Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2009
Aktenzeichen: 21 W (pat) 5/05

(BPatG: Beschluss v. 10.03.2009, Az.: 21 W (pat) 5/05)

Tenor

Der Beschluss der Patentabteilung 44 des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. November 2004 wird aufgehoben und das Patent beschränkt aufrechterhalten mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1, mit der in der mündlichen Verhandlung überreichten überarbeiteten Beschreibung, im Übrigen mit den Patentansprüchen 2 bis 12 und der Zeichnung gemäß Patentschrift.

Gründe

I Auf die am 23. Dezember 1997 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 197 57 703 mit der Bezeichnung "Beatmungsvorrichtung" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Erteilung ist am 14. Oktober 1999 erfolgt.

Die Patentabteilung 44 hat das Streitpatent nach Prüfung des für zulässig erklärten Einspruchs mit Beschluss vom 26. November 2004 widerrufen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag in der Fassung vom 8. Juni 2000 gegenüber der Druckschrift D1 EP 0 697 225 A2 nicht neu sei und der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 8. Juni 2000 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie verteidigt ihr Patent mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1.

Der danach geltende Patentanspruch 1 lautet -mit einer Merkmalsgliederung versehen:

M1 Beatmungsvorrichtung (2) mit M2 einer Maske (4), M3 Atemhilfsgeräten zur Bereitstellung von Atemluft, M4 einem Schlauch (6) zur Verbindung der Atemhilfsgeräte mitder Maske (4), M5 und einem Zwischenelement (8), das zwischen Maske (4)

und Schlauch (6) angeordnet ist und M6 ein schlauchseitiges erstes Verbindungselement (18), M7 ein maskenseitiges zweites Verbindungselement (26) und M8 mindestens eine Auslassöffnung (20) für Kohlendioxid enthaltende Ausatemluft aufweist, M9 wobei im Bereich der Auslassöffnung (20) ein Auslassventil (16) aus porösem Material vorgesehen ist, das einen definierten Strömungswiderstand hat und so ausgebildet ist, dass relativ geringe Strömungsgeräusche entstehen, M10 und wobei die beiden Verbindungselemente (18 und 26) an der maskenseitigen Seite des Auslassventils (16) vorgesehen und bezüglich ihrer Achsen gegeneinander verkippbar sind.

Hinsichtlich der geltenden Patentansprüche 2 bis 12 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

Die Patentinhaberin beantragt, den Beschluss der Patentabteilung 44 des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. November 2004 aufzuheben und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1, mit der in der mündlichen Verhandlung überreichten überarbeiteten Beschreibung, im Übrigen mit den Patentansprüchen 2 bis 12 und der Zeichnung gemäß Patentschrift.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung D1 nicht neu sei und rügt außerdem die Vollmacht des für die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung auftretenden Patentanwalts.

Im Verfahren befinden sich ferner die weiteren Druckschriften D2 Prospekt "Schlaf für 2 -Somno-Maskensystem" mit Datumsangabe 11/95 und D3 Prospekt "Whisper Swivel II" mit Datumsangabe 2/12/97 D4 DE 196 15 570 A1 D5 DE 37 07 952 A1 D6 DE 94 11 933 U1 und D7 EP 0 549 299 A2.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist insoweit begründet, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents führt, da sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung der Gegenstand des nach rechtzeitiger Vorlage der schriftlichen Vollmacht zweifellos wirksam in das Verfahren eingeführten neuen Patentanspruchs 1 als patentfähig erweist.

1.

Die seitens des Senats von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung des Einspruchsvorbringens hat ergeben, dass der Einspruch zulässigerweise erhoben worden ist. Denn der auf die mangelnde Patentfähigkeit des Streitpatents gestützte Einspruch ist innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 1 PatG ausreichend substantiiert worden. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden.

2.

Die verteidigten Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.

Gegen die Zulässigkeit der Patentansprüche 1 bis 12 bestehen keine Bedenken, da durch die Aufnahme der Merkmalsgruppe [M10] in Anspruch 1 das Streitpatent zulässig beschränkt wurde. Hierdurch wird weder der Gegenstand noch der Schutzbereich erweitert, die Einschränkung findet ihre inhaltliche Stütze in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen.

So gründet der geltende Patentanspruch 1 auf dem erteilten Patentanspruch 1, der auf den in den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 5 und 13 angegebenen Merkmalen fußt, sowie das Zwischenelement 8 im Merkmalsblock [M5] betreffend auf der Patentschrift, Spalte 2, Zeilen 2 bis 4; die Offenbarung des maskenseitig vorgesehenen Verbindungselementes im Merkmalsblock [M10] erschließt sich in der Patentschrift aus der Beschreibung zur Figur 2 in Spalte 2, Zeilen 9 bis 11 und Zeilen 47 bis 51. Die entsprechenden Offenbarungsstellen finden sich auch in der ursprünglichen Beschreibung.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 12 entsprechen den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2 bis 4, 6 bis 12 und 14 unter angepasster Nummerierung (bei Streichung der ursprünglichen Patentansprüche 5 und 13).

Die Zulässigkeit der verteidigten Patentansprüche ist von der Einsprechenden im Übrigen nicht in Frage gestellt worden.

3. Das Streitpatent betrifft eine Beatmungsvorrichtung mit einer Maske, Atemhilfsgeräten zur Bereitstellung von Atemluft, einem Schlauch zur Verbindung der Atemhilfsgeräte mit der Maske und mindestens einer Auslassöffnung für Kohlendioxid (vgl. Patentschrift, Spalte 1, Absatz 1).

Im Folgenden ist weiter ausgeführt, dass bei bekannten Beatmungsvorrichtungen, bei denen zwischen Maske und Schlauch ein mit Schlitzen versehenes Zwischenelement zum Austritt von Kohlendioxid aus der Atemluft vorgesehen ist, laute Strömungsgeräusche entstünden und der Patient unter Umständen Zugluft ausgesetzt sei und die Einstellung eines bestimmten Strömungswiderstandes nur äußerst schwer möglich sei.

Die Aufgabe des Streitpatents ist es daher, eine verbesserte Beatmungsvorrichtung zur Verfügung zu stellen (Sp. 1, Z. 28 bis 30).

4. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 ist neu, gegenüber dem aus der Druckschrift D1 bekannten Stand der Technik, die den nächstliegenden Stand der Technik repräsentiert.

Die aus D1 bekannte Gaszuführleitung ist an eine Atemmaske anschließbar (vgl. Sp. 1, Abs. 1); über einen Schlauch mit einem Beatmungsgerät (als Atemhilfsgerät) verbunden (Sp. 2, Abs. 1) dient deren Anordnung als Beatmungsvorrichtung [M1 bis M4]. Der in der Figur gezeigte Leitungsabschnitt ist zwischen Schlauch und Atemmaske als Zwischenelement [M5] angeordnet und weist ein Gelenkstück 1 auf, das an seinem freien Ende an eine Atemmaske anschließbar ist (vgl. Sp. 1, le. Abs.) und somit als maskenseitiges Verbindungselement fungiert [M7]. Das andere Ende des Gelenkstücks ist auf einen Abschnitt 2 gesteckt; an dessen gegenüberliegendem Ende ist eine Hülse 3 aufgeschnappt, auf der als schlauchseitiges Verbindungselement [M6] der (zum Beatmungsgerät führende) Schlauch angeordnet ist (vgl. die Figur und Sp. 1, le. Abs. bis Sp. 2 Z. 4). Der Abschnitt 2 ist aus porösem Material gefertigt; seine konstruktive Gestaltung bedingt die axiale Beabstandung der beiden Verbindungselemente 1 und 3, wobei der damit gegebene nach außen freiliegende Abschnitt 2 aus porösem Material eine Auslassöffnung und zugleich ein Auslassventil mit definiertem Strömungswiderstand für Kohlendioxid enthaltende Atemluft bildet, deren Strömungsgeräusche in der Regel nicht wahrnehmbar und somit relativ gering sind (vgl. Sp. 1, Z. 32 bis 39) [M8, M9].

Insofern weisen die Beatmungsvorrichtungen gemäß Patentanspruch 1 und D1 die gemeinsamen Merkmale [M1 bis M9] auf, wie es im Zurückweisungsbeschluss auch zutreffend dargelegt wurde.

Die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 ergibt sich erst durch die in der mündlichen Verhandlung überreichte Fassung des Anspruchs 1. Die Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 ergibt sich gegenüber der D1 aus den im Merkmalsblock [M10] beanspruchten Merkmalen, gemäß derer das erste und zweite Verbindungselement 18, 26 an der maskenseitigen Seite des Auslassventils vorgesehen und bezüglich ihrer Achsen gegeneinander verkippbar sind. Diese Gestaltung ist bei dem Leitungsabschnitt (Zwischenstück) aus D1 nicht vorgesehen, denn gemäß der Zeichnung mit zugehöriger Beschreibung befindet sich die Hülse 3 als erstes Verbindungselement an der Schlauchseite und das Gelenkstück 1 an der Maskenseite des Auslassventils 2.

Der Sichtweise der Einsprechenden, der folgend das Gelenkstück 1 bezogen auf eine gedachte, durch seine ein Gelenk bildende Ausbauchung zu legende Trennlinie in drei Teilbereiche zu teilen wäre, womit den durch die Ausbauchung beabstandeten Bereichen die Funktion eines ersten und zweiten Verbindungselementes zukäme, die bedingt durch das gummielastische Material des Gelenkstücks 1 gegeneinander auch "verkippbar" wären, womit sodann die Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nicht gegeben sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Das Gelenkstück 1 des Gelenkabschnittes in D1 besteht eindeutig aus einem einzigen Teil (aus gummielastischen Material), drei Teile, wie sie die Einsprechende in das Gelenkstück 1 hineinzuinterpretieren versucht, sind damit nicht vorhanden. Bei dem Zwischenelement 8 gemäß dem Patent hingegen sind vielmehr ein erstes Verbindungselement 18 und zweites Verbindungselement 26 (vgl. Sp. 2, Z. 10/11 sowie Z. 49 bis 51) und somit zwei separate Teile vorgesehen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber der Beatmungsvorrichtung aus D1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmannes, der im vorliegenden Falle als ein mit der Entwicklung von Beatmungsvorrichtungen befasster berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Medizintechnik zu definieren ist.

Ein Hinweis, von der in Bezug auf das Auslassventil maskenseitig und schlauchseitig getrennten Anordnung der beiden Verbindungselemente abzugehen und beide maskenseitig gemäß dem Merkmal [M10] anzuordnen, ist D1 an keiner Stelle entnehmbar. Ebenso wenig ist der D1 eine Anregung zu entnehmen, die maskenseitig befindlichen Verbindungselemente bezüglich ihrer Achsen gegeneinander verkippbar zu gestalten, wie es im Merkmal [M10] auch beansprucht ist. Das gummielastische Gelenkstück 1 in D1 ist in seinem ausgebauchten Bereich lediglich verbiegbar, beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 hingegen gewährleisten die beiden gegeneinander verkippbaren Verbindungselemente einen für die Handhabung der Beatmungsvorrichtung vorteilhaften, leicht zu reinigenden Schnellverschluss der Maske mit dem Schlauch (vgl. Patentschrift, Sp. 1 Z. 40 und Sp. 2, Z. 47 bis 52). Ein damit realisierter Schnellverschluss ist bei der Beatmungsvorrichtung aus D1 nicht gewährleistet.

Die weiteren eingangs genannten Druckschriften gehen, wie der Senat im Einzelnen überprüft hat, über den Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung D1 nicht hinaus. Sie haben dementsprechend in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt.

Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 12 (gemäß Hauptantrag vom Juni 2000) betreffen weitere Ausgestaltungen der Beatmungsvorrichtung nach Patentanspruch 1 und haben mit diesem Bestand.

Dr. Winterfeldt Baumgärtner Bernhart Dr. Müller Pü






BPatG:
Beschluss v. 10.03.2009
Az: 21 W (pat) 5/05


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