Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. November 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 84/05
(BPatG: Beschluss v. 02.11.2006, Az.: 25 W (pat) 84/05)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung AktienPowerist am 20. April 2004 für die Waren und Dienstleistungen
"Ausbildung, insbesondere Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Weiterbildungsveranstaltungen sowie Vortragsreihen, soweit in Klasse 41 enthalten; Entwicklung und Vertrieb von Computersoftware, Lehr- und Unterrichtsmaterial zur Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, insbesondere der Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen, soweit in Klasse 42 und 16 enthalten"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach telefonischer Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses erhielt es folgende Fassung:
"Lehr- und Unterrichtsmaterial zur Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, insbesondere der Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen, soweit in Klasse 16 enthalten; Ausbildung, insbesondere Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Weiterbildungsveranstaltungen sowie Vortragsreihen, soweit in Klasse 41 enthalten; Entwicklung von Computersoftware zur Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, insbesondere der Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen, soweit in Klasse 42 enthalten".
Nach Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG wurde die Anmeldung mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Oktober 2004 und vom 20. Januar 2005, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.
Der angemeldeten Marke komme in ihrer Gesamtheit die Bedeutung einer waren- und dienstleistungsbeschreibenden Sachangabe zu. Da die Registerlage entscheidend sei, komme es nicht darauf an, was der Anmelder in seinen Seminaren bisher vermittelt habe. Der Begriff "power" sei in seiner Bedeutung "Leistung, Kraft, Stärke" in den deutschen Sprachschatz eingegangen, so dass der Verkehr der angemeldeten Bezeichnung lediglich die beschreibende Sachaussage entnehmen werde, inhaltlicher und thematischer Gegenstand der beanspruchten Waren/Dienstleistungen sei die "Kraft, Stärke und Macht der Aktien". So könnten sich Ausbildungsveranstaltungen inhaltlich mit diesem Thema befassen. Lehr- und Unterrichtsmittel der Klasse 16 könnten ergänzende Informationen zur Thematik liefern. Schließlich könnten Gegenstand der Entwicklungsdienste in Klasse 42 eine sich mit dieser Thematik befassende Software sein. Hinzu komme, dass dem hier angesprochenen Verkehr zumindest im Finanzbereich diverse Angebote bekannt seien, die mit dem Wort "Aktienpower" allgemein auf die finanzielle Leistungsfähigkeit und Stärke von Aktienfonds hinwiesen. Es ergebe sich somit eine sinnvolle Sachaussage, die sich ohne analysierende Betrachtungsweise erschließe und nicht unterscheidungskräftig sei. Dass die Aussage breit gehalten und damit etwas unscharf sei, stehe der Feststellung mangelnder Unterscheidungskraft nicht entgegen. Soweit der Anmelder auf eine Geschäftsbezeichnung verweise, könne er hieraus keinen Anspruch auf Eintragung der gegenständlichen Marke herbeiführen. Eine firmenrechtlich zu bejahende Unterscheidungskraft spreche nämlich nicht ohne weiteres für eine markenrechtliche Unterscheidungskraft. Der Eintragung stehe außerdem § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die sprachüblich gebildete Wortkombination weise lediglich darauf hin, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sich inhaltlich und thematisch mit der Kraft, Stärke und Macht der Aktien befassten. Zwar könne eine gegenwärtige beschreibende Verwendung durch Mitbewerber des Anmelders für einschlägige Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden, jedoch sei nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG lediglich Voraussetzung, dass die fragliche Bezeichnung zur Beschreibung dienen könne, was auch bei einer erstmaligen Verwendung der Fall sein könne. Es komme nicht darauf an, wer die Bezeichnung erfunden habe. Ebenso wenig beseitigten alternative Bezeichnungsmöglichkeiten das Schutzhindernis. Der Erinnerungsprüfer wies noch ergänzend darauf hin, dass auch die graphische Ausgestaltung nicht schutzbegründend sei, da es sich bei der Schreibweise mit jeweils großem Anfangsbuchstaben um ein werbeübliches Gestaltungselement handele.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der keinen Antrag gestellt hat.
Der angemeldeten Marke fehle nicht jegliche Unterscheidungskraft. Vorliegend sei entscheidend, dass die Firma A... GmbH keine Aktien, Fonds oder sons- tige Wertpapieranlagen verkaufe, vertreibe oder auch nur bewerbe oder empfehle. Sie sei kein Investmenthaus oder Finanzierungsdienstleistungsunternehmen. Die Firma A... veranstalte Seminare, Vortragsreihen und Weiterbildungsse- minare, in denen allgemeines Börsenwissen vermittelt werde. Aktien seien hierbei nur ein Randthema. Dem Seminarteilnehmer werde lediglich das "Lesen" von Charts, der Handel über CFD's und der Umgang mit Brokerhäusern beigebracht. Ein Handel mit Aktien, Aktienfonds oder anderen Geldanlagen sei gerade nicht Inhalt der Seminare. Die vom Antragsteller angebotenen Dienstleistungen erschlössen sich den beteiligten Verkehrskreisen nicht unmittelbar. Kein Verbraucher schließe von der Bezeichnung "AktienPower" auf Seminare oder deren Inhalt, wie sie vom Antragsteller angeboten würden, sondern auf Vermittlung von Finanzdienstleistungen. Es bestehe kein unmittelbarer Bezug zur fraglichen Dienstleistung, denn im Verzeichnis stehe gerade nicht "Vermittlung von Aktien, Aktienhandel, Aktienfonds oder anderen Geldanlagen". Außerdem stehe der Eintragung auch nicht § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Dem Wort komme bei schlagwortartiger Verwendung keine nähere Sinnbedeutung zu. Der Verkehr sei auf dieses Wort nicht angewiesen. Es handele sich nicht um eine unmittelbare Merkmalsbeschreibung. Mitbewerber, die durch das angemeldete Zeichen behindert würden, gäbe es nicht. Außerdem könnte ein möglicher Konflikt über § 23 Abs. 2 und § 14 MarkenG gelöst werden.
II.
Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus den von der Markenstelle bereits ausgeführten Gründen zumindest ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren/Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren/Dienstleistungen abzustellen ist.
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).
Der angemeldeten Marke "AktienPower" fehlt jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), da der Verkehr in der Bezeichnung eine bloße Sachbezeichnung sieht, nämlich, dass Thema, Inhalt und Gegenstand der angemeldeten Waren und Dienstleistungen die "die Power der Aktien" ist.
Das englische Wort "Power" ist in den deutschen Sprachschatz eingegangen und wird synonym u. a. zu "Stärke, Wucht, Dynamik, Leistungskraft, Schwung" verwendet (Duden, Das Synonymwörterbuch, 3. Aufl. S. 678). Die Wortkombination "AktienPower" ist sprachüblich gebildet (vgl. Frauenpower) und ein schlagwortartiger Hinweis auf die Stärke, Leistungskraft und Dynamik von Aktien.
Die beanspruchten Dienstleistungen "Ausbildung, insbesondere Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Weiterbildungsveranstaltungen sowie Vortragsreihen, soweit in Klasse 41 enthalten" können die "AktienPower" zum Thema haben.
Die beanspruchten Waren "Lehr- und Unterrichtsmaterial zur Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, insbesondere der Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen, soweit in Klasse 16 enthalten" können dieses Thema ebenfalls zum Inhalt haben, zumal sie der Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen dienen sollen, bei denen es um dieses Thema gehen kann.
Die beanspruchte Dienstleistung "Entwicklung von Computersoftware zur Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, insbesondere der Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen, soweit in Klasse 42 enthalten" kann als Gegenstand und Thema ebenfalls die "AktienPower" haben, da sich die Computersoftware damit befassen kann.
Der Anmelder hat nach einer Telefonnotiz auf den "Vertrieb von Computersoftware, Lehr- und Unterrichtsmaterial zur Unterstützung, Vertiefung und praktischen Umsetzung der Inhalte der Ausbildungsreihen, insbesondere der Seminare, Weiterbildungsveranstaltungen und Vortragsreihen", welcher im ursprünglichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis noch enthaltenen war, "verzichtet". Konkludent wurde dies dadurch bestätigt, dass sowohl der Erstprüferbeschluss als auch der Erinnerungsbeschluss von dem geklärten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis ausgegangen sind, und der Anmelder dem im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nicht entgegen getreten ist. Selbst wenn man jedoch die Streichung der Wörter "und Vertrieb" als nicht wirksam ansehen sollte, da bei lediglich telefonischer Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses die Formvorschriften nicht beachtet worden sind (§ 65 Abs. 1 Nr. 8 MarkenG i. V. m. § 1 Abs. 1 MarkenV und §§ 9-12 DPMAV), ändert dies nichts an der vollen Zurückweisung der angemeldeten Marke, da die angemeldete Bezeichnung auch insoweit nur eine Themen- und Inhaltsangabe darstellt.
Wenn der Anmelder darauf hinweist, dass der Themeninhalt seiner Seminare und seine Waren der Klasse 16 mit der angemeldeten Bezeichnung nicht beschrieben würden, weil es dabei nur am Rande um Aktien gehe, weil dem Seminarteilnehmer lediglich das "Lesen" von Charts, der Handel über CFD's und der Umgang mit Brokerhäusern beigebracht werde, ein Handel mit Aktien, Aktienfonds oder anderen Geldanlagen aber gerade nicht Inhalt der Seminare sei, lässt er unberücksichtigt, dass die Anmeldung nicht nur die von ihm bisher konkret angebotenen Seminare und Waren umfasst. Das angemeldete Verzeichnis enthält auch solche Waren und Dienstleistungen, welche die "AktienPower" zum Hauptthema haben können. Abgesehen davon sieht der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung selbst dann nur eine schlagwortartige Inhaltsangabe, wenn in den Seminaren und Materialien nur allgemeines Börsenwissen vermittelt wird. Um die "AktienPower" zu verstehen, ist auch allgemeines Börsenwissen (sozusagen als Grundlage) von Vorteil. Darüber hinaus würde der Verkehr eine Themenangabe auch dann nur als Sachangabe verstehen, wenn die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dieses Thema gar nicht behandeln. Eine unzutreffende Themenangabe wird vom Verkehr auch nur als Sachangabe aufgefasst. Es besteht dann zwar die Gefahr, dass er sich über die Inhaltsangabe getäuscht sieht, wenn das Gebotene dem nicht entspricht. Als Marke wird er die (unter Umständen unzutreffende) Sachangabe aber trotzdem nicht auffassen.
Entgegen der Ansicht des Anmelders ist zur Verneinung der Unterscheidungskraft nicht erforderlich, dass man aus der Bezeichnung bereits die Ware oder Dienstleistung erkennt, um die es geht, vielmehr ist entscheidend, wie der Verkehr die Bezeichnung in Verbindung mit der jeweiligen Ware oder Dienstleistung versteht. Die Unterscheidungskraft fehlt nämlich nicht nur reinen Gattungsbezeichnungen, sondern auch anderen beschreibenden Angaben oder Angaben über Inhalt oder Gegenstand der Waren und Dienstleistungen. Auch relativ allgemeine Angaben können von Fall zu Fall als verbraucherorientierte Sachinformation zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sich - wie hier - auf allgemeine Sachverhalte beziehen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 58).
Unerheblich ist auch, ob der Anmelder (oder die "A... GmbH", die aber nicht Anmelder ist) den Begriff "AktienPower" in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen als Erster verwendet hat. Selbst wenn es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Wortneuschöpfung handeln würde, könnte daraus noch keine Schutzfähigkeit hergeleitet werden, da sie sprachüblich gebildet ist und sich in einer Sachaussage erschöpft und deshalb vom Verkehr nicht als Marke verstanden wird. Dass es noch andere Möglichkeiten gibt, etwas auszudrücken, ändert nichts am Verständnis des Verkehrs, dass es sich bei dem Ausdruck um einen bloßen Sachhinweis handelt (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 - Postkantoor - Nr. 101).
Die graphische Gestaltung beschränkt sich in einer Zusammenschreibung mit Binnengroßschreibung. Eine solche Gestaltung ist üblich und kann keine Unterscheidungskraft begründen, was bereits der Erinnerungsprüfer zutreffend ausgeführt hat.
Der Zurückweisungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann dahingestellt bleiben, denn selbst wenn man davon ausginge, dass das angemeldete Zeichen nicht für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbare Beschreibung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, fehlt ihm aus den dargestellten Gründen zumindest jegliche Unterscheidungskraft.
BPatG:
Beschluss v. 02.11.2006
Az: 25 W (pat) 84/05
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4394adcbaa1a/BPatG_Beschluss_vom_2-November-2006_Az_25-W-pat-84-05