Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. April 2002
Aktenzeichen: 8 W (pat) 78/99
(BPatG: Beschluss v. 18.04.2002, Az.: 8 W (pat) 78/99)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Patentanmeldung 198 04 890.4-25 mit der Bezeichnung "Verbundelement" ist am 7. Februar 1998 beim Patentamt eingegangen und von dessen Prüfungsstelle für Klasse E 04 C mit Beschluß vom 26. Juli 1999 zurückgewiesen worden, weil ihr Gegenstand angesichts des Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zum Stand der Technik waren u.a. die DE 44 17 058 A1 sowie die DE 34 08 608 A1 in Betracht gezogen worden.
Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.
Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen mit dem Patentanspruch 1, eingegangen am 24. Oktober 1998, sowie noch anzupassenden Unteransprüchen mit Beschreibung und 2 Blatt Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift.
Der geltende Patentanspruch 1, eingegangen am 24. Oktober 1998 lautet:
"Verbundelement, insbesondere Wandelement (1) für ein Gebäude, mit einem Ständerwerk (4), Außen- (2) und Innenschalung (3) mit dazwischen befindlichem Isoliermaterial (5, 6, 7), wobei sowohl die Außen- (2) als auch die Innenschalungen (3) aus Blockbohlen (2a bis 2i und 3a bis 3k) bestehen, die eine Doppelblockwand bilden, deren Ständerwerk aus Stielen (4) besteht, welche im wesentlichen senkrecht zur Längserstreckung der Blockbohlen (2a bis 2i und 3a bis 3k) sowie senkrecht zum Boden des zu errichtenden Hauses verlaufen, dadurch gekennzeichnet, daß die Stiele (4) jeweils einteilig ausgeführt und bereits werksseitig durch Verbindungselemente wie Nägel (8, 9) mit den Blockbohlen (2a bis 2i und 3a bis 3k) verbunden sind, wobei die Verbindung der Stiele (4) mit den Blockbohlen (2a bis 2i) der Außenschalung (2) durch Nägel (8) erfolgt, die sich in einer horizontalen Ebene - welche senkrecht zu den Außenbohlen (2a bis 2i) verläuft - in einem spitzen Winkel zu sich selbst wechselseitig schräg durch die Stiele (4) bis in die außenliegenden Blockbohlen (2a bis 2i) erstrecken, ohne diese vollständig zu durchdringen und daß die Verbindung der Blockbohlen (3a bis 3k) der Innenschalung (3) mit den Stielen (4) von deren Schmalseite her durch Nägel (9) erfolgt, welche in einer Ebene verlaufen, die sich schräg zu den Blockbohlen (3a bis 3k) und schräg zu den Stielen (4) erstreckt, wobei die Nägel (9) im wesentlichen parallel zu sich selbst und im wesentlichen senkrecht zur Richtung der Längserstreckung der Blockbohlen (3a bis 3i) verlaufen und daß die Anzahl und die Positionen der Stiele (4) jeweils individuell für die zu fertigende Doppelblockwand nach Maßgabe der individuellen Statik des zu errichtenden Hauses bestimmt sind."
Die Anmelderin vertritt die Auffassung, es habe einer erfinderischen Tätigkeit bedurft, um zum Anmeldungsgegenstand nach Patentanspruch 1 zu gelangen.
Sie trägt hierzu vor, daß es bis zum Zeitrang der Anmeldung fachübliches Handeln gewesen sei, Blockbohlen an Stielen bzw. Ständern ausschließlich mit Hilfe formschlüssiger Verbindungen wie z.B. Schwalbenschwanz-Strukturen zu befestigen, wie z.B. die DE 34 08 608 A1 sowohl für die inneren als auch die äußeren Blockbohlen lehre. Lediglich im Falle der Wandkonstruktion nach der DE 44 17 058 A1 sei es notwendig gewesen, von diesem fachüblichen Konstruktionsprinzip abzuweichen und dies für die Außenbohlen durch eine Nagelung zu ersetzen, weil in diesem speziellen Falle ein Sperrholzstreifen zwischen Stiele und Bohlen gelegt werde. Dieser Sperrholzstreifen stelle ein zusätzliches Abstandselement dar und verhindere demgemäß eine direkte formschlüssige Verbindung zwischen Stielen und Blockbohlen, weswegen ausnahmsweise und notwendigerweise eine Verbindung durch Nagelung gewählt werden mußte. Ansonsten bestehe nach dem Vortrag der Anmelderin aber nach wie vor ein Vorurteil der Fachwelt gegenüber der Nagelung von Blockbohlen am Ständer, weswegen ein derartiges Befestigungsverfahren auch keinerlei Eingang in die Praxis gefunden hätte. Demzufolge sei insbesondere die genagelte Verbindung auf beiden Seiten (innen und außen) als erfinderisch zu betrachten. Hinzu komme, daß es bei einer beidseitig genagelten Verbindung sehr leicht möglich sei, die Lage der Stiele (Ständer) entsprechend wechselnder statischer Anforderungen und mit Rücksicht auf freizuhaltende Fenster- und Türbereiche zu verändern. Im Hinblick auf eine industrielle Vorfertigung von derartigen Wandelementen sei dies besonders vorteilhaft, weil entsprechende Herstellungsprogramme, wie sie für die Maschinen zur Nutenfräsung erforderlich seien, nicht einer aufwendigen Änderung bedürften.
II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Anmeldungsgegenstand stellt keine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.
Der Gegenstand des zulässigen Patentanspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Gegenstand der Anmeldung nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist nach Auffassung des Senats ein Verbundelement, welches aus einem Ständerwerk mit Außen- und Innenschalung aus Blockbohlen und dazwischen befindlichem Isoliermaterial besteht, so dass eine Doppelblockwand gebildet wird. Das Ständerwerk besteht aus Stielen, welche im wesentlichen senkrecht zur Längserstreckung der Blockbohlen sowie senkrecht zum Boden des zu errichtenden Hauses verlaufen. Die Stiele als solche sind dabei jeweils einteilig ausgeführt und bereits werksseitig mit den Blockbohlen mit Hilfe von Nägeln verbunden. Die Nägel für alle Befestigungspunkte verlaufen sowohl für die Außen- als auch für die Innenschalung in jeweils einer Ebene. Die von den Nagelschäften aufgespannte Ebene ist im Falle der Verbindung der Stiele mit den Außenbohlen - diese sollen von den Nägeln nicht vollends durchdrungen werden (d.h. daß die Nägel bzw. deren Enden von außen nicht sichtbar sein sollen) - eine horizontale Ebene welche senkrecht zu den Außenbohlen verläuft. Innerhalb dieser Ebene verlaufen die Nägel wechselseitig schräg durch die Stiele und bilden - zumindest in ihrer gedachten Verlängerung - einen spitzen Winkel zueinander. Die Nägel zur Verbindung der Innenschalungsbohlen mit den Stielen liegen dabei ebenfalls in einer Ebene, welche sich schräg zu den Blockbohlen und schräg zu den Stielen erstreckt, wobei die Schäfte der Nägel i.w. parallel und i.w. senkrecht zur Längsrichtung der Blockbohlen von deren Schmalseite her verlaufen. Die Anzahl und Position der Stiele soll ferner auf die Statik des zu errichtenden Hauses abgestimmt sein.
2. Durch die DE 44 17 058 A1 ist eine Verbund-Außenwand für ein Holzblockhaus mit Ständerwerk bekannt geworden (vgl z.B. Anspruch 1 der Entgegenhaltung), welche ebenfalls aus einem Ständerwerk aus einzelnen Stielen (Ständer 12) mit einer Außenschalung aus Blockbohlen (10) besteht (Fig. 1). Die Innenschalung besteht aus Profilbrettern (16) o.ä. und zwischen Außen- und Innenschalung befindet sich eine Isolierschicht (14). Die Bockbohlen (10) der Außenschalung sowie die Profilbretter (16) der Innenschalung laufen in ihrer Längserstreckung im wesentlichen senkrecht zu den Stielen (12) des Ständerwerks, welches wiederum senkrecht zum Boden des zu errichtenden Hauses verläuft (vgl Fig 1). Die Stiele (12) sind dabei jeweils einteilig ausgeführt, wie in Fig 1 und 3 erkennbar ist. Zwar ist den Stielen (12) der Verbund-Außenwand nach der DE 44 17 058 A1 nach außen hin zu den Blockbohlen (10) der Außenwand ein Sperrholzstreifen (22) als Abstandshalter aufgelegt, so daß ein Luftspalt zwischen der Schicht der äußeren Blockbohlen und der zur isolierenden Innenschicht gehörenden Windpappe (20) entsteht (vgl Sp 3, Z 47 bis 55). Dieser Sperrholzstreifen stellt aber für den Fachmann, einen Bauingenieur mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Holzhäusern, ersichtlich nicht ein zum tragenden Teil des Ständers (12) gehörendes Bauteil dar, was seitens der Anmelderin auch nicht bestritten wird.
Die DE 44 17 058 A1 lehrt ferner, daß die Verbindung der Blockbohlen (12) der Außenschalung mit den einteiligen Ständern (12) mit Hilfe von Nägeln (24) hergestellt werden kann, welche ebenfalls, wie im Falle der Außenschalung beim Anmeldungsgegenstand nach Anspruch 1, sich überkreuzend bzw. einen spitzen Winkel bildend und mit ihren Schäften eine horizontale und senkrecht zu den Stielen (12) verlaufende Ebene aufspannend, angebracht sind (vgl Fig 3 und Sp 3, Z 24 bis 46). Somit bestand zumindest zum Zeitrang der entgegengehaltenen DE 44 17 058 A1, also mehr als drei Jahre vor dem Anmeldetag der in Rede stehenden Patentanmeldung - anders als die Anmelderin vorträgt - kein Vorurteil der Fachwelt mehr, welches sich grundsätzlich gegen die Verbindung von Blockbohlen mit den Stielen eines Ständerwerks mit Hilfe von Nägeln ausspricht und statt dessen ausschließlich formschlüssige Verbindungen zu diesem Zweck vorschlägt. Abgesehen davon, daß ein derartiges geltend gemachtes Vorurteil der Fachwelt durch entsprechende dahingehend formulierte Passagen aus allgemein fachüblichen Lehrbüchern o.ä. zu belegen wäre, würde ein solches ohnehin durch den Offenbarungsgehalt der DE 44 17 058 A1 aufgehoben werden. Auch erfolgt die Verbindung durch Nagelung beim Gegenstand nach der DE 44 17 058 A1 nicht, wie die Anmelderin vorträgt quasi "der Not gehorchend", um die als Abstandshalter wirkenden Sperrholzstreifen irgendwie anbringen zu können. Gemäß Sp 2, Z 34 bis 38 der Entgegenhaltung wird nämlich auf die "strukturellen Vorzüge einer auf Ständer genagelten Holzbohlenwand" hingewiesen, so daß sich die genagelte Verbindung hieraus für den Fachmann bereits als komfortable Alternative zu den bisher überwiegend verwendeten formschlüssigen Verbindungen, nicht zuletzt auch hinsichtlich einer größeren Variabilität im Hinblick auf die individuellen Erfordernisse bei der Errichtung eines Gebäudes ergibt (vgl Sp 2, Z 36 bis 38, "... so daß sich nach wie vor keine Probleme mit dem Setzen äußerer Bohlen in bezug auf Fenster oder dergleichen ergeben").
Mit Ausnahme der zuletzt abgehandelten Andeutung gemäß Sp 2, Z 36 bis 38 gibt die Entgegenhaltung indes keine weiteren Hinweise darauf, Anzahl und Position der Stiele nach Maßgabe der Statik des jeweils zu errichtenden Gebäudes auszurichten. Ein Wandelement im Sinne des Anmeldungsgegenstandes, welches auch werkseitig vormontiert werden kann, wird durch die DE 44 17 058 A1 ebenfalls nicht nahegelegt. Ferner wird nichts über die Befestigung der - hier iw aus Profilbrettern bestehenden - Innenschalung ausgesagt. Derartige Maßnahmen werden jedoch durch den Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen des Durchschnittsfachmanns nahegelegt.
Die DE 34 08 608 A1 zeigt und beschreibt eine Wand für ein Blockhaus, bei der beidseitig eines - hier mehrteilig ausgeführten - Ständerwerks Blockbohlen (12) (vgl Fig 1) vorgesehen sind. Zwischen der Innen- und Außenschalung befindet sich Isoliermaterial (11) (vgl auch S 4 (handschriftl. Numerierung), 2. Abs). Dieser Wandaufbau kann auch im Rahmen einer Werkstattanfertigung erfolgen (vgl S 6, 1. Abs). In diesem Falle entsteht für den oben bezeichneten Fachmann ersichtlich ein Wandelement, welches eine Doppelblockwand bildet, also ein Wandelement im Sinne des Anmeldungsgegenstandes.
Gemäß Seite 5 (handschr. Numerierung), 1. Absatz wird ferner ein Hinweis auf das Erfordernis der ausreichenden Steifigkeit und Stabilität der Blockhauswand gegeben, was dem Fachmann zusätzlich die Anregung vermittelt, bereits bei dem einzelnen Wandelement die individuelle Statik des zu errichtenden Hauses zu berücksichtigen.
Ein Fachmann, der aus dem Offenbarungsgehalt der DE 44 17 058 A1 die prinzipielle Möglichkeit der Befestigung von Blockbohlen an Stielen durch Vernagelung kennt, wobei ihm dieses Verfahren dort sogar als vorteilhaft hinsichtlich der Variabilität der Bauteile (Bohlen, Ständerwerk) beschrieben wird, vermag die dort beschriebene Verbund-Außenwand ohne weiteres auch als Wandelement nach dem Vorbild der DE 34 08 608 A1 auszugestalten. Die Verbindung von Blockbohlen und Ständerwerk durch Nagelung wird er dabei aus Gründen der erhöhten Variabilität beibehalten, denn dies ist dem herkömmlichen Verfahren über formschlüssige Verbindungen (Schwalbenschwanzverbindung) wie z.B. in der DE 34 08 608 A1 noch beschrieben, überlegen. Auch die Ausgestaltung des Wandelementes der Doppelblockwand nach Maßgabe der individuellen Statik des zu errichtenden Hauses wird dem Fachmann durch die oben abgehandelten Textpassagen der beiden Druckschriften bereits hinreichend nahegebracht, so daß die Bestimmung von Anzahl und Position der Stiele mittels einer statischen Berechnung zur Erreichung der erforderlichen Standfestigkeit lediglich das nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhende Ergebnis fachüblicher Überlegungen sein kann.
Allein aus der Zusammenschau des Standes der Technik nach der DE 44 17 058 A und der DE 34 08 608 A1 ist lediglich das Merkmal der Verbindung der Blockbohlen der Innenschalung mit den Stielen durch Vernagelung derart, daß die Blockbohlen dort von der Schmalseite her mit in einer Ebene schräg nach unten verlaufenden und hinsichtlich ihrer Schäfte parallel ausgerichteter Nägel fixiert werden, nicht unmittelbar vorweggenommen.
Dem einschlägigen Fachmann ist jedoch bekannt, daß eine auch auf Zug beanspruchte Nagelverbindung bei Holzteilen grundsätzlich erst durch schräg zu den Oberflächen der zu verbindenden Teile verlaufende Nagelschäfte die erforderliche dauerhafte Festigkeit liefern kann, wie dies auch die DE 44 17 058 A1 im Zusammenhang mit der Vernagelung der Blockbohlen der Außenschalung mit den Stielen lehrt. So gilt dieses Prinzip der schrägen Nagelführung auch für die Anbringung der Blockbohlen der Innenschalung, was für einen Fachmann ohne weiteres erkennbar ist. Die Nagelführung beginnend von der Schmalseite der Blockbohlen dient dabei lediglich dazu, die Nagelungspunkte bei dem späteren, fertig montierten Wandteil zu verbergen, eine Maßnahme, die dem Fachmann aus der Montage von Holzdecken, Profilbretterverkleidungen usw. bereits hinlänglich bekannt ist. Nachdem derart eingeschlagene Nägel bereits schräg zu den Oberflächen der zu verbindenden Teile verlaufen, ergibt es sich von selbst, ihre Schäfte im wesentlichen parallel zu halten. Somit vermag auch dieses verbleibende Merkmal die erforderliche erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen, da es sich aus dem allgemeinen Fachwissen des einschlägigen Durchschnittsfachmanns ergibt.
Der Patentanspruch 1 ist nach alldem nicht gewährbar, da sein Gegenstand gegenüber dem angezogenen Stand der Technik und dem allgemeinen Fachwissen des einschlägigen Durchschnittsfachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der Senat konnte auch in den übrigen Unterlagen der Anmeldung, auf die bislang kein Antrag gerichtet worden war, keine patentwürdigen Merkmale mehr erkennen.
Kowalski Eberhard Dr. Huber Gießen Cl
BPatG:
Beschluss v. 18.04.2002
Az: 8 W (pat) 78/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/422a3eafe741/BPatG_Beschluss_vom_18-April-2002_Az_8-W-pat-78-99