Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. Dezember 1993
Aktenzeichen: 22 U 31/93
(OLG Köln: Urteil v. 07.12.1993, Az.: 22 U 31/93)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 15. Dezember 1992 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 203/91 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klage-anspruches an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Kosten - auch des Berufungsverfahrens - wird dem Schlußurteil vorbehalten.
Gründe
Die Klägerinnen klagen aus abgetretenem
Recht ihrer Ehemänner, des Steuerberaters D.K. und des
Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers Dr. P.G. , wegen Verletzung
von Anwaltspflichten aus einem Mandatsverhältnis mit dem
Beklagten.
Die Zedenten erhielten 1983 einen
Auftrag von Herrn K.W., Inhaber der I.-Werke, einer größeren
Glashütte. Herr W. befand sich im Konkurs. Die Zedenten sollten
einen Zwangsvergleich vorbereiten und den Betrieb sanieren. In
diesem Rahmen wurden sie für Herrn W. tätig. Am 31. März 1984 gab
Herr K.W. eine schriftliche Erklärung wie folgt ab:
" Schuldanerkenntnis
Ich, der unterzeichnete Herr K.W. ,
wohnhaft in E., K. Straße 208, bekenne hiermit, Herrn
Wirtschaftsprüfer Dr. P. J. G. und D.K. in Köln gegenüber einen
Betrag in Höhe von 115.700,-- DM aufgrund der Rechnung vom 31.
Dezember 1983 zu schulden."
Ferner unterzeichnete er eine
Berechnung eines Entgelts über 89.020,-- DM. Am 25. März 1984
übernahm sein Sohn, R. W., die Bürgschaft für die Forderungen.
Auf die Fotokopien der schriftlichen Erklärungen Bl. 1 und 2 des
Anlagenheftes wird verwiesen.
Im Laufe des Jahres 1984 legten die
Zedenten das Mandat nieder. Sie beauftragten den Beklagten mit der
Durchsetzung ihrer Forderungen. Ob das Mandat auch die Ansprüche
gegen K.W. umfaßte, ist streitig. Da der Hauptschuldner sich im
Konkurs befand und auch das ausländische Vermö-gen keine
erfolgsversprechenden Befriedigungsmöglichkeiten bot, entschieden
die Zedenten sich auf Empfehlung des Beklagten dahin, nur den
Bürgen R. W. in Anspruch zu nehmen. Nach Mahnverfahren wurde das
Klageverfahren durch den Beklagten als Korrespondenzanwalt vor dem
Landgericht Bonn durchgeführt. Der Bürge wurde durch Urteil des
Landgerichts Bonn vom 19. August 1985 verurteilt, an die Zedenten
204.720,-- DM nebst 11 % Zinsen seit dem 28. Januar 1985 zu zahlen.
Das Landgericht Bonn ging davon aus, daß der Hauptschuldner ein
abstraktes Schuldanerkenntnis abgegeben habe. Die Berufung des R.
W. wurde durch Urteil des OLG Köln vom 23. April 1986
zurückgewiesen, wobei das Oberlandesgericht jedoch (nur) ein
deklaratorisches Schuldanerkenntnis annahm. Die Revision wurde
durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. November 1987
zurückgewiesen. Auf die angeführten Entscheidungen wird Bezug
genommen (Blatt 4 - 43 des Anlagenheftes).
Die Urteile des Oberlandesgerichts Köln
und des Bundesgerichtshofes sind dem Beklagten in der Zeit vor der
Verjährung eines Anspruches der Zedenten aus der Verletzung
anwaltlicher Pflichten am 31. Dezember 1989 zugegangen; das
Revisionsurteil wurde ihm mit Schreiben vom 17. Dezember 1987
zugeleitet.
Mit Schreiben der Rechtsanwälte Dr. L.
und T. vom 24. Februar 1988 wurde der Beklagte über folgendes
informiert:
"Herr W. ist bereit, den ihm
zustehenden, gegen seinen Vater als Hauptschuldner gerichteten
Anspruch auf Befreiung von der Bürgschaft aus § 775 BGB an die
Mandanten erfüllungshalber abzutreten. Dieser Anspruch des Bürgen
verwandelt sich bekanntlich im Falle der Abtretung an den Gläubiger
in einen Anspruch auf Erfüllung der Forderung, von der zu befreien
ist, also auf Zahlung (BGH Betrieb 1975, 445).
Auf diese Weise könnte diesseits ein
Titel erwirkt werden gegen den Hauptschuldner K.W.. Óber das
Vermögen des K.W. ist zwar derzeit noch ein Konkursverfahren
anhängig. Nach Angaben seines Sohnes R. W. soll der
Konkursverwalter Dr. K. jedoch in Aussicht gestellt haben, daß für
den Fall einer erfolgreichen und planmäßigen Veräußerung der
Konkursmasse das Verfahren nach Befriedigung aller beteiligten
Gläubiger sogar mit einem erheblichen Óberschuß zugunsten des
Gemeinschuldners abgeschlossen werden könnte.
Wir bitten um Mitteilung, ob die
Mandanten an einer solchen Regelung interessiert wären, soweit
nicht zwischenzeitlich bereits ein Titel gegen den Hauptschuldner
vorliegt."
Bereits 1985 hatte der Beklagte die
Sicherungsvollstreckung durch Zwangshypotheken auf dem Grundbesitz
des R. W. betrieben und später auch die Zwangsversteigerung
beantragt. Mit Schreiben vom 28. Januar 1991 an den Beklagten
beriefen sich die Rechtsanwälte des R. W. darauf, daß die Forderung
des Hauptschuldners spätestens am 31. Dezember 1989 verjährt sei
und dies wegen der Akzessorität der Bürgschaft nunmehr auch dem
titulierten Anspruch gegen den Bürgen entgegengehalten werden
könne. Das könne notfalls im Wege der Vollstreckungsgegenklage
geltend gemacht werden. Die Rechtsanwälte forderten die Zedenten
auf, die Zwangsvollstreckung nicht fortzusetzen und den Antrag auf
Zwangsversteigerung zurückzunehmen. Dieser Aufforderung kamen die
Zedenten nach.
Nachdem doch noch ein Zwangsvergleich
zustandegekommen war, wurde das Konkursverfahren über das Vermögen
des K.W. durch Beschluß des Konkursgerichts vom 21. Juni 1990
aufgehoben. Die Finanzierung des Vergleichs erfolgte durch einen
Herrn M.. Zu dessen Gunsten wurde unter dem 10. August 1990 eine
Auflassungsvormerkung auf dem umfangreichen Grundbesitz des K.W. in
E., Grundbuch Blatt 0794, eingetragen. Welchen Wert das frühere
Betriebsgelände hat und inwieweit Belastungen bestehen, ist
streitig.
Die Klägerinnen sind der Auffassung,
der Beklagte habe ihre Ehemänner falsch beraten. Sie haben
vorgetragen: Der Beklagte habe den Auftrag gehabt, sowohl die
Ansprüche gegen den Hauptschuldner als auch gegen de Bürgen
durchzusetzen. Im Rahmen der anwaltlichen Beratung habe der
Beklagte feststellen müssen, daß sich der Bürge auf die Verjährung
der Hauptschuld trotz Klage und Titel gegen den Bürgen berufen
könne, und verjährungsunterbrechende Maßnahmen auch gegenüber dem
Hauptschuldner ergreifen müssen. Auch hätte er darauf hinweisen
müssen, daß der Anspruch gegen den Hauptschuldner der kurzen und
nicht der 30jährigen Verjährung unterliege.
Die Klägerinnen haben behauptet,
infolge der Pflichtverletzung des Beklagten sei den Zedenten ein
Schaden in Höhe der entgangenen Vollstrekkungsmöglichkeit aus dem
Urteil gegen den Bürgen entstanden. Aber auch beim Hauptschuldner
K.W. hätten die Zedenten ihre Forderung vollstrecken können. Dieser
wäre im Sommer 1990 bereit gewesen, die Forderung zu befriedigen,
wenn sie nicht verjährt gewesen wäre. Der Wert des Grundbesitzes
des Hauptschuldners in E. betrage über 12 Mio. DM und sei nur mit
ca. 7 Mio. DM belastet. Herr M. führe für Herrn W.
Verkaufsverhandlungen auf der Basis eines Kaufpreises von 12 Mio.
DM. Die Auflassungsvormerkung zugunsten des Herrn M. wäre zwar
vorrangig gegenüber einer Sicherungshypothek zugunsten der Zedenten
gewesen. Herr M. hätte aber gegen die Sicherungsypothek nichts
unternommen. Jedenfalls aber hätten die Zedenten den Anspruch des
K.W. auf Auszahlung des Mehrerlöses pfänden können. Im Falle eines
Verkaufs durch Herrn M. sei dieser nämlich verpflichtet, den nach
Deckung seiner Ansprüche verbleibenden Mehrerlös an K.W.
auszuzahlen. Soweit dessen Höhe noch ungewiß sei, verlangen die
Klägerinnen hilfsweise Feststellung.
Die Klägerinnen haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie
204.720,-- DM nebst 11 % Zinsen seit dem 28. Januar 1985 zu
zahlen,
hilfsweise
festzustellen, daß der Beklagte
verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der
sich daraus ergibt, daß der Beklagte die Verpflichtungen aus dem
ihm von dem Steuerberater D.K. und dem Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer Dr. P.G., beide K., erteilten Mandat gegen den
Hauptschuldner K.W., E., und den Bürgen R. W., früher E.,
schuldhaft verletzt hat.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, ihm sei
kein Mandat erteilt worden, die Ansprüche gegen den Hauptschuldner
und den Bürgen geltend zu machen. Vielmehr sei er nur beauftragt
worden, gegen den Bürgen einen Titel zu erwirken. Er hat die
Auffassung vertreten, es habe kein Anlaß bestanden, über
Verjährungsfragen nachzudenken, da das Anerkenntnis noch "ganz
frisch" gewesen sei und das Landgericht Bonn ein abstraktes
Schuldanerkenntnis angenommen habe. Da er mit dem Berufungs- und
Revisionsverfahren nicht mehr befaßt gewesen sei, sei er auch
nicht verpflichtet gewesen, sich mit diesen Entscheidungen
auseinanderzusetzen und die Angelegenheit erneut zu überprüfen. Im
übrigen habe er im Jahre 1984 nicht erkennen müssen, daß die
Verjährung der Hauptforderung auch noch gegenüber der titulierten
Bürgschaftsforderung geltend gemacht werden könne.
Zu den entgangenen
Vollstreckungsmöglichkeiten beim Bürgen R. W. hat der Beklagte
behauptet, der einzige realisierbare Wert habe in dem 1/12-Anteil
des Grundstücks G. bestanden. Bei einer Versteigerung sei
allenfalls ein Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes =
47.250,-- DM zu erwarten gewesen. Der Beklagte hat
Vollstreckungsmöglichkeiten beim Hauptschuldner K.W. bestritten und
insbesondere auf die vorrangige Auflassungsvormerkung zugunsten M.s
verwiesen.
Ferner hat der Beklagte die Einrede der
Verjährung nach § 51 BRAO erhoben und geltend gemacht, sein Mandat
sei mit Óbernahme des Mandats durch den Berufungsanwalt am 19.
Dezember 1985 beendet worden, so daß die Verjährung spätestens nach
drei Jahren am 19. Dezember 1988 eingetreten sei.
Die Klägerinnen sind der Ansicht des
Beklagten zur Verjährung entgegengetreten und haben vorgetragen:
Das Mandat sei nicht mit Erlaß des erstinstanzlichen Urteils
beendet worden, sondern der Beklage sei von Anfang an damit
beauftragt worden, die Ansprüche auch durchzusetzen, d.h. notfalls
zu vollstrecken. Das Mandat habe daher bis ins Jahr 1991
fortbestanden. Sie haben die Auffassung vertreten, daß die Urteile
des Oberlandesgerichts Köln und des Bundesgerichtshofes den
Beklagten zu einer Óberprüfung seiner Rechtsauffassung hätten
veranlassen müssen, so daß er auch hätte feststellen müssen, daß
ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung entstanden
sei. Hierauf hätte er die Zedenten hinweisen müssen.
Durch Urteil vom 15. Dezember 1992 hat
das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, ein
Schadensersatzanspruch aus positiver Verletzung des
Anwaltsvertrages stehe den Klägerinnen nicht zu, da ein eventueller
Anspruch jedenfalls verjährt sei.
Gegen das den Klägerinnen am 4. Januar
1993 zugestellte Urteil, auf das wegen aller weiteren Einzelheiten
vollinhaltlich Bezug genommen wird, haben diese am 4. Februar 1993
Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis 19. April 1993 mit an diesem Tag
eingegangenem Schriftsatz begründet. Zur Begründung der Berufung
wiederholen, ergänzen und vertiefen die Klägerinnen ihr
erstinstanzliches Vorbringen im wesentlichen wie folgt:
Der Beklagte habe seine anwaltlichen
Beratungspflichten schuldhaft verletzt, weil er die Zedenten
nicht darauf hingewiesen habe, daß eine Unterbrechung der
Verjährung der Hauptforderung sowohl zur Wahrung der Ansprüche
gegen den Hauptschuldner als auch gegen den Bürgen rechtlich
zwingend erforderlich sei, daß eine Klage gegen den Bürgen die
Verjährung der Honorarforderungen nicht unterbreche und dieser die
für die Hauptforderung geltende kurze Verjährung einer
Inanspruchnahme aus der Bürgschaft würde entgegensetzen können.
Deshalb habe der Beklagte ferner auf die Notwendigkeit einer Klage
auch gegen den Hauptschuldner hinweisen müssen, worauf die Zedenten
ihm entsprechenden Klageauftrag erteilt hätten. Wäre der Beklagte
dieser Beratungspflicht nachgekommen, so wäre die Hauptforderung
nicht verjährt und die Klägerinnen könnten die abgetretenen
Ansprüche sowohl gegen den Bürgen, der sich zwischenzeitlich auf
Verjährung berufen hat, als auch gegen den Hauptschuldner
durchsetzen, und sie könnten im Falle richtigen Vorgehens und
Erstreitens eines Titels mit Erfolg gegen ihn vollstrecken. Der
Zeuge M., der den Zwangsvergleich unterstützt und die weitere
Entschuldung der Familie W. organisiert habe, hätte die
vollständige Befriedigung einer unverjährten Honorarforderung
sichergestellt. Au-ßerdem stehe dem Hauptschuldner hinreichend
freies Vermögen zur Erfüllung einer einredefreien Forderung zur
Verfügung.
Auf die Verjährung des
Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten könne dieser sich
nicht berufen, da ihnen ein sogenannter "Sekundäranspruch"
zustehe, weil der Beklagte nicht auf die Möglichkeit einer
fehlerhaften anwaltlichen Beratung und eines Regreßanspruches
hingewiesen habe, obwohl er vor Verjährung des Primäranspruches am
01.01.1990 wiederholt begründeten Anlaß gehabt habe, seine
bisherige Tätigkeit zu überprüfen und dabei seinen Beratungsfehler
zu erkennen.
Solche Anlässe hätte jede neue
Vollstreckungsmaß-nahme, die Beendigung und unmittelbar sich
anschließende Mandatsneuerteilung, insbesondere aber die
erforderliche Befassung mit den Entscheidungen des
Oberlandesgerichts Köln und des Bundesgerichshofes sowie das
Schreiben der Rechtsanwälte Dr. L. u.a. vom 24. Februar 1988 und
nicht zuletzt die dem Beklagten bereits seit 1988 bekannt gewordene
günstige Vermögensentwicklung beim Hauptschuldner und damit
Kenntnis von der Durchsetzbarkeit der Honorarforderungen gegen
diesen geboten.
Die Klägerinnen beantragen,
unter Abänderung der landgerichtlichen
Entscheidung vom 15. Dezember 1992 (5 O 203/91 LG Köln) nach den
erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen,
hilfsweise, den Klägerinnen zu
gestatten, eine eventuelle Sicherheit auch durch Bankbürgschaft
einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse leisten zu
können.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
dem Berufungsbeklagten zu gestatten, Si-
cherheit auch durch die Bürgschaft
einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder
Genossenschaftsbank zu leisten.
Der Beklagte tritt den Ausführungen der
Berufung mit näheren Darlegungen entgegen.
Ergänzend wird wegen aller weiteren
Einzelheiten des Vorbringens der Parteien auf den vorgetragenen
Inhalt der von ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze
und zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die nachgelassenen
Schriftsätze der Klägerinnen vom 26. Oktober 1993 und des
Beklagten vom 2. November 1993 und den weiteren Schriftsatz des
Beklagten vom 2. November 1993 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
A.
Die form- und fristgerecht eingelegte
und rechzeitig begründete Berufung ist in formeller Hinsicht
bedenkenfrei.
Die Berufung ist trotz des in der
Berufungsbegründung entgegen § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO noch fehlenden
bestimmten Antrages zulässig, da in der Berufungsbegründung der
Anfechtungswille der Klä-gerinnen klar zum Ausdruck kommt und
hinreichend deutlich wird, daß diese ihren erstinstanzlichen
Klageanspruch in vollem Umfang weiter verfolgen wollen und die
volle Beschwer bekämpft werden soll. Auch ohne einen ausdrücklichen
Antrag genügt es nach einhelliger Meinung, wenn aus dem Inhalt der
Berufungsbegründung eindeutig zu entnehmen ist, in welchem Umfang
und mit welchem Ziel das Urteil angegriffen wird (vgl. BGH NJW
1987, 3264, 3265; NJW 1992, 698; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20.
Aufl., zu § 519 Rn 20; Zöller-Schneider, ZPO, 18. Aufl., zu § 519
Rn 28 und 32).
Bereits der unter I. 1. formulierte
Obersatz der Berufungsbegründungsschrift läßt eindeutig erkennen,
daß die Klägerinnen die landgerichtliche Entscheidung insgesamt für
rechtsfehlerhaft halten und eine Abänderung begehren, die ihrem
erstinstanzlichen Klageantrag entspricht. Dabei ist auf Grund der
vollen Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages (Blatt 270
d.A.) davon auszugehen, daß die Klägerinnen auch den Hilfsantrag
weiter verfolgen wollen. Sie haben nämlich ihr Vorbringen
betreffend die Verletzung der Pflichten aus einem auch gegen den
Hauptschuldner erteilten Mandat nicht aufgegeben.
B.
Das Rechtsmittel der Klägerinnen hat
auch insoweit Erfolg, als die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt
ist, hinsichtlich der streitigen Höhe jedoch zur weiteren
Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen
ist (§§ 538 Abs. 1 Nr. 3, 304 ZPO).
Den Klägerinnen steht auf Grund
abgetretenen Rechtes gemäß § 398 BGB ein Schadensersatzanspruch
aus dem Gesichtspunkt schuldhafter Verletzung des zwischen den
Zedenten und dem Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrages zu.
Die Klage scheitert nicht bereits an fehlender
Aktivlegitimation der Klägerinnen, die
von ihren Ehemännern abgetretene Schadensersatzansprüche gegen den
Beklagten geltend machen. Sie haben einen schriftlichen
Abtretungsvertrag vom 25. Januar 1991 (Blatt 339 d.A.)
vorgelegt.
Die Wirksamkeit der Zession unterliegt keinen
durchgreifenden Bedenken unter dem
Aspekt der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB in
Verbindung mit § 134 BGB, weil die Zedenten als Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer der Verschwiegenheitspflicht im Sinne der
genannten Vorschrift unterliegen. Daß diese auf Grund der Abtretung
verpflichtet sind, an die Klägerinnen Unterlagen herauszugeben und
ihnen Kenntnis von Umständen zu verschaffen, welche die
Geheimhaltungsphäre des ehemaligen Mandatsverhältnisses mit dem
Hauptschuldner K.W. betreffen, ist nicht ersichtlich und vom
Beklagten auch nicht näher dargelegt. Vorliegend geht es nur um
eine Regreßforderung, d.h. um eine Verletzung der Pflichten aus dem
Mandatsverhältnis zwischen den Zedenten und dem Beklagten und nicht
um die Abtretung von Steuerberaterhonorarforderungen (die vom
Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Hamburg in NJW 1993, 1335,
betrifft die Abtretung von Rechtsanwaltshonoraransprüchen).
Das Schadensersatzbegehren der Klägerinnen findet
seine Grundlage im Gesichtspunkt
positiver Verletzung der dem Beklagten obliegenden
Sorgfaltsplichten aus dem zwischen den Zedenten und dem Beklagten
geschlossenen Anwaltsvertrag (§§ 611, 675 BGB).
Der Beklagte hat seine anwaltlichen Sorgfalts-
pflichten bei der Verfolgung der
Ansprüche auch nur gegen den Bürgen schuldhaft verletzt, weil er es
verabsäumt hat, für eine Unterbrechung der Verjährung der
Honorarforderungen zu sorgen. Er hätte jedenfalls die Zedenten
ausdrücklich darauf hinweisen müssen, daß wegen der Akzessorietät
der Bürgschaft der Bürge die Verjährung der Hauptforderung auch
noch nach Erhebung der Bürgschaftsklage (vgl. BGH 76, 223 f. = NJW
1980, 1460), unter Umständen noch nach Titulierung des
Bürgschaftsanspruches, geltend machen kann und daß zur
Absicherung der Bürgschaftsverpflichtung erforderlich ist, die
Verjährung der Hauptforderung zu unterbrechen. Denn eine
dahingehende Belehrung hätte zu der erforderlichen
Unterbrechungsmaßnahme hinsichtlich der Verjährung der
Honoraransprüche gegen den Hauptschuldner geführt.
Der Rechtsanwalt ist zur möglichst
erschöpfenden Beratung seines Mandanten verpflichtet und hat dessen
Interessen umfassend wahrzunehmen, wozu die sorgfältige Prüfung und
Sicherung des zu verfolgenden Anspruches nach jeder Richtung
gehört (vgl. Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht, 1989, RN 90 und 91
m.w.N.). Er muß die geeigneten Schritte unternehmen, um die Rechte
des Mandanten zu wahren, ihn insbesondere vor Rechtsverlusten
schützen, und hat sein Verhalten insgesamt so einzurichten, daß
jede von einem Rechtskundigen, wenn auch nur als möglich,
erkennbare Schädigung seines Mandanten verhindert wird (vgl.
Vollkommer, a.a.O., Rn. 91 m.w.N.; BGH VersR 1975, 425, 426; NJW
1988, 1079, 1080). Dabei hat er insbesondere die
höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten, soweit sie - wie
vorliegend - in der Entscheidungssammlung eines oberen
Bundesgerichtes veröffentlicht und/oder in einer allseits benutzten
Zeitschrift abgedruckt ist (vgl. BGH NJW 1983, 1665; OLG
Düsseldorf VersR 1980, 359, 360, Vollkommer, a.a.O., Rn. 142). Der
Beklagte mußte auf Grund der grundlegenden und in der NJW 1980,
1460 f. veröffentlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofes Band
76, 222 f. damit rechnen, daß seine Mandanten die Durchsetzbarkeit
ihrer Bürgschaftsforderung verlö-ren, sobald die Verjährung der
Hauptforderung eintrat und der Bürge sich hierauf berief. Daher
kann er isch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm habe diese
rechtliche Möglichkeit im Jahr 1984 aus der veröffentlichen
Rechtsprechung und Kommentierung nicht bekannt sein können.
Außerdem ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 768 BGB, daß auch
der Bürge wegen der Akzessorietät der Bürgschaft die Verjährung der
Hauptforderung geltend machen kann. Es war für den Beklagte bei
Óbernahme des Mandates und Erhebung der Klage gegen den Bürgen
nicht abzusehen, ob das Urteil noch vor Eintritt der kurzen
zweijährigen Verjährung der Hauptschuld rechtskräftig werden oder
in der Tatsacheninstanz abgeschlossen sein würde. Daher mußte er
bei der Erörterung mit den Zedenten und den Erwägungen, aus
wirtschaftlichen und praktischen Gründen nur gegen den Bürgen zu
klagen, die Mandanten auf die Gefahr hinweisen, daß der Bürge sich
auf die nach zwei Jahren eintretende Verjährung der
Honorarforderungen auch noch nach Erhebung der Bürgschaftsklage
berufen könne und es deshalb erforderlich sei, die Verjährung der
Hauptforderung zu unterbrechen, um den Bürgschaftsanspruch nicht
"zu verlieren", womit gleichzeitig die Aufrechterhaltung der
Honoraransprüche verbunden war.
Der Beklagte kann in diesem
Zusammenhang nicht einwenden, er habe kein Mandat zur gerichtlichen
Durchsetzung der Honorarforderungen gegen den Hauptschuldner
gehabt. Denn es geht allein darum, daß er bei richtiger Beratung
der Zedenten den Auftrag erhalten hätte, die Verjährung der
Hauptforderungen durch Klage gegen K.W. zu unterbrechen. Óber die
Notwendigkeit entsprechender Maß-nahmen mußte der Beklagte die
Zedenten belehren, daß es zur erforderlichen Aufrechterhaltung der
Honoraransprüche zwingend notwendig, jedenfalls dringend geboten
sei, auch gegen den Hauptschuldner zu klagen, so daß rein
wirtschaftliche Óberlegungen über kurzfristige
Realisierungschancen durch Vorgehen gegen den Bürgen in den
Hintergrund getreten wären oder doch hätten zurückstehen
müssen.
Unter den gegebenen Umständen kam nur
eine Klage gegen den Hauptschuldner in Betracht. Denn der
Rechtsanwalt hat den Grundsatz des sichersten Weges zu befolgen
(vgl. Vollkommer, a.a.O., Rn 179). Er hat, wenn mehrere Maßnahmen
zur Verfügung stehen, die für den Mandanten sicherste und
gefahrloseste zu wählen (vgl. Vollkommer, a.a.O., Rn 91 und 179
m.w.N.). Der sicherste Weg war zweifellos eine Klage gegen den
Hauptschuldner zugleich mit der gegen den Bürgen. Sie bot zudem den
Vorteil, einen Titel auch gegen den Hauptschuldner zu
erlangen.
Die vom Beklagten angesprochenen
sonstigen Möglichkeiten, den Hauptschuldner zum Verzicht auf die
Einrede der Verjährung oder zur Abgabe eines abstrakten
Schuldanerkenntnisses zu veranlassen, stellten sich aus
rechtlichen Gründen bzw. tatsächlichen Erwägungen
(Auslandsaufenthalt des Hauptschuldners) nicht als der gebotene
sichere und effiziente Weg dar. Die Haftung des Bürgen selbst kann
gemäß § 768 Abs. 2 BGB durch einen Verzicht des Hauptschuldners auf
Einreden - wie der Verjährung - nicht verschärft werden (vgl. BGH
76, 223 f. = NJW 1980, 1460, 1461). Dem steht nicht entgegen, daß
die Rechtsverfolgung gegen Bürgen und Hauptschuldner entgegen der
Darstellung der Berufungsbegründung (Blatt 260 d.A.) nicht ohne
besondere Schwierigkeiten und zusätzliche Kosten möglich gewesen
wäre, weil sich der Hauptschuldner nach unwidersprochener
Behauptung des Beklagten im Ausland aufhielt, ohne daß seine
Anschrift bekannt war (Blatt 306 d.A.), und eine gemeinsame
Verfolgung von Hauptschuldner und Bürgen - mit Zustellung im
Ausland oder öffentlicher Zustellung - zu einem erheblichen Kosten-
und vor allem Zeitaufwand geführt hätte. Gleichwohl hätten die
Óberlegungen kurzfristiger Realisierung des die Honorarforderungen
absichernden Bürgschaftsanspruches durch Vorgehen nur gegen den
Bürgen bei ordnungsgemäßer Beratung zurücktreten müssen und wären
hintangstellt worden angesichts der Gefahr, daß der Bürge sich vor
vollständiger Erfüllung auf die kurze zweijährige Verjährung der
Hauptforderung berufen konnte.
Eine solche Beratung und Aufklärung
durch den Beklagten ist unstreitig nicht erfolgt.
Ob eine anwaltliche Pflichtverletzung
auch zu bejahen ist, soweit der Beklagte die Zedenten nicht auf die
für ihre Honorarforderungen geltende kurze zweijährige
Verjährungsfrist gemäß den §§ 196 Abs. 1 Nr. 15, 201 BGB (vgl.
Palandt-Heinrichs, 52. Aufl., zu § 196 Rn 29) hingewiesen hat,
bedarf keiner Entscheidung, dürfte aber mit dem Landgericht zu
verneinen sein. Von einer Belehrung ist der Anwalt befreit, wenn er
erkennt, daß dem Mandanten die Risiken des Geschäftes oder der ins
Auge gefaßten rechtlichen Gestaltung bekannt sind und er diese auch
bei einer entsprechenden Belehrung auf sich nehmen würden (vgl.
BGH NJW 1977, 2073, 2074; Vollkommer, a.a.O., Rn 159). Es ist - wie
im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt - kaum vorstellbar,
daß ein Steuerberater und ein Wirtschaftsprüfer nicht wissen, daß
ihre Honoraransprüche der kurzen Verjährung unterliegen und daß
diese eintritt, wenn keine unterbrechenden Maßnahmen ergriffen
werden.
Der Beratungsfehler, das Unterlassen eines Hinwei-
ses des Beklagten darauf, daß es wegen
der dem Bürgen möglichen Berufung auf die Verjährung der
Honorarforderungen unerläßlich sei, die Verjährung der
Hauptforderungen - am sichersten durch Klage gegen den
Hauptschuldner - zu unterbrechen, hat sich entgegen der Auffassung
des Beklagten für die Zedenten dadurch schädigend ausgewirkt, daß
die Honoraransprüche mit Ablauf des 31.12.1986 verjährt sind und
der Hauptschuldner sich hierauf berufen kann. Denn es ist davon
auszugehen, daß die Zedenten bei ordnungsgemäßer Belehrung über das
Risiko isolierten Vorgehens nur gegen den Bürgen den Beklagten auch
mit der Erhebung der Klage gegen den Hauptschuldner beauftragt
hätten und dann - ebenso wie gegen den Bürgen - ein Titel gegen ihn
erstritten worden wäre. Gegenteilige Anhaltspunkte sind weder nach
den Umständen ersichtlich noch vom Beklagten vorgebracht
worden.
Das 1982 gegen den Hauptschuldner
eröffnete Konkursverfahren stand einer Titelerwirkung gegen diesen
nicht entgegen. Denn die Honorarforderungen beinhalteten keine im
Konkursverfahren zu verfolgenden Forderungen, da die Zedenten vom
Gemeinschuldner und Hauptschuldner persönlich nach
Konkurseröffnung, nämlich 1983 mit der Sanierung des Betriebes
beauftragt worden sind und es sich daher weder um Massekosten im
Sinne des § 58 Nr. 2 noch um Masseschulden im Sinne des § 59 KO,
sondern um "neue Verbindlichkeiten" des Gemeinschuldners
handelte.
Ein adäquat kausaler Schaden der
Zedenten ist schon eingetreten mit der Verjährung der
Honorarforderungen am 31. Dezember 1986 (§§ 196 Nr. 15, 201 BGB).
Denn ein Schaden ist bereits gegeben, wenn die Vermögenslage des
Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses im Vergleich mit
dem früheren Vermögensstand schlechter geworden ist, während nicht
erforderlich ist, daß der Schaden auch der Höhe nach schon
feststeht oder feststellbar ist (vgl. Feuerich,
Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., zu § 51 Rn 11 m.w.N.). Es
unterliegt keinem Zweifel, daß die Verjährung einer Forderung die
Vermögenslage des Gläubigers verschlechtert, da der Schuldner die
Forderung nicht mehr zu erfüllen braucht, auch wenn nicht feststeht
oder feststellbar ist, ob und inwieweit die Forderung hätte
realisiert werden können. Eine andere Beurteilung kommt nur dann in
Betracht, wenn die Uneinbringlichkeit der Forderung endgültig
feststeht, wovon vorliegend in der Person des Hauptschuldners keine
Rede sein kann, da es nicht ungewöhnlich ist, daß eine in Konkurs
gefallene Person später wieder treues Vermögen erwirbt. Vorliegend
hat sich der Primärfehler, die unterlassene Beratung und das
dadurch bedingte Verjährenlassen der Honorarforderungen darin
niedergeschlagen, daß die Verjährung eingetreten und dadurch ein
Schaden der Zedenten hinsichtlich der Durchsetzbarkeit ihrer
Honoraransprüche eingetreten ist. Hätten die Zedenten bei
ordnungsgemäßer Beratung einen Titel auch gegen den Hauptschuldner
erwirkt, so wären die Forderungen gegen ihn nicht verjährt und
könnten - soweit gemäß Darstellung der Klägerinnen
Realisierungsmöglichkeiten in der Person des Hauptschuldners
bestehen oder sich künftighin ergeben - durchgesetzt werden. Es lag
und liegt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, daß der
Hauptschuldner wieder zu Vermögen kommt und die Honorarforderungen
zu realisieren sind.
Einen Schaden in Bezug auf den Bürgen hat das
Landgericht zutreffend mit der Erwägung
verneint, die Zwangsvollstreckung gegen R. W. könne entgegen dem
Rat des Beklagten noch betrieben werden, weil ihm die Einrede der
Verjährung nach § 767 Abs. 2 ZPO versagt sei; denn er habe die
Einrede der am 31. Dezember 1986 eingetretenen Verjährung nicht
rechtzeitig geltend gemacht, was ihn zwar erst nach Schluß der
mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren über den
Bürgschaftsanspruch (26 U 43/85 OLG Köln = 13 O 214/85 LG Bonn) am
5. März 1986, jedoch vor der mündlichen Verhandlung in der
Revisionsinstanz am 4. November 1987 möglich gewesen sei, so daß
also aus dem gegen den Bürgen erstrittenen Titel noch erfolgreich
vollstreckt werden könne.
Dem ist zu folgen.
Daß der Beurteilung des
Revisionsgerichtes gemäß § 561 Abs. 1 ZPO nur das im
Berufungsurteil oder im Sitzungsprotokoll des Berufungsgerichtes
ausgewiesene Parteivorbringen unterliegt und dementsprechend die
erstmalige Geltendmachung der Verjährungseinrede nach einer
älteren - auf BGH 1, 234 f. zurückgehenden - Ansicht ausgeschlossen
ist (vgl. auch Staudinger/Dilcher, 12. Aufl., zu § 222 BGB Rn 9;
Münchener Kommentar/von Feldmann, 2. Aufl., zu § 222 BGB Rn 3)
steht dieser Auffassung nicht entgegen. Nach nunmehr ständiger
Rechtsprechung (vgl. BGH 53, 129, 131 f.; NJW 1979, 105; NJW 1988,
3092, 3094; NJW 1990, 2754 f.) berücksichtigt das Revisionsgericht
nämlich aus prozeßökonomischen Gründen auch neue Tatsachen
materieller Art, wenn diese unstreitig sind oder wegen
Offenkundigkeit keines Beweises bedürfen, ihre Bachtung einer
schnellen und endgültigen Streitbereinigung dient und keine
schutzwürdigen Belange der Gegenpartei entgegenstehen (vgl. auch
Münchener Kommentar/Walchshöfer, ZPO, 1992, zu § 561 Rn 29 f.;
Zeiss, Zivilprozeßrecht, 8. Aufl., § 83 Rn 107; Stein/Jona/Grunsky,
ZPO, 1977, zu § 561 Rn 17). Die Verjährung einer Forderung ist
entsprechend dem Aspekt der Sachverhaltsänderung durch bloßen
Zeitablauf zu berücksichtigen, denn der Zeitablauf ist stets eine
offenkundige Tatsache und der Eintritt der Verjährung
grundsätzlich ein entsprechender Umstand (vgl. Mattern, Neues
Vorbringen in der Revisionsinstanz JZ 1963, 649, 653). Vorliegend
steht der Offenkundigkeit auch nicht entgegen, daß in der
Revisionsinstanz noch ungeklärt war, ob das Schuldanerkenntnis
konstitutive Wirkung mit der Folge einer 30jährigen Verjährung
oder deklaratorische Wirkung mit der Folge einer zweijährigen
Verjährung haben würde; denn die Klärung dieser Rechtsfrage oblag
dem Revisionsgericht ohnehin bei seiner Óberprüfung des
Berufungsurteiles.
Die Berücksichtigung der Verjährung
hätte einer endgültigen Streitbereinigung gedient, und
entgegenstehende schützenswerte Interessen der Zedenten, die es
rechtfertigen könnten, den Bürgen auf die Erhebung einer
Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, sind nicht ersichtlich. Die
Bedenken der Klägerinnen, die Zedenten hätten Einwendungen gegen
die Erhebung der Einrede der Verjährung vorbringen können, hat das
Landgericht zu Recht nicht durchgreifen lassen, weil die
nachträglich erhobene Einrede von den Zedenten hingenommen worden
und nicht erkennbar ist, daß sie sich im Prozeß anders verhalten
hätten.
Der Entscheidung des
Bundesgerichtshofes NJW 1990, 2754 f. ist kein Anhalt dafür zu
entnehmen, eine in der Revisionsinstanz eingetretene Verjährung
könne nur Berücksichtigung finden, wenn die Einrede bereits in der
Tatsacheninstanz (verfrüht) erhoben worden ist.
Es ist allerdings die Frage, ob die
unter den gegebenen Voraussetzungen von der Rechtsprechung
zugelassene Möglichkeit der Einrede der Verjährung bei
Nichterhebung zwingend die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO
auslöst. Diese Frage ist zu bejahen, da sich nach zutreffender
Meinung (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, a.a.O., zu § 561 Rn 23;
Stein/Jonas/Leipold, 20. Aufl., zu § 322 Rn 237; Rimmelspacher,
Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im
Zivilprozeß, Seite 255, Fußnote 115) der für die Präklusion
maß-gebende Zeitpunkt auf den Schluß der mündlichen Verhandlung
verschiebt, wenn die neue Tatsache noch in der Revisionsinstanz
hätte vorgetragen werden können. Denn diese Auffassung hat sowohl
den Wortlaut als auch den Sinn und Zweck des § 767 Abs. 2 ZPO für
sich. Die Vorschrift stellt auf die Entstehung der Gründe der
Einwendungen und nicht auf ihre Geltendmachung ab; sie will zudem
den rechtskräftigen Titel möglichst weitgehend vor nachträglichen
Angriffen des Schuldners schü-zen (vgl. Lippross,
Vollstreckungsrecht, 6. Aufl., 1992, Seite 222). Daher müssen
Einwendungen schon dann ausgeschlossen werden, wenn sie objektiv im
Vorprozeß hätten geltend gemacht werden können (vgl. BGH 34, 274,
279). Demgemäß ist sogar ohne Belang, ob die Partei ein Verschulden
daran trifft, daß sie nicht alles ihr Günstige vorgetragen hat
(vgl. Zöller-Herget, 18. Aufl., zu § 767 Rn 14). Im übrigen kommt
die Vollstreckungsgegenklage in der Sache einer Fortsetzung des
früheren Prozesses nah (vgl. BGH NJW 1980, 1393). Bereits deshalb
ist die Partei mit dem Vortrag neuer Tatsachen gemäß § 767 Abs. 2
ZPO präkludiert, wenn sie diese unter Verletzung ihrer
Prozeßförderungspflicht im Vorprozeß nicht geltend gemacht hat
(vgl. Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht, 19. Aufl.,
Seite 50 f.).
Allerdings sind primäre Schadensersatzansprüche
der Zedenten gemäß § 51 BRAO in Bezug
auf den Hauptschuldner mit dem Ablauf des 31. Dezember 1989
verjährt, worauf der Beklagte sich berufen hat.
Die dreijährige Verjährungsfrist
beginnt zu laufen in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden
ist (vgl. Feuerich, a.a.O., zu § 51 Rn 11). Der Anspruch ist
entstanden, wenn infolge der Pflichtverletzung des Anwaltes eine
Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten eingetreten ist,
wobei sich der Schaden noch nicht konkret ausgewirkt zu haben
braucht und Kenntnis des Geschädigten von dem Schaden und der
Pflichtwidrigkeit seines Anwaltes nicht erforderlich ist (vgl.
Jessnitzer/Blumberg, Bundesrechtsanwaltsordnung, 6. Aufl., zu § 51
Rn 2 m.w.N.). Läßt der Rechtsanwalt im Lauf eines Mandats einen
Anspruch seines Mandanten verjähren, so entsteht der Schaden und
damit der Regreßanspruch gegen den Anwalt im Zeitpunkt dieser
Verjährung, und von diesem Zeitpunkt an läuft auch die
Verjährungsfrist für die Schadensersatzansprüche, die der Mandant
gegen den eigenen Anwalt stellen kann (vgl. Jessnitzer/Blumberg,
a.a.O., zu § 51 RN 2 u. Feuerich, a.a.O., zu § 51 RN 12 - jeweils
mit w.N. -).
Vorliegend ist der Schaden der Zedenten
mit Ablauf der Verjährungsfrist für die Honoraransprüche am 31.
Dezember 1986 eingetreten mit der Folge, daß primäre
Schadenersatzansprüche jeglicher Art aus dem Gesamtkomplex am 1.
Januar 1990 verjährt waren, so daß die vorliegende 1991 erhobene
Klage die Verjährung nicht mehr unterbrechen konnte, wovon auch die
Klägerinnen ausgehen (Blatt 267 d.A.).
Der Beklagte hatte einen einheitlichen
Auftrag der Zedenten, der die Vollstreckung mit umfaßte, so daß das
Mandat entgegen der Auffassung des Beklagten nicht bereits im Jahr
1985 mit entsprechend früherer Verjährung daraus resultierender
Schadensersatzansprüche beendet war.
Andererseits ist nach Wortlaut und
Zweck der Vorschrift des § 51 BRAO für den Beginn der Verjährung
nicht auf das Mandatsende abzustellen, wenn - wie vorliegend - der
Schadenersatzanspruch aus der Verletzung der anwaltlichen
Sorgfaltspflichten bereits vorher entstanden ist (vgl. Vollkommmer,
a.a.O., Rn 463).
III. 1. Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt daher
davon ab, ob ein sogenannter
Sekundäranspruch gegeben ist, welcher der Berufung des Beklagten
auf den Eintritt der Verjährung mit dem 1. Januar 1990
entgegensteht.
Das ist zu bejahen.
Der Sekundäranspruch ist daraus hergeleitet, daß
der Anwalt verpflichtet ist, den
Mandanten auf einen Schadenersatzanspruch gegen sich selbst und die
dafür geltende kurze dreijährige Verjährung hinzuweisen. Für den
Anwalt kann sich bei der weiteren Wahrnehmung des Mandates ein
begründeter Anlaß ergeben zu prüfen, ob er dem Mandanten durch
einen Fehler einen Schaden zugefügt hat; muß ein sorgfältig
arbeitender Anwalt dabei die Möglichkeit einer Regreßhaftung
kennen, ist ein Hinweis darauf und auf die kurze Verjährungsfrist
des § 51 BRAO geboten (vgl. Feuerich, a.a.O., zu § 51 Rn 20). Die
schuldhafte Verletzung dieser Verpflichtung führt gemäß § 249 BGB
dazu, daß der Anwalt den geschädigten Mandanten so stellen muß, als
wäre die Verjährung des Primäranspruches nicht eingetreten, d.h. er
darf sich auf die Verjährung nicht berufen. Der Sekundäranspruch
setzt indes eine neu schuldhafte Pflichtverletzung voraus, die
nicht identisch ist mit dem ersten Beratungsfehler (vgl. BGH NJW
1985, 2250; NJW 1987, 326; NJW 1988, 266; NJW 1991, 2828; Feuerich,
a.a.O., zu § 51 Rn 17 f., 22). Der Anwalt muß nach Entstehen, aber
vor Verjährung des Primäranspruches begründeten Anlaß gehabt haben,
eine durch seine Pflichtwidrigkeit verursachte Schädigung des
Mandanten zu erkennen und diesem die Durchsetzbarkeit des
Regreßanspruches durch entsprechende Hinweise und Belehrungen zu
ermöglichen, dies aber schuldhaft unterlassen haben (vgl. Feuerich,
a.a.O., zu § 51 Rn 22; BGH VersR 1967, 979 f.; NJW 1985, 2250 f.
NJW 1987, 326; NJW 1987, 3136, 3138).
Schuldhaft ist die Unterlassung des
Hinweises des Anwaltes auf den Primäranspruch des Mandanten und
dessen drohende Verjährung im allgemeinen schon dann, wenn es sich
einem sorgfältig arbeitenden Rechtsanwalt aufdrängen mußte, einen
zur Schadensentstehung führenden Fehler gemacht zu haben (vgl.
Jessnitzer/Blumberg, a.a.O., zu § 51 Rn 4 m.w.N.). Der Anwalt, der
begründeten Anlaß hat, eine durch seinen Fehler eingetretene
Schädigung des Mandanten zu erkennen, muß ihn hierauf sowie auf die
kurze Verjährung des § 51 BRAO so rechtzeitig hinweisen, daß
dieser ohne Zeitdruck anderweitigen Rechtsrat einholen und
gegebenenfalls die Verjährung durch gerichtliche Geltendmachung
unterbrechen kann (vgl. Jessnitzer/Blumberg, a.a.O., m.w.N.).
Entscheidend ist daher, ob für den
Beklagten begründeter Anlaß bestand, seine bisherige Tätigkeit zu
überprüfen und hierbei seinen Beratungsfehler, die Hauptforderung
verjähren zu lassen, zu erkennen.
Ein solcher begründeter Anlaß war entgegen der
Auffassung des Beklagten sowohl auf
Grund der Óbermittlung der Urteile des Oberlandesgerichts Köln und
des Bundesgerichtshofes an den Beklagten als insbesondere auch auf
Grund des Schreibens der Rechtsanwälte L. und T. vom 24. Februar
1988 (Blatt 354 f. d.A.) gegeben. Ob er unter Umständen auch in
einer Mitteilung erheblicher Verbesserung der finanziellen
Situation des Hauptschuldners zu sehen war, kann dahinstehen.
Soweit der Senat auf Grund des Vorbringens des Be-
klagten in der Berufungserwiderung
zunächst davon ausgegangen ist, daß der Beklagte nicht vor Ablauf
der Verjährung des Primäranspruches Ende 1989 mit den Urteilen des
Oberlandesgerichtes Köln und des Bundesgerichtshofes befaßt gewesen
ist, sich hiermit vielmehr gemäß Schreiben vom 20. Juli 1990 erst
1990 beschäftigt hat (Blatt 330 d.A.), ist jedenfalls in der
letzten mündlichen Verhandlung klargestellt und unstreitig
geworden, daß die genannten Urteile dem Beklagten in unverjährter
Zeit, das Revisionsurteil Ende 1987, zugegangen sind.
Bei der Durchsicht und Erwägung der
obergerichtlichen Urteile hätte dem Beklagten der begangene
Beratungsfehler auffallen müssen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten
ist den Klä-gerinnen dahin zu folgen, daß es zu den Pflichten des
erstinstanzlichen Anwaltes gehört, die Berufungs- und
Revisionsurteile der von ihm betreuten Verfahren zu lesen und auf
ihre Konsequenzen zu analysieren, insbesondere, wenn er noch mit
der Vollstreckung betraut ist und Ansprüche nicht umfassend
verfolgt worden sind. Eine Pflicht, ergangene Urteile zu beachten,
ist in Fällen bejaht worden, in denen eine dem Anwalt ungünstige
Entscheidung ergangen war (vgl. BGH NJW 1986, 581, 583; OLG
Düsseldorf NJW-RR 1989, 927, 929). Vorliegend ist zwar nur die
Begründung der vom Beklagten erstrittenen Entscheidung erster
Instanz zu Ungunsten der Zedenten geändert worden. Gleichwohl ist
der Anwalt generell als gehalten anzusehen, die obergerichtlichen
Urteile insbesondere wegen inhaltlicher Ànderungen hinsichtlich der
tragenden rechtlichen und tatsächlichen Gründe, die weitere
Konsequenzen haben können, zu lesen und zu überdenken. Dabei hätten
dem Beklagten die verjährungsrechtlichen Folgen der Beurteilung der
Anerkenntnisse als nur deklaratorisch klar werden müssen. Hierdurch
hätte sein Fehler bei der Beratung und gemeinsamen Óberlegung mit
den Zedenten, Ansprüche nur gegen den Bürgen gerichtlich zu
verfolgen und die Hauptforderung verjähren zu lassen mit der
Möglichkeit für den Bürgen, die Verjährung einwenden zu können,
auffallen und er hätte die Zedenten auf seinen Beratungsfehler und
die Verjährung eines sich daraus ergebenden
Schadenersatzanspruches hinweisen müssen.
Schon das am 24. April 1986 verkündete
zweitinstanzliche Urteil im Bürgschaftsprozeß, von dessen Zugang
an den Beklagten (nach Zustellung am 2. Juni 1986) im Rahmen der
Vollstreckung jedenfalls im Sommer 1986 auszugehen ist, hätte dem
Beklagten begründeten Anlaß bieten müssen, dieses auch bei ihm nur
noch obliegender Vollstreckungstätigkeit zu lesen und auf seine
rechtlichen Folgerungen hinsichtlich der Anspruchsgrundlage zu
überdenken, zumal die Annahme eines abstrakten
Schuldanerkenntnisses von Anfang an unter Berücksichtigung der
Umstände zweifelhaft sein mußte. Die Qualifizierung des
Anerkenntnisses als abstraktes oder deklaratorisches hat im
wesentlichen Auwirkungen hinsichtlich der Frage der Verjährung und
mußte daher Anlaß für einen sorgfältig arbeitenden Anwalt sein, die
Folgen der Beurteilung bei der Frage der Verjährung zu bedenken.
Der Beklagte hätte die kurze zweijährige Verjährung der
Honoraransprüche und deren Auswirkung auf den Bürgschaftsanspruch
sowie die Notwendigkeit der bisher unterlassenen Unterbrechung der
Verjährung der Hauptforderungen erkennen und die Zedenten auf die
Folgen der Verjährung des Hauptanspruches gemäß der Auffassung des
Berufungsurteils hinzuweisen müssen. Eine solche Aufklärung hat der
Beklagte unstreitig nicht vorgenommen.
Eine entsprechende Pflicht zur
Óberprüfung ergab sich für ihn aufgrund des Revisionsurteils vom 4.
November 1987, wobei nach Erhalt dieses Urteils die bereits mit
Ablauf des 31. Dezember 1986 eingetretene Verjährung des
Hauptanspruches als die Zedenten schädigendes Ereignis festgestellt
worden wäre.
Den Erwägungen des Landgerichtes, die
genannten Urteile hätten keinen Anlaß gegeben, die bisherige
Tätigkeit zu überprüfen und den Beratungsfehler, nicht auf eine
Unterbrechung der Verjährung des Hauptanspruches hingewirkt zu
haben, zu erkennen, da die Verjährung während des
Bürgschaftsprozesses nicht eingewandt worden sei und die
Auswirkungen der Verjährung des Hauptanspruches auf den
Bürgschaftsanspruch nicht erörtert worden seien, kann nicht
gefolgt werden. Die Bedeutung der Qualifizierung der
Anspruchsgrundlage des Schuldanerkenntnisses als lediglich
deklaratorisch insbesondere für die Frage der Verjährung mußte
Anlaß für einen gewissenhaft arbeitenden Anwalt sein, diese von der
des Landgerichtes abweichende Beurteilung auf ihre rechtlichen
Konsequenzen zu überdenken, den Verjährungseintritt der
Hauptforderungen aufgrund der Auffassung des Oberlandesgerichtes
und des Bundesgerichtshofes und die sich daraus für den Bürgen
ergebende Einrede der Verjährung bedenken, auch wenn der Bürge
sich auf die Verjährung bis zur mündlichen Verhandlung in der
Revisionsinstanz nicht berufen hatte und die Urteile sich mit der
Auswirkung der Verjährung des Hauptanspruches auf den
Bürgschaftsanspruch nicht befassen. Der Beklagte hätte bei einer
solchen Óberprüfung erkennen müssen, einen Fehler gemacht zu haben,
indem er nicht für die Unterbrechung der Verjährung des
Hauptanspruches gesorgt, den Hinweis an die Zedenten auf die Gefahr
der Verjährung des Hauptanspruches für die Durchsetzbarkeit des
Bürgschaftsanspruches, der zum Auftrag der Klage auch gegen den
Hauptschuldner geführt hätte, unterlassen hat. Der Beklagte hätte
die Zedenten rechtzeitig im Jahr 1988 hierauf und auf die kurze
dreijährige Verjährungsfrist des § 51 BRAO hinweisen müssen.
Dabei ist nicht entscheidend, ob die
Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Leitentscheidung zur
Rechtsberatungsbefugnis von Wirtschaftsprüfern angesehen und
entsprechend veröffentlicht worden ist. Denn der Beklagte durfte
sein Augenmerk nicht nur auf die Bedeutung der Entscheidung für
Wirtschaftsprüfer richten, sondern mußte für sie zum Anlaß der
Óberprüfung seiner eigenen Rechtsauffassung nehmen, auch wenn er
den Standpunkt eines abstrakten Schuldanerkenntnisses nicht als
sicher und eindeutig vertreten hat.
Aber selbst wenn man die Óbermittlung der Urteile
des Oberlandesgerichts Köln und des
Bundesgerichtshofes als begründeten Anlaß für die Óberprü-fung der
bisherigen Tätigkeit und Erkenntnis eines die Hinweis- und
Belehrungspflicht auslösenden Beratungsfehlers nicht ausreichen
läßt, ist ein solcher jedenfalls zu bejahen im Zusammenhang mit den
Schreiben der Rechtsanwälte Dr. L. u. a. vom 24. Februar 1988 (Bl.
354 f. d. A.), in dem sowohl die Frage des Vermögenszuwachses als
auch die der Erwirkung eines Titels gegen den Hauptschuldner
ausdrücklich angesprochen wird. Auch wenn der Beklagte den
behaupteten Vermögenszuwachs für unglaubhaft und unzutreffend
hielt, darin nur einen Versuch des Bürgen sah, sich der
Vollstreckung zu entziehen, mußte der Beklagte den im Schreiben
angesprochenen Fragen und Möglichkeiten nachgehen. Es stellten sich
dann für den Beklagten die von den Klägerinnen formulierten
Fragen:
Besteht bereits ein Titel gegen den
Hauptschuldner oder nicht€
Ist ein solcher Titel heute noch zu
erlangen€
Aus welchen Gründen ist ein Titel gegen
den Hauptschuldner heute gefährdet bzw. unmöglich€
Ist diese Unmöglichkeit bzw. Gefährdung
infolge eingetretener Verjährung auf einen Fehler der anwaltlichen
Tätigkeit zurückzuführen€
Bei Beantwortung dieser Fragen hätte
ein sorgfältiger Anwalt den Eintritt der Verjährung der
Hauptforderung und damit den eigenen Pflichtverstoß erkennen
müssen. Dem Beklagten hätte der Beratungsfehler hinsichtlich der
Verfolgung von Ansprüchen nur gegen den Bürgen, daß zur Absicherung
des Bürgschaftsanspruches die Klage auch gegen den Hauptschuldner
zumindest dringend geboten war, klarwerden und er hätte die
Zedenten auf die hieraus resultierende Anwaltshaftung hinweisen
müssen.
Dabei ist unerheblich, ob die Zedenten
auf das Schreiben des Beklagten vom 8. März 1988 nicht reagiert
haben, was die Klägerinnen bestreiten. Maßgebend ist, daß der
Beklagte Anlaß hatte, seinen Beratungsfehler festzustellen und die
Zedenten hierauf und auf die sich daraus ergebenden
Ersatzansprüche hinzuweisen, was er schuldhaft unterlassen
hat.
Wären die Zedenten noch im Jahr 1988
auf einen bei Óberprüfung erkennbaren Beratungsfehler des
Beklagten aufmerksam gemacht worden, so hätte sie ihre
Schadenersatzansprüche in nicht verjährter Zeit verfolgen können
und geltend gemacht.
Die weiter von den Klägerinnen angeführten Umstände
boten dagegen keinen begründeten Anlaß
zu erneuter Óberprüfung des Vorgehens, bzw. reichen für die
Annahme eines zweiten Pflichtverstoßes nicht aus.
Daß der Beklagte vor Einleitung jeder
einzelnen Vollstreckungsmaßnahme erneut die materiellrechtlichen
Grundlagen auf einen möglichen Fehler überprüfen mußte, wie die
Klägerinnen meinen, bedeutet eine Óberspannung der anwaltlichen
Sorgfaltspflichten.
Auch der Mandatsentzug und die
alsbaldige Neuerteilung des Mandates (betreffend nur die
Vollstrekkung) im Sommer 1989 boten keinen begründeten Anlaß, das
gesamte Vorgehen einer vollständigen Óberprüfung zu entziehen;
denn es muß ein hinreichender Grund gegeben sein, an welchem es
insoweit fehlt. Die gleiche Beurteilung gilt hinsichtlich der vom
Beklagten 1989 eingeleiteten Duldungsklage, die nur einen Akt der
Zwangsvollstreckung beinhaltet.
Es kann dahinstehen, ob eine
Kenntniserlangung seitens des Beklagten davon, daß der
Hauptschuldner wieder zu Vermögen gekommen sei und daher ein
Vorgehen gegen ihn in Betracht komme, ohne konkrete Frage nach
einem Titel gegen diesen begründeter Anlaß war, das bisherige
Vorgehen einer Óberprü-fung zu unterziehen. Ob eine solche Kenntnis
vor dem 1. Januar 1990 - abgesehen von dem erörterten Schreiben der
Rechtsanwälte Dr. L. u.a. vom 24. Februar 1988 - hinreichend
dargetan ist, erscheint zweifelhaft. Dem Schreiben des Beklagten
vom 20. Juli 1990 und 13. März 1991 ist eine solche Kenntnis nicht
sicher zu entnehmen. Der Beklagte hat bestritten, schon 1989 oder
noch früher von der erfolgreichen Abwicklung des Konkursverfahrens
erfahren zu haben. Einer Sachaufklärung bedarf es angesichts der
bereits festgestellten zweiten Pflichtverletzung nicht.
Auch auf die im insoweit nicht
nachgelassenen klä-gerischen Schriftsatz vom 2. November 1983
vorgetragenen Unterredungen vom 29. Januar 1988, bei der eine
Inanspruchnahme des Hauptschuldners erörtert worden sei, und vom 6.
Oktober 1989, bei der der Beklagte über frei verfügbares Vermögen
untrrichtet worden sei, kommt es demnach nicht an.
Hinsichtlich der gemäß den vorstehenden Ausführun-
gen zu bejahenden sekundären
Pflichtverletzungen in Bezug auf den Beratungsfehler betreffend die
erforderliche Titelerwirkung gegen den Hauptschuldner kann der
Beklagte sich weder darauf berufen, die Klägerinnen stützten ihre
Ansprüche nicht darauf, daß er keinen Titel gegen K.W. erstritten
habe, noch darauf, daß ein adäquater Zusammenhang zwischen
Pflichtverstoß und Schaden fehle. Wie bereits dargelegt, ist
entscheidend, daß die Zedenten bei ordnungsgemäßer Beratung den
Auftrag zur Klageerhebung auch gegen den Hauptschuldner erteilt
hätten, um die Verjährung der Hauptforderung sicher zu verhindern
und damit dem Bürgen den Verjährungsaufwand abzuschneiden, worauf
die Klägerinnen sich ausdrücklich berufen (Bl. 384 d. A.).
Im übrigen scheitert der
Schadenersatzanspruch insgesamt nicht daran, daß die Klägerinnen
gegen den Bürgen noch vollstrecken können, weil diesem wegen der
Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO eine Berufung auf die
Verjährung der Hauptforderung verwehrt ist. Dadurch ist ein Schaden
nur in bezug auf die Anspruchsverfolgung gegen den Bürgen
ausgeschlossen, weil sich der Beratungsfehler in bezug auf den
Bürgen nicht ausgewirkt hat. Hinsichtlich des Hauptschuldners ist
ein Schaden entstanden, weil die Hauptforderung verjährt ist und
gegen ihn nicht mehr durchgesetzt werden kann, während bei
ordnungsgemäßer Beratung ein Titel auch gegen den Hauptschuldner
erwirkt worden wäre.
Der adäquate Zusammenhang zwischen der
zweiten Pflichtverletzung und einem Schaden der Klägerinnen aus der
entgangenen Vollstreckungsmöglichkeit gegen den Hauptschuldner ist
zu bejahen. Denn aus der erneuten Pflichtverletzung, der trotz
begründeten Anlasses unterbliebenen Óberprüfung und dadurch nicht
erlangten Kenntnis des ersten Beratungsfehlers resultiert das
Unterlassen eines Hinweises des Beklagten auf seine
Schadenersatzpflicht sowie die Verjährung eines entsprechenden
Anspruches und daraus wiederum der Eintritt der Verjährung von
Schadenersatzansprüchen der Zedenten gegen den Beklagten gemäß § 51
BRAO mit Ablauf des 31. Dezember 1989 (vgl. Feuerich, aao, zu § 51
Rn. 22 m.w.N.). Hat der Anwalt während der Dauer des Mandates -
vorliegend der Beklagte während der ihm übertragenen Vollstreckung
jedenfalls Anfang 1988 - trotz begründeten Anlasses, also
pflichtwidrig, die Belehrung über die Verjährung des
Regreßanspruches unterlassen, so ist in der Regel davon auszugehen,
daß darauf die Verjährung des primären Schadensersatzanspruchs
beruht; denn es ist - sofern keine festgestellten Umstände
entgegenstehen - anzunehmen, daß der Mandant bei zutreffender
Belehrung den Anspruch in einer die Verjährung unterbrechenden
Weise geltend gemacht hätte (vgl. Feuerich, aaO, zu § 51 Rn. 26
m.w.N.). Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Zedenten einen
Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten bei rechtzeitiger
Informierung im Jahr 1988 noch vor Ablauf der Verjährungsfrist Ende
1989 in einer die Verjährung unterbrechenden Weise geltend gemacht
hätten.
Es ist ferner weder ein Mitverschulden der Zeden-
ten an der Entstehung des Schadens
ersichtlich (§ 254 BGB), noch kann der Beklagte sich mit Erfolg
darauf berufen, die Zedenten hätten den durch die Verjährung des
Anspruches gegen den Hauptschuldner eingetretenen Schaden in
mutwilliger Weise selbst herbeigeführt, indem sie den Bürgen im
Jahr 1990 auf die Erhebung der Verjährungseinrede hingewiesen und
ihn veranlaßt hätten, diese geltend zu machen. Demgegenüber tragen
die Klägerinnen vor, der Zeuge M. habe im Sommer 1990 aufgrund
positiven Abschlusses des Konkursverfahrens eine abschließende
Regelung zur Schuldenbefreiung der Familie W. herbeiführen und
auch die Honorarforderungen im Falle der Einwendungsfreiheit
bedienen wollen. Bei der rechtlichen Óberprüfung habe er den
Eintritt der Verjährung festgestellt und im Namen des
Hauptschuldners die Regulierung unter Berufung auf die eingetretene
Verjährung verweigert. Nach diesem Vorbringen, dem der Beklagte
nicht entgegengetreten ist, kann treuwidriges Verhalten nicht
festgestellt werden.
Der Sekundäranspruch war bei Erhebung der Klage
im Jahr 1991 noch nicht verjährt. Er
verjährt gemäß § 51 BRAO in drei Jahren ab Entstehung des
Anspruches, wobei die Verjährung mit dem Eintritt der
Primärverjährung zu laufen beginnt (vgl. Feuerich, aaO, zu § 51 Rn.
30 m.w.N.). Da der Primäranspruch mit dem Ablauf des 31. Dezember
1989 während des noch fortbestehenden Mandatsverhältnisses verjährt
ist, begann die Verjährung des Sekundäranspruches am 01.01.1990 zu
laufen, und diese Verjährungsfrist war bei Klageerhebung noch nicht
verstrichen.
Hinsichtlich des auch der Höhe nach streitigen
Schadens der Klägerinnen gilt
folgendes:
Da dem Bürgen die Berufung auf die Verjährungsein-
rede versagt ist und mithin gegen ihn
vollstreckt werden kann, ist in Bezug auf den Bürgen kein Schaden
entstanden und braucht nicht geklärt zu werden, ob und welche
Vermögenswerte des Bürgen zur Verfü-gung stehen, bzw. ob diese zur
Erfüllung des gegen ihn erwirkten Titels ausreichen.
Hinsichtlich eines Schadens in bezug auf den Haupt-
schuldner ist streitig und
aufklärungsbedürftig, ob der Zeuge M. unverjährte titulierte
Honorarforderungen gegen den Hauptschuldner erfüllt hätte und/oder
ob dieser inzwischen wieder über ausreichende eigene freie
Vermögenswerte verfügt, um solche zu befriedigen, was die
Klägerinnen unter Beweisantritt behaupten und der Beklagte
bestreitet.
Da vorliegend der Schadensersatzanspruch nach Grund
und Höhe streitig ist, der Streit über
den Grund im bejahenden Sinne entscheidungsreif ist, während die
Höhe noch der Sachaufklärung bedarf, hat der Senat gemäß § 304 ZPO
ein Grundurteil erlassen.
Hinsichtlich der Aufklärung zur Höhe,
insoweit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, war der
Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Gericht des ersten
Rechtszuges zurückzuverweisen. Vorliegend ist im Fall eines auch in
I. Instanz nach Grund und Höhe streitigen Schadenersatzanspruches
die Klage abgewiesen worden und der Rechtsstreit nur über den
Grund, nicht über die Höhe entscheidungsreif (vgl.
Zöller-Schneider, ZPO, 18. Aufl., zu § 538 Rn. 16).
Das Absehen von der Zurückverweisung
und die eigene Sachaufklärung und Entscheidung zur Höhe hat der
Senat im vorliegenden Fall nicht für sachdienlich erachtet (§ 540
ZPO). Es sind erhebliche tatsächliche Feststellungen erforderlich,
da zum Grund noch keine Aufklärungsmaßnahmen getroffen worden sind.
Das Interesse der Parteien an einer schnelleren Erledigung
überwiegt daher nicht den Verlust einer Tatsacheninstanz, den die
Parteien bei eigener Entscheidung des Senats hinnehmen müßten.
Da der Zahlungsantrag dem Grunde nach gerechtfer-
tigt ist, bedarf es keiner Entscheidung
über den nur hilfsweise gestellten Feststellungsantrag.
Eine eigene Kostenentscheidung war nicht zu
treffen.
Gegenstandswert für das
Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Beklagten:
204.720,00 DM
OLG Köln:
Urteil v. 07.12.1993
Az: 22 U 31/93
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/443fa33180b0/OLG-Koeln_Urteil_vom_7-Dezember-1993_Az_22-U-31-93