Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Januar 2002
Aktenzeichen: 25 W (pat) 58/01

(BPatG: Beschluss v. 03.01.2002, Az.: 25 W (pat) 58/01)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Dezember 1999 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat am 21. Juni 1998 die Bezeichnung GENE für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen ua "Magnetaufzeichnungsträger, Druckereierzeugnisse; wissenschaftliche und industrielle Forschung; gutachterliche Tätigkeit; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts für Klasse 42 hat nach Beanstandung durch Beschluss vom 2. Dezember 1999 die Anmeldung teilweise für die og Waren und Dienstleistungen wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Bei dem angemeldeten Begriff handele es sich in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen um eine unmittelbar beschreibende und in hohem Maße freihaltebedürftige Sachaussage. Hinsichtlich der Dienstleistungen "wissenschaftliche und industrielle Forschung, gutachterliche Tätigkeit" weise "Gene" auf den Gegenstand der Forschung (Gen-Forschung) und in Verbindung mit den Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Druckereierzeugnisse" bzw der Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" auf den Inhalt oder die Art, nämlich Informationen zum Thema "Gene" bzw Programme zur Entschlüsselung von Genen hin.

Die Anmelderin hat gegen die Teilzurückweisung der Anmeldung Beschwerde erhoben und das gesamte Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen durch Aufnahme eines Ausnahmevermerks "sämtliche Waren und Dienstleistungen ausgenommen im Bereich der Genforschung und Gentechnik" beschränkt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin - noch vor Aufnahme des Ausnahmevermerks in das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen - ausgeführt, dass die Bezeichnung "GENE" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die gerade nicht auf dem biochemischen Sektor lägen, keine der in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG genannten Merkmalsangaben darstelle und es auch nicht der Verkehrsanschauung entspreche, dass jede Bezeichnung für eine Ware wie z.B. einen Datenträger oder eine Druckschrift zugleich auch den Inhalt wiedergebe. In ähnlicher Weise seien die Dienstleistungen "wissenschaftliche und industrielle Forschung; gutachterliche Tätigkeit" zu beurteilen, deren Zielrichtung sich unbegrenzt auf alle möglichen Forschungsgebiete bzw Inhalte erstrecken könne, ohne dass diese zugleich als Bestimmungsangabe für die Dienstleistung selbst gesehen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "CHIP" nach dem im Beschwerdeverfahren für die Waren und Dienstleistungen "Magnetaufzeichnungsträger, Druckereierzeugnisse; wissenschaftliche und industrielle Forschung; gutachterliche Tätigkeit; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" aufgenommenen Ausnahmevermerk keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG mehr entgegen.

Auch der Senat neigt allerdings zu der Auffassung der Markenstelle, dass die angemeldete Bezeichnung "GENE" unter Berücksichtigung der nicht eingeschränkten Fassung des Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen wegen des möglichen Bezugs auf die Art bzw den Inhalt/Gegenstand der zurückgewiesen Waren und Dienstleistungen eine ausschließlich beschreibende und freihaltebedürftige Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, die zudem aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ausschließlich als Sachhinweis verstanden wird und deshalb keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG aufweist.

Insoweit war zunächst zu berücksichtigen, dass wegen der weiten, unbeschränkten Oberbegriffe im ursprünglich beanspruchten Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen für die Beurteilung bestehender Schutzhindernisse hinsichtlich der angemeldeten Bezeichnung "GENE" keine andere Bewertung gerechtfertigt ist, als dies für speziell auf die Gentechnik gerichtete Waren und/oder Dienstleistungen der Fall wäre. Denn bei einem Waren- und/oder Dienstleistungsverzeichnis, welches wie vorliegend wegen der weiten Oberbegriffe eine Vielzahl einzelner Produkte und/oder Dienstleistungen umfasst, ist das angemeldete Zeichen bereits von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich auch nur für eine spezielle unter den eingetragenen Oberbegriff fallende Ware und/oder Dienstleistung in Bezug auf eine der möglichen Waren und/oder Dienstleistungen ein Eintragungshindernis ergibt (vgl BGH Beschluss vom 5. Juli 2001 - I ZB 8/99. - AC - unter Hinweis auf BGH GRUR 1997, 634, 635 - Turbo II - zum Löschungsverfahren).

Andererseits trifft es zu, dass die Bezeichnung "GENE" - wie die Anmelderin zutreffend ausgeführt hat - nicht die Art der zurückgewiesenen Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Druckereierzeugnisse" und/oder der Dienstleistungen "industrielle Forschung, gutachterliche Tätigkeit; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" selbst unmittelbar beschreibt, sondern den möglichen Inhalt/Gegenstand der Waren und/oder Dienstleistungen bzw den Anwendungsbereich oder das Endprodukt selbst. Dies hat aber der Bundesgerichtshof für die Annahme von Schutzhindernissen nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG als ausreichend erachtet. Er hat hierzu in der Entscheidung "REICH UND SCHOEN" (MarkenR 2001, 2001, 363, 365) ausgeführt, dass sich diese Wortfolge für die Dienstleistungen "Fernsehunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Film- und Fernsehproduktion; Videofilmproduktion" auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabes auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Werke beschränke, die Gegenstand dieser Dienstleistungen seien und der Verkehr den titelartig zusammengefassten Aussageinhalt wegen der Nähe dieser Dienstleistungen zum Werktitel und des mit ihm bezeichneten Inhalts der Produktionen unmittelbar und ohne weitere Überlegungen auf die betreffenden Dienstleistungen selbst beziehen werde, für die die Eintragung erfolgen soll. Ebenso hat der Bundesgerichtshof zu der Wortfolge "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" darauf abgestellt, dass sich diese für die Waren und Dienstleistungen "Tonträger, Bücher, Magazine, Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Fernsehunterhaltung und Filmproduktion" auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Werke beschränke (MarkenR 2001, 368, 370 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten) und deshalb die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG angenommen.

Letztlich kann diese Frage jedoch dahin gestellt bleiben, da die Anmelderin das gesamte Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen durch Aufnahme eines Ausnahmevermerks "sämtliche Waren und Dienstleistungen ausgenommen im Bereich der Genforschung und Gentechnik" beschränkt hat. Danach können auch unter Berücksichtigung der aufgezeigten Bedenken keine konkreten Anhaltspunkte für bestehende absolute Schutzhindernisse mehr festgestellt werden. Denn jedenfalls in Bezug auf die danach verbliebenen Waren und Dienstleistungen stellt die Bezeichnung "GENE" weder eine beschreibende, freihaltebedürftige Merkmalsangabe noch eine sonstige im Vordergrund stehende sachbezogene Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar. Das Wort "GENE" weist vielmehr in Bezug auf die danach noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen beschreibenden Bezug mehr auf.

Auch handelt es sich nicht um eine sonstige gebräuchliche Bezeichnung, die stets nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungskennzeichen verstanden wird (vgl hierzu z.B. BGH MarkenR 2001, 209, 210 - Test it; MarkenR 2001, 408, 409 - INDIVIDUELLE), so dass auch keine Gründe ersichtlich sind, der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abzusprechen. Diese weist vielmehr die konkrete Eignung auf, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die nunmehr noch der Anmeldung zugrundeliegenden Waren und Dienstleistungen gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, zumal es zur Begründung von Unterscheidungskraft auch keines weiteren Phantasieüberschusses, sonstiger besonderer Auffälligkeiten oder Besonderheiten der Markenbildung bedarf (vgl auch zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV: EuG MarkenR 2001, 181, 184 Tz 39 und Tz 40 - EASYBANK; MarkenR 2001, 415, 417 Tz 41 - New Born Baby) und bei der Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen ist.

Nach Auffassung des Senats besteht auch kein Grund, der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG wegen Täuschungsgefahr deshalb zu versagen, weil sich die angegriffene Marke für die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen in jedem denkbaren Fall als eine unrichtige Angabe mit wettbewerbsrechtlicher Relevanz erweisen könnte (vgl zu dieser Voraussetzung im einzelnen Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 230 und Rdn 233). Denn der Verkehr wird außerhalb des ausgeschlossenen Anwendungsbereichs der angemeldeten Bezeichnung keinen sachbezogenen Aussagegehalt zuordnen und unterliegt deshalb bereits keiner Irreführung (vgl hierzu auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 235).

Auf die Beschwerde der Anmelderin war deshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben.

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BPatG:
Beschluss v. 03.01.2002
Az: 25 W (pat) 58/01


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