Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. März 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 97/00
(BPatG: Beschluss v. 28.03.2001, Az.: 28 W (pat) 97/00)
Tenor
Die Beschwerde des Markeninhabers wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beschluß der Markenstelle vom 7. Dezember 1999 hinsichtlich der Teillöschung wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 042 498 gegenstandslos ist.
Gründe
I.
Gegen die am 12. August 1996 für die Waren
"Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren; Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten"
eingetragene Wortmarke 396 01 794 D I S T E L ist ursprünglich - jeweils beschränkt auf bestimmte Waren der angegriffenen Marke - Widerspruch erhoben worden aus den prioritätsälteren Wortmarken "DIESEL":
1. IR 608 499, die unter anderem Schutz genießt für 14: Horlogerie, bijouterie, joaillerie;
18: Cuir et imitations du cuir, produits en ces matières non compris dans d'autres classes; malles et valises;
2. 2 042 498, eingetragen für Waren der Klassen 3 und 14 sowie 3. 396 03 785, eingetragen unter anderem für Turn- und Sportgeräte; Ski-, Tennis-, Angelsportgeräte; Angelhaken, Kescher; Fechtsportwaffen; Sportbögen; Futterale für Golf- und Tennisschläger; Skisäcke, Kricket- und Golfsäcke; Netze als Sportartikel; Schwimmflossen; Spielbälle; Hanteln, Stoßkugeln, Disken, Wurfspeere; Tennis-, Kricket-, Golf- und Hockeyschläger; Saiten für Tennisschläger; Roll- und Schlittschuhe; Tischtennistische.
Die Markenstelle hat antragsgemäß die vollständige Löschung der jüngeren Marke angeordnet, und zwar:
1. wegen des Widerspruchs zu 1 hinsichtlich der Waren:
"Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren; Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer";
2. wegen des Widerspruchs zu 2 hinsichtlich der Waren:
"Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren";
3. wegen des Widerspruchs zu 3 hinsichtlich der Waren;
"Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten".
Ihre Entscheidung begründet die Markenstelle vor dem Hintergrund identischer Waren mit den geringen klanglichen Unterschieden der Vergleichszeichen bei Annahme einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
Gegen die Entscheidung der Markenstelle richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Zur Begründung trägt er vor, die Gesamtklangbilder der Marken seien hinreichend verschieden (klangmarkante Buchstabenfolge "ST" bei der angegriffenen Marke, langes "I" bei der Widerspruchsmarke), zudem wirkten die unterschiedlichen Sinngehalte einer klanglichen wie schriftbildlichen Verwechslungsgefahr entgegen.
Die Widersprechende, die nach Zustellung des Beschlusses der Markenstelle ihren Widerspruch aus der Marke 2 042 498 zurückgenommen hat, beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt aus, die geringen klanglichen Unterschiede könnten eine Verwechslungsgefahr ebensowenig ausschließen wie die Sinngehalte der Marken, die keinen Bezug zu den Waren hätten und wegen der klanglichen Nähe der Marken nicht zur Geltung kämen. Bei "DIESEL" handele es sich zudem um eine für Bekleidung überragend bekannte Marke, was auch auf andere Warengebiete abfärbe.
Der Markeninhaber ist seiner schriftsätzlichen Ankündigung folgend im Termin nicht erschienen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist im Ergebnis unbegründet. Auch nach Auffassung des Senats besteht Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken IR 608 499 und 396 03 785, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen. Danach stehen sich bezüglich des Widerspruchs aus der IR-Marke 608 499, der sich nur gegen die Waren des Markeninhabers: "Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren; Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer" richtet, offensichtlich identische Warenoberbegriffe gegenüber. Warenidentität ist auch für den weiteren Widerspruch aus der Marke 396 03 785 anzunehmen, der beschränkt auf die Waren: "Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten" eingelegt wurde.
Demnach sind an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand strenge Anforderungen zu stellen, denen sie selbst vor dem Hintergrund einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Ergebnis nicht mehr gerecht wird. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die von der Widersprechenden vorgetragene und vom Markeninhaber nicht bestrittene überragende Bekanntheit der Marke "DIESEL" für Bekleidung der Warenklasse 25 nach Meinung der Widersprechenden beispielsweise auf die Lederwaren abfärbt oder nicht.
Die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken in klanglicher Hinsicht sind so weitreichend, daß angesichts der Warensituation eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Gegenüber dem übereinstimmenden zweisilbigen Aufbau der Marken, dem identischen Wortanfang und -ende verbleibt als Unterscheidungsmerkmal lediglich der in der Buchstabenverbindung "ST" gegenüber "S" wenig signifikante zusätzliche Konsonant "T", zumal die Unterschiede bei der grammatikalisch exakten lautlichen Wiedergabe zwischen einem langen "IE" und einem normalen "I" vom flüchtigen Verkehr regelmäßig kaum beachtet werden. Der vom Markeninhaber vorgetragene abweichende Begriffsgehalt der Markenwörter ist ebenfalls nicht in der Lage, die gegenüber den Unterschieden bei weitem dominanten Gemeinsamkeiten zu kompensieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß sich die Verkehrsauffassung anhand eines meist undeutlichen Erinnerungsbildes formt und ein direkter Vergleich der Marken miteinander nicht möglich ist.
Die Beschwerde des Markeninhabers hatte somit im Ergebnis keinen Erfolg. Die Abänderung des Beschlusses der Markenstelle beruht auf der Rücknahme des Widerspruchs zu 2 und erfolgt lediglich der Klarstellung halber.
Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) war nicht veranlaßt.
Stoppel Grabrucker Martens Mü/Bb
BPatG:
Beschluss v. 28.03.2001
Az: 28 W (pat) 97/00
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