Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 38/04
(BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az.: 27 W (pat) 38/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Widersprechende hat gegen die Eintragung der WortmarkenanAKafür "Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Garne und Fäden für textile Zwecke; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedekkungen" Widerspruch eingelegt aus ihrer prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke XANAKA eingetragen unter der Nr. EU 2 008 225 für "Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Leder und Lederimitationen; Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, nämlich Aktentaschen, Brieftaschen, Schultaschen und Schulranzen, Werkzeugtaschen aus Leder, Rucksäcke und Reiserucksäcke, Einkaufstaschen, Strandtaschen, Reisetaschen, Halsbänder und Bedeckungen für Tiere; Tierhäute; Reisekoffer und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Möbel, Spiegel, Rahmen; Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Bett- und Tischdecken; Haushaltswäsche; Gewebe für textile Zwecke; Konfektionskleidung, Strickwaren und Wirkwaren, Unterwäsche, schweißaufsaugende Unterwäsche, Schlafanzüge, Morgenröcke, Röcke, Kleider, Hosen, Jacken, Mäntel, Hemden, Krawatten, Halstücher, Gürtel, Handschuhe, Hüte, wasserdichte Bekleidung, Sportbekleidung; Socken, Strümpfe, Strumpfhosen, Stiefel, Schuhe und Hausschuhe; alles Herren-, Damen- und Kinderbekleidung".
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Ungeachtet der Frage der Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren halte die jüngere Marke selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Denn die Abweichung im jeweiligen Anfangsbuchstaben reiche aus, um die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken auszuschließen. Die Abweichung am erfahrungsgemäß besonders beachteten Wortanfang sei dabei klanglich so auffällig, dass sie auch bei flüchtigem Kontakt nicht überhört werden könne.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschluss macht die Widersprechende im wesentlichen geltend, dass die übereinstimmende Buchstabenfolge "-ANAKA" den klanglichen Gesamteindruck beider Marken signifikant präge, so dass angesichts der Identität der gegenüberstehenden Waren der Klassen 14 und 25 sowie der hochgradigen Ähnlichkeit der Waren der Klassen 23 und 24 eine klangliche Verwechslungsgefahr offensichtlich sei. Darüber hinaus wiesen beide Zeichen eine identische Silbentrennung, eine identische Betonung und einen hieraus folgenden identischen Sprechrhythmus auf. Die Abweichung am Wortanfang reiche zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr nicht aus, weil der Anfangskonsonant "X" in der Widerspruchsmarke ein Sprenglaut sei, der angesichts des darauf folgenden Vokals "A" den klanglichen Gesamteindruck nicht entscheidend präge, sondern untergehe. Gleiches gelte auch für den Anfangskonsonanten "N" in der angegriffenen Marke. Im Ergebnis seien die hier zu beurteilenden Zeichen ebenso verwechselbar wie die Marken "XANAKA" und "THANAKA", bei denen der 24. Senat des Bundespatentgerichts eine Verwechslungsgefahr bejaht habe (24 W (pat) 197/02).
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung und stellt im übrigen in Abrede, dass der Anfangskonsonant "X" den klanglichen Gesamteindruck der Widerspruchsmarke entscheidend präge. Vielmehr bilde er ein so starkes eigentümliches Klangbild, dass er sich deutlich von dem eher unauffälligen und weichen Klangbild der jüngeren Marke unterscheide.
In der mündlichen Verhandlung, an welcher die Inhaberin der angegriffenen Marke wie zuvor angekündigt nicht teilgenommen hat, hat die Widersprechende ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.
Eine im Anschluss hieran ins Auge gefasste außergerichtliche Einigung der Beteiligten ist nicht zustandegekommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende auf die Entscheidung Nr. 1784/2005 der Widerspruchsabteilung des Harmonisierungsamtes vom 25. Mai 2005 hingewiesen, mit der aufgrund des Widerspruchs aus der Marke "XANAKA" eine mit dem hier angegriffenen Zeichen identische Gemeinschaftsmarke eines Drittunternehmens gelöscht worden ist, und im Hinblick hierauf für den Fall einer Zurückweisung der Beschwerde die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch wegen mangelnder Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs 2 Satz 2, § 42 Abs 2 Nr 1, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen.
Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st Rspr; vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz 23 f - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz 16 f - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), hält die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zur älteren Marke selbst im Bereich identisch beanspruchter Waren noch ein.
Trotz der übereinstimmenden Buchstabenfolge "-ANAKA" reicht die Abweichung am üblicherweise stärker beachteten Wortanfang aus, damit der angesprochene Verkehr - dies ist vorliegend die Allgemeinheit - selbst im Bereich identischer Waren beide Marken noch hinreichend auseinander halten kann. Denn bei dem Anfangskonsonanten "X" in der älteren Marke handelt es sich nicht nur um einen eher seltenen, sondern darüber hinaus auch in seiner Klangwirkung markant hervortretenden Laut, der selbst bei ungünstigen Übertragungsbedingungen nicht überhört werden kann und den Klangeindruck der älteren Marke ganz wesentlich mitprägt. Einen vergleichbaren Klangeindruck vermag demgegenüber die angegriffene Marke nicht zu vermitteln, bei welcher der Anfangskonsonant "N" eher klangschwach ist und unbeachtet bleibt. Insofern unterscheidet sich die Klangwirkung der hier zu beurteilenden jüngeren Marke erheblich von derjenigen der Marke "THANAKA", bei welcher der 24. Senat in seiner von der Widersprechenden zitierten Entscheidung vom 8. Juli 2003 eine kollisionsbegründende Nähe zur Widerspruchsmarke nur deshalb bejaht hatte, weil der Anfangskonsonant "TH" in der dort angegriffenen Marke eine erhebliche Nähe zum Anfangslaut "X" in der älteren Marke aufweise, so dass die erstere in ihrem klanglichen Gesamteindruck nur geringfügig von letzterer abweiche. Ein hiermit vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor, weil der Anfangslaut "N" in der angegriffenen Marke keine Nähe zum markant hervortretenden Anfangskonsonanten "X" in der jüngeren Marke aufweist, so dass beide Zeichen in ihrem klanglichen Gesamteindruck noch deutlich genug voneinander abweichen.
Dem steht auch die von der Widersprechenden nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Entscheidung des Harmonisierungsamtes nicht entgegen. Denn abgesehen davon, dass unklar ist, ob diese Entscheidung rechtskräftig ist, vermag sich der Senat der auf die Feststellung beschränkten Ansicht des Harmonisierungsamts, die klangliche Ähnlichkeit sei klar, die drei nur im Anfangslaut abweichenden Silben klängen ähnlich, nicht anzuschließen. Das gilt erst recht hinsichtlich der vom Harmonisierungsamt ebenfalls angenommenen schriftbildlichen Ähnlichkeit, denn insoweit wirkt die auffallende eigenartige Schreibweise der angegriffenen Marke mit zwei Binnengroßbuchstaben der Gefahr von Verwechslungen durch den Betrachter noch zusätzlich zu dem deutlich wahrnehmbaren Unterschied der Anfangsbuchstaben entgegen.
Da sonstige Anhaltspunkte für eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr weder vorgetragen wurden noch anderweitig ersichtlich sind, so dass die Markenstelle somit den Widerspruch zutreffend zurückgewiesen hatte, war der hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Zu befinden war vielmehr allein auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Verwechselbarkeit der Vergleichsmarken aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls. Auch die von der Widersprechenden genannte Entscheidung Nr. 1784/2005 der Widerspruchsabteilung des Harmonisierungsamtes rechtfertigt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht, weil es sich bei ihr - abgesehen von der offenen Frage ihrer Rechtskraft - um eine Verwaltungsentscheidung und damit nicht um Rechtsprechung im Sinne des § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt.
Dr. Schermer Prietzel-Funk Schwarz Pü
BPatG:
Beschluss v. 06.07.2005
Az: 27 W (pat) 38/04
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