Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Mai 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 406/03

(BPatG: Beschluss v. 31.05.2005, Az.: 27 W (pat) 406/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wort/Bildmarke Grafik der Marke 30153090.4

(eingetragen in den Farben rot, gelb, blau und grün)

für die Waren

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Webstoff und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck"

ist Widerspruch eingelegt worden aus der älteren Marke 1 084 265 DIAVOLO eingetragen für

"Bekleidungsstücke, insbesondere Kinder- und Babybekleidungsstücke"

und der Gemeinschaftsmarke 96 271 Vergrößerneingetragen für

"Lederwaren und Waren aus Lederimitationen; Taschen. Heim- und Haustextilien (soweit in Klasse 24 enthalten), insbesondere Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche, Tisch- und Bettdecken und Frottierwaren. Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, einschließlich Strumpfwaren, Trikotagen, Miederwaren, Nachtbekleidungsstücke, Badebekleidungsstücke und Lederbekleidungsstücke; Schals und Tücher; Schuhe und Schuhwaren".

Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Widersprüche durch zwei Beschlüsse, zuletzt durch den im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss vom 20. Oktober 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken insbesondere in klanglicher und begrifflicher Hinsicht, die die Löschung der jüngeren Marke rechtfertigen könnte, sei selbst bei Zugrundelegung der teilweisen Identität der beiderseits beanspruchten Waren nicht gegeben. Die angegriffene Marke halte bei Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken - von einer seitens der Widersprechenden geltend gemachten erhöhten Kennzeichnungskraft sei mangels Substantiierung nicht auszugehen - einen ausreichenden Abstand zu den Widerspruchsmarken schon wegen ihres überaus markanten Bildelements ein. Zwar wiesen die Vergleichszeichen weitgehende Übereinstimmungen in ihren Wortbestandteilen "DIABOLO" und "DIAVOLO" auf. Jedoch komme dem Wortbestandteil in der jüngeren Marke keine selbständig kollisionsbegründende Stellung zu. Das Bild überwiege im Gesamteindruck schon von der Größe her in einem solchen Maße, dass hier eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, wonach beim Zusammentreffen von Wort und Bild in einer Marke im allgemeinen das Wort als die kürzeste Bezeichnungsform überwiege, gerechtfertigt sei. Wenn eine bildliche Darstellung neben dem Wort durch Größe und sonstige lebhafte Wirkung derartig hervortrete, dass der Verkehr die am unteren Bildrand angebrachte Beschriftung - wenn überhaupt - kaum mehr beachte, müsse der Bildbestandteil als der die Kombinationsmarke in stärkerem Maße prägende Teil gewertet werden. Vorliegend werde der überwiegende Teil des Verkehrs sich an dem größenmäßig hervortretenden und zudem durch die Eigenart und farbliche Ausgestaltung der Darstellung bestechenden Bildbestandteil der angegriffenen Marke orientieren und vielfach den am unteren Rand erscheinenden Schriftzug "DIABOLO" übersehen. In begrifflicher Hinsicht komme eine Verwechslung der Marken ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Verkehr werde den Wortbegriff der älteren Marke "DIAVOLO" in der jüngeren Marke ohne weiteres wieder finden, wenn also das Wort die nahe liegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung des Bildes darstelle. Die Bilddarstellung der jüngeren Marke sei auf den ersten Blick nicht sofort und ausschließlich als Teufel erkennbar, die ungezwungene und erschöpfende Benennung bestehe zumindest nicht in der dem romanischen Sprachbereich entnommenen Bezeichnung "diavolo". Schließlich scheide auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens der einander gegenüberstehenden Marken aus. Zum einen entspreche die angegriffene Marke den Widerspruchsmarken nicht in ihrer Art der Bildung und Aufmachung, zum anderen fehle es den Vergleichsmarken an einem gemeinsamen Stammbestandteil mit Hinweischarakter auf die Betriebsstätte der Inhaberin der älteren Marken.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, der aufgrund der hohen Ähnlichkeit bzw. Teilidentität der beiderseitigen Warenanmeldungen erforderliche Abstand der Marken sei nicht eingehalten. Bei normaler Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils - von der auch die Widersprechende nunmehr ausgeht - orientiere sich der Verkehr eher an dem Wort als an dem Bildbestandteil. Sie ist der Auffassung, der durchschnittlich aufmerksame Verbraucher werde den Bildbestandteil der jüngeren Marke vernachlässigen und einzig den Wortbestandteil als prägend ansehen. Demnach werde die Marke eindeutig und kurz "DIABOLO" benannt werden. Somit liege eine Verwechslungsgefahr in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht mit dem Markenwort der Widerspruchsmarken "DIAVOLO" auf der Hand.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit damit der Widerspruch für die Waren der Klassen 24 und 25 sowie die Waren "Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten" und "Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten" zurückgewiesen wird.

Hilfsweise regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Markeninhaberin hat sich in der Sache selbst nicht geäußert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i.S.d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren auszugehen, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2003, 1040, 1042 - Kinder; GRUR 2003, 1044, 1045 - Kelly; GRUR 2005, 326 - il Padrone/II Portone).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist als durchschnittlich anzusehen, insbesondere sind keine stärkenden oder schwächenden Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich (so auch BPatG, 27 W (pat) 231/02, Beschl. v. 22.6.2004 - DIAVOLO ./. El Diablo; veröffentlicht auf der PAVIS-CD-ROM). Hiervon geht ersichtlich auch die Widersprechende jedenfalls im Beschwerdeverfahren aus.

Auch wenn davon auszugehen ist, dass die durch die Vergleichsmarken jeweils geschützten Waren der Klasse 25 "Bekleidungsstücke" identisch sind, kann selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe wie geboten eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 2 MarkenG nicht bejaht werden.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- (Sinn-)gehalt ist von dem Grundsatz auszugehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2003, 712, 714 - Goldbarren; GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd). Hiernach ist der erforderliche Abstand der Marken voneinander ist vorliegend noch gegeben.

Eine visuelle Verwechslungsgefahr kann zuverlässig ausgeschlossen werden. Die angegriffene Wort-Bildmarke hebt sich optisch in jeder Hinsicht von beiden Widerspruchsmarken ab, die jeweils aus einem Wort bestehen, wobei das Kennwort in der Gemeinschaftsmarke zudem grafisch in Form einer leichten Wellenlinie ausgebildet ist.

Auch eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht hält der Senat für nicht gegeben. Zwar weisen die sich gegenüberstehenden Marken formal gesehen den Wortbestandteil DIAVOLO bzw. DIABOLO auf. Eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht kann jedoch nur angenommen werden, wenn das angegriffene Zeichen auch mit seinem Wortbestandteil "DIABOLO" benannt wird, denn dann liegt bei der akustischen Wahrnehmung der Marke aufgrund der starken klanglichen Ähnlichkeit mit "DIAVOLO" die Annahme äußerst nahe, dass die Marken füreinander gehalten werden. Dies ist indessen nach Auffassung des Senats nicht der Fall. Es kommt entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren wirkt, wobei auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 26 - Lloyd). Zwar ist bei Wort-Bild-Zeichen für die Prüfung der klanglichen Verwechslungsgefahr meist der Wortbestandteil maßgeblich, da er für den Verkehr regelmäßig die einfachste Benennungsmöglichkeit darstellt (BGH GRUR 2002, 809, 811 - FRÜHSTÜCKSDRINK I; GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rn. 592 m.w.N.). Diese Regel gilt aber nur bei nichts sagender, geläufiger und nicht ins Gewicht fallender grafischer Gestaltung im Sinne einer Verzierung (BGH GRUR 2000, 506, 509 ATTACHÉ/TISSERAND). Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, dass durch die Kombination aus Wort und Bild ein besonderer, von beiden Elementen geprägter Gesamteindruck entsteht und in Ausnahmefällen der Bildbestandteil sogar so auffällig ist, dass der Wortbestandteil völlig in den Hintergrund tritt und demgegenüber für den Verkehr unbeachtlich erscheint (BGH GRUR 1992, 48, 50 - frei öl; KG GRUR-RR 2002, 325, 326 - Nofretete; Ingerl/Rohnke, aaO, § 9 Rn. 594). So liegt der Fall ausnahmsweise auch hier. Einzelne Teile des Verkehrs werden schon den Wortbestandteil kaum als solchen wahrnehmen, weil er bereits nach der Abbildung im Markenregister objektiv sehr klein gehalten ist und eine 6-Punkt-Schrift kaum überschreitet. Diejenigen Teile des Verkehrs, die den Wortbestandteil als solchen erkennen, werden sich bei der Benennung der Marke wegen ihr der ihr innewohnenden Logik des Aufbaus nicht an dem Wortbestandteil orientieren, sondern an der Grafik, und die Marke nach ihr benennen. Denn der auffallende Bildbestandteil dominiert die angegriffene Marke aufgrund seiner charakteristischen, originellen und aussagekräftigen, zudem in auffällig kräftigen Farben gehaltenen Gestaltung vollständig. Demgegenüber tritt der Wortbestandteil optisch völlig zurück, zudem wird dessen Entzifferung als "Diabolo" durch die grafische Ausgestaltung, nämlich durch den "(Farb-)Klecks", der den Buchstaben "i" in dem Schriftzug optisch nahezu vollständig überdeckt, zusätzlich erschwert. Hierdurch wird die Wahrnehmung des Betrachters vollends auf den Bildbestandteil gelenkt. Dieser ist auch zur Orientierung für die Benennung der Marke geeignet, denn es handelt sich bei der dargestellten Figur nicht um eine beliebige Teufelsdarstellung, der vollständig und erschöpfend mit diesem Begriff beschrieben wäre. Vielmehr sind der Figur charakteristische Merkmale und Eigenschaften eines bestimmten "Typus Teufel" beigegeben, die ihn individualisierbar machen (jung, klein, grinsend, mit einem einteiligen Overall bekleidet, modische "schrille" Sonnenbrille, Faust mit hochgerecktem Daumen, die andere Hand in die Hosentasche gesteckt, herausgestreckte Zungenspitze). Eine solche an eine "coole" Comic-Figur erinnernde Darstellung legt eher die Bezeichnung als nicht ganz ernst zu nehmendes "Teufelchen" bzw. "Copmic-Teufelchen" nahe, nicht aber als Teufel im Sinne des "Bösen" schlechthin, denn diese speziellen Eigenschaften der Darstellung werden mit dem Wortbestandteil "diabolo", dem das Böse verkörpernden Teufel, nicht treffend zum Ausdruck gebracht.

Danach kann aber auch die Gefahr der Verwechslung der Marken nach ihrem Sinngehalt nicht bejaht werden, weil die angegriffene Marke vom überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise nicht mit "DIABOLO", was sinngleich mit dem Markenwort der Widerspruchsmarken "DIAVOLO" (= Teufel) wäre, benannt wird.

Ebenso wenig kommt eine visuelle Verwechslungsgefahr in Betracht. Denn es ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, nach dem der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke in erster Linie die Wörter (gegebenenfalls in ihrer inhaltlichen Bedeutung), nicht jedoch den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnimmt (vgl. BGH aaO ATTACHÉ/TISSERAND;BGHZ 139, 340, 348 - Lions; BGH GRUR 1999, 733, 735 - LION DRIVER). Danach vernachlässigt der Durchschnittsverbraucher den - ohnehin dominierenden - Bildbestandteil in der jüngeren Marke nicht.

Die Gefahr einer assoziativen Verwechslungsgefahr kann ebenfalls nicht bejaht werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Widersprechende bereits nach dem Muster der angegriffenen Marke gebildete Serienzeichen besitzt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nichtvorliegen und von der Widersprechenden auch nichts vorgetragen worden ist, was zu einer anderweitigen Beurteilung Anlass geben würde.

Dr. van Raden Schwarz Prietzel-Funk Na






BPatG:
Beschluss v. 31.05.2005
Az: 27 W (pat) 406/03


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