Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Februar 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 8/05

(BPatG: Beschluss v. 01.02.2006, Az.: 28 W (pat) 8/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23 September 2002 und vom 6. Dezember 2004 aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist.

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Wort ALLTREK wurde am 29. Juni 2000 angemeldet und am 16. Oktober 2000 in das Register eingetragen. Das inzwischen beschränkte Warenverzeichnis umfasst u. a. die Waren der Klasse 12 "Personenkraftwagen und deren konstruktionsgebundenen Teile".

Gegen diese Eintragung ist Teil-Widerspruch eingelegt worden aus der deutschen Marke 2 092 896 TREK die am 15. März 1995 in das Register eingetragen worden ist für die folgenden Waren:

"Fahrräder; Fahrradrahmen, Fahrradsättel und Reifen sowie Schläuche für Fahrräder; Wasserflaschen und Wasserflaschenträger für Fahrräder; Fahrradgepäckträger; an Kraftfahrzeugen montierbare Fahrradträger; Werkzeug und Schlauchreparaturkästen für Fahrräder; Fahrradständer, Fahrradgepäcktaschen, akustische Warneinrichtungen und Beleuchtungssysteme für Fahrräder, Schutzbleche für Fahrräder; Fahrradcomputer; Fahrradschutzhelme."

Anfänglich war dieser Widerspruch gegen folgende Teile des ursprünglichen Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke gerichtet: "(9) elektrische Apparate und Instrumente; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; (12) Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft, zu Wasser und auf Schienen sowie deren Teile."

Mit Beschluss vom 23. September 2002 hat die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts, vertreten durch einen Beamten des gehobenen Dienstes, die antragsgemäße Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Dagegen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Erinnerung eingelegt und das Warenverzeichnis beschränkt. U. a. wurden die Waren der Klasse 12 beschränkt auf "Personenkraftwagen und deren konstruktionsgebundenen Teile". Daraufhin hat die Widersprechende ihren Widerspruch auf diese Waren beschränkt.

Mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 hat die Markenstelle, vertreten durch einen Beamten des höheren Dienstes, die bis dahin angeordnete Teillöschung der angegriffenen Marke für diejenigen Waren aufgehoben, für die das Warenverzeichnis im Erinnerungsverfahren beschränkt und für die der Widerspruch nicht weiter aufrechterhalten worden war. Insoweit der Widerspruch gegenüber den Waren der Klasse 12 "Personenkraftwagen und deren konstruktionsgebundenen Teile" aufrechterhalten worden war, wurde die Erinnerung antragsgemäß zurückgewiesen.

Ihre Entscheidung, die angegriffene Marke jeweils im Umfang der Anträge der Widersprechenden zu löschen, hat die Markenstelle wie folgt begründet: Jedenfalls die "Personenkraftwagen" der angegriffenen Marke seien den "Fahrrädern" der Widerspruchsmarke entfernt ähnlich. Die Widerspruchsmarke habe eine hohe Kennzeichnungskraft. Für diese Beurteilung hat sich die Markenstelle u. a. auf die Gründe des Berufungsurteils des Oberlandesgerichts München vom 17. April 1997 gestützt. Bei dieser Ausgangslage könnten die Marken gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gedanklich mit einander in Verbindung gebracht werden und deswegen bestünde Verwechslungsgefahr. Zwar könnten beide Markenwörter ohne weiteres von einander unterschieden werden. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten jedoch in der angegriffenen Marke eine mit dem Stammwort "Trek" gebildete Serienmarke der Widersprechenden sehen.

Mit ihrer Beschwerde betreibt die Inhaberin der angegriffenen Marke die Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse und die Zurückweisung des Teilwiderspruchs. Sie meint, dass zwischen den Vergleichsmarken keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr bestehe. In der mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 2006 hat sie die Auffassung vertreten, dass die Widerspruchsmarke allenfalls einen durchschnittlichen Schutzumfang habe, den Sachvortrag der Widersprechenden zum Schutzumfang ihrer Marke hat die Inhaberin der angegriffenen Marke in dieser Verhandlung mit Nichtwissen bestritten.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. September 2002 und vom 6. Dezember 2004 aufzuheben, insoweit darin die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den Widerspruch aus der Marke 2 092 896 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

Sie meint, jedenfalls zwischen den Personenkraftwagen der angegriffenen Marke und den Fahrrädern der Widerspruchsmarke bestünde eine enge Warenähnlichkeit, weil inzwischen einige namhafte europäische Automobilhersteller dazu übergegangen seien, neben ihren Kraftfahrzeugen auch Fahrräder herzustellen und über dieselben Vertriebswege anzubieten wie ihre Personenkraftwagen. Außerdem seien z. B. der VW-Konzern und der Autohersteller SAAB dazu übergegangen Fahrradteams bestimmter Fahrradhersteller bei deren Teilnahme an nationalen und internationalen Wettbewerben zu sponsern.

Weiter meint die Widersprechende, dass zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe, weil beide Marken gedanklich mit einander in Verbindung gebracht werden könnten. Die Widersprechende vertritt die Auffassung, dass ihre Marke einen erweiterten Schutzumfang genießt, und hat dazu wie folgt vorgetragen: Sie sei der drittgrößte Fahrradanbieter in Deutschland. Unter dem Zeichen "TREK", das identisch sei mit ihrer Firmenbezeichnung, habe die Widersprechende in der Bundesrepublik Deutschland seit Beginn der 90er Jahre die folgenden Umsätze erzielt:

...

Für weitere Einzelheiten hat die Widersprechende die gerichtlichen Feststellungen in den Gründen des Urteils des Oberlandesgerichts München ...

zum Gegenstand ihres Sachvortrages gemacht. Für den Inhalt dieses Urteils wird in vollem Unfang Bezug genommen auf Bl. 19 bis 34 der patentamtlichen Registerakte. Außerdem hat die Widersprechende vorgetragen, dass ihre Produkte bundesweit in mehr als ... aller Fahrradgeschäfte präsent seien. Für diese Produkte würden erhebliche Werbeaufwendungen getätigt, im einzelnen:

...

Die Bekanntheit der Widerspruchsmarke habe sich insbesondere nach dem mehrfachen Sieg des bekanntesten Werksfahrers der Widersprechenden, Herrn A..., bei der Tour de France 1999, 2000 und 2001 weiter erhöht.

Bei Berücksichtigung dieser Umstände bestünde die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der angegriffenen Marke eine Serienmarke der Widersprechenden sehen würden, die sich aus der Widerspruchsmarke "TREK" und dem zusätzlichen Wort "All-" zusammensetze.

Die Widersprechende hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich. Denn die angegriffene Marke "ALLTREK" kommt der Widerspruchsmarke "TREK" nicht i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verwechselbar nahe.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verlangt eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken und eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., u. a. BGH GRUR 2002, 542, 543; BGH GRUR 2000, 608, 610 ARD-1).

Vorliegend richtet sich der Widerspruch nur noch insoweit gegen die angegriffene Marke, als diese für "Personenkraftwagen und deren konstruktionsgebundenen Teile" der Klasse 12 in das Register eingetragen ist. Von diesen Waren sind die "Personenkraftwagen" den "Fahrrädern" aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke entfernt ähnlich. Personenkraftwagen und Fahrräder sind allerdings zwei grundsätzlich verschiedene Fahrzeugtypen. Konstruktion, wesentliche Grundstoffe, Herstellungsstätten und Vertriebswege sind ganz andere. Überschneidungen in den Einsatzzwecken sind die Ausnahme und nur möglich, wenn es um die Überwindung kurzer Strecken geht. Soweit in letzter Zeit einige bekannte Autohersteller wie die Inhaberin der angegriffenen Marke, BMW, Mercedes und Porsche dazu übergegangen sind, unter ihrem Firmennamen exklusive sportliche Fahrräder über dieselben Vertriebswege wie ihre Personenkraftwagen anzubieten, werden die angesprochenen Verkehrskreise - i. d. R. zutreffend - davon ausgehen, dass es sich bei diesen Rädern um zugekaufte Artikel handelt, die lediglich unter einer bekannten Auto-Marke unter deren Produktverantwortung vertrieben werden. Dieses neuere Marktverhalten mag die Annahme einer entfernten Ähnlichkeit zwischen Personenkraftwagen und Fahrrädern rechtfertigen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Auflage, 2005, S. 88). Dagegen kann der Senat nicht der Argumentation der Widersprechenden folgen, die aus denselben Gründen, aus denen der Senat auf eine nur entfernte Warenähnlichkeit geschlossen hat, auf eine neue, enge Warenähnlichkeit zwischen Personenkraftwagen und Fahrrädern schließt. In ihren Überlegungen vernachlässigt die Widersprechende, dass die wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Warengruppen fortbestehen, wie z. B. die Herstellungsstätten, die regelmäßig getrennten Vertriebswege und die ganz überwiegend unterschiedlichen Einsatzzwecke. Wenn es bei dieser Ausgangslage nur in einem kleinen Ausschnitt des ohnehin kleinen Marktsegments hochpreisiger Fahrräder zu einer Vereinheitlichung des letzten Abschnitts der Vertriebswege kommt, kann das nicht zu einer grundsätzlichen Veränderung des Ähnlichkeitsverhältnisses zwischen beiden Warengruppen führen. Auch den Gedanken der Widersprechenden, die Fälle, in denen Autohersteller die Wettkampfteams von Fahrradherstellern sponsern, sei ein weiterer Grund für die Annäherung zwischen den Waren "Fahrräder" und "Personenkraftwagen", hält der Senat nicht für stichhaltig. Die hier angesprochene Form des Sponsoring ist ein Kooperation zwischen verschiedenen Unternehmen zu Zwecken des Marketings. Dabei legen die beteiligten Unternehmen Wert darauf, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Identität der beteiligten Unternehmen und der von ihnen angebotenen Waren rasch und klar erkennen und deutlich von einander unterscheiden. Nur so lässt sich der Zweck dieser Kooperation erreichen, der darin liegt, die Bekanntheit und das Ansehen aller beteiligten Unternehmen und deren Produkte bei den angesprochenen Verkehrskreise zu steigern. Die von der Widersprechenden angeführten Sponsoring-Maßnahmen sind daher nicht dazu geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, Fahrräder und Personenkraftwagen stammten aus denselben Herkunftsunternehmen.

Zwischen den anderen Waren der Vergleichsmarken besteht keine Ähnlichkeit. Die Fahrradteile und -ersatzteile sowie das Fahrradzubehör aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke sind weder den Personenkraftwagen noch deren konstruktionsgebundenen Teilen ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Auflage, S. 88 und 165).

Der Senat ist bei seiner Entscheidung zu Gunsten der Widersprechenden von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Dagegen hat die Widersprechende den von ihr beanspruchten erweiterten Schutzumfang ihrer Marke jedenfalls nicht für den Zeitpunkt der Entscheidung liquide gemacht. Die Voraussetzungen für eine erhöhte Kennzeichnungskraft müssen im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marken bestanden haben und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch fortbestehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 1960, 130, 134 - Sunpearl II - und Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Auflage, § 9 Rdn. 39). Für die schlüssige Darlegung eines über die durchschnittliche Kennzeichnungskraft hinaus erweiterten Schutzumfangs einer Marke müssen zu einer Reihe von Kriterien konkrete Angaben gemacht werden (vgl. EuGH MarkenR 1999, 236, 239 (Nr. 23, 24) "Lloyd"; GRUR 2002, 804, 808 (Nr. 60-62) "Philips"; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 "DKV/OKV"), die im Sachvortrag der Widersprechenden jedenfalls für den Zeitraum der Entscheidungsfindung fehlen. Diese Kriterien sind an erster Stelle der Marktanteil, der mit den maßgeblichen Waren der in Rede stehenden Marke gehalten wird, und der Bekanntheitsgrad, den die Marke für diese Waren bei den angesprochenen Verkehrskreisen hat. Zu diesen beiden Punkten liegen keine konkreten Tatsachenbehauptungen vor. Die Tatsache, dass die Widersprechende der drittgrößte Fahrradanbieter in Deutschland ist, wäre erst dann für das Maß der Kennzeichnungskraft aussagekräftig, wenn sowohl die gegenwärtigen Jahresumsätze der Widersprechenden als auch die der beiden Anbieter identifiziert worden wären, die noch stärker im Markt vertreten sind als die Widersprechende. Erst diese Relationen hätten Aufschluss über die Marktstellung der Widersprechenden gegeben. Der Grad der Bekanntheit der Widerspruchsmarke bei den für Fahrrädern beworbenen Verkehrskreisen ist weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart beziffert worden. Für die schlüssige Darlegung eines erweiterten Schutzumfangs sind konkrete Angaben erforderlich, weil auch umsatzstarke Marken nahezu unbekannt und andererseits Marken trotz relativ geringer Umsätze der damit gekennzeichneten Produkte sehr bekannt sein können (vgl. BPatGE 44, 1, 4 Korodin). Auch wenn der Senat - über den entsprechenden Sachvortrag der Widersprechenden hinaus - unterstellt, dass A... nicht nur in den Jah- ren 1999 bis 2001, sondern darüber hinaus auch in den Jahren 2002 bis 2005 die Tour der France jeweils mit einem Rad der Widersprechenden gewonnen hat, erlaubt diese Tatsache allein keine auch nur annähernd sichere Einschätzung des Bekanntheitsgrades der Widerspruchsmarke. Über diesen Bekanntheitsgrad im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung geben auch die Werbeaufwendungen aus den Jahren 1994 bis 1996 keinen Aufschluss. Dafür liegen sie zu lange zurück.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Vergleichsmarken ist daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und von nur entfernter Warenähnlichkeit zwischen Fahrrädern einerseits und Personenkraftwagen andererseits auszugehen.

Eine unmittelbare klangliche oder schriftbildliche Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke "ALLTREK" und der Widerspruchsmarke besteht nicht, weil die in der angegriffenen Marke als zusätzliche Lautfolge enthaltene erste Silbe "ALL-" weder zu überhören noch zu übersehen ist.

Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die angegriffene Marke von der Lautfolge "-TREK" geprägt und dadurch dieser Markenbestandteil zum entscheidenden Anknüpfungspunkt für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr werden würde. Dabei lässt der Senat ausdrücklich die Frage offen, wie weit die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze von der Prägung mehrgliedriger Marken durch einen bestimmten Bestandteil überhaupt auf einheitliche zusammengeschriebene Wörter, um die es vorliegend geht, zur Anwendung kommen können.

Bei der Prüfung einer möglichen Prägung der jüngeren Marke durch einen mit der älteren Marke gemeinsamen Bestandteil ist die Marke als einheitliches Ganzes zu beurteilen. Dabei ist auf die Betrachtungsweise durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher abzustellen. Danach ist hier zu beurteilen, ob der zweiten Silbe "TREK" der angegriffenen Marke eine so eigenständig kennzeichnende und insgesamt dominierende Bedeutung zukommt, dass darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens "ALLTREK" gesehen werden muss.

Das ist nicht der Fall, denn für die hier maßgeblichen Verkehrskreise besteht von vornherein keine Veranlassung, sich nur an der zweiten Silbe der angegriffenen Marke "ALLTREK" zu orientieren. Das gilt sowohl dann, wenn man - wie die Widersprechende - in der Widerspruchsmarke einen reinen Phantasiebegriff sieht, der außerdem als das Firmenkennzeichen der Widersprechenden beworben wird, als auch dann, wenn man - wofür einiges spricht - das Wort "TREK" als eine Abkürzung des englischen Wortes "trekking" auffasst, das sowohl im Zusammenhang mit Fahrrädern als auch mit Personenkraftwagen eine Zweckbestimmung beschreiben kann. Bei einer Deutung des Markenwortes "TREK" als reine Phantasiebezeichnung geht dieses Wort in der angegriffenen Marke "ALLTREK" vollständig auf, weil es sich dann notwendiger Weise auch bei dieser Marke um eine reine Phantasiebezeichnung ohne begriffliche Anklänge handelt. Hier kommen außerdem die allgemeinen Erfahrungsgrundsätze zum Tragen, wonach Wortanfänge im allgemeinen stärker beachtet werden als die übrigen Markenteile und in zweisilbigen Wörtern die erste Silbe ein deutliches Gegenwicht zur zweiten Silbe abgibt, jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - markant und einprägsam gebildet ist und beide Silben gleich stark betont werden.

Auch der Vortrag der Widersprechenden, dass sie das Zeichen "TREK" seit Anfang der 90iger Jahre als Firmenkennzeichen bewerbe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Entscheidend für die Prägung einer Marke durch einen Firmennamen ist zunächst, ob der Firmenname als solcher bekannt oder zumindest erkennbar ist. Weiter kommt es auf die Markenbildung im einzelnen an. Hier wurde die Buchstabenfolge "-trek" nach der gleichgewichtigen ersten Silbe "All-" als zweite Silbe in ein einheitliches zusammengeschriebenes Wort integriert. Dabei wurde die Buchstabenfolge der Widerspruchsmarke in keiner Weise gegenüber den anderen Zeichen der angegriffenen Marke verselbständig, davon abgehoben oder sogar markenmäßig hervorgehoben. Vielmehr stellt sich die angegriffene Marke als eine einheitliche Wortmarke dar, für die sich auch bei näheren Hinsehen keine weitere Aufspaltung anbietet. Ein solches unterschiedsloses Aufgehen des Firmennamens in einem einzigen neuen einheitlichen Wort wäre eine ganz ungewöhnliche Markenfortbildung, für die dem Senat keine Vorläufer bekannt sind und mit der die angesprochenen Verkehrskreise folglich nicht rechnen können. Das gilt umsomehr, als die Widersprechende neben der Widerspruchsmarke keine mit "TREK" gebildeten Serien- oder Kombinationsmarken führt und der Verkehr folglich auch nicht an die Verwendung solcher Marken als Herkunftshinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden gewöhnt ist.

Die angesprochenen Verkehrskreise könnten allenfalls dann in der angegriffenen Marke eine Fortbildung der Widerspruchsmarke sehen, wenn die Widerspruchsmarke eine besonders hohes Maß an Bekanntheit erlangt hätte. Einen solchen, deutlich über den Durchschnitt hinausgehenden Schutzumfang ihrer Marke hat die die Widersprechende jedoch nicht dargetan.

Sofern man das Markenwort "TREK" als Abkürzung für das englische Wort "trekking" auffasst, würde darin eine beschreibende Angabe über eine mögliche Zweckbestimmung sowohl der unter der Widerspruchsmarke angebotenen Fahrräder als auch der für die angegriffene Marke beanspruchten Personenkraftwagen liegen. Bei einer solchen Betrachtung der Vergleichsmarken käme eine markenrechtliche Verwechslung erst recht nicht in Betracht. Denn dem beschreibenden Wortbestandteil "trek" würde von Haus die Eignung fehlen, den Gesamteindruck einer Marke zu prägen (vgl. BPatG GRUR 2002, 68, 70 - COMFORT HOTEL -; GRUR 1992, 103, 104 f terfenbasan/MERFEN). Hinzukäme, dass bei dieser Betrachtungsweise die erste Silbe "ALL-" in der angegriffenen Marke ihrerseits englisch anmuten und zusammen mit der der zweiten Silbe "-TREK" einen über "trek" hinausgehenden, wiederum beschreibenden Gesamtbegriff bilden würde, was ebenfalls eine Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil "-TREK" verhindern würde.

Aus den hier bereits erörterten Gründen besteht zwischen den Vergleichsmarken auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Diese Rechtsfigur geht davon aus, dass manche Unternehmen eine Serienmarke für verschiedene Waren entwickeln, indem sie eine als solche erkennbar bleibende Stammarke um ein weiteres Zeichen erweitern. Hier kann es zu Verwechslungen mit anderen Marken kommen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen, aber einen in beiden Marken enthaltenen übereinstimmenden Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke bewerten und deswegen auch das erweiterte Zeichen der älteren Marke und dem mit ihr verbundenen Herkunftsunternehmen zuordnen. Deswegen kann es insbesondere dann zu mittelbaren Verwechslungen kommen, wenn der Inhaber der älteren Marke im Verkehr bereits mit dem gemeinsamen Markenbestandteil - hier "TREK" - eine oder mehrere Serienmarken gebildet hat. Das ist jedoch - wie bereits festgestellt wurde - nicht der Fall.

Schließlich lassen sich auch keine besonderen Umstände feststellen, die es nahe legen könnten, beim Auftreten der angegriffenen Marke am Markt an eine allererste Serienmarke der Widersprechenden zu denken. Ein solcher Fall kann nur angenommen werden, wenn der Hinweischarakter des übernommenen Stammzeichens - hier "TREK" - besonders strengen Anforderungen genügt (vgl. BGH GRUR 1999, 153, 155, 156 - DRIBECK's LIGHT -; GRUR 1996, 777, 778 - JOY -). Das trifft auf die Widerspruchsmarke nicht zu. Insbesondere verfügt sie über keine erhöhte Verkehrsgeltung (vgl. BGH GRUR 1996, 267, 269 - AQUA - ; BPatG GRUR 1998, 1027, 1028 - Boris/BORIS BECKER -) und ihre Buchstabenfolge tritt in der angegriffenen Marke auch nicht als besonders charakteristisch und hervorstechend in Erscheinung (vgl. BPatG GRUR 1998, 1027, 1028 - Boris/BORIS BECKER).

Aus diesen Gründen waren auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hin die angegriffenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts insoweit aufzuheben, als darin die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden war, und der Widerspruch aus der deutschen Marke 2 092 896 war zurückzuweisen.

Entgegen der Anregung der Widersprechenden war die Rechtsbeschwerde nicht gem. § 83 Abs. 2 MarkenG zuzulassen. Der Senat hat seine Entscheidung auf die bestehende Rechtsprechung gestützt. Eine i. S. v. § 83 Abs. 2 MarkenG noch zu klärende Rechtsfrage ist nicht entscheidungserheblich geworden.






BPatG:
Beschluss v. 01.02.2006
Az: 28 W (pat) 8/05


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