Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 23. Juli 2002
Aktenzeichen: X ZB 15/02

(BGH: Beschluss v. 23.07.2002, Az.: X ZB 15/02)

Tenor

Der Antrag des Antragstellers, ihm auch für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 14. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 5. März 2002 Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe

A. Der Antragsteller hat die Patentanmeldung P 44 15 087.3-41 getätigt. Am 19. Juni 2000 hat hierüber eine Anhörung stattgefunden. Danach soll Patentanspruch 1 wie folgt lauten:

"Verwendung von Ligninen, Ligninsulfonsäuren und/oder Ligninsulfonaten sowie chemischen, technischen oder biotechnologischen Modifizierungen der genannten Stoffe oder deren Mischungen zur Körper- und Gesundheitspflege und zur Balneotherapie."

Die Patentanmeldung wurde mit Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Prüfer unter Angabe zweier vorveröffentlichter Druckschriften darauf abgestellt, daß die Behandlung mit ligninhaltigen Mitteln in der Kosmetik und Balneotherapie bereits bekannt gewesen sei.

Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen. Der Beschluß vom 5. März 2002 führt u.a. aus, vom Patentanspruch 1 werde eine Vielzahl voneinander verschiedener Einzelanwendungen umfaßt. Aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses könne für bestimmte von ihnen Patentschutz nicht gewährt werden. Da der Anmelder sich nicht wenigstens hilfsweise auf solche Anwendungen beschränkt habe, für die das nicht zutreffe, und Bindung an den gestellten Erteilungsantrag bestehe, habe dieser deshalb insgesamt zurückgewiesen werden müssen. Nach der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren habe dem Antragsteller für eine geänderte Anspruchsfassung, die Sache des Anmelders sei, auch ein völlig ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestanden.

Gegen diesen Beschluß hat sich der Antragsteller persönlich mit einer beim Bundespatentgericht am 10. April 2002 eingegangenen, als Beschwerde bezeichneten Schrift gewandt. Er meint, bei dem angefochtenen Beschluß des Bundespatentgerichts handele es sich um eine seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung; auch habe kein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren stattgefunden. Mit Telefax vom 12. April 2002 hat der Antragsteller neben der Bitte, das Rechtsmittel dem Bundesgerichtshof vorzulegen, Gewährung von Verfahrenskostenhilfe auch beim Bundesgerichtshof beantragt.

B. Dieser Antrag ist zurückzuweisen. Der Antragsteller will der Sache nach ein Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 100 PatG durchführen. Hierfür darf nach § 138 Abs. 1 PatG Verfahrenskostenhilfe nur gewährt werden, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Zwar macht der Antragsteller Verletzung des rechtlichen Gehörs und damit einen Grund geltend, der die Einlegung der Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung erlaubt (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG); dieser Grund besteht jedoch nicht.

Das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet dazu, allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu allen möglicherweise entscheidungserheblichen Punkten äußern zu können. Wenn, wie im patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, keine mündliche Verhandlung stattfindet, ist aus diesem Grund eine angemessene Zeit abzuwarten, bis in der Sache entschieden wird (vgl. Sen.Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597 - KupferNickel-Legierung). Diesen Anforderungen hat das Bundespatentgericht genügt. Der Antragsteller hatte nach Zugang des Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligenden Beschlusses vom 16. Juli 2001 mehr als ein halbes Jahr Zeit, seinen Standpunkt dem Bundespatentgericht zu Gehör zu bringen.

Dabei stand im vorliegenden Fall vor allem in Frage, ob der Anmeldungsantrag des Antragstellers in Anbetracht des entgegengehaltenen Stands der Technik zu weit gefaßt sei. Der Prüfer hatte erkennbar hierauf abgestellt und -weil er diese Frage bejahte -den Patentschutz versagt. Auch das Bundespatentgericht hatte die Bedeutung dieser Frage bereits angesprochen, indem es in seinem Beschluß vom 16. Juli 2001 darauf hinwies, es sei nicht auszuschließen, daß unter den in den geltenden Ansprüchen und der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen enthaltenen Ausführungsformen der offenbarten Verwendungen auch solche seien, zu denen die Prüfungsstelle weder entgegenstehendes Material genannt noch überhaupt Stellung genommen habe. Bei sorgfältiger Befassung mit dem Verfahrensstoff hätte der Antragsteller deshalb auch gerade hierzu Stellung nehmen und -sofern das seinen Interessen entspricht - etwaige Rechte durch angepaßte Antragsfassung wahren können (vgl. Sen.Beschl. v. 25.1.2000 -X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 -Spiralbohrer). Einen Grund, einen ausdrücklichen Hinweis zu erwarten, letzteres in Erwägung zu ziehen, gab es unter diesen Umständen nicht. Der Antragsteller hat mithin seine Möglichkeiten nicht wahrgenommen und kann deshalb keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend machen (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1997 -XII ZR 207/95, FamRZ 1997, 490).

Mit seiner Behauptung, vor der Prüfungsabteilung habe kein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren stattgefunden, kann der Antragsteller im Verfahren der Rechtsbeschwerde mangels Zulassung dieses Rechtsmittels von vornherein nicht gehört werden. Das Gesetz sieht eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde aus diesem Grund nicht vor.






BGH:
Beschluss v. 23.07.2002
Az: X ZB 15/02


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