Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juli 2010
Aktenzeichen: 35 W (pat) 469/08

(BPatG: Beschluss v. 07.07.2010, Az.: 35 W (pat) 469/08)

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patentund Markenamts vom 8. Juli 2008 aufgehoben.

2.

Das Gebrauchsmuster 20 2005 003 730 wird gelöscht.

3.

Die Kosten des Löschungsund des Beschwerdeverfahrens trägt die Gebrauchsmusterinhaberin.

Gründe

I.

1. Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin R... AG + Co. ist Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 20 2005 003 730 mit der Bezeichnung

"Leichtbauplatte".

Das Streitgebrauchsmuster hat den 4. März 2005 als Anmeldetag und wurde am 25. Mai 2005 mit 19 Schutzansprüchen in das Gebrauchsmusterregister beim Deutschen Patentund Markenamt eingetragen.

2. Hiergegen hat die Firma W... & Co. GmbH mit Schriftsatz vom 29. März 2007 die Löschung des Streitgebrauchsmusters wegen Schutzunfähigkeit beantragt. Als Gründe hat sie mangelnde Klarheit des Schutzanspruchs 1, mangelnde Neuheit und mangelnden erfinderischen Schritt angeführt. Des Weiteren hat sie die Löschung des Streitgebrauchsmusters wegen Bestehens eines identischen älteren Schutzrechts beantragt. Die Antragstellerin hat ihr Vorbringen auf zahlreiche Druckschriften und Unterlagen gestützt sowie Zeugenbeweis für die im Zusammenhang mit der Vorveröffentlichung verschiedener Fachartikel in Fachzeitschriften angeboten.

3.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin hat dem Vorbringen der Antragsstellerin in allen Punkten widersprochen. Sie hat bestritten, dass die Zeitschriftenartikel vor dem für den Zeitrang des Streitgebrauchsmusters maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien und damit vorveröffentlichten Stand der Technik darstellten. Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2008 hat sie das Streitgebrauchsmuster hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 4 verteidigt.

4.

Im Zwischenbescheid vom 13. Februar 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung II den Beteiligten ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, wonach mit einem Beschluss auf Teillöschung im Umfang des Hilfsantrages 1 zu rechnen sei.

5.

In der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2008 hat die Antragstellerin die umfassende Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt.

Die Antragsgegnerin hat erklärt, den mit Schriftsatz vom 28. Januar 2008 gestellten Hilfsantrag 1 nunmehr als Hauptantrag sowie die bisherigen Hilfsanträge 2 bis 4 nun als neue Hilfsanträge 1 bis 3 weiterzuverfolgen. Sie hat die Aufrechterhaltung des Streitgebrauchsmusters im Umfang des in der mündlichen Verhandlung gestellten Hauptantrags, hilfsweise in der Reihenfolge der Hilfsanträge 1 bis 3 beantragt.

Die Schutzansprüche 1 bis 17 gemäß Hauptantrag lauten (Änderungen gegenüber der eingetragenen Anspruchsfassung sind kursiv dargestellt):

"1. Leichtbauplatte (1) mit zwei dünnwandigen Decklagen (2, 3) und mindestens einer zwischen den Decklagen (2, 3) angeordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (4), wobei in wenigstens eine Längsstirnseite (11) der Leichtbauplatte (1) eine Nut (5) eingebracht ist, wobei in die Nut (5) eine erste Profilleiste (6) eingebracht ist und auf die erste Profilleiste (6) eine zweite Profilleiste (7) aufgebracht ist, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist.

2.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) aus einem thermoplastisch verarbeitbaren Werkstoff besteht.

3.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) aus der Gruppe der Polyolefine, Polystyrole, Styrol-Copolymere, Polyvinylchloride, Polycarbonate, Polyester, Polyamide, Ethylenvinylacetate oder Ähnlichem ausgewählt ist.

4.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Profilleiste (6) eine geringere Dichte als die zweite Profilleiste (7) aufweist.

5.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis der Dichte der ersten Profilleiste (6) zur Dichte der zweiten Profilleiste (7) wenigstens 0,1 beträgt.

6.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Profilleiste (6) eine Dichte von etwa 0,2 g/cm3 bis etwa 0,85 g/cm3 aufweist, vorzugsweise 0,40 g/cm3 bis 0,70 g/cm3.

7.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Profilleiste (6) wenigstens teilweise eine strukturierte Oberfläche aufweist.

8.

Leichtbauplatte nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Oberfläche der ersten Profilleiste (6) eine Rauhtiefe von etwa 5 µm bis 40 µm, vorzugsweise 10 µm bis 25 µm aufweist.

9.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke der ersten Profilleiste (6) größer ist als die Tiefe der Nut (5) der Leichtbauplatte (1).

10.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) an ihrer Nut (5) der Leichtbauplatte (1) zugewandten Seite wenigstens teilweise ein Haftvermittlersystem aufweist.

11.

Leichtbauplatte nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Haftvermittlersystem aus der Gruppe der PVC-Copolymere, Polyurethane ausgewählt ist.

12.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) an ihrer der Nut (5) der Leichtbauplatte (1) zugewandten Seite wenigstens teilweise eine Oberflächenaktivierung aufweist.

13.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Profilleiste (6) stoffschlüssig in der Nut (5) der Leichtbauplatte (1) angeordnet ist.

14.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass für die stoffschlüssige Verbindung ein Klebstoffsystem aus der Gruppe der Polyamide, der Ethylenvinylacetate, der Polyolefine, der Polyurethane und dergleichen ausgewählt ist.

15.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Profilleiste (6) kraftschlüssig in der Nut (5) der Leichtbauplatte (1) angeordnet ist.

16.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Profilleiste (7) stoffschlüssig an der ersten Profilleiste (6) angeordnet ist.

17.

Leichtbauplatte nach Anspruch 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Haftkraft der Klebeverbindung zwischen der ersten Profilleiste (6) und der zweiten Profilleiste (7) größer ist, als die Reißfestigkeit des thermoplastisch verarbeitbaren Werkstoffes der Profilleiste (6, 7)."

6.

Mit Beschluss vom 8. Juli 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung II das deutsche Gebrauchsmuster 20 2005 003 730 teilgelöscht, soweit es über die Fassung gemäß Hauptantrag der Gebrauchsmusterinhaberin vom 8. Juli 2008 hinausgeht. Im Übrigen wurde der Löschungsantrag zurückgewiesen. Der beschränkte Gegenstand des Streitgebrauchsmusters gemäß Hauptantrag sei im Umfang der Verteidigung schutzfähig, weil er neu sei und sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe, er beruhe also auch auf einem erfinderischen Schritt.

7.

Gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patentund Markenamts, zugestellt am 20. August 2008, hat die Antragstellerin (Beschwerdeführerin) mit Schriftsatz vom 19. September 2008, vorab per Telefax eingegangen am 19. September 2008 beim Deutschen Patentund Markenamt, gemäß § 18 Abs. 1 GebrMG Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II aufzuheben und das angegriffene deutsche Gebrauchsmuster 20 2005 003 730 in vollem Umfang zu löschen sowie hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

In der Beschwerdebegründung vom 30. Dezember 2008 und im Schriftsatz vom 2. Juli 2010 stützt sie sich auf folgende Dokumente:

D1 Fachartikel "Stabile Kanten auf weichem Kern", BM 9/2004, Seiten 48 bis 49 (BM = Bauund Möbelschreinerei, Konradin Verlag), D2 "Der Wabe die Kante geben!", Vortrag von Hans-Ulrich Reichling

(IMA Klessmann GmbH) aus dem 10. Jowat-Symposium 2004, vom 5. bis 12. November 2004), D3 Pressemitteilung der Firma IMA Klessmann vom 10. August 2004 (Internetausdruck vom 21. April 2006, http://www.ima.de/), D4 Fachartikel "Synergien aus Kante, Platte und Kleber", HK 4/2004, Seite 70 (HK = Holzund Kunststoffverarbeitung), D5 Fachartikel "Bekanten rahmenloser Wabenplatten", m+t 3/2004, Seiten 28 und 29 (m+t = Material + Technik International, m+t Ritthammer Publishing GmbH), D6 IMA-Magazin, Ausgabe Mai 2004, 4 Blätter, D7 DE 10 2004 007 157 B4 D8 DE 34 02 923 A1 D9 DE 40 02 067 A1 D10 DE 195 06 158 A1 D11 DE 103 13 055 A1 D12 DE 86 24 880 U1 A19 R. Heinz, "Prozessoptimierung bei der Extrusion thermoplastischer Schäume mit CO2 als Treibmittel", IKV - Berichte aus der Kunststoffverarbeitung, Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen, Band 131, Verlag Mainz, 2002, Seiten 1-5 und 69-97, A20 Auszug aus einem Prospekt der Firma Döllken Weimar GmbH, 1999, Programm Sockelleisten + Fußbodenprofile, Typenbezeichnung USL 50 und USL 50K, A21 Auszug aus einem Katalog der Firma Praktikus, 1999, Seiten 24, geschäumte Kunststoffleiste; Seite 25, Viertelstab geschäumt.

Sie bestreitet die Klarheit des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, weil der Begriff "mikroporöse Schaumstruktur" keine klare Abgrenzung zum Stand der Technik definiere. Es sei nicht erkennbar, wodurch sich eine "mikroporöse" von einer "porösen" Schaumstruktur unterscheide. Es bleibe weiter offen, ab wann eine herkömmliche Kunststoffstruktur "mikroporös" werde und ab wann dann nicht mehr eine "mikroporöse", sondern eine "poröse" Struktur vorliege. Zudem seien bereits poröse Blindkanten aus MDF oder Dünnspanplatte bekannt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass ein unklares Merkmal nichts zur Schutzfähigkeit des Streitgebrauchsmusters beitragen könne, weshalb es folglich bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes auch unberücksichtigt bleiben müsse. Hieraus folge unmittelbar, dass sich der geltende Schutzanspruch 1 nicht vom Stand der Technik unterscheide. Es fehle bereits an der erforderlichen Neuheit der vermeintlichen Erfindung. Des Weiteren müsse die unklare Anspruchsformulierung auch bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden. Weil das Maß der "Mikroporosität" nicht näher spezifiziert sei, müsse davon ausgegangen werden, dass jeder übliche Kunststoff, welcher für die Kantenbandtechnologie verwendet werde, eine gewisse, wenn auch ggf. minimale, Porosität aufweise.

Die Antragstellerin macht weiter geltend, der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters beruhe gegenüber jeder der Druckschriften D1 bis D6 sowie D8 unter Berücksichtigung des Fachwissens, belegt durch D9, auf keinem erfinderischen Schritt, weil es naheliegend sei, eine Stützleiste aus Schaumkunststoff herzustellen.

Insofern könne offen bleiben, ob der Gegenstand des Gebrauchsmusters nicht bereits durch die ältere Patentanmeldung nach der D7 geschützt sei.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag aus der Beschwerdeschrift vom 19. September 2008 mit der Maßgabe, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 8. Juli 2008 aufzuheben und das angegriffene Gebrauchsmuster in vollem Umfang zu löschen.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung einen Hilfsantrag vorgelegt und stellt den Antrag, die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisenhilfsweise, die Beschwerde zurückzuweisen, soweit sie sich gegen das Gebrauchsmuster im Umfang des Hilfsantrags 1 richtet.

Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin liegt kein Grund vor, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, vielmehr sei das Streitgebrauchsmuster in den verteidigten Anspruchsfassungen zu bestätigen. Ob die Entgegenhaltungen D1 bis D6 vor dem für den Zeitrang des Streitgebrauchsmusters maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien, könne letztlich dahinstehen, da sie den beanspruchten Gegenstand und insbesondere das kennzeichnende Merkmal, "dass die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist", des Schutzanspruchs 1 weder vorwegnehmen noch nahelegen. Des Weiteren sei der Begriff "mikroporöse Schaumstruktur" nicht unklar und werde im Streitgebrauchsmuster selbst klar definiert. Hierzu verweist sie auf Absatz [0010] der Streitgebrauchsmusterschrift. Die Begriffe "mikroporös" und "Schaumstruktur" seien aus sich heraus verständlich. Auf das Kunststoffmaterial oder die Dichte des Materials komme es nicht an.

Zum Löschungsanspruch des älteren Rechts trägt sie vor, ein solcher Löschungsanspruch bestehe nur dann, wenn der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters bereits aufgrund einer früheren Patentoder Gebrauchsmusteranmeldung geschützt worden sei. Notwendig sei dazu die Identität der Erfindungsgegenstände von älterem Recht und angegriffenem Gebrauchsmuster. Dies sei vorliegend nicht gegeben, weil das kennzeichnende Merkmal, dass die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist, in der D7 nicht offenbart sei. Insofern könne von einer Identität nicht die Rede sein. Zudem sei der beanspruchte Gegenstand auch neu, denn er unterscheide sich vom Stand der Technik zumindest durch das kennzeichnende Merkmal "dass die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist". Der beanspruchte Gegenstand beruhe aber auch auf einem erfinderischen Schritt, denn die hierfür von der Antragstellerin herangezogene Druckschrift D9 offenbare ein Laminat, bei dem mindestens eine Kante der Kernschicht mit einem schaumförmigen Streifen aus einem temperaturbeständigen, thermoplastischen Kunststoff durch Verschweißen oder Verkleben verbunden sei, nicht jedoch die Deckschicht. Diese Anweisung in der D9 widerspreche daher der Lehre des Streitgebrauchsmusters, nämlich die Blindbzw. Stützkante gerade nicht mit der Kernschicht, sondern mit den stärkeren Deckschichten zu verbinden, um sich dort im Falzbereich formschlüssig abzustützen (deshalb der Begriff "Stützkante"). Die Druckschrift D9 sei zudem aufgrund des unterschiedlichen Herstellungsverfahrens des Laminats nicht gattungsgemäß, weshalb selbst eine Kombination der Lehren der Druckschriften D8 und D9 den beanspruchten Gegenstand nicht nahelegen könne. Im Ergebnis führe die Kombination der Druckschriften D8 und D9 zu einer unbrauchbaren Leichtbauplatte. Weiter werde bei dem in der D1 oder D3 genannten "Hinterschäumen" die Dekorleiste zwangsläufig erst nach dem Festkleben an den Dekorleisten mit einem Kunststoffschaum hinterschäumt. Beim Festkleben der Dekorleiste liege jedenfalls keine mikroporöse Schaumstruktur frei. Bei dieser Technologie werde die Dekorleiste nur mit den Deckleisten verklebt und auf den Einsatz einer Blindkante gänzlich verzichtet.

Insofern stütze die Antragstellerin ihre Argumentation erkennbar auf eine rückschauende Betrachtung der Erfindung.

Jedenfalls sei die Schutzfähigkeit bei den in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2010 eingereichten Schutzansprüchen 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 gegeben. Schutzanspruch 1 in der Fassung dieses Hilfsantrags lautet wie folgt:

"1. Leichtbauplatte (1) mit zwei dünnwandigen Decklagen (2, 3) und mindestens einer zwischen den Decklagen (2, 3) angeordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (4), wobei in wenigstens eine Längsstirnseite (11) der Leichtbauplatte (1) eine Nut (5) eingebracht ist, wobei in die Nut (5) eine erste extrudierte Profilleiste (6) eingebracht ist und auf die erste Profilleiste (6) eine zweite extrudierte Profilleiste (7) aufgebracht ist, und die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist und eine geringere Dichte als die zweite Profilleiste aufweist, und die erste Profilleiste eine Dichte von etwa 0,2 g/cm3 bis etwa 0,85 g/cm3 aufweist, vorzugsweise 0,40 g/cm3 bis 0,70 g/cm3 und dass die erste Profilleiste mit der zweiten Profilleiste adhäsiv verbunden ist und die erste Profilleiste mit den Decklagen adhäsiv verbunden ist."

Zu den nachfolgenden Schutzansprüchen 2 bis 12 wird auf die Ansprüche 2, 3, 5, 7 bis 12, 14 und 17 gemäß Hauptantrag verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und weiterer Einzelheiten sowie der vollständigen Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 1 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin (Beschwerdeführerin) ist begründet. Das Gebrauchsmuster ist im Umfang der Schutzansprüche gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag 1 nicht im Sinne der §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig, weil ihr Gegenstand nicht auf einem erfinderischen Schritt im Sinne von § 1 Abs. 1 GebrMG beruht (§ 15 Abs. 1 Nr.1 GebrMG).

1. Nach den Angaben in der Gebrauchsmusterschrift betrifft das Streitgebrauchsmuster eine Leichtbauplatte mit zwei dünnwandigen Decklagen und mindestens einer zwischen den Decklagen angeordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (vgl. Absatz [0001]).

Zum druckschriftlichen Stand der Technik nennt das Streitgebrauchsmuster die DE19506158A1 (D10) und die DE 103 13 055 A1 (D11), aus denen gattungsgemäße Leichtbauplatten bekannt sind (vgl. Absätze [0002] und [0004]. Diese bekannten Leichtbauplatten wiesen jedoch Nachteile auf. So sei bei dem in der DE19506158A1 (D10) vorgesehenen Halteund Abschlussprofil nachteilig, dass für jede Geometrie bzw. Raumform der Leichtbauplatte, insbesondere abhängig von der Dicke und vor allem der Toleranz der Decklagen, separate Halteund Abschlussprofile hergestellt werden müssten. Ein weiterer Nachteil bei dieser Leichtbauplatte werde darin gesehen, dass durch das Eindrücken der Verankerungseinrichtung in die Kernlage der Leichtbauplatte ein Aufspreizen bzw. Aufdehnen der Decklagen der Leichtbauplatte erfolge, welches beispielsweise unterschiedlichen Toleranzen der Verankerungseinrichtung und unterschiedlichen Abständen der einzelnen Decklagen zugeordnet werden müsse. Weiterhin nachteilig werde gesehen, dass diese Lösung zu einem möglichen Ablösen der Kernlage von einer oder beiden Decklagen führe (vgl. Absatz [0003]). Bei dem in der DE10313055A1 (D11) beschriebenen Herstellungsverfahren einer Leichtbauplatte werde als Nachteil gesehen, dass die Herstellung zwar im Durchlauf funktionieren solle, jedoch jede Leichtbauplatte als Einzelstück schrittweise montiert werden müsse. So sei es insbesondere bei der Verwendung von Rahmenriegel nachteilig, dass diese in ihrer Dimensionierung den Decklagen für die herzustellende Leichtbauplatte angepasst sein müssten und somit eine vollautomatische Fertigung online nicht realisierbar sei. Ein weiterer Nachteil der Leichtbauplatte werde darin gesehen, dass die mit den Decklagen verklebten Rahmenriegel aufgrund der bekannten Fertigungstoleranzen insbesondere bei der Holzbearbeitung dazu führten, dass die zu verklebende Kernlage nicht vollflächig mit den Decklagen verklebt sei bzw. durch die Verpressung der Decklagen beschädigt werde. Bei der nach diesem Verfahren hergestellten Leichtbauplatte ohne verklebte Rahmenriegel müssten die Längsstirnseiten erst nachträglich durch zusätzliche Arbeitsgänge und Verfahrensschritte vor Beschädigung und Zerstörung geschützt werden. Bei der Verwendung der beschriebenen Rahmenriegel müsse ebenfalls in einem zusätzlichen Arbeitsgang auf die Längsstirnseiten der Leichtbauplatte ein zusätzlicher Schutz kostenund zeitintensiv durch zusätzliche Abdeckelemente aufgebracht werden. Somit seien diese Leichtbauplatten in ihrer Herstellung nicht wirtschaftlich, insbesondere unter der Tatsache der Notwendigkeit geschützter Längsstirnseiten (vgl. Absatz [0004]).

2.

Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es die Gebrauchsmusterschrift im Absatz [0005] als zu lösendes technisches Problem, die Nachteile des bekannten Standes der Technik zu verbessern und eine Leichtbauplatte aufzuzeigen, die kostengünstig und vollautomatisch wirtschaftlich herstellbar ist, deren Längsstirnseiten dauerhaft geschützt bzw. versiegelt sind, bei der die verwendeten Abdeckelemente der Längsstirnseiten ein geringeres Gewicht aufweisen, fest mit der Leichtbauplatte diese stabilisierend verbunden sind und wobei erstmalig Leichtbauplatten mit Freiformen realisierbar sind.

3.

Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt der Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag, nach Merkmalen gegliedert, eine M1 Leichtbauplatte (1) M2 mit zwei dünnwandigen Decklagen (2, 3) und M3 mit mindestens einer zwischen den Decklagen (2, 3)

angeordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (4), M4 wobei in wenigstens eine Längsstirnseite (11) der Leichtbauplatte (1) eine Nut (5) eingebracht ist, M5 wobei in die Nut (5) eine erste Profilleiste (7) eingebracht ist M6 und auf die erste Profilleiste (6) eine zweite Profilleiste (7) aufgebracht ist, dadurch gekennzeichnet, dass M7 die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist.

Die gemäß Hilfsantrag 1 verteidigte Fassung des Schutzanspruchs 1 umfasst die Merkmale M1 bis M7, als weitere Merkmale kommen M8 bis M12 hinzu, die wie folgt lauten:

M8 die erste Profilleiste (6) weist eine geringere Dichte auf als die zweite Profilleiste (7);

M9 die erste Profilleiste (6) weist eine Dichte von etwa 0,2 g/cm3 bis etwa 0,85 g/cm3 auf, vorzugsweise 0,40 g/cm3 bis 0,70 g/cm3;

M10 die erste und die zweite Profilleiste sind extrudierte Profilleisten;

M11 die erste Profilleiste ist mit der zweiten Profilleiste adhäsiv verbunden;

M12 die erste Profilleiste ist mit den Decklagen adhäsiv verbunden.

3.

Hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Fachmannes ist darauf abzustellen, auf welchem technischen Gebiet die Erfindung liegt, so dass der maßgebliche Fachmann derjenige ist, dem üblicherweise die Lösung der gestellten Aufgabe übertragen wird (BGH GRUR 78, 37 -Börsenbügel; BGH GRUR 62, 290 -Brieftaubenreisekabine II; vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 4 Rdn. 48).

Demzufolge ist auf dem vorliegenden technischen Gebiet der Verbundbzw. Sandwichplatten als zuständiger Fachmann ein Ingenieur der Holzund Kunststofftechnik anzusehen, der aufgrund seiner Ausbildung und mehrjährigen Berufserfahrung, etwa in der Entwicklungsabteilung eines einschlägigen Unternehmens, über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der Verbundplatten verfügt und zugleich mit den Problemen und Anforderungen an Leichtbauplatten vertraut ist. Der hier maßgebliche Fachmann besitzt demnach auch spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde, d. h. über anwendungsorientierte Aspekte von Materialien, insbesondere der polymeren Werkstoffe.

4.

Ständiger Rechtsprechung folgend setzt die Prüfung, ob der Gegenstand eines Gebrauchsmusters nach den §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig ist, grundsätzlich die Ermittlung des Gegenstandes der Schutzansprüche voraus. Dazu ist der Schutzanspruch unter Heranziehung der Beschreibung und Zeichnungen aus Sicht des von der Erfindung angesprochenen Fachmannes auszulegen und festzustellen, was sich aus den Merkmalen des Schutzanspruches im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt. Demnach ist bei der Bestimmung des Gegenstandes nicht allein der Wortlaut der Ansprüche oder dessen Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde zu legen, sondern vielmehr das, was der fachkundiger Leser dem jeweiligen Anspruch, gegebenenfalls eben auch unter Heranziehung der Beschreibung, entnimmt. Der Schutzanspruch ist danach nicht wörtlich in philologischer Betrachtung, sondern seinem technischen Sinn nach aufzufassen, das heißt der Erfindungsgedanke muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung bestimmt werden, wie sie sich in der Gebrauchsmusterschrift ergeben, welche im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe ihr eigenes Lexikon darstellt (BGH GRUR 1999, 909, 912 -Spannschraube). Hierbei darf der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Auge verloren werden, da Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale stets nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Schutzanspruchs als einer Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2006, 311, 312 -Baumscheibenabdeckung m. w. H.).

Diesen Grundsätzen folgend ergibt sich im vorliegenden Fall für den Fachmann unter Heranziehung der Beschreibung folgender Sachverhalt:

Im Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters in der Fassung des Löschungsbeschlusses vom 8. Juli 2008 wird mit "Leichtbauplatte" ein Gegenstand unter Schutz gestellt, der -eine Kernlage -und zwei sich gegenüberliegende, dünnwandige Decklagen umfasst. Unter "Kernlage" versteht das Gebrauchsmuster ein Material beispielsweise mit einer S-förmigen Struktur wie im Ausführungsbeispiel gezeigt, wobei aber auch eine wabenförmige Struktur mit einem entsprechenden hohen Hohlraumanteil möglich ist, und wobei diese Kernlage beispielsweise aus Papier oder ähnlichen Materialien hergestellt sein kann (vgl. Absatz [0024] der Streitgebrauchsmusterschrift). Die "Decklage" ist im Streitgebrauchsmuster dagegen nicht näher konkretisiert; sie kann ein Dekor aufweisen (vgl. Absatz [0026]).

In wenigstens einer Längsstirnseite der Leichtbauplatte ist eine Nut ausgebildet, wobei diese Nut vorteilhafterweise durch eine Fräsung in die Stirnseite der Leichtbauplatte eingebracht ist. Wie aus dem Ausführungsbeispiel hervorgeht, ist die Nut so dimensioniert, dass in den dünnwandigen Decklagen jeweils eine etwa Lförmige Aussparung ausgebildet ist, deren Öffnungen einander gegenüberliegen. Diese Nut kann dabei nicht nur L-förmig bzw. rechtwinklig in den Decklagen ausgebildet sein, sondern sie kann auch in einem spitzen bzw. stumpfen Winkel, bezogen auf die Längsseite der Decklage, ausgebildet sein (vgl. Absatz [0025]).

In die Nut ist eine erste Profilleiste (Bezugszeichen 6) eingebracht (vgl. Absatz [0025]), die aus thermoplastisch verarbeitbarem Werkstoff (vgl. Absatz [0008]) oder aus einem recycelten thermoplastisch verarbeitbarem Werkstoff hergestellt sein kann (vgl. Absatz [0013]) und eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist (vgl. Absatz [0010]).

Diese erste Profilleiste hat eine Dichte von 0,20 bis 0,85 g/cm3 und weist insbesondere nach einer mechanischen Abtragung der über die Nut der Leichtbauplatte hervorstehenden Profilleiste eine sog. Schaumstruktur auf, die als löchrigporös bezeichnet werden kann, so dass die Verklebung der nachfolgend aufzubringenden zweiten Profilleiste (Bezugszeichen 7), welche ebenfalls aus einem thermoplastisch verarbeitbaren Werkstoff besteht (vgl. Absatz [0008]) und im Allgemeinen ein Dekor analog der Decklagen der Leichtbauplatte aufweist (vgl. Absatz [0026]), durch das Eindringen des Klebstoffes in die löchrigporöse Oberfläche der abgefrästen unteren Profilleiste deutlich verbessert ist. Durch diese mikroporöse Struktur weist die erste Profilleiste an ihrer Oberfläche Öffnungen auf, die teilweise hinterschnittig ausgebildet sind. Hierdurch können Verklebequalitäten erreicht werden, die den bekannten Verklebungen von beispielsweise thermoplastisch verarbeitbaren Kantenstreifen an den Längsstirnseiten von beispielsweise Spanplatten vergleichbar sind (vgl. Absatz [0010]). Durch die Verwendung eines beispielsweise schäumbaren thermoplastisch verarbeitbaren Werkstoffes und der damit realisierbaren strukturierten Oberfläche mit definierter Rauhigkeit für die untere Profilleiste kann die nächste (zweite) Profilleiste, welche das Dekor aufweist, ebenfalls stoffschlüssig adhäsiv mit dieser in der Nut der Leichtbauplatte eingebrachten unteren (ersten) Profilleiste verbunden werden (vgl. Absatz [0015] i. V. m. Absatz [0026]).

Zur Realisierung der strukturierten Oberfläche werden z. B. chemische Treibmittel, wie Bicarbonat, Sulfonhydrazid, Azodicarbonamid, oder physikalische Treibmittel, wie Pentan, Heptan, oder auch Kohlendioxid für ein physikalisches Schäumen verwendet (vgl. Absatz [0011]).

Im Absatz [0008] ist ferner allgemein erläutert, dass durch den Einsatz und die Verwendung von Profilleisten aus thermoplastisch verarbeitbarem Werkstoff, wie Polyolefine, Polystyrole, Styrol-Copolymere, Polyvinylchloride, Polycarbonate, Polyester, Polyamide, Ethylenvinylacetate oder Ähnlichem, derartige Leichtbauplatten kostengünstig herstellbar und an den Längsstirnseiten schnell und dichtend verschließbar sind. Dadurch ist es möglich, die erfindungsgemäße Leichtbauplatte sowohl vollautomatisch wirtschaftlich bzw. kostengünstig und an jedes spezielles Anforderungsprofil ausgerichtet herzustellen, wobei ein entscheidender Vorteil darin zu sehen ist, dass die Leichtbauplatten in sog. Freiformen mit beispielsweise abgerundeten Ecken, kreisförmig bzw. oval hergestellt werden können, die an ihren Längsstirnseiten dichtend verschließbar sind (vgl. Absatz [0008]).

III.

1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Schutzansprüche in der Fassung des Beschlusses der Gebrauchsmusterabteilung II vom 8. Juli 2008. Mit diesen Ansprüchen hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster in zulässiger Weise beschränkt, da sie seinen Gegenstand nicht erweitern. Sie finden ihre Stütze in den der Eintragung zugrunde liegenden Unterlagen bzw. lassen sich aus ihnen herleiten. Damit hat die Antragsgegnerin ihren zunächst uneingeschränkt eingelegten Widerspruch teilweise zurückgenommen (vgl. BGH GRUR 1998, 910 ff. -Scherbeneis; GRUR 1995, 210 ff. -Lüfterklappe).

Dies gilt auch für die Merkmale des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.

Die Merkmale M1 bis M7 des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag finden ihre Offenbarung in den eingetragenen Schutzansprüchen 1 und 9, die zusätzlichen Merkmale M8 bis M12 gemäß Hilfsantrag 1 lassen sich aus den eingetragenen Ansprüchen 5 und 7 sowie aus den Absätzen [0015], [0018] und [0025] der Streitgebrauchsmusterschrift herleiten. Die abhängigen Schutzansprüche 2 bis 17 gemäß Hauptantrag finden ihre Stütze in den eingetragenen Ansprüchen 3 bis 8 und 10 bis 19; die Unteransprüche 2 bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 entsprechen den Schutzansprüchen 3, 4, 6, 8, 10 bis 14, 16 und 19 der eingetragenen Fassung.

2. Die Auffassung der der Antragstellerin, dass mangelnde Klarheit des Schutzanspruchs 1 vorliege, weil der Begriff "mikroporöse Schaumstruktur" keine klare Abgrenzung zum Stand der Technik definiere (siehe auch vorstehende Ausführungen unter Ziffer I.7.), teilt der Senat nicht.

Nachdem im Streitgebrauchsmuster nähere Angaben zur Porengröße fehlen, geht der Fachmann davon aus, dass dem Streitgebrauchsmuster die auf diesem Fachgebiet geltende Klassifizierung von Porengrößen zugrunde liegt. Mikroporöse Kunststoffe der hier zum Einsatz gelangenden Art sind durch Zellgrößen im Bereich von 0,1 bis 50 µm charakterisiert, während konventionelle Kunststoffschäume Zellgrößen zwischen 100 und 500 µm aufweisen (vgl. A19, Seite 69, Absatz 1). Eine Abgrenzung zum Stand der Technik ist hierdurch möglich. Der angesprochene Fachmann wird also unter "mikroporöser Schaumstruktur" einen festen Schaum verstehen, der aus kleinen Gasbläschen mit Porengrößen kleiner 50 µm besteht, die durch feste Wände getrennt sind. Die Gasbläschen entstehen in der Matrix durch chemische oder physikalische Treibmittel, wie in Absatz [0011] der Gebrauchsmusterschrift dargelegt ist (vgl. hierzu auch Bild 5.1 auf Seite 69 der A19).

Diese Bemessung der Gasbläschen bzw. Poren korreliert mit der Rauhtiefe der strukturierten Oberfläche, wie ebenfalls in Absatz [0011] ausgeführt ist. Diese Rauhtiefe von etwa 5 µm bis 40 µm resultiert aus dem mechanischen Abtragen, beispielsweise mit einer Fräse, der unteren, ersten Profilleiste. Hierdurch werden diese Hohlräume bzw. Poren durch das Abfräsen der Profilleiste "angeschnitten" und damit zumindest im Bereich der Rauhtiefe geöffnet, so dass ein Bereich "freigelegt" wird, den die Streitgebrauchsmusterschrift als "löchrigporös" bezeichnet (vgl. Absatz [0010]). In diesem "freigelegten" Bereich stehen die Hohlräume untereinander und mit der Außenumgebung in Verbindung, weshalb ein Klebstoff in die abgefräste, offenporige Oberfläche eindringen kann (vgl. Absatz [0010]).

Somit ist festzustellen, dass das Merkmal "mikroporöse Schaumstruktur" zwar sehr allgemein, allerdings dabei noch so deutlich und vollständig gehalten ist, dass ein Fachmann die Lehre des Streitgebrauchsmusters hinsichtlich der Bereitstellung einer Profilleiste, die eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist, ausführen kann.

Die mit solchen Formulierung verbundene, begriffliche Breite ist nach ständiger Rechtsprechung auch nicht eine Frage der Klarheit, wenn Anspruchsmerkmale allgemein und breit gefasst sind, so dass viele Aspekte und Realisierungen darunter fallen, sondern eine Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb im Rahmen der Prüfung auf Neuheit und erfinderischer Tätigkeit zu berücksichtigen, d.h. es ist die Abgrenzbarkeit der beanspruchten Leichtbauplatte hierdurch von und gegenüber dem Stand der Technik zu untersuchen.

3. Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters im Umfang der Verteidigung ist nicht bereits aufgrund einer früheren Patentoder Gebrauchsmusteranmeldung geschützt worden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 GebrMG).

Die DE 10 2004 007 157 B4 (D7), die am 12. Februar 2004 angemeldet wurde, offenbart eine Leichtbauplatte gemäß den Merkmalen M1 bis M6 sowie M11 und M12 (vgl. insbesondere die Absätze [0008] und [0015] bis [0021]), jedoch fehlen Hinweise dazu, dass der Einlagestreifen 9 (entspricht der "ersten Profilleiste" im Streitgebrauchsmuster) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist. Zum Einlagestreifen 9 führt die D7 in Absatz [0020] aus, dass dieser eine ausreichende Festigkeit hat, die derjenigen der Deckschichten 1 zumindest entspricht, also höher als diejenige der Zwischenschicht 3 (d. h. Kernschicht) des Plattenrohlings ist, wobei der Einlagestreifen 9 nicht nur zu einer Stabilisierung des Plattenrandes dient, sondern er deckt auch eine offene, mit Zwischenräumen versehene Struktur der Zwischenschicht 3 nach außen hin ab. Zweckmäßig besteht der Einlagestreifen 9 aus einem Kunststoff, der mittels eines geeigneten Klebers in die Nut 5 dauerhaft eingeklebt ist.

Zwar ist der Offenbarungsgehalt eines Dokuments nicht auf seinen Wortlaut beschränkt, vielmehr ist für das Verständnis der angesprochene Fachmann maßgebend, der das Dokument mit seinem allgemeinen Fachwissen zur Kenntnis nimmt. Jedoch lässt sich aus der Textstelle in Absatz [0020] i. V. m. Patentanspruch 3 der D7 aber weder ein mikroporöser Einlagestreifen ableiten, noch liest der Fachmann eine Ausgestaltung von Einlageund Kantenstreifen dergestalt mit, dass der Einlagestreifen eine geringere Dichte als der Kantenstreifen aufweisen soll.

Nachdem sich dem Fachmann beim Lesen des Dokuments D7 die Merkmale M7 bis M10 also nicht zweifelsfrei ergeben, ist somit auch keine Identität des Erfindungsgegenstandes mit dem in der D7 beschriebenen Gegenstand gegeben, weshalb kein Löschungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 GebrMG besteht.

IV.

Der Gegenstand der angegriffenen Schutzansprüche in den gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 verteidigten Fassungen erweist sich zwar als neu, er beruht jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt. Die zur Lösung der Problemstellung beanspruchte technische Lehre der Schutzansprüche war dem Fachmann durch den Stand der Technik und sein allgemeines Fachwissen am Anmeldetag nahegelegt.

1. Die Druckschriften D1, D4 und D5 stellen vorveröffentlichten Stand der Technik dar.

Die Antragsgegnerin hat zwar bestritten, dass die Dokumente D1 bis D6 vor dem für den Zeitrang des Streitgebrauchsmusters maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien. Dies stellt jedoch kein substantiiertes Bestreiten i. S. v. § 139 Abs. 3 ZPO dar.

Bei den Druckschriften D1, D4 und D5 handelt es sich um einschlägige Periodika im Bereich des Möbelbaus. Das Fachmagazin "BM" (D1) ist eine führende Fachzeitschrift für die Holz-, Kunststoffund Leichtmetallverarbeitung im Innenausbau, in der Möbelherstellung und der Bauelementebranche, Fensterund Türherstellung. Es erscheint jährlich mit 13 Ausgaben (12 Monatsausgaben + Sonderausgabe BM-Extra Karriere) und gewährleistet eine bequeme, pünktliche Zustellung (vgl. Anlage A11' zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 16. Juni 2008, insbesondere Seite "direktabo.de"). Es ist daher davon auszugehen, dass der Fachartikel D1 mit dem Veröffentlichungsdatum "9/2004" auch ab September 2004 der Öffentlichkeit zugänglich war. Das Fachmagazin "HK Holzund Kunststoffverarbeitung" (D4) ist eine internationale Zeitschrift für Unternehmer und Führungskräfte der Holzund Möbelindustrie und bietet Problemlösungen, Entscheidungshilfen, Informationen über neue Verfahren und über die Trends in den Märkten. Die Zeitschrift erscheint 6-mal im Jahr (vgl. Anlage A14' zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 16. Juni 2008, insbesondere Blatt 2), so dass die Ausgabe "HK 4/2004" nach der Lebenserfahrung spätestens im August 2004, und damit geraume Zeit vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters, der Öffentlichkeit zugänglich war. Das Fachmagazin "m+t Material + Technik Möbel International" (D5) ist offizielles Organ des Hauptverbands der Deutschen Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e.V. (HDH), Bad Honnef, und erscheint 9mal jährlich, wie aus dem Impressum hervorgeht, so dass die Ausgabe "3/2004" im Frühjahr, spätestens Sommer 2004, und damit ebenfalls geraume Zeit vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters der Öffentlichkeit zugänglich war. Dementsprechend hätte es eines substantiierten Gegenvortrags der Antragsgegnerin bedurft, warum diese konkreten Druckschriften entgegen ihrem Inhalt nicht vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit zugänglich waren.

Zu den Druckschriften D2, D3 und D6 als Stand der Technik hat die Antragstellerin Zeugenbeweis angeboten. Zwar zeigt vor allem die D2 mit Bild 2 "Blindund Dekorkante in einem Zug anleimen" das Herstellungsverfahren sehr anschaulich, da aber auch aus D2 kein Hinweis auf eine mikroporöse Blindkante zu entnehmen ist, können diese drei strittigen Dokumente außer Betracht bleiben, zumal sie keine weiteren Informationen liefern, als nicht schon aus D1, D4 und D5 bekannt sind.

2. Es bedurfte keines erfinderischen Schrittes, um von dem sich aus der D5 ergebenden Stand der Technik unter Einbeziehung des Fachwissens, belegt durch D4, D9 und A19, zum Gegenstand des Streitgebrauchsmusters zu gelangen.

2.1.Zur Prüfung der Schutzfähigkeit des Gegenstandes des Streitgebrauchsmusters gemäß den verteidigten Anspruchsfassungen wird im Folgenden entsprechend BGH GRUR 2006, 842 -Demonstrationsschrank hinsichtlich der Beurteilung des erfinderischen Schrittes auf die im Patentrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen. Zwischen den Kriterien des "erfinderischen Schritts" im Gebrauchsmusterrecht und der "erfinderischen Tätigkeit" im Patentrecht besteht danach kein Unterschied, weil es sich um ein qualitatives und nicht um ein quantitatives Kriterium handelt, was bedeutet, dass es allein auf das Können und Wissen des Fachmannes ankommt.

2.2.Bei der Beurteilung, ob der beanspruchten Lösung eine erfinderische Bedeutung beizumessen ist, muss von dem ausgegangen werden, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet, d.h. das durch die Erfindung für den Fachmann tatsächlich, d. h. objektiv gelöste technische Problem (BGH GRUR 2003, 693 -Hochdruckreiniger), wie es auch die Streitgebrauchsmusterschrift als Aufgabe nennt, wobei ein Vorrang eines sog. "nächstkommenden Standes der Technik" nicht besteht (BGH GRUR 2009, 382 -Olanzapin). Hierbei hatte der Fachmann Veranlassung, in dem Bemühen eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik gemäß D10 und D11 zur Verfügung stellt, auch die D5 und D9 in Betracht zu ziehen (BGH GRUR 2009, 1039 -Fischbissanzeiger).

a) Wie vorstehend unter Punkt II.1. und II.4. bereits dargelegt, stellen den maßgeblichen Ausgangspunkt der Erfindung rahmenlose Leichtbauplatten dar, die bekantet werden müssen. Die aus D10 und D11 bekannten Leichtbauplatten weisen die geschilderten Nachteile auf. Hier setzt die Erfindung ein, die sich die im Streitgebrauchsmuster angegebene Aufgabe gestellt hat, die Nachteile des bekannten Standes der Technik zu verbessern und eine Leichtbauplatte aufzuzeigen, die kostengünstig und vollautomatisch wirtschaftlich herstellbar ist, deren Längsstirnseiten dauerhaft geschützt bzw. versiegelt sind, bei der die verwendeten Abdeckelemente der Längsstirnseiten ein geringeres Gewicht aufweisen, fest mit der Leichtbauplatte diese stabilisierend verbunden sind und wobei Leichtbauplatten mit Freiformen realisierbar sind.

Der Fachmann, der sich in der Praxis vor allem mit der Entwicklung von Neuerungen auf dem Gebiet der Leichtbauplatten beschäftigt und dabei selbstverständlich den Stand der Technik auf seinem eigenen Spezialgebiet kennt und sich in üblicher Weise auf dem Laufenden hält, z. B. durch Lesen von Fachzeitschriften (vgl. BPatGE 34, 264), wird auf der Suche nach der Lösung seines Problems sich zunächst der D5 zuwenden, weil dort ein modifiziertes Verfahren für eine sichere Kantenapplikation an rahmenlosen Wabenplatten (Merkmal M1) beschrieben ist.

In diesem Fachartikel wird darauf hingewiesen, dass hierbei die Inhomogenität der Schmalfläche besondere Ansprüche stellt. Es ist ausgeführt, dass die Papierwabe (inlay) (Merkmal M3) selbst nur geringen Halt für die Kantenverklebung bietet. Überwiegend bestimmt die Haftfestigkeit auf den beiden Deckschichten (Merkmal M2) die Abreißfestigkeit der Kanten. Eine Direktverklebung bei dünnen Deckschichten und großen Plattendicken ist nur dann möglich, wenn die Kantenverklebung im Möbel gering beansprucht ist, z. B. bei Einlegeböden oder Stollenwänden. Mithin beschreibt die D5 eine gattungsgemäße Leichtbauplatte (Merkmal M1) mit zwei dünnwandigen Decklagen (Merkmal M2) und einer zwischen den Decklagen angeordneten und mit diesen verbundenen Kernlage (Merkmal M3) und stellt daher für den Fachmann einen vielversprechenden Einstieg in seine Problemstellung dar (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 -Fischbissanzeiger).

Weiter führt die D5 aus, dass die Dicke des Kantenmaterials ein fühlbares Eindrücken verhindern muss, weshalb Papierkanten nicht geeignet sind. Abhilfe schafft hierfür eine stabilisierende Blindkante, d.h. die Blindkante übernimmt wie im Streitgebrauchsmuster auch in D5 die Funktion einer Stütze. Es wird deshalb nach dem Formatieren ein Falz in beide Deckschichten eingefräst, was nichts anderes heißt, als dass in die Längsstirnseite der Leichtbauplatte jeweils eine Nut eingebracht wird (Merkmal M4). Gemäß der Lehre der D5 wird in diese Ausfräsung, also Nut, dann eine Blindkante eingeleimt. Halt findet die Blindkante in den beiden Fälzen der Decklagen und an der Zwischenlage. Da vorliegend der Begriff Blindkante nur ein Synonym für die erste Profilleiste darstellt, erschließt sich dem Fachmann aus diesem Dokument sowohl Merkmal M5 als auch Merkmal M12, denn durch das Einleimen der Blindkante in die beiden Fälzen ist im Wortsinn des Streitgebrauchsmusters die erste Profilleiste adhäsiv mit den Decklagen verbunden. Diese Blindkante kann gemäß D5 beispielsweise aus MDF oder Dünnspanplatte bestehen, sie kann aber der leichteren Verarbeitbarkeit wegen im Übrigen auch eine Dickkante aus Recyclingmaterial, d.h. aus Kunststoff, sein. Ferner müssen Falztiefe und Dicke der Blindkante genau übereinstimmen.

Des Weiteren ist in der D5 angegeben, dass auf die Blindkante eine dekorative Kante, also eine zweite Profilleiste, wie üblich aufgeleimt wird. Damit ist nicht nur Merkmal M6, sondern auch Merkmal M11 aus dem Dokument D5 bekannt, denn die erste Profilleiste ist mit der zweiten Profilleiste adhäsiv verbunden.

Infolgedessen hat die sog. "Blindkantentechnologie" zum Anmeldezeitpunkt des Streitgebrauchsmusters bereits zum Stand der Technik gehört. Nachdem aus der D5 ebenfalls hervorgeht, dass Blindund Dekorkante -auch bei rahmenlosen Konturplatten -in einem Durchlauf appliziert werden können, hat die D5 also bereits ein Bekantungsverfahren für Leichtbauplatten zur Verfügung gestellt, das die Nachteile der D10 und D11 nicht mehr aufwies und womit eine Leichtbauplatte kostengünstig und vollautomatisch wirtschaftlich herstellbar war. Bei dieser bekannten Blindkantentechnologie sind die Längsstirnseiten dauerhaft geschützt bzw. versiegelt, die Abdeckelemente fest mit der Leichtbauplatte diese stabilisierend verbunden und es sind Leichtbauplatten mit Freiformen, also Konturplatten, realisierbar.

Die Überlegungen des mit der Weiterentwicklung der aus dem Stand der Technik bekannten Leichtbauplatte betrauten Fachmanns setzen naturgemäß bei der Analyse dessen an, was bei vorhandenen Lösungen als nicht zufrieden stellend oder verbesserungswürdig empfunden wird. Infolgedessen ging es dem Fachmann bei der Weiterentwicklung der aus der Entgegenhaltung D5 bekannten Leichtbauplatte objektiv noch darum, einerseits deren Gewicht positiv zu beeinflussen, andererseits einen weiter verbesserten Verbund zwischen Stützkante und Dekorkante zu erzielen.

Bei der Verwirklichung dieser Zielvorstellungen wird der Fachmann zunächst auf die in D5 genannten Materialien zurückgreifen und diese auf ihre Haftund Abreißfestigkeit untersuchen, zumal in der D5 ausgeführt ist, dass die Abreißfestigkeit der Kanten überwiegend von der Haftfestigkeit auf den beiden Deckschichten bestimmt wird. Als Material für die Blindkante offenbart die D5 MDF, Dünnspanplatte oder eine Dickkante, wobei unter Dickkante eine Kunststoffkante, wie z. B. Polypropylen (PP), zu verstehen ist (vgl. z. B. D4, Seite 70, linke Spalte). Da der hier angesprochene Fachmann über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde, d. h. über anwendungsorientierte Aspekte von Materialien, verfügt, gehört es deshalb zu seinem Basiswissen, dass die Klebewirkung von Klebstoffen auf zwei Kräften beruht, nämlich der Adhäsion und der Kohäsion. Hierbei ist die Adhäsion als Haftung auf der Grenzbzw. Klebefläche durch Verankerung in der Mikrostruktur oder durch molekulare Wechselwirkung (Nebenvalenzbindung) definiert, während die Kohäsion den inneren Zusammenhalt der Moleküle des Klebstoffs beschreibt. Um also eine große Adhäsion zwischen mittels Klebstoffs zu verklebenden Oberflächen zu erzielen, muss der Klebstoff in die Mikrostruktur der Klebeflächen eindringen und sich dort verankern können. Infolgedessen sind hierfür raue oder poröse, d.h. saugende Klebeflächen bevorzugt. Ein solches, saugendes Material ist beispielsweise MDF (mitteldichte Faserplatte). Insofern hat der Fachmann in der D5 mit dem Hinweis auf z. B. MDF bereits die Anregung erhalten, als Blindkante ein Material mit saugender, also mikrostrukturierter Oberfläche, zu verwenden. Dies gilt um so mehr für Kunststoffe, die vor dem Verkleben zumindest einer Vorbehandlung mit Haftvermittlern unterzogen werden müssen, wie aus der D5 ebenfalls hervorgeht, denn für die Dickkante ist dort beidseitig ein Haftvermittler vorgesehen. Der Fachmann wird daher in seinem Bemühen, eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik gemäß D5 und D4 im Hinblick auf Kunststoffe wie Polypropylen zur Verfügung stellt, sich somit zunächst bekannten Leichtbauplatten zuwenden und die dort beschriebenen Materialien zur Kantenstabilisierung für seine Zwecke in Erwägung ziehen. Dabei wird er auch die D9 in Betracht ziehen, da dort eine mikroporöse Schaumstruktur zur Verbesserung der Kantenstabilität einer Leichtbauplatte eingesetzt wird.

Zwar wird der in der D9 offenbarte Gegenstand als "Laminat" mit verbesserter Kantenstabilität bezeichnet, hierin ist jedoch im Wortsinn des Streitgebrauchsmusters nichts anderes als eine Verbundbauplatte zu verstehen, denn das Laminat umfasst wie der Streitgegenstand eine wabenförmige Kernschicht sowie ungeschäumte Deckschichten.

Um die Kantenstabilität eines solchen Laminats bzw. einer solchen Leichtbauplatte zu verbessern, schlägt die D9 einen schaumförmigen Streifen aus einem temperaturbeständigen thermoplastischen Kunststoff vor (vgl. D9, Patentanspruch 1), der mit der Kernschicht und mit der Deckschicht durch Verschweißen oder Verkleben verbunden ist (vgl. D9, Seite 3, Zeilen 10 bis 11 und 27 bis 28). Dieser schaumförmige Streifen aus einem thermoplastischen Kunststoff muss im Wortsinn des Streitgebrauchsmusters eine mikroporöse Schaumstruktur aufweisen, denn zur Realisierung der Schaumstruktur werden gleiche Treibmittel verwendet, so z. B. chemische Treibmittel, wie Carbonate und Azoverbindungen, oder physikalische Treibmittel, wie niedrig siedende Flüssigkeiten, die den Thermoplasten nicht lösen, sondern höchstens quellen (vgl. D9, Seite 3, Zeilen 13 bis 18). Um eine ausreichende Härte und Steifigkeit des schaumförmigen Streifens zu gewährleisten, ist die Dichte des Streifens verhältnismäßig hoch und beträgt zwischen 200 bis 1000 kg/m3, vorzugsweise 300 bis 800 kg/m3 (vgl. D9, Seite 3, Zeilen 2 bis 5). Weiter kann der Querschnitt des Streifens beliebig geformt sein (vgl. D9, Seite 3, Zeilen 5 bis 7).

Die in D9 beschriebenen Laminate eignen sich als Bauteile beim Innenausbau von Luftfahrzeugen, insbesondere für Zwischenwände, Stauschränke oder Klappen für Hutablagen; ferner beim Automobilund Schiffsbau sowie bei Haushaltsgeräten (vgl. D9, Seite 3, Zeilen 31 bis 33).

Da der Fachmann im Interesse eines leichten Gewichts der Verbundbauplatte und einer Verbesserung der Haltbarkeit von Dekorleiste und deren Stabilität bestrebt sein musste, auch eine optimale Verklebung zu erzielen, drängte sich ihm bei Kenntnis der D9 ein Kunststoff aus einer mikroporösen Schaumstruktur auf, weil er hierfür erwarten konnte, dass ein Klebstoff in die mikroporöse Schaumstruktur der Klebeflächen der Blindkante eindringen und sich dort verankern konnte. Die Erprobung einer Blindkante mit mikroporöser Schaumstruktur lag deshalb für den Fachmann aufgrund seines Basiswissens und bei Kenntnis des Standes der Technik im Anmeldezeitpunkt des Streitgebrauchsmusters auf der Hand, zumal die erfindungsgemäße Ausgestaltung der beanspruchten Leichtbauplatte nicht mehr verlangte, als die aus D5 bekannte Blindkante aus thermoplastischem Kunststoff, wobei in D5 und D4 offenbleibt, ob diese porös oder nichtporös ist, nur durch den schaumförmigen Streifen aus thermoplastischen Kunststoff gemäß D9 als Blindkante zu ersetzen, weshalb der Lösungsweg für den objektiven Erfindungsgedanken des Streitgebrauchsmusters in der D9 nahegelegt war.

Der damit verbundenen Verneinung eines erfinderischen Schrittes steht hierbei nicht entgegen, dass der Fachmann bei dieser Lösung nicht unmittelbar von der im Streitgebrauchsmuster angegebenen Aufgabenstellung, sondern von allgemeinen Überlegungen ausgehen musste. Denn auf die im Streitgebrauchsmuster bezeichnete subjektive Aufgabe kommt es für die Beurteilung eines erfinderischen Schrittes nicht an, vielmehr muss von dem ausgegangen werden, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet. Maßgeblich ist nicht, was im Streitgebrauchsmuster als "Aufgabe" bezeichnet ist, sonders das durch die Erfindung für den Fachmann tatsächlich, d. h. objektiv gelöste technische Problem. Hat die zu seinem typischen Aufgabengebiet gehörende Bewältigung eines Problems wie das stabile Bekanten von rahmenlosen Leichtbauplatten dem Fachmann eine der beanspruchten Lehre entsprechende Ausgestaltung nahegelegt, beruht diese Lehre auch dann nicht auf einem erfinderischen Schritt, wenn der Stand der Technik für die damit zugleich erreichte Verbesserung der Lösung einer weiteren Problemstellung keine hinreichende Anregung vermittelt hat (vgl. BGH GRUR 2003, 693 -Hochdruckreiniger; BGH, Urteil vom 4. Februar 2010

- Xa ZR 36/08 -Gelenkanordnung).

Der Gegenstand des Schutzanspruches 1 nach Hauptantrag ist daher mangels eines erfinderischen Schrittes zu löschen.

b) Die Unteransprüche 2 bis 17 in der gemäß Hauptantrag enthalten keine Merkmale, die Schutz begründend wären. Etwas Derartiges hat die Antragsgegnerin auch nicht geltend gemacht. Soweit sie die Merkmale der Unteransprüche 4 und 6 in den Schutzanspruch 1 in den Hilfsantrag aufgenommen hat siehe unten 3. Die Unteransprüche bedürfen im Übrigen keiner isolierten Prüfung, weil die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster hilfsweise mit konkreten Merkmalen gemäß Hilfsantrag 1 verteidigt und dadurch zu erkennen gegeben hat, dass sie an einer hiervon abweichenden, ggf. teilweisen Aufrechterhaltung einzelner, weiterer Schutzansprüche gemäß Hauptantrag kein Interesse hat und insbesondere keine weiteren Hilfsantrag gestellt hat.

3. Auch der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruches 1 nach Hilfsantrag 1 ist nicht i. S. d. §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig, weil er nicht auf einem erfinderischen Schritt beruh.

Folgende Merkmale sind in die Hilfsanträge aufgenommen worden: M8 die erste Profilleiste (6) weist eine geringere Dichte auf als die zweite Profilleiste (7);

M9 die erste Profilleiste (6) weist eine Dichte von etwa 0,2 g/cm3 bis etwa 0,85 g/cm3 auf, vorzugsweise 0,40 g/cm3 bis 0,70 g/cm3;

M10 die erste und die zweite Profilleiste sind extrudierte Profilleisten; M11 die erste Profilleiste ist mit der zweiten Profilleiste adhäsiv verbunden;

M12 die erste Profilleiste ist mit den Decklagen adhäsiv verbunden.

Bei dem Gestaltungsprinzip gemäß Merkmal M8, das dem ursprünglichen Schutzanspruch 5 bzw. dem Schutzanspruch 4 der beschränkten Fassung entstammt, handelt es sich um ein zahlenmäßig unbestimmt gehaltenes Merkmal, das nicht zur Abgrenzung gegenüber D5 oder D9 geeignet ist, zumal auch in der D9 der untere Schaumstreifen aufgrund der Porosität zwingend eine geringere Dichte als die ungeschäumte Dekorschicht gemäß D9 aufweist.

Aber auch die Dichtebemessung gemäß Merkmal M9 (aus Anspruch 7 bzw. 6) kann einen erfinderischen Schritt nicht begründen, zumal sich dem Fachmann ein solcher Dichtebereich zwanglos aus der D9 ergibt. So ist aus Seite 3, Zeilen 3 bis 5, bekannt, dass die Dichte des Schaumstreifens zwischen 200 bis 1000 kg/cm3, vorzugsweise 300 bis 800 kg/cm3, beträgt. In g/cm3 umgerechnet ergibt sich damit eine Dichtebemessung von 0,2 bis 1,0, vorzugsweise 0,3 bis 0,8 g/cm3, wodurch der beanspruchte Dichtebereich von 0,2 bis 0,85 g/cm3 voll umfasst ist.

Was das in Absatz [0018] offenbarte Merkmal M10 anbelangt, so ist es bekannt, thermoplastische Schäume durch Extrusion herzustellen, wie ausführlich in der A19, Einleitung, beschrieben ist. So heißt es auf Seite 2, Absatz 3: "Ein seit Jahrzehnten angewandtes wirtschaftliches Verfahren zur Herstellung derartiger thermoplastischer Schäume stellt die Schaumextrusion dar. ... Je nach Einbringung des Gases unterscheidet man das Schäumen mit chemischen oder physikalischen Treibmittel". Insofern war es für den Fachmann nahe liegend, extrudierte Profilleisten zu verwenden.

Die Merkmale M11 und M12 sind Teil der bekannten, sog. "Blindkantentechnologie, wie bereits vorstehend unter Abschnitt IV. 2a) ausgeführt wurde.

Im Übrigen ist eine besondere Wirkung der mit dem Hilfsantrag konkret beanspruchten Merkmalskombination auch aus der Gesamtoffenbarung des Streitgebrauchsmusters nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht.

Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters ist daher auch nicht schutzfähig in der Ausgestaltung gemäß Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1.

4. Nachdem der Stand der Technik dem Fachmann hinreichend Anregung gegeben hat, zu der Lehre des Streitgebrauchsmusters zu gelangen, können deshalb die im Beschwerdeverfahren ins Feld geführten Hilfserwägungen wie Bedarf und Zeitfaktor nicht zu einer Feststellung des erfinderischen Schrittes führen.

Bei dieser Sachlage brauchten auch die im Verfahren befindlichen, weiteren Druckschriften und Dokumente zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden.

Nach alledem beruht der Gegenstand der jeweiligen Schutzansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht auf einem erfinderischen Schritt, weshalb diese Ansprüche keinen Bestand haben.

5. Die abhängigen Schutzansprüche 2 bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 werden von dem Löschungsausspruch erfasst, da in ihnen ein eigener schutzfähiger Gehalt nicht erkennbar und in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht worden ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Baumgärtner Dr. Egerer Zettler Pr






BPatG:
Beschluss v. 07.07.2010
Az: 35 W (pat) 469/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/42cdc6ce02e5/BPatG_Beschluss_vom_7-Juli-2010_Az_35-W-pat-469-08




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