2009, Az.: AGH 15/07)

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der am ...1961 geborene, ledige Antragsteller ist seit Oktober 1996 als Rechtsanwalt bei dem Amts€ und bei dem Landgericht Göttingen und seit September 2002 zugleich beim Oberlandesgericht Braunschweig zugelassen. Seine Anwaltspraxis betreibt er seitdem in einem gemeinsam mit seiner Mutter bewohnten Einfamilienhaus in B., in dessen Obergeschoss er einen Schlafraum hat und das Wohnzimmer sowie einen weiteren Büroraum für Kanzleizwecke nutzt.

Erstmalige Hinweise auf finanzielle Schwierigkeiten des Antragstellers ergaben sich für die Antragsgegnerin aus einer Mitteilung der V. Versicherung vom 16. Dezember 2004, der Antragsteller sei wegen Nichtzahlung von Beiträgen für seine anwaltliche Haftpflichtversicherung gemahnt worden. Später teilte der Versicherer jedoch mit, dass wieder Versicherungsschutz bestehe.

Im März 2005 teilte die Staatsanwaltschaft Göttingen der Antragsgegnerin mit, dass gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet worden sei. Aufgrund einer Anzeige einer Vermächtnisnehmerin hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Antragsteller als Testamentsvollstrecker den Nachlass der Erblasserin schmälernde Verfügungen in einem Volumen von rd. 20.000,00 € vorgenommen haben könnte. Aus einem beigefügten Durchsuchungsprotokoll der Polizei vom 16. Februar 2005 ergab sich, dass die Büroräume des Antragstellers in einem €äußert unaufgeräumt wirkenden€ Zustand vorgefunden worden seien. Die Polizei fand Unterlagen über das Geschäftskonto des Antragstellers bei der A.-Bank sowie eine Darlehensvereinbarung zwischen dem Antragsteller und einer Frau B. J. über 25.000,00 € vom 10. Mai 2005. Der Antragsteller erklärte hierzu auf Nachfrage der Polizeibeamten, dass die Auszahlung des Darlehensbetrages an ihn erfolgt sei. Bei der Darlehensgeberin handele es sich um eine Bekannte. Ferner fand die Polizei eine Ankündigung über beabsichtigte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch das Finanzamt Göttingen vom 1. Februar 2005 wegen einer Steuerforderung von 997,00 €.

In dem Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft unter dem 23. Mai 2007 Anklage zum Amtsgericht - Schöffengericht - Göttingen erhoben. Darin heißt es u. a., die Auswertung der bei dem Angeschuldigten sichergestellten Unterlagen habe ergeben, dass dieser im Rahmen der Testamentsvollstreckung dem Nachlass eine Substanz in Höhe von 21.794,64 € entzogen habe, wobei die Feststellungen zur Rechtmäßigkeit der Testamentsvollstreckung dadurch erschwert worden seien, dass der Angeschuldigte unbefugt Mittel des Nachlasses mit finanziellen Mitteln seines Geschäftskontos vermischt habe. Diese Vermischung sei darauf zurückzuführen, dass sich der Angeschuldigte bereits zum Zeitpunkt der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses am 10. Januar 2003 in finanziell schwieriger Situation befunden habe, aufgrund derer er auf die zumindest vorübergehende Zuführung finanzieller Mittel aus dem Nachlass zu seinen Gunsten angewiesen gewesen sei. Der Angeschuldigte habe letztlich bis zur Anklageerhebung die von der Erblasserin ausgesetzten Vermächtnisse nicht vollständig ausgekehrt. Er habe sich durch seinen Verteidiger darauf berufen, am 16. September 2004 einen Betrag von 17.000,00 € gezahlt zu haben, wodurch sich die Schadenssumme auf 4.794,64 € verringert habe. Außerdem sei der Nachlassbestand geringer als von der Staatsanwaltschaft zugrunde gelegt, weil vermögensmindernd die der Erblasserin noch zu Lebzeiten durch Krankheit entstandenen Kosten anzurechnen seien.

Das Landgericht hat das Hauptverfahren eröffnet. Ein Hauptverhandlungstermin hat am 31. Januar 2008 stattgefunden, ohne dass das Verfahren beendet worden wäre. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Unter dem 7. November 2006 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, detailliert und umfassend seine wirtschaftliche Situation darzulegen. Die hierzu gesetzte, antragsgemäß verlängerte Frist verstrich ungenutzt.

Anlass für die Aufforderung der Antragsgegnerin war eine Mitteilung des Obergerichtsvollziehers T. vom 18. November 2006 gewesen, mit der dieser die Antragsgegnerin von einem am 2. November 2006 anstehenden Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unterrichtete. Am 15. Dezember 2006 teilte der Obergerichtsvollzieher auf Anfrage der Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller zum Termin am 2. November 2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen sei. Unter dem 10. Januar 2007 teilte das Amtsgericht Göttingen der Antragsgegnerin mit, dass auf Antrag gegen den Antragsteller Haftbefehl erlassen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 15. März 2007 übermittelte der Obergerichtsvollzieher T. der Antragsgegnerin eine Liste mit folgenden bei ihm gegen den Antragsteller anhängigen Vollstreckungsverfahren:

1. Forderung der V. Versicherung über insgesamt 218,82 € (Hauptforderung 80,16 €) aus einem Vollstreckungsbescheid vom 24. Mai 2006,

2. Forderung der A. GmbH über insgesamt 653,81 € (Hauptforderung 495,32 €) aus einem Vollstreckungsbescheid vom 1. Dezember 2006,

3. Forderung des NLBV Aurich über insgesamt 521,69 € (Hauptforderung 479,09 €) aus einem Vollstreckungsersuchen vom 3. März 2006,

4. Forderung der D-Versicherung über insgesamt 1.317,04 € (Hauptforderung 1.098,68 €) aus einem Vollstreckungsbescheid vom 10. Februar 2006.

Ferner waren nach früheren Mitteilungen des Obergerichtsvollziehers noch folgende weitere Vollstreckungsangelegenheiten anhängig:

5. Forderung der Antragsgegnerin in Höhe von 280,00 € (rückständiger Kammerbeitrag 2006) nach fruchtlosem Vollstreckungsversuch des Gerichtsvollziehers vom 18. Oktober 2006,

6. Forderung der V. Versicherung wegen einer Gesamtforderung von 1.101,06 € zzgl. Kosten wegen Versicherungsprämien für die Monate Oktober 2005 und Januar 2006 aufgrund eines Vollstreckungsbescheides von Mai 2006, nachdem die Gläubigerin im Juni 2005 erfolglos einen Pfändungs€ und Überweisungsbeschluss erwirkt hatte.

Wegen der unter Ziffer 6 genannten Forderung war unter dem 2. November 2006 Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gestellt worden. Wegen der Forderungen zu Ziffer 2 bis 5 war von Obergerichtsvollzieher T. für den 15. März 2007 die Verhaftung des Antragstellers anberaumt. An diesem Termin gab der Antragsteller zur Vermeidung seiner Verhaftung eine eidesstattliche Versicherung ab. Danach stellte sich die Vermögenssituation des Antragstellers wie folgt dar:

Einziger Vermögensgegenstand war ein Erbanteil nach seinem im Jahr 2004 verstorbenen Vater, der im Wesentlichen aus 1/8 Anteil an dem Hausgrundstück in B. besteht. Der Kontenstand auf dem Geschäftskonto bei der A.-Bank ist mit einem Soll von 9.581,00 € angegeben. Zwei im Jahr 2000 und 2002 abgeschlossene Lebensversicherungen sind zur Absicherung der Verbindlichkeiten an die A.-Bank verpfändet. Seine monatlichen Einkünfte hat der Antragsteller auf ungefähr 500,00 € netto geschätzt, zugleich aber mitgeteilt, die Einnahmen variierten von Monat zu Monat. Fällige Außenstände gegenüber Mandanten hat der Antragsteller mit insgesamt rd. 5.200,00 € angegeben, wobei über den Stand der Beitreibungsversuche und die Realisierbarkeit dieser Forderungen nichts Näheres mitgeteilt ist.

Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit Bescheid vom 5. Juni 2007 unter Hinweis auf den Haftbefehl vom 10. Januar 2007 und die am 15. März 2007 abgegebene eidesstattliche Versicherung die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen.

Nachträglich bekannt geworden ist durch Mitteilung des Insolvenzgerichts Göttingen, dass dort durch das Finanzamt Göttingen unter dem 11. Juni 2007 wegen Abgabenrückständen in Höhe von insgesamt 2.650,92 € ein Insolvenzantrag gegen den Antragsteller gestellt wurde. In dem Insolvenzantragsverfahren ist gemäß Beschluss des Insolvenzgerichts vom 31. Juli 2007 Rechtsanwalt Wegener in Göttingen als Sachverständiger mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens u. a. zu der Frage, ob ein Eröffnungsgrund (gegebene oder drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) vorliege, beauftragt worden. Am 3. September 2007 ist in dem Insolvenzverfahren gegen den Antragsteller Beugehaftbefehl wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Klarstellung der Vermögensverhältnisse ergangen. Zwischenzeitlich ist nach Zahlung der Rückstände das Insolvenzverfahren gemäß Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 4. Dezember 2007 erledigt und der Haftbefehl aufgehoben.

Gegen die am 8. Juni 2007 zugestellte Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin hat der Antragsteller mit am 12. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hat geltend gemacht, die den Widerruf begründenden Umstände seien entfallen, die Vermutung des Vermögensverfalls widerlegt, seine Einkommenssituation zwischenzeitlich konsolidiert. Die der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zugrunde liegenden Forderungen seien beglichen. Ebenso seien die dem Vollstreckungsauftrag der V. Versicherung vom 2. November 2006 (Az. 1 DR II 1839/06 OGV T.) zugrunde liegenden Forderungen ausgeglichen. Gleiches gelte hinsichtlich der Forderungen des Finanzamtes Göttingen, die zum Insolvenzantrag geführt hätten. Das Strafverfahren sei noch nicht beendet. Soweit es die von der Anklage erfasste Testamentsvollstreckung betreffe, seien die Erbschaft und die Vermächtnisse bis Dezember 2004 ausgekehrt worden. Die vom Amtsgericht Göttingen verfügte Entlassung als Testamentsvollstrecker sei bereits durch Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 2. Juni 2005 aufgehoben worden.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.

Sie hat auf die in der Widerrufsverfügung genannten Forderungen und Vollstreckungsmaßnahmen sowie darauf hingewiesen, dass darüber hinaus folgende weitere Verbindlichkeiten und Vollstreckungsmaßnahmen bekannt geworden seien:

7. Aufgrund vollstreckbarer Ausfertigung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Göttingen vom 5. Oktober 2007 (Az. 25 C 267/07) sei von der Gläubigerin B. L. wegen einer Gesamtforderung von 1.429,06 € (Hauptforderung 1.384,08 €) ein Pfändungs€ und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 20./28. November 2007 (73 M 2307/07) betreffend die Forderungen des Antragstellers gegen die A.-Bank erwirkt worden.

8. Die Notarin F. in G. habe wegen einer titulierten Hauptforderung in Höhe von 342,54 € nebst Zinsen und Kosten am 24. September 2007 einen Pfändungs€ und Überweisungsbeschluss erwirkt.

9. Frau B. J. fordere nach Darlehensabrechnung vom 30. März 2007 aus einem dem Antragsteller am 3. Januar 2005 gewährten Darlehen Zahlung in Höhe von 23.400,00 €.

10. Herrn W. B. in K. schuldet der Antragsteller gemäß Darlehensvertrag vom 30. März 2007 über 25.000,00 € seit Mai 2007 monatliche Raten à 800,00 €.

11. Aus dem Geschäftskonto des Antragstellers bei der A.-Bank (Kto.-Nr. 39.00842.800) rühre eine Forderung des Kreditinstituts von 2.062,14 € per 30. Dezember 2007.

12. Frau B. L. berühmt sich im Anwaltsschreiben vom 24. Januar 2008 einer weiteren Forderung in Höhe von 1.723,48 € in der €Angelegenheit betreffend die Beerdigungskosten€.

13. Zugunsten der Frau K. S. in B. seien durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Göttingen vom 9. Dezember 2007 insgesamt 256,00 € nebst 36,39 € Verzugsschaden tituliert worden.

14. Nach einem Schreiben der D-Versicherung vom 17. Januar 2008 seien noch - nicht titulierte - Beiträge zur Pflegeversicherung bis zum Beendigungstermin in Höhe von 102,20 € offen.

15. Ferner sei der Antragsteller nach Mitteilung der V. Versicherung vom 24. Oktober 2007 wegen Nichtzahlung der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung am 17. September 2007 gemahnt worden. Die Beiträge seien nach Mitteilung des Versicherers vom 16. April 2008 nicht gezahlt worden. Der Vertrag ende zum 10. April 2006.

16. Außerdem seien zwar die in der Vollstreckung befindlichen Forderungen des Finanzamtes Göttingen in voller Höhe getilgt worden, jedoch die zum 22. November 2007 fällige Umsatzsteuer für das 3. Quartal 2007 nicht gezahlt worden.

17. Nach Mitteilung der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen vom 17. April 2008 bestünden dort erhebliche Beitragsrückstände.

Der Antragsteller hat unter Vorlage diverser Belege vorgetragen, die Verbindlichkeiten beglichen zu haben bzw. die noch ausstehenden Beträge entsprechend den Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern regelmäßig zurückzuführen.

Durch Senatsbeschluss vom 30. Dezember 2008 ist auf Antrag beider Parteien im Hinblick auf eine mögliche Konsolidierung der finanziellen Verhältnisse des Antragstellers das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Auf Antrag der Antragsgegnerin ist das Verfahren fortgesetzt worden.

Sie verweist auf die durch Obergerichtsvollzieher T. unter dem 16. Februar 2009 mitgeteilten Vollstreckungsmaßnahmen, die Frau B. L. aufgrund eines Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts Göttingen vom 21. Juli 2008 (Az. 22 C 100/08) eingeleitet habe und die zeigten, dass eine verbindliche Einigung über die Rückführung der Schulden zwischen dem Antragsteller und seinen Gläubigern nicht bestehe.

II.

1.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt ohne Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat mit der angefochtenen Verfügung vom 5. Juni 2007 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft zu Recht widerrufen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (ständige Rechtsprechung des BGH, z. B. BGH-Report 2001, 312). Vermutet wird ein Vermögensverfall dann, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 Fall 2 BRAO).

In dem für die gerichtliche Nachprüfung maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 13. November 2007 war der Vermögensverfall des Antragstellers zu vermuten, denn gegen ihn war der Haftbefehl vom 10. Januar 2007 ergangen und er hatte am 15. März 2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Richtigkeit der Vermutung wird darüber hinaus durch die fruchtlosen Vollstreckungsmaßnahmen der V. Versicherung, der A. GmbH, des NLBV Aurich, der D-Versicherung und der Antragsgegnerin belegt.

Der Antragsteller, dem es obliegt, den Wegfall der im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung gegebenen Voraussetzungen des Vermögensverfalls darzulegen und ggf. nachzuweisen, hat nicht ausreichend dargelegt, dass er seine finanziellen Verhältnisse geordnet hat oder in absehbarer Zeit wieder ordnen kann und deshalb in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Zwar sind erhebliche Außenstände durch den Antragsteller ausgeglichen und Eintragungen beim Vollstreckungsgericht Göttingen gelöscht worden. Der Ausgleich sämtlicher Schulden ist jedoch nicht nachgewiesen und auch nicht in absehbarer Zeit zu erwarten. Der Antragsteller hat die Steuerschulden beim Finanzamt Göttingen nicht in der vereinbarten Weise zurückgeführt, es bestehen weiterhin erheblich Beitragsrückstände bei der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen, und er sieht sich erneuten Vollstreckungsmaßnahmen wegen einer Verbindlichkeit gegenüber Frau B. L. gegenüber.

Im Einzelnen ist Folgendes festzustellen:

1. Die durch Vollstreckungsbescheid vom 24. Mai 2006 titulierte Forderung der V. Versicherung über insgesamt 218,82 € (Hauptforderung 80,16 €), hinsichtlich derer ein Eintrag im Vollstreckungsregister erfolgt war, ist nach dem Schreiben der Gläubigerin vom 16. Januar 2008 (Bd. I Bl. 187 d. A.) erledigt. Ein Eintrag im Vollstreckungsregister ist nach Mitteilung des Vollstreckungsgerichts Göttingen nicht mehr vorhanden.

2. Die durch Vollstreckungsbescheid vom 1. Dezember 2006 titulierte Forderung der A. GmbH über insgesamt 653,81 € (Hauptforderung 495,32 €) ist ausweislich eines Anwaltsschreibens der Gläubigerin vom 15. Januar 2008 (Bd. I Bl. 184 d. A.) ebenfalls erledigt. Der Titel ist dem Antragsteller mit dem Schreiben herausgegeben worden und die Gläubigerin hat ihre Zustimmung zur Löschung im Schuldnerverzeichnis erklärt.

3. Die dem Vollstreckungsersuchen des NLBV Aurich vom 3. März 2006 zugrunde liegende Forderung über insgesamt 521,69 € (Hauptforderung 479,09 €) ist nach dem Schreiben der Gläubigerin vom 17. Januar 2008 (Bd. I Bl. 181 d. A.) beglichen und sie hat in die Löschung im Schuldnerverzeichnis eingewilligt.

4. Die Forderung der D-Versicherung über insgesamt 1.317,04 € (Hauptforderung 1.098,68 €), über die sich der Vollstreckungsbescheid vom 10. Februar 2006 verhält, ist ausweislich des Schreibens der Gläubigerin vom 17. Januar 2008 (Bd. I Bl. 190 d. A.) erledigt, der Vollstreckungstitel herausgegeben und die Einwilligung zur Löschung im Schuldnerverzeichnis erklärt.

5. Soweit es die Forderung der Antragsgegnerin in Höhe von 344,70 € (Hauptforderung 280,00 € rückständiger Kammerbeitrag 2006) betrifft, die zunächst zu einem fruchtlosen Vollstreckungsversuch des Gerichtsvollziehers am 18. Oktober 2006 und schließlich nach Haftbefehl wegen Nichterscheinens in dem auf den 2. November 2006 anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Antragsteller am 15. März 2007 geführt hat, ist durch Schreiben der Gläubigerin vom 18. Januar 2008 der Eingang der Zahlung des ausstehenden Kammerbetrages in Höhe 280,00 € bescheinigt. Über den Ausgleich der Nebenforderungen liegt ein Nachweis nicht vor. Nach Angaben der Antragsgegnerin im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. September 2008 sind keine weiteren Beitragszahlungen mehr erfolgt.

6. Hinsichtlich der Forderung der V. Versicherung in einer Gesamthöhe von 1.101,06 € zzgl. Kosten (Versicherungsprämien für die Monate Oktober 2005 und Januar 2006), die durch Vollstreckungsbescheid von Mai 2006 tituliert ist und die zu einem Eintrag ins Vollstreckungsregister geführt hat, gilt das oben zu Ziffer 1 Gesagte entsprechend.

7. Die durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Göttingen vom 5. Oktober 2007 (Az. 25 C 267/07) zugunsten von Frau B. L. titulierte Gesamtforderung von 1.429,06 € (Hauptforderung 1.384,08 €), wegen der sie einen Pfändungs€ und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 20./28. November 2007 (73 M 2307/07) erwirkt hatte, ist ausweislich des Schreibens des Obergerichtsvollziehers T. vom 11. Januar 2008 und des anwaltlichen Schreibens der Gläubigerin vom 14. Januar 2008 (Bd. I Bl. 166, 188 d. A.) beglichen und der Titel an den Antragsteller herausgegeben.

8. Die titulierte Forderung in Höhe von 342,54 € nebst Zinsen und Kosten der Notarin F. in Göttingen, wegen der sie am 24. September 2007 einen Pfändungs€ und Überweisungsbeschluss erwirkt hatte, ist nach dem Schreiben der Gläubigerin vom 28. Januar 2008 (Bd. I Bl. 180 d. A.) einschließlich Kosten beglichen.

9. Die an Frau B. J. nach Darlehensabrechnung vom 30. März 2007 aus einem dem Antragsteller am 3. Januar 2005 gewährten Darlehen geschuldeten 23.400,00 € sind ausweislich der Quittung der Gläubigerin vom 30. März 2008 (Bd. I Bl. 144 d. A.) gezahlt.

10. Die Zahlung der Herrn W. B. in K. gemäß Darlehensvertrag vom 30. März 2007 geschuldeten monatlichen Raten à 800,00 € werden nach Angaben des Antragstellers regelmäßig gezahlt und sind bis einschließlich Mai 2008 auch belegt (Bd. I Bl. 134 - 141, Bd. II Bl. 277 - 281 d. A.).

11. Die aus dem Geschäftskonto des Antragstellers bei der A.-Bank (Kto.-Nr. 39.00842.800) herrührende Forderung des Kreditinstituts von 2.062,14 € per 30. Dezember 2007 ist ausweislich des Bareinzahlungsbeleges vom 11. Januar 2008 (Bd. I Bl. 148 d. A.) beglichen worden.

12. Die weitere Forderung der Frau B. L., derer sie sich im Anwaltsschreiben vom 24. Januar 2008 in Höhe von 1.723,48 € in der €Angelegenheit betreffend die Beerdigungskosten€ berühmt hat, ist nunmehr durch Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Göttingen vom 21. Juli 2008 (Az. 22 C 100/08) tituliert, und die Gläubigerin hat unter dem 13. Februar 2009 Antrag auf Bestimmung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gestellt (Bd. II Bl. 358 d. A.). Dazu, ob und ggf. in welcher Form die Verbindlichkeit zurückgeführt werden soll, trägt der Antragsteller nichts vor.

13. Die Forderung der Frau K. S. in B., die durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Göttingen vom 9. Dezember 2007 in Höhe von insgesamt 256,00 € nebst 36,39 € Verzugsschaden tituliert worden ist, ist nach dem anwaltlichen Schreiben der Gläubigerin vom 14. Januar 2008 erledigt.

14. Die nach einem Schreiben der D-Versicherung vom 17. Januar 2008 ausstehenden - nicht titulierten - Beiträge zur Pflegeversicherung bis zum Beendigungstermin in Höhe von 102,20 € sind ausweislich des Bareinzahlungsbeleges vom 3. April 2008 (Bd. II Bl. 233 d. A.) gezahlt.

15. Ferner hat der Antragsteller nach Mitteilung der V. Versicherung vom 11. September 2008 die ausstehenden Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung gezahlt und Versicherungsschutz besteht.

16. Gemäß Forderungsaufstellung des Finanzamtes Göttingen vom 27. Oktober 2007 (Bd. II Bl. 332 d. A.) bestanden dort noch Forderungen in einer Gesamthöhe von 8.869,26 €, auf die nach getroffener Vereinbarung ab 15. Oktober 2008 14-tägliche Raten in Höhe von 800,00 € gezahlt werden sollten. Nachdem der Antragsteller diese Vereinbarung offenbar nicht eingehalten hat, sind ausweislich des Bescheides des Finanzamts Göttingen vom 26. Januar 2009 auf seinen Antrag am 26. Januar 2009 die eingeleitete Zwangsvollstreckung wegen Abgabenrückständen in Höhe von noch 7.848,53 € einstweilen ausgesetzt und nunmehr eine Ratenzahlung in Höhe von monatlich 1.000,00 € ab 10. März 2009 nach einmaliger Rate in Höhe von 150,00 € im Februar 2009 bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 3. April 2009 hat der Antragsteller die Zahlung der Februarrate und der Märzrate belegt (Bd. II Bl. 371 f. d. A.).

17. Nach dem Schreiben der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen vom 29. Oktober 2008 (Bd. II Bl. 336 d. A.) beliefen sich die Beitragsrückstände dort bis einschließlich Oktober 2008 auf 24.250,13 €. Zu einer Stundung zeigte sich die Gläubigerin angesichts des Umstandes, dass die letzte Beitragszahlung im Jahr 2004 erfolgt sei, nicht bereit. Ihr Angebot einer monatlichen Ratenzahlung à 1.000,00 € ab November 2008 hat der Antragsteller angenommen. Zahlungen hat er jedoch nicht belegt.

Auch wenn es dem Antragsteller gelungen ist, eine Vielzahl von Verbindlichkeiten zurückzuführen, so kann angesichts der verbleibenden Verbindlichkeiten einerseits und seinem durch Einnahmen€Ausgaben€Rechnungen für die Jahre 2007 und 2008 dokumentierten Einkommen weder von einer eingetretenen Konsolidierung gesprochen noch mit einer alsbaldigen Ordnung der Verhältnisse gerechnet werden. Allein die nach bestehenden Vereinbarungen zu zahlenden Raten belaufen sich auf insgesamt monatlich 2.800,00 € (B. 800,00 €, Finanzamt 1.000,00 €, Rechtsanwaltsversorgung 1.000,00 €). Dagegen betrug der Einnahmenüberschuss und steuerliche Gewinn des Antragstellers im Jahr 2008 nach der vorgelegten Einnahmen€Überschussrechnung insgesamt rd. 29.600,00 € und erreichte damit nicht einmal den zu leistenden Betrag. Dafür, dass sich das Einkommen deutlich verbessert hat, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Es steht daher zu befürchten, dass der Antragsteller auch die jetzige Zahlungsvereinbarung nicht wird einhalten können, wie es in der Vergangenheit bereits mehrfach geschehen ist. Dies gilt umso mehr, als wegen der nunmehr titulierten Forderung der Frau B. L. von rd. 2.000,00 € einschließlich Zinsen und Kosten bereits neue Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller eingeleitet sind.

Demgemäß hat es beim Widerruf der Zulassung zu bleiben.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 Abs. 1 BRAO. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 40 Abs. 4 BRAO, § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG bestand kein Anlass.

Die Festsetzung des Geschäftswertes ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers und orientiert sich an der entsprechenden Geschäftswertfestsetzung durch den Bundesgerichtshof in vergleichbaren Fällen.






AGH Celle:
Beschluss v. 11.06.2009
Az: AGH 15/07


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