Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 3. Februar 2009
Aktenzeichen: I-24 U 66/08
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 03.02.2009, Az.: I-24 U 66/08)
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Beklagten erhalten Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von z w e i W o c h e n schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2. Der für den 10. Februar 2009 geplante Senatstermin entfällt.
Gründe
I. Das Rechtsmittel hat keine Erfolgsaussicht, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die drittbeklagte Rechtsanwaltsgesellschaft (GbR) und ihre beiden anwaltlichen Gesellschafter zu Recht als Gesamtschuldner zur Herausgabe vereinnahmten Fremdgeldes in Höhe restlicher 7.635,05 EUR (nebst Zinsen) sowie zur Zahlung eines Verzugsschadens in Höhe von 1.213,08 EUR (vorgerichtliche Kosten) verurteilt. Die vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine den Beklagten günstigere Entscheidung.
1. Die Positionen, zu denen das Landgericht die Beklagten in der angefochtenen Entscheidung verurteilt hat, stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:
Tabelle (Tab)
Zeile Position Beträge/EUR Beträge/EUR 01 Hauptforderung 11.151,30 02 Zwangsvollstreckungskosten - 330,24 03 Hebegebühren - 69,14 04 Zwischensumme 10.751,92 05 Fremdgeldherausgabe (Teilanerkenntnisurteil) - 3.116,87 06 Fremdgeldherausgabe (Rest-Hauptforderung) 7.635,05 07 vorgerichtliche Kosten (Nebenforderung) 1.213,08 08 Schlussurteil 8.848,13
a) Die Position Tab, Zeile 06 greifen die Beklagten vergeblich mit dem Einwand an, der Kläger sei nicht aktiv legitimiert. Der Kläger ist gemäß §§ 667, 398 BGB berechtigt, das von den Beklagten für die "Rest-Erbengemeinschaft verwaltete Geld (Fremdgeld) im eigenen Namen, nämlich aus eigenem und abgetretenem Recht der beiden Miterben geltend zu machen. Die Ansicht der Beklagten, sie brauchten sich auf die bei den Akten befindliche Urschrift der Abtretungsurkunde (künftig: Urkunde) nicht einzulassen, ist von Rechtsirrtum beeinflusst. Die einzuhaltenden Verfahrensrechte sind nicht zu Lasten der Beklagten verletzt worden.
aa) Zu Unrecht berufen sich die Beklagten zur Begründung der reklamierten Rechtsverletzung auf § 133 Abs. 1 ZPO. Diese Bestimmung ist hier nicht einschlägig. § 133 Abs. 1 Satz 1 ZPO schreibt vor, dass den bei Gericht eingereichten Schriftsätzen Abschriften für den oder die Prozessgegner in ausreichender Zahl beizufügen sind. § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO regelt das inhaltsgleich für Anlagen, soweit sie der Gegenseite nicht in Urschrift oder Abschrift bereits vorliegen. Offen bleiben kann, ob, wie die Beklagten behaupten, den am 18. September 2007 zugestellten Klageabschriften Abschriften der Urkunde nicht beigefügt waren und ob das gemäß § 133 Abs. 1 ZPO geboten gewesen wäre. Das kann deshalb offen bleiben, weil diese Frage von der weiteren Entwicklung überholt worden ist.
bb) Den Beklagten war es nicht gestattet, in der Klageerwiderung (dort Seite 12, GA 36) gleichsam blindlings die Abtretung des Miterben-Herausgabeanspruchs an den Kläger mit "Nichtwissen" zu bestreiten, nachdem sie durch diesen schon in der Klageschrift gemäß § 134 Abs. 1 ZPO darauf hingewiesen worden sind, dass sich die Urschrift der Urkunde bei den auf der Geschäftsstelle des Gerichts verwahrten Akten befindet, also die Fertigung von Abschriften/Ablichtungen schon aus diesem Grunde nicht mehr in Betracht kam. Statt diesen (richtigen) Vortrag des Klägers zu bestreiten, hätte es den Beklagten verfahrensrechtlich oblegen, die Urkunde auf der Geschäftsstelle einzusehen, § 134 Abs. 1 Satz 1 ZPO, oder, wenn sie sich damit hätten begnügen wollen, die Geschäftsstelle zu bitten, für sie (und auf ihre Kosten) eine Ablichtung zu fertigen. Diese Verfahrensweise wäre erst recht geboten gewesen, nachdem der Kläger den Hinweis auf die "im Original" niedergelegte Urkunde "in der Gerichtsakte" in seinem Schriftsatz vom 10. Dezember 2007 wiederholt hatte. Zugleich hat der Kläger, indem er sich in der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2007 zum Beleg der Abtretung auf die zu den Akten gereichte Urkunde bezogen hat, in der nach der Prozessordnung vorgeschriebenen Weise Beweis angetreten, § 420 ZPO. Da der Beklagte diesem Beweisantritt unter fortwährender Ignorierung der zur Einsicht bereit liegenden Urkunde (erneut) durch bloßes Bestreiten und damit in unzulässiger Weise entgegengetreten ist, ist der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 4 ZPO als zugestanden zu behandeln, ohne dass es der Verlesung der Urkunde bedurfte. Im Berufungsrechtszug sind die Beklagten mit ihrem erneuten Bestreiten fehlender Abtretung gemäß §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO präkludiert.
b) Die Position Tab, Zeile 07 greifen die Beklagten ohne Erfolg mit dem Einwand an, sie seien im Zeitpunkt der Mandatierung der Prozessbevollmächtigten des Klägers und dessen Mahnung vom 07. November 2006 weder mit der Auskunftserteilung (§ 666 BGB) noch mit der Herausgabe des Fremdgeldes (§ 667 BGB) in Verzug gewesen, so dass die durch die vorgenannte Mahnung ausgelösten Kosten keine Verzugsfolgen im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB seien. Die Beklagten befanden sich entgegen ihrer Meinung mit der geschuldeten Leistung sehr wohl in Verzug.
aa) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers, die der Fälligkeit folgt, schuldhaft nicht, kommt er durch die Mahnung in Verzug, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen vor.
(1) Der Herausgabeanspruch, der dem Mandanten aus dem Rechtsbesorgungsvertrag (§§ 611, 675, BGB, §§ 1, 3 BRAO) erwächst, wird grundsätzlich unverzüglich nach Eingang des Fremdgeldes bei dem Rechtsanwalt zur Auszahlung fällig, §§ 667, 271 Abs. 1 BGB, § 45a Abs. 5 Satz 2 BRAO, § 4 Abs. 2 BORA (vgl. BGH AnwBl 2005, 716 = MDR 2006, 231 sub III.1b; Senat; Urt. v. 14. 10. 2008, Az. I-24 U 146/07 - juris und MDR 2009, 535 = AGS 2009, 12; vgl. auch Senat, Urt. v. 14. 10. 2003, Az. I-24 U 73/03, juris und JurBüro 2004, 536). Die Schuldnerin hatte die Zahlung der letzten Rate aus dem vollstreckbaren Vergleich vom 11. März 2004 (3 O 130/97 LG Düsseldorf) auf ein Konto der Beklagten unstreitig am 04. November 2005 veranlasst, so dass der Herausgabeanspruch der Miterben spätestens am 20. November 2005 fällig gewesen ist. An dieser Fälligkeit ändert nichts der Umstand, dass die hier umstrittenen zehn Ratenzahlungen aus dem Jahre 2004 (Einzahler "R.") und die weiteren elf Ratenzahlungen aus dem Jahre 2005 (Einzahler "M.T.K. K.") ohne Empfängerbezug überwiesen worden sein sollen, so dass sie der Erbengemeinschaft nicht hätten zugeordnet werden können. Ein solcher (angeblicher) Mangel bleibt auf die Fälligkeit ohne Einfluss; er könnte allenfalls den Verzug hindern.
(2) Die Beklagten sind auch zur Leistungserbringung gemahnt worden. Ihre Behauptung, der Kläger habe dazu "konkrete, prüfbare Einzelheiten … nicht vorgetragen", ist aktenwidrig. Bereits in der Klageschrift ist vorgetragen, dass alle drei Miterben am 07. September 2006 anlässlich einer persönlich geführten Besprechung den Erstbeklagten aufgefordert hatten, Rechenschaft über die Geldeingänge zu legen und das verbleibende Guthaben auszuzahlen. Ferner hat der Kläger Ablichtung des Mahnschreibens vom 12. Oktober 2006 mit Fristsetzung zur Leistungserbringung bis zum 30. Oktober 2006 vorgelegt und dazu unter Beweisantritt vorgetragen, alle drei Erben hätten dieses Schreiben unterzeichnet. Beide Mahnungen gelten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, weil die Beklagten sich zu diesem substanziierten Vortrag nicht konkret eingelassen haben.
(3) Die Beklagten haben schließlich auch schuldhaft die Leistung nicht erbracht. Sie haben sich entgegen § 286 Abs. 4 BGB nicht entlastet. Ihrer Behauptung, die in Rede stehenden Geldeingänge hätten der Erbengemeinschaft nicht zugeordnet werden können, fehlt schon die Glaubhaftigkeit. Jedenfalls hinsichtlich des Einzahlers "R." haben die Beklagten selbst eine Verbindung zur Erbengemeinschaft hergestellt, als sie nämlich unter dem 22. Mai 2006 namens dieser eine Auskunft aus dem Melderegister eingeholt hatten. Im Übrigen hätte es den Beklagten im Rahmen des Entlastungsbeweises oblegen, zu den umstrittenen Einzahlungsbelegen näher vorzutragen, nachdem der Kläger behauptet hatte, auf den Überweisungsträgern sei das Aktenzeichen des zugrunde liegenden Verfahrens vermerkt gewesen. Schließlich fehlt konkreter Vortrag der Beklagten dazu, ob sie bei der Schuldnerin Nachfrage nach dem Verbleib der Ratenzahlungen gehalten hatten, ggf. mit welchem Ergebnis das geschehen ist. Ohne Belang ist, dass die Miterben vorprozessual nicht in der Lage waren, die Herausgabepflicht zu beziffern. Derjenige, der gemäß §§ 675, 666 BGB Auskunft und Rechenschaft schuldet, haftet selbst dann in vollem Umfang für den Verzögerungsschaden, wenn sich später herausstellt, dass eine Geldleistung nicht (mehr) geschuldet wird (vgl. BGH NJW 1994, 2895).
2. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich auch ganz zwanglos, dass die Beklagten hinsichtlich des Teilanerkenntnisses die Verfahrenskosten als unterliegende Partei zu tragen haben, § 91 ZPO. Das Kostenprivileg des § 93 ZPO können sie nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie Veranlassung zur Klageerhebung gegeben haben.
II. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
III. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 03.02.2009
Az: I-24 U 66/08
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