In der bloßen Bereithaltung einer Datei auf einem Server dürfte kein öffentliches Zugänglichmachen i.S. d. § 19 a UrhG liegen: Dies setzt nach Auffassung der Kammer voraus, dass das Werk für die Öffentlichkeit unter Nutzung der üblichen Zugangswege erreichbar ist, wovon dann nicht die Rede sei, wenn der angebliche Rechtsverletzer das Werk derart wiedergibt, dass allenfalls zufällig davon Kenntnis zu nehmen ist. Das Auffinden über eine Bildersuchmaschine ist aber kein üblicher Zugangsweg, sondern steht einer zufälligen Kenntnisnahme gleich.
Durch die Einspeicherung der streitgegenständlichen Kartenausschnitts auf einem Server kommt es aber zumindest zu einer Vervielfältigung i.S. d. § 16 UrhG.
Der Beklagte kann sich aufgrund des pauschalen Charakters der klägerischen Lizenz nicht darauf zurückziehen, er habe den Kartenausschnitt lediglich vervielfältigt.
1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 14. November 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 218 C 432/06 - wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich eines Aufschlags von 10 vom Hundert abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie wegen einer Urheberrechtsverletzung durch ungenehmigte Veröffentlichung eines Kartenausschnittes sowie wegen der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Anspruch.
Die Klägerin ist ausschließliche Nutzungsberechtigte an bestimmtem Kartenmaterial, das im Internet abgerufen werden kann. Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, lud einen Kartenausschnitt der Größe DIN A 6 aus dem Angebot der Klägerin auf seinen Server, ohne hierfür eine Lizenz von der Klägerin erworben zu haben. Diesen Kartenausschnitt fand die Klägerin am 7.8.2006 mittels einer Bildersuchmaschine; mit der Homepage des Beklagten war der Ausschnitt zu dieser Zeit nicht verlinkt.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat den Beklagten antragsgemäß durch Urteil vom 14. November 2006 verurteilt, an die Klägerin 1.334,40 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. September 2006 zu zahlen.
Dem Beklagten ist das Urteil am 15. Dezember 2006 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2007 hat der Beklagte Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 05. Februar 2007 begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Zweitinstanzlich ist zu ergänzen, dass die Klägerin unstreitig für die bloße Vervielfältigung keine Lizenz anbietet. Ferner behauptet die Klägerin nunmehr, dass Suchmaschinen nur solche Inhalte anzeigten, die jedenfalls irgendwann einmal von der Startseite oder einer anderen Seite aus über Links erreichbar waren (Bl. 103 f d.A. sowie Privatgutachten, Anl. Bb3).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, nämlich form- und fristgemäß eingelegt und fristgemäß begründet worden. Die Berufungsbegründungsschrift enthält auch die nach § 520 Abs.3 Satz 2 ZPO erforderlichen Angaben.
In der Sache ist die Berufung jedoch nicht erfolgreich, da das erstinstanzliche Urteil - allerdings aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten - zu bestätigen ist.
1. Der Klägerin steht zunächst ein Schadensersatzanspruch in der im angegriffenen Urteil genannten Höhe von € 820,00 gemäß §§ 97 Abs.1 Satz 1 i.V.m. 16 UrhG zu. Denn der Beklagte verletzte das Vervielfältigungsrecht der Klägerin am streitgegenständlichen Kartenausschnitt widerrechtlich und zumindest fahrlässig.
a) Die Klägerin hat am streitgegenständlichen Kartenausschnitt ein Urheberrecht, § 2 Abs.1 Nr.7, Abs. 2 UrhG. Insoweit kann auf die überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden, die der Beklagte auch nicht angegriffen hat.
b) Es kann dahinstehen, ob der Beklagte die streitgegenständlichen Kartenkacheln öffentlich zugänglich i.S.d. § 19a UrhG machte:
16aa) In der bloßen Bereithaltung einer Datei auf einem Server dürfte zwar kein öffentliches Zugänglichmachen liegen:
17Das Recht aus § 19a UrhG erfasst zwar ein Zugänglichmachen des geschützten Werkes im Internet (vgl. Schricker, UrhR, 3. Auflage, § 19a RN.43). Der streitgegenständliche Kartenausschnitt befand sich vorliegend auch im Internet, denn der Beklagte lud € soweit zwischen den Parteien unstreitig € den streitgegenständlichen Kartenausschnitt aus dem Kartenbestand der Klägerin herunter und auf seinen Server als Datei hoch, wo ihn die Klägerin mithilfe einer Suchmaschine fand.
18Selbst wenn der Kartenausschnitt - wie von der Klägerin vorgetragen - über die Zuhilfenahme einer Suchmaschine ohne vorherige Passwortabfrage online auffindbar war, stellt dies jedoch kein Zugänglichmachen i.S.d. § 19a UrhG dar. Denn dies setzt nach Auffassung der Kammer voraus, dass das Werk für die Öffentlichkeit unter Nutzung der üblichen Zugangswege erreichbar ist. Zur Begründung ist auf § 15 Abs. 3 S. 1 UrhG zu verweisen, wonach die Wiedergabe nur dann öffentlich ist, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist: Von einer solchen Bestimmung kann jedenfalls dann nicht die Rede sein, wenn der angebliche Rechtsverletzer das Werk derart wiedergibt, dass allenfalls zufällig davon Kenntnis zu nehmen ist (vgl. Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 15 Rnr. 46 m.w.Nw.). Auch das OLG Hamburg spricht in einem offenbar sehr ähnlich gelagerten Fall davon, dass die rechtsverletzenden Kartographien den interessierten Nutzern bei üblichen bzw. typischen Nutzungshandlungen im Internet zur Kenntnis gelangt sein müssen (WRP 2007, 816 f.); dies führt nach Ansicht des OLG Hamburg zwar bereits zur Verneinung des Verfügungsgrundes, was aber nahelegt, dass das OLG auch den Verfügungsanspruch - trotz der Aussage, die Kartographien seien €im Rechtssinne weiterhin öffentlich zugänglich gemacht€ - verneinen würde.
19Das Auffinden über eine Bildersuchmaschine ist aber kein üblicher Zugangsweg, sondern steht einer zufälligen Kenntnisnahme gleich. Die Öffentlichkeit, an die sich der Beklagte mittels seiner Internetpräsenz wendet € Mandanten, potentielle Mandanten und Geschäftspartner € bedienen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht einer Bildsuchmaschine, um Einsicht in Bilder des Beklagten über seine Internetpräsenz hinaus zu erhalten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich diese Personen auf die Einsichtnahme der unmittelbar auf der Internetpräsenz des Beklagten zur Verfügung gestellten Inhalte einschließlich der - ggf. über Links zu erreichenden - Texte und Bilder beschränken. Denn dies ist der schnellste und einfachste Weg, auf die Inhalte zuzugreifen; es besteht auch keinerlei Grund zu der Annahme, dass ein Dienstleister wie ein Rechtsanwalt für Mandanten und Partner wichtige Informationen an nicht unmittelbar zugänglichen Stellen seiner Internetpräsenz verstecken sollte.
bb) Die Klägerin dürfte sich auch nicht darauf berufen können, dass Suchmaschinen angeblich nur solche Inhalte anzeigen, die jedenfalls irgendwann einmal von der Startseite oder einer anderen Seite aus über Links erreichbar waren. Dies würde zwar bedeuten, dass der Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt den Kartenausschnitt öffentlich zugänglich gemacht hatte, was - unabhängig von dem in der Abmahnung benannten Zeitpunkt - den Schadensersatzanspruch auslösen dürfte. Die klägerische Behauptung erscheint aber nicht hinreichend substantiiert. Denn nach dem Bestreiten des Beklagten hätte die Klägerin im einzelnen darlegen müssen, warum Suchmaschinen wie behauptet arbeiten. Dem werden die klägerischen Spekulationen zum technischen Hintergrund (Schriftsatz vom 24.4.2007, dort S. 11, Bl. 104 d.A.) ebenso wenig gerecht wie das sachverständige Privatgutachten vom 24.5.2007. Letzteres behauptet auf S. 8 und 9 lediglich, dass eine Suchmaschine sich die URL-Adresse oder den Dateinamen einer Bilddatei nicht ausdenken könne, was aber offen lässt, ob nicht auch noch andere Möglichkeiten für Suchmaschinen bestehen, etwa schlicht die Suche nach Dateien mit der Endung €jpeg€ oder €gif€ und dem weiteren Zusatz €Plan€, €Lageplan€ oder €Anfahrtsskizze€. Dem Privatgutachten kommt im Übrigen auch deshalb wenig Überzeugungskraft zu, weil es auf S. 10 ff. unter Bezug auf €web.xxx.org€ mehrere frühere Zustände der Webseite des Beklagten wiedergibt, ohne dass darin aber der hier erhebliche Link auf das Kartenmaterial der Klägerin ersichtlich wäre; warum dies nicht möglich ist, erläutert das Gutachten nicht.
21c) Auf Vorstehendes kommt es jedoch nicht an, da der Beklagte die streitgegenständlichen Kartenkacheln zumindest i.S.d. § 16 UrhG vervielfältigte.
aa) Vervielfältigung ist jede körperliche Festlegung eines Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen (BGH GRUR 1991, 449/453). Diese Voraussetzung liegt hier vor, denn durch die Einspeicherung des streitgegenständlichen Kartenausschnitts in seinen Server legte der Beklagte den Kartenausschnitt auf einem Datenträger digital fest. Diese Maßnahme war zudem geeignet, das Werk den menschlichen Sinnen unmittelbar und mittelbar wahrnehmbar zu machen, denn jedenfalls mittels Passworteingabe konnte zumindest der Beklagte den Kartenausschnitt auf dem Server ansehen.
bb) Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Vervielfältigung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch erstellt zu haben (sog. Privatkopie, § 53 UrhG). Denn berufliche sowie erwerbswirtschaftliche Zwecke schließen den privaten Gebrauch aus (Dreier, a.a.O., § 53 Rnr. 10). Ein solchen Zweck liegt im Streitfall aber auf der Hand, da die Kartenkachel die Kanzleiadresse des Beklagten zeigt.
d) Der Beklagte handelte auch zumindest fahrlässig gemäß §§ 97 Abs.1 Satz 1 Alt.3 UrhG. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs.2 BGB), d.h. wer hätte wissen können und müssen, dass er eine Rechtsverletzung begeht. Im Urheberrecht werden an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt (vgl. GRUR 1999, 49/51). Der Beklagte hätte wissen können und auch müssen, dass die Einspeicherung des Kartenausschnitts auf seinem Server die Vervielfältigungsrechte der Klägerin verletzt, denn die Internetdomain der Klägerin weist auf den Urheberrechtsschutz der auf dem Server vorhandenen Kartographie hin.
e) Der Schadensersatzanspruch besteht auch in der obig genannten Höhe von 820,20 €. Er ergibt sich aus einer fiktiven angemessenen Lizenzgebühr, die der Beklagte für die Benutzung des der Klägerin zustehenden Vervielfältigungsrechtes hätte zahlen müssen.
26Die derartige Schadensberechnung im Wege einer angemessenen Lizenz ist eine von der Rechtssprechung entwickelte und zum Gewohnheitsrecht gewordene Berechnungsart (vgl. Schricker, UrhG, 3. Auflage, § 97 RN.60). Der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen wird fingiert; als angemessen gilt die Lizenzgebühr, die verständige Vertragspartner vereinbart hätten (Dreier, a.a.O.., § 97 Rnr. 61 m.w.Nw.). Daraus ergibt sich im Streitfall die genannte Summe. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Lizenz für die Nutzung eines Kartenausschnittes der Größe DIN A6 durch Einbindung einer statischen Grafik in eine Website für 820,00 € von der Klägerin zu erwerben gewesen wäre. Diese Lizenz umfasst zwar sowohl das Recht der Vervielfältigung als auch das - hier wohl nicht verletzte - Recht der Öffentlichen Zugänglichmachung. Der Beklagte kann sich aufgrund des pauschalen Charakters der klägerischen Lizenz jedoch nicht darauf zurückziehen, er habe den Kartenausschnitt lediglich vervielfältigt:
Eine pauschale Lizenz ist dann geschuldet, wenn der Abschluss eines Lizenzvertrags mit dem der Schadensberechnung zugrunde gelegten Inhalt üblich ist (BGH GRUR 1990, 1008, 1010 - Lizenzanalogie: Bei der Nutzung einer Filmmusik sei eine zehnjährige Dauer üblich, so dass es nicht darauf ankomme, dass der dortige Beklagte den Film nur auf zwei Festspielen vorgeführt habe; BGH GRUR 1990, 353, 355 - Raubkopien: Bei der Vergabe von Videorechten seien auf die Herstellung beschränkte Lizenzen erfahrungsgemäß unüblich, weshalb auch dann für die Vervielfältigung und Verbreitung eine Lizenz zu zahlen sei, wenn es nicht mehr zur Verbreitung gekommen sei; BGH GRUR 1993, 899, 901 - Dia-Duplikate: Die Pauschallizenz für die Verwertung von Lichtbildern erfasse erfahrungsgemäß neben dem Recht auf Vervielfältigung jedenfalls das Recht, die Lichtbilder in der Öffentlichkeit zu verbreiten; allerdings OLG Hamburg MMR 2002, 677, 279: Keine Gleichsetzung der Nutzung von Fotos nur Online anstatt in einer Printausgabe einer Zeitschrift). Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die Grundsätze der Pauschallizenz also nicht nur anwendbar, wenn es um die Dauer, sondern auch wenn es um die Art der Nutzung geht.
Im Streitfall ist davon auszugehen, dass das Recht der Vervielfältigung der Kartenkacheln üblicherweise auch das Recht der Öffentlichen Zugänglichmachung umfasst. Die Klägerin hat zwar lediglich geltend gemacht, dass sie nur eine Lizenz anbiete, die die Vervielfältigung und die öffentliche Zugänglichmachung umfasst (Schriftsatz vom 24.4.2007, dort S. 17 (Bl. 110 d.A.); bereits aus den Anlagen K6-K10 der Klageschrift ergibt sich aber, dass das alleinige Recht zur Vervielfältigung auch von ihren Mitbewerbern nicht angeboten wird. Nur bei €hot-maps€ (Anl. IV zur Anl. 5, Bl. 28 d.A.) scheint das anders zu sein, ohne dass dies aber der Praxisüblichkeit widerspricht. Die damit behauptete Üblichkeit hat der Beklagte auch nicht bestritten.
2. Die Klägerin hat weiterhin einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von € 514,40 gemäß §§ 97 Abs.1 UrhG i.V.m. 249, 251 BGB bzw. §§ 683 Satz 677, 670 BGB. Insofern kann dem Grunde und der Höhe nach auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden.
3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs.1, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.