Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Mai 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 333/00
(BPatG: Beschluss v. 22.05.2001, Az.: 29 W (pat) 333/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juli 2000 und vom 12. August 1999 aufgehoben.
Gründe
I Die Wortmarke
"Team Telecom"
soll für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 42 in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zunächst mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 12. August 1999 wegen fehlender Unterscheidungskraft und Bestehen eines Freihaltungsbedürfnisses in vollem Umfang zurückgewiesen. Es handele sich um eine sprachübliche Zusammensetzung der Wörter "Team" (= engl.: Mannschaft) und "Telecom" (international gängige Abkürzung für "telecommunication"). Die Marke bestehe somit aus der Zusammensetzung eines organisationstechnischen Begriffs, nämlich der Bezeichnung für eine Gruppe von Personen, die gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten, mit einem kommunikationstechnischen Gattungsbegriff, die in ihrer Gesamtheit lediglich auf die Branche der Anbietern der Waren und Dienstleistungen hinweise. Auf die Erinnerung der Anmelderin ist dieser Beschluss durch eine Beamtin des höheren Dienstes teilweise aufgehoben und im übrigen die Erinnerung zurückgewiesen worden. Der angemeldeten Wortkombination fehle teilweise jegliche Unterscheidungskraft. Der Verkehr werde die Bezeichnung "Team Telecom" lediglich als einen allgemeinen Hinweis auf eine Gruppe von Personen ansehen, die auf dem Gebiet der Telekommunikation tätig sei. Der Umstand, dass das mit dem Zeichenbestandteil "Telecom" klanglich übereinstimmende Wort "Telekom" Bestandteil des Firmennamens der Anmelderin sei, begründe die markenrechtliche Unterscheidungskraft nicht, weil erstens nicht der Firmenname der Anmelderin angemeldet sei und zweitens im Firmenrecht andere Maßstäbe an die Unterscheidungskraft gestellt würden.
Die Anmelderin hat im Beschwerdeverfahren die Anmeldung teilweise zurückgenommen, so dass ihre Beschwerde sich gegen die noch verfahrensgegenständliche Zurückweisung der Markenanmeldung für die Waren und Dienstleistungen
"elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten ; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Werbung und Geschäftsführung; Bauwesen; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation; Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Unterhaltung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung von Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation"
richtet.
Die Anmelderin ist der Meinung, bei der rechtlich gebotenen großzügigen Betrachtungsweise ergebe sich die konkrete Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke auf jeden Fall aus dem stark unterscheidungskräftigen Kennzeichnungsbestandteil "Telecom". Die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit vermittle dem Verbraucher keine Sachinformationen über die angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Anmelderin in ihrer Werbung das Wort " Telekom" umfangreich benutzt habe, was verschiedene eingereichte Unterlagen belegen. Das Wort "Telekom" sei Bestandteil des Firmennamens der Anmelderin; die Anmelderin bewerbe ihre Waren und Dienstleistungen in großem Umfang und erziele sehr hohe Umsätze. Sie kennzeichne ihre Produkte mit ihrem Namen, so z.B. Telefonbücher, Firmenfahrzeuge, Gebäude usw. und sponsere ein Radrennteam, das den Namen "Team Telekom" trage. Die Anmelderin sei auch im Internet präsent und sei weiterhin Inhaberin zahlreicher Marken mit dem Wortbestandteil "Telekom". Eine Verkehrsbefragung im April 1997 habe ergeben, dass das Wort "Telekom" von etwa 60 Prozent der deutschen Bevölkerung als Bezeichnung für die Anmelderin angesehen werde. Angesichts der klanglichen Übereinstimmungen mit dem Bestandteil der angemeldeten Marke könne es auf den schriftbildlichen Unterschied zum Bestandteil "Telecom" in der angemeldeten Marke nicht ankommen. Dies habe auch das Landgericht Hamburg in einem Urteil vom 20. Juni 2000 bestätigt. Aus diesem Grund bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.
Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist zulässig und nach der Teilrücknahme der Anmeldung in der Sache auch in vollem Umfang begründet.
An der angemeldeten Marke läßt sich in Verbindung mit den nach der Teilrücknahme der Anmeldung noch entscheidungserheblichen Waren und Dienstleistungen weder ein Freihaltungsbedürfnis feststellen noch fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft (§§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).
Ein gegenwärtiges oder zukünftiges Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke ist für die noch verfahrensgegenständlichen zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht ersichtlich. Die angemeldete Wortmarke stellt keinen hinreichend konkreten sprachüblich beschreibenden Hinweis auf diese Waren und Dienstleistungen dar. Zwar ist es richtig, dass die Markenbestandteile in ihrer Bedeutung als Bezeichnung für eine Mannschaft oder Arbeitsgruppe und als Abkürzung für "telecommunications" (= "Telekommunikation") bzw. des in anglisierter Form geschriebenen entsprechenden deutschen Wortes von den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen verstanden werden. Auch gibt es zahlreiche Wortzusammensetzungen in der deutschen Sprache, die mit "Team" beginnen (Teamgeist, Teamarbeit, Teamfähigkeit etc.). In solchen Wortverbindungen bezieht sich in der Regel jedoch der zweite Bestandteil auf das vorangestellte Wortelement "Team" und bezeichnet eine auf ein Team bezogene Eigenschaft. Soll aber bei einem Zusammenschluss von Personen, wie beispielsweise Fußballspielern oder bei einer Ansammlung von Experten deren Zusammengehörigkeit oder der Tätigkeitsbereich des Teams herausgestellt werden, so wird das Wort "Team" sowohl im deutschen als auch im englischen Sprachgebrauch meistens nachgestellt, so z.B. bei Begriffen wie "Fußballteam, Expertenteam, Kollegenteam, Operationsteam" usw. Dies allein kann im vorliegenden Fall allerdings nicht entscheidend sein, weil auch die schlagwortartige Bezeichnung durch Voranstellung von "Team" mit einer nachfolgenden Eigenschaftsangabe als werbeüblich angesehen werden muss und bei ähnlichen - oft beschreibenden - Bezeichnungen, z.B. Bezeichnungen von Arbeitsgemeinschaften oder Untergruppierungen innerhalb von Betrieben oder sonstigen organisatorischen Einheiten, häufig vorkommt. Jedoch steht bei der angemeldeten Wortzusammenstellung "Team Telecom" die Bedeutung "Team, das auf dem Gebiet der Telekommunikation tätig ist" nicht im Vordergrund. Eine Recherche des Senats in den einschlägigen Nachschlagewerken und Zeitschriften sowie im Internet ergab keine Hinweise darauf, dass die angemeldete Kennzeichnung als beschreibender Hinweis auf solche Teams verwendet wird. Allerdings gibt es zahlreiche Fundstellen für "Team Telekom" in der Schreibweise mit "k". Diese Fundstellen (mehrere Hundert) beziehen sich jedoch ausschließlich auf ein bestimmtes Radrennteam, das von der Anmelderin gesponsert wird. Dies zeigt, dass der Verkehr bei der Bezeichnung "Team Telekom" an eine bestimmtes Mannschaft von Radsportlern denkt und eine mögliche Interpretation als "Telek(c)ommunikationsteam" (diese Wortbildung läge wohl als beschreibende Angabe näher als "Team Telec(k)om") in den Hintergrund tritt. Die Schreibung des zweiten Wortes mit "c" ändert daran nichts, weil diese bei mündlicher Wiedergabe nicht erkennbar ist und auch bei schriftlicher Wiedergabe - wenn dies überhaupt bemerkt wird - als anglisierte, modernisierte oder "internationalisierte" Schreibweise aufgefasst werden wird. Die Bezeichnung für ein bestimmtes Team von Sportlern kommt aber für die noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht als unmittelbar beschreibende Angabe ernsthaft in Betracht, denn solche Dienstleistungen speziell von einem bestimmten oder für ein bestimmtes Radrennteam, die sich grundsätzlich von diesen Waren und Dienstleistungen von oder für andere Sportlerteams in wesentlichen Merkmalen unterscheiden, gibt es nicht. Für mehrdeutige Begriffe, bei denen ein beschreibender Inhalt nicht im Vordergrund steht, besteht jedoch im allgemeinen kein hinreichend konkretes Freihaltungsbedürfnis (vgl. dazu etwa BPatG Mitt. 1990, 121 "TINY"; Mitt. 1989,153 "DOTTY").
Bei dieser Ausgangslage ist die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) ebenfalls gegeben (vgl. dazu auch etwa BGH GRUR 1995, 408, 409 "PROTECH"; BGH BlPMZ 1999, 256 "PREMIERE I"; BGH GRUR 1999 728, 729 "PREMIERE II"; BGH MarkenR 2000, 420 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rn. 17; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 8 Rn. 15). Da nicht belegt werden kann, dass der Verkehr mit der angemeldeten Marke in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348 f "ABSOLUT"; BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES") verbindet, fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die Marke als reinen Sachhinweis und nicht als betriebliche Herkunftskennzeichnung auffassen wird (vgl. BGH GRUR 1997, 627, 628 "à la carte"). Es handelt sich auch nicht um einen sonst gebräuchlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348 f "ABSOLUT"; BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES").
Auf die Frage der von der Anmelderin behaupteten Verkehrsdurchsetzung des Wortes "Telekom", das mit dem Bestandteil "Telecom" der angemeldeten Marke klanggleich ist, und auf die Frage, ob eine Verkehrsdurchsetzung oder die Bekanntheit des Firmennamens der Anmelderin die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründen könnte, kam es daher nicht an.
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BPatG:
Beschluss v. 22.05.2001
Az: 29 W (pat) 333/00
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