Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 13. August 2008
Aktenzeichen: VII-Verg 42/07
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 13.08.2008, Az.: VII-Verg 42/07)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 31. Oktober 2007 (VK 22/07) aufgehoben und wird der Nachprü-fungsantrag abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabe-kammer sowie die der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in jenem Verfahren entstandenen Aufwendungen zu tragen.
Die Zuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter war im Verfahren der Vergabekammer für die Antragsgegnerin und die Beigeladene not-wendig.
Der Antragstellerin werden auch die Kosten des Beschwerdever-fahrens auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 500.000 Euro
Gründe
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
I. Die Antragsgegnerin, eine mit der Abfallentsorgung beauftragte Eigengesellschaft des Kreises St, schrieb im Juni 2007 die Entsorgung (Einsammlung, Übernahme und Transport sowie Verwertung und Beseitigung) von schadstoffhaltigen Abfällen aus Haushaltungen im Kreisgebiet für die Dauer von drei Jahren im offenen Verfahren aus. An der Ausschreibung beteiligten sich unter anderem die Antragstellerin und die Beigeladene, die als 100 %-ige Tochtergesellschaft des Regionalverbands R (RVR) mit der Abfallentsorgung im Verbandsgebiet betraut ist. Der Kreis St gehört dem RVR nicht an. Die Beigeladene sollte den Zuschlag erhalten. Das Angebot der Antragstellerin lag auf dem zweiten Platz.
Auf den gegen die beabsichtigte Auftragsvergabe gerichteten Nachprüfungsantrag der Antragstellerin verpflichtete die Vergabekammer die Antragsgegnerin, die Angebotswertung unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu wiederholen. Die Vergabekammer nahm zwei Ausschlussgründe an:
So hatte die Beigeladene im Angebot angegeben, die ausgeschriebenen Entsorgungsleistungen im eigenen Unternehmen auszuführen. Im Begleitschreiben erklärte sie hingegen:
Die A mbH wird sich für Teilleistungen der Dienste der Firma A. aus Greven als Subunternehmer bedienen.
Nachunternehmererklärungen waren in den Verdingungsunterlagen nicht gefordert. Dennoch erkannte die Vergabekammer einen Ausschlussgrund, da das Angebot der Beigeladenen insgesamt widersprüchlich und deswegen nicht annahmefähig sei. Zwar hatte die Beigeladene in einem Aufklärungsgespräch erklärt,
dass die A mbH die Dienstleistung in eigener Regie wahrnehmen wird. Fa. A. sei als Subunternehmer nicht vorgesehen.
Doch handele es sich - so die Vergabekammer - dabei um eine unstatthafte Angebotsänderung, die bei der Wertung unberücksichtigt zu bleiben habe.
Darüber hinaus hat die Vergabekammer die Beigeladene vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, weil ihre Beteiligung gegen die in § 107 Gemeindeordnung (GO) NRW in der Fassung des am 17.10.2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vom 9.10.2007 (GV NRW 2007, 380) geregelten Beschränkungen einer kommunalwirtschaftlichen Betätigung verstoße.
Die Beigeladene hat gegen den Beschluss der Vergabekammer sofortige Beschwerde erhoben. Sie wendet sich gegen ihren Ausschluss vom Vergabeverfahren.
Die Beigeladene beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Nachprüfungsantrag abzulehnen.
Die Antragstellerin und die Beigeladene haben keine Anträge gestellt.
Die Antragstellerin tritt der Beschwerde jedoch entgegen. Von der Antragsgegnerin wird sie hingegen unterstützt.
Da die Antragstellerin in einem Eilverfahren nach § 123 VwGO vor dem Verwaltungsgericht zeitgleich vom RVR forderte, seine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Beigeladene dahin wahrzunehmen, dass diese die im Gebiet des Kreises St ausgeschriebenen Abfallentsorgungstätigkeiten unterlasse, und darüber ein Beschwerdeverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängig war, hat der Senat das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in jenem Verfahren entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt. Durch Beschluss vom 1.4.2008 (15 B 122/08) entschied das Oberverwaltungsgericht, die Beigeladene verstoße durch ihre Beteiligung am Vergabeverfahren nicht gegen die durch § 107 GO NRW n.F. bei kommunalwirtschaftlichen Betätigungen bestehenden Beschränkungen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.
1. a) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen unklarer oder widersprüchlicher Angaben zum Nachunternehmereinsatz nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 c in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A müssen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen im Angebot klar und zweifelsfrei sein. Als Änderungen an den Eintragungen sind nach dem der Norm zugrunde zu legenden weiten Begriffsverständnis jegliche Korrekturen und/oder Ergänzungen am Angebotsinhalt anzusehen (so auch Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 11.8.2006 - 1 Verg 1/06). Dabei ist der gesamte Inhalt des Angebots und seiner Bestandteile in den Blick zu nehmen. Die Vorschrift erfasst damit gerade die bis zur unwiderruflichen Einreichung des Angebots - gewissermaßen von vorneherein - vom Bieter angebrachten inhaltlichen Änderungen (so auch Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, § 21 Rn. 76 f.), wohingegen nachträgliche Änderungen am Angebotsinhalt unstatthafte Nachverhandlungen sind, die nicht zum Ausschluss des Angebots führen, sondern nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A nur bei der Wertung außer Betracht zu bleiben haben. Angebote, die unklare Eintragungen aufweisen, können mit den übrigen Angeboten per se nicht verglichen werden. Sie sind ohne unzulässige Nachverhandlungen ebenso wenig für den Auftraggeber annahmefähig. Bezieht sich die Unklarheit oder Widersprüchlichkeit auf vom Auftraggeber geforderte Angaben und/oder Erklärungen, folgt der Ausschluss des Angebots freilich nicht aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 c, § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A, vielmehr aus § 25 Nr. 1 Abs. 2 a in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 27.6.2003 - 11 Verg 4/03; Senat, Beschl. v. 30.7.2003 - Verg 32/03, VergabeR 2003, 687, 689; OLG Naumburg, Beschl. v. 25.10.2005 - 1 Verg 5/05 - zur insoweit identischen Rechtslage nach der VOB/A).
b) Für die Überprüfung eines Ausschlusses des Angebots der Beigeladenen unter dem Gesichtspunkt unklarer Angaben zum Nachunternehmereinsatz sind die §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 c, 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A einschlägig, nicht hingegen - so die Vergabekammer - die §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 d, 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A (Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen). Die Beigeladene hat im Text ihres Angebots angegeben, die ausgeschriebenen Entsorgungsleistungen im eigenen Unternehmen auszuführen. Im Begleitschreiben hat sie dagegen erklärt, sich bei Teilleistungen (womit die Einsammlung und Übernahme sowie der Transport, mithin die sog. Logistikleistungen, gemeint waren) eines Subunternehmers zu bedienen. Angaben zu Nachunternehmern sind von der Antragsgegnerin nicht gefordert worden. Das Begleitschreiben mit den darin enthaltenen Angaben der Beigeladenen ist - wie die Vergabekammer mit Recht entschieden hat - selbstverständlich als Teil ihres Angebots anzusehen.
Zur Ermittlung seines Erklärungsgehalts auf etwaige (insbesondere unklare) Änderungen ist das Angebot der Antragstellerin nach den für Willenserklärungen maßgebenden Grundsätzen entsprechend den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Der öffentliche Auftraggeber ist zur Auslegung eines Angebots berechtigt und verpflichtet (vgl. Senat, Beschl. v. 6.12.2004 - VII-Verg 79/04, BA 6, VergabeR 2005, 212, 213). Maßstab der Auslegung ist, wie ein mit den Umständen vertrauter Dritter in der Lage des öffentliche Auftraggebers das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen durfte und musste (vgl. BayObLG VergabeR 2002, 77; Senat, Beschl. v. 27.9.2006 - VII-Verg 36/06, Rn. 41). Dabei ist der dem Angebot zugrunde liegende wahre Bieterwille zu erforschen.
Die Auslegung ergibt, dass die Beigeladene mit den soeben wiedergegebenen Angaben keine, erst recht keine unklaren Änderungen an ihrem Angebot angebracht, sondern auf den optionalen Einsatz eines Nachunternehmers hingewiesen hat, der rechtlich nach § 4 Nr. 4 VOL/B zu beurteilen ist und in der Phase der Vertragsausführung bei nicht unwesentlichen Teilleistungen oder solchen, auf die - wie hier - der Betrieb des Auftragnehmers eingerichtet ist, der vorherigen Zustimmung des Auftraggebers bedarf. Eine Nachunternehmererklärung war von der Antragsgegnerin mit dem Angebot nicht verlangt worden. Die Beigeladene war folglich nicht gehalten, mit dem Angebot Angaben zu einem geplanten oder auch nur in Erwägung gezogenen Nachunternehmereinsatz zu machen. Solches war auch zumal deswegen unnötig, da die Beigeladene ausweislich ihres in der Sache von keiner Seite angezweifelten Angebots leistungsfähig ist, alle ausgeschriebenen Leistungen mit den Mitteln des eigenen Betriebs auszuführen. Bei verständiger Würdigung sollten die diesbezüglichen Angaben im Angebot durch das Begleitschreiben nicht geändert, insbesondere gestrichen werden. Dafür gab es keinen erkennbaren, vor allem keinen vernünftigen Grund. Dies macht die Angabe im Begleitschreiben, sich bei Teilleistungen eines Subunternehmers zu bedienen, zwar nicht ungeschrieben. Doch war sie vor dem dargestellten Hintergrund dann nur als Ankündigung eines gewissermaßen willkürlichen Nachunternehmereinsatzes zu verstehen, der nur für den Fall vorgesehen war, dass die Beigeladene die Zuziehung eines Nachunternehmers in der Ausführungsphase - etwa zur Überbrückung unvorhergesehener Leistungsengpässe - nachträglich für zweckmäßig halten sollte. In der entsprechenden Ankündigung ist keine Änderung des Angebots zu sehen. Wenn das so ist, ist von den Beteiligten im Aufklärungsgespräch ebenso wenig unstatthaft nachverhandelt worden, sondern hat die Beigeladene durch die Erklärung, die Leistungen "in eigener Regie" auszuführen, nur dasjenige klargestellt, was ohnehin Inhalt des Angebots war.
2. Die Beigeladene ist auch nicht vom Vergabeverfahren auszuschließen, weil - wie die Antragstellerin geltend macht - ihre Beteiligung die Grenzen überschreitet, die § 107 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 Gemeindeordnung (GO) NRW in der Fassung der durch das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vom 9.10.2007 (GO-ReformG - GV NRW 2007, 380) am 17.10.2007 in Kraft getretenen Änderungen einer Anbietertätigkeit kommunaler Unternehmen setzt. § 107 GO NRW ist nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG) NRW und § 20 Abs. 1 des Gesetzes über den Regionalverband R (RVRG) auf die Bietertätigkeit der Beigeladenen sinngemäß anzuwenden (so auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 3 f.). Die Beigeladene hat keine weitergehenden Rechte, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen, als sie der RVR als ihr Alleingesellschafter hätte (vgl. Senat, Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 626, 629 f.).
a) § 107 GO NRW einschließlich seiner Änderung, mit der der Gesetzgeber die wirtschaftliche und die dieser zum Teil gleichgestellte nichtwirtschaftliche Betätigung von Kommunen und kommunalen Unternehmen, und zwar einen Marktzutritt über den durch Art. XI § 1 des GO-ReformG garantierten Bestandsschutz hinaus, strengeren Anforderungen unterwerfen wollte (vgl. LT-Drucks. 14/3979, 149 f.), ist sowohl vom öffentlichen Auftraggeber als auch im Vergabenachprüfungsverfahren zu beachten. Die Änderung ist im laufenden Vergabeverfahren wirksam geworden, bevor eine bestandskräftige Vergabeentscheidung hat getroffen werden können. Allerdings enthält die kommunalwirtschaftsrechtliche Norm des § 107 GO keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren, und können Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens zulässigerweise nur solche Beanstandungen sein, mit denen der Antragsteller behauptet, der öffentliche Auftraggeber habe "in einem Vergabeverfahren" (§ 104 Abs. 2 S. 1 GWB) gegen "Bestimmungen über das Vergabeverfahren" (§ 97 Abs. 7 GWB) verstoßen und ihn, den Antragsteller, "durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften" in Rechten verletzt (§ 107 Abs. 2 S. 1 GWB). Außerhalb des Vergabeverfahrens und des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften liegende Rechtsverstöße sind im Vergabenachprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen (vgl. Senat, Beschl. v. 22.5.2002 - Verg 6/02, NZBau 2002, 583 = OLGR Düsseldorf 2003, 147 = VergabeR 2002, 668, 669 f. = WuW/E Verg 658). Die vergaberechtlichen Anknüpfungsnormen bilden in Fällen der vorliegenden Art indes § 97 Abs. 1 GWB und - da Dienstleistungen vergeben werden sollen - § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A (nicht anders sind im Übrigen auch § 2 Nr. 1 S. 2 und 3 VOB/A zu verstehen). Nach § 97 Abs. 1 GWB haben öffentliche Auftraggeber ("oberhalb" der Schwellenwerte) Waren, Bau- und Dienstleistungen "im Wettbewerb" zu beschaffen. Gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sind im Vergabeverfahren "wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen" vom öffentlichen Auftraggeber "zu bekämpfen". Die genannten Vorschriften geben - und zwar eine jede für sich - nicht nur einen Programmsatz und ein Grundprinzip des Vergaberechts wider, sondern sie enthalten auch den konkreten, an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten Normanwendungsbefehl, bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags jede nur denkbare Wettbewerbsbeschränkung zu unterbinden. Dieses Verständnis entspricht auch der Forderung des höherrangigen europäischen Rechts, wonach die Mitgliedstaaten im Sinn einer höchstmöglichen Wirksamkeit der EG-Vergaberechtsvorschriften (effet utile) das öffentliche Beschaffungswesen für den Wettbewerb zu öffnen haben (vgl. den Erwägungsgrund 2 der einschlägigen Richtlinie 2004/18/EG, ABl. EG Nr. L 134, 114 v. 30.4.2004). Dass sich bei EG-rechtskonformer Auslegung auch die allgemeinen vergaberechtlichen Prinzipien dazu eignen, konkrete, an den öffentlichen Auftraggeber gerichtete Verhaltenspflichten hervorzubringen (kritisch insofern Burgi, NZBau 2008, 29, 33 f.), ergibt sich aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. Urt. v. 20.10.2005 - C-264/03, VergabeR 2006, 54 - Kommission ./. Französische Republik; Urt. v. 21.7.2005 - C-231/03, NZBau 2005, 592, 593 - Coname; Urt. v. 13.10.2005 - C-458/03, NZBau 2005, 644, 647 f. - Parking Brixen; Urt. v.27.10.2005 - C-234/03, EuZW 2006, 189 = VergabeR 2006, 63 = WuW/E Verg 1171 - Contse; Urt. v. 3.12.2001 - C-59/00, WuW/E Verg 1167 - Bent Mousten Vestergaard; Urt. v. 7.12.2000 - C-324/98, NZBau 2001, 148, 151 - Telaustria). Die wettbewerbsrechtliche Prüfung durch die Vergabestelle und die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich - so hat dies zu Recht auch die Vergabekammer gesehen - infolgedessen auch darauf zu erstrecken, ob sich die Beigeladene als ein durch den RVR beherrschtes Unternehmen, für das die durch § 107 GO NRW gesetzten kommunalrechtlichen Schranken gelten, ohne einen Rechtsverstoß am Vergabeverfahren überhaupt beteiligen darf (vgl. Senat, Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 627, 628 f. - DAR).
b) Diesem vom Senat in der Vergangenheit bereits eingenommenen Standpunkt (vgl. Beschl. v. 12.1.2000 - Verg 3/99, NZBau 2000, 155, 156 - Awista; Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 626, 628 f. - DAR) ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch den Beschluss vom 1.4.2008 (15 B 122/08) in einem obiter dictum entgegengetreten. Seiner Auffassung zufolge unterliegen Auslegungsfragen im Zusammenhang mit den durch § 107 GO NRW angeordneten Beschränkungen einer Bietertätigkeit, mithin einer wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen, Kommualverbänden (wie dem RVR) oder deren Unternehmen primär der Entscheidung der Verwaltungsgerichte und hat sich der vergaberechtliche Rechtsschutz auf eine Prüfung offenkundiger Rechtsverstöße zu beschränken. Insoweit ist zwar der Aussage zuzustimmen, dass zur Auslegung des § 107 GO NRW in erster Linie die Verwaltungsgerichte berufen sind. Davon abgesehen hat das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung aber einen verengten Wettbewerbsbegriff zugrundegelegt und damit die Beurteilung systemwidrig auf eine im Ergebnis rein lauterkeitsrechtliche Betrachtung der Sachlage verkürzt. Hingegen folgt aus § 97 Abs. 1 GWB und § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, dass der öffentliche Auftraggeber - und mit ihm die Vergabenachprüfungsinstanzen - nicht nur gegen unlautere, sondern gerade auch gegen wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen vorzugehen hat. Eine Wettbewerbsbeschränkung durch Aufnahme einer der Beigeladenen nach § 107 GO NRW an sich untersagten Tätigkeit lässt sich nicht mit dem Hinweis auf eine vom Marktzutritt der öffentlichen Hand tatsächlich ausgehende und vom Gesetz sogar erwünschte Belebung des Wettbewerbs verneinen (so aber OVG NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 6 im Anschluss an BGH, Urt. v. 25.4.2002 - I ZR 250/00, NJW 2002, 2645, 2647 = NZBau 2002, 516 = VergabeR 2002, 467 = VerwRundschau 2002, 426 - Elektroarbeiten sowie BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, NJW 2003, 586 - Altautoverwertung). Denn der Begriff der Wettbewerbsbeschränkung umfasst im nationalen wie im EG-Recht in einem denkbar weit zu verstehenden Sinn jede Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs (vgl. den Wortlaut von Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB, auch wenn diese Normen andere Ziele als die vergaberechtlichen Vorschriften verfolgen). Der Wettbewerb als ein zentrales Element der Beschaffungstätigkeit der öffentlichen Hand soll gegen jegliche, von welcher Seite auch immer drohende Beeinträchtigung geschützt werden. Demzufolge ist der öffentliche Auftraggeber im Vergabeverfahren verpflichtet, einen echten, unverfälschten Wettbewerb herzustellen und bis zur Zuschlagserteilung aufrechtzuerhalten. Der Wettbewerb ist umfassend zu schützen. Demnach sind auch Verhaltensweisen zu unterbinden, die zwar nicht gegen Vorschriften des UWG, wohl aber gegen solche anderer Gesetze verstoßen und dadurch den Wettbewerb im vorgenannten Sinn stören. Die umfassende Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips liegt nicht nur im Interesse des öffentlichen Auftraggebers, sondern auch der am Auftrag interessierten Unternehmen. Das Wettbewerbsgebot schützt folglich auch die Bieter und Bewerber im Vergabeverfahren (vgl. Senat, Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 626, 629 - DAR m.w.N.).
Eine in diesem Sinn gegen das Vergaberecht verstoßende Wettbewerbsverfälschung und -verzerrung stellt es dar, wenn ein Unternehmen der öffentlichen Hand kraft eines gesetzlichen Verbots (hier § 107 GW NRW) eine für den Wettbewerb relevante Tätigkeit auf einem bestimmten Markt gar nicht aufnehmen darf, dies aber dennoch unternimmt und darin vom öffentlichen Auftraggeber durch die Auftragsvergabe auch noch unterstützt wird. Als Wettbewerbsverstoß ist in solchen Fällen die Verletzung des gesetzlichen Marktzutrittsverbots durch das Unternehmen anzusehen. Denn ein Unternehmen, das sich kraft einer gesetzlichen Anordnung nicht auf dem betreffenden Markt betätigen darf, stört und verfälscht massiv den Wettbewerb, wenn es gleichwohl in eine Konkurrenz zu anderen Wirtschaftsteilnehmern tritt und ihnen durch den Zuschlag der Auftrag sogar entzogen zu werden droht (vgl. Senat, a.a.O. 628). Diesem wettbewerbswidrigen Zustand kann vom öffentlichen Auftraggeber - ohne dass ihm dabei ein Ermessen zuzuerkennen ist - nur durch einen Ausschluss des betreffenden Unternehmens vom Vergabeverfahren abgeholfen werden (vgl. Senat, a.a.O. 634). Umgekehrt können - was unmittelbar schon aus dem Wettbewerbsprinzip abzuleiten ist (so auch Glahs/Külpmann, VergabeR 2002, 555, 565) - am Auftrag interessierte Wirtschaftsteilnehmer vom öffentlichen Auftraggeber die Beachtung des Markteintrittsverbots verlangen. Dies beruht auf der Erkenntnis, dass § 107 GO NRW (insbesondere hinsichtlich der Voraussetzung, dass ein dringender öffentlicher Zweck die wirtschaftliche oder nichtwirtschaftliche Betätigung erfordert) ein drittschützender, m.a.W. ein bieter- und bewerberschützender Charakter zuzumessen ist. Das ist sowohl vom Senat (vgl. Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 626, 630 - DAR) als auch vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. Beschl. v. 13.8.2003 - 15 B 1137/03, NVwZ 2003, 1520, 1521 f.; Beschl. v. 12.10.2004 - 15 B 1873/04, NVwZ 2005, 1211; Beschl. v. 12.10.2004 - 1889/04, NZBau 2005, 167) nach Auswertung der Gesetzesmaterialien in der Vergangenheit bejaht und ausführlich begründet worden (kritisch insoweit Ennuschat, WRP 2008, 883, 885 f.; Antweiler, NVwZ 2003, 1466, 1467 f., beide m.w.N.). Auf die Gründe jener den Verfahrensbeteiligten bekannten Entscheidungen wird Bezug genommen. Der Senat hält daran fest.
c) Mit seiner Auslegung setzt sich der Senat in keinen Widerspruch zu den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 25.4.2002 (I ZR 250/00, NJW 2002, 2645 = NZBau 2002, 516 = VergabeR 2002, 467 = VerwRundschau 2002, 426 - Elektroarbeiten) und vom 26.9.2002 (I ZR 293/99, NJW 2003, 586 - Altautoverwertung). In jenen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit durch Kommunen ausschließlich einer lauterkeitsrechtlichen Beurteilung unterzogen und befunden, dass - solange der Verstoß gegen das Gemeindewirtschaftsrecht lediglich den Marktzutritt (das "Ob") betreffe und nicht das Marktverhalten (das "Wie"), m.a.W. die Art und Weise einer Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb, in Rede stehe - Unterlassungsansprüche nach § 3 (§ 1 a.F.) in Verbindung mit § 4 Nr. 11 UWG ausscheiden. Nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof jedoch, wie die Aufnahme einer vom Kommunalwirtschaftsrecht untersagten Tätigkeit durch eine Gemeinde unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu behandeln ist. § 3 UWG einerseits sowie die §§ 97 Abs. 1 GWB und 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A andererseits haben verschiedene Regelungsinhalte und -zwecke. So stützt sich auch die Ansicht des Senats gerade nicht auf eine Anwendung des UWG (die Annahme eines "Erstrecht-Schlusses" durch das OVG für das Land Nordrhein-Westfalen ist von daher verfehlt, vgl. Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 7), sondern auf eine selbständige Anwendung des vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzips, das in den genannten Normen des GWB und der VOL/A Ausdruck gefunden hat, in Verbindung mit dem durch § 107 GO NRW normierten Marktzutrittsverbot (vgl. Senat, Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 626, 631 - DAR). Einer dahingehenden Überprüfung, und zwar der Frage, ob sich eine Gemeinde oder ein Kommunalunternehmen ohne einen Wettbewerbsverstoß an einem Vergabeverfahren beteiligen darf, dürfen sich die Vergabenachprüfungsinstanzen auch in Ansehung des vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Anspruch genommenen "Primats" der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht entziehen. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung obliegt sowohl nach der Systematik als auch nach dem Wortlaut und Zweck des GWB den Vergabenachprüfungsinstanzen. Sofern sich dabei die Vorfrage stellt, ob die Bietertätigkeit der öffentlichen Hand die durch § 107 GO NRW errichteten gesetzlichen Schranken überschreitet, und sie deshalb wettbewerbswidrig ist, ist in einem Nachprüfungsverfahren darüber zu entscheiden, wobei sich diese Prüfung nicht lediglich - so aber das Oberverwaltungsgericht - auf offensichtliche Rechtsverstöße beschränken darf (ebenso Hertwig, NZBau 2008, 355, 357 f.; Glahs/Külpmann, VergabeR 2002, 555, 565). Es ist darauf hinzuweisen, dass die Vergabenachprüfungsinstanzen auf dahingehende Beanstandungen im Rahmen ihrer Prüfungskompetenz typischerweise auch sonst über die Zulässigkeit einer Beteiligung am Wettbewerb zu befinden haben. Dies betrifft zum Beispiel die Zulässigkeit einer Teilnahme sog. öffentlicher Einrichtungen im Sinne der §§ 7 Nr. 6 VOL/A, 8 Nr. 6 VOB/A am Vergabeverfahren sowie die Beteiligung von Unternehmen, die im Verdacht stehen, das Gebot des Geheimwettbewerbs verletzt (vgl. Senat, Beschl. v. 16.9.2003 - Verg 52/903, VergabeR 2003, 690) oder unerlaubte Beihilfen empfangen zu haben (vgl. § 25 a Nr. 2 VOL/A, § 25 a Nr. 2 VOB/A). Nach alledem hat das Oberverwaltungsgericht eine sachlich nicht gebotene Zuständigkeitsabgrenzung getroffen, die zu einer dem Bieterrechtsschutz abträglichen Aufspaltung des Rechtsweges führte. Der Hinweis des Oberverwaltungsgerichts auf das Gebot einer Konzentration und Beschleunigung der Vergabenachprüfungsverfahren ist - zumal sich in vergleichbaren Fällen nach den Beobachtungen des Senats die Verfahrensdauer noch nie als ein ernsthaftes Problem dargestellt hat - ungeeignet, die Prüfungsbefugnis der Vergabenachprüfungsinstanzen konstitutiv zu begrenzen. Als genauso wenig überzeugend erweist sich das Gegenargument, die öffentlichen Auftraggeber und die Vergabenachprüfungsinstanzen würden unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats einer uferlosen und nicht mehr beherrschbaren Prüfung kommunalwirtschaftsrechtlicher Beschränkungen ausgesetzt, weil sie dann gegebenenfalls auch "spanisches Gemeinderecht" zu überprüfen hätten (vgl. Hertwig, NZBau 2008, 355, 358 - "katalanisches Gemeinderecht"). Indes können in anderen Mitgliedstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer von einem Vergabeverfahren auch dann nicht ausgeschlossen werden, wenn ihnen das jeweilige nationale Recht eine Teilnahme daran untersagt. Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten unterliegen hinsichtlich ihrer Beteiligung an Vergabeverfahren nur den in den Vergaberichtlinien vorgesehenen Beschränkungen (so auch Hertwig a.a.O.). Die Vergaberichtlinien enthalten jedoch keine § 107 GO NRW vergleichbaren Restriktionen. Infolgedessen werden deutsche kommunale Unternehmen gegenüber ausländischen Unternehmen zwar schlechter behandelt. Die Inländerdiskriminierung ist unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 GG) und der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) derzeit jedoch hinzunehmen (vgl. EuGH Slg. 1994, I-2715 Rn. 9; 1986, 3238, 3376; BGH GRUR 1985, 886; offengelassen von BGH WRP 1996, 284, 285).
d) Eine die Kompetenz der Vergabenachprüfungsinstanzen auf eine Prüfung offensichtlicher Rechtsverstöße zurücksetzende Ansicht ist bei dem gebotenen EG-rechtskonformen Verständnis der nationalen Vergaberechtsnormen überdies mit Art. 1 Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG (ABl. EG Nr. L 395 v. 30.12.1989, 33, geändert durch die Richtlinie 92/50/EWG, ABl. EG Nr. L 209 v. 24.7.1992, 1) und Art. 1 Abs. 1 der neuen Rechtsmittelrichtlinie (NZBau, Beilage zu Heft 12/2007) nicht zu vereinbaren. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Entscheidungen der Vergabebehörden bei Auftragsvergaben "oberhalb" der Schwellenwerte von den am Auftrag interessierten Unternehmen wirksam und möglichst rasch nachgeprüft werden können. Dies ist, hätten die betroffenen Unternehmen - so die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen - gegen eine Wettbewerbsteilnahme des öffentlichen Unternehmens lediglich einen Einwirkungsanspruch gegen den Gewährsträger, der vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen ist, indes nicht sicherzustellen. Denn mit einem solchen Rechtsbehelf können die betroffenen Unternehmen - anders als im Vergabenachprüfungsverfahren - nicht unmittelbar in das Vergabeverfahren eingreifen und es anhalten. Infolgedessen besteht die Gefahr, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder die Einwirkung zu spät erfolgen, der Zuschlag unwiderruflich bereits erteilt worden ist und der Rechtsschutz deswegen leerläuft. Die Verwaltungsgerichte - und noch viel weniger die Kommunalaufsicht, auf deren Einschreiten ein Rechtsanspruch nicht besteht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 13.11.1997 - 15 A 4816/97; Burgi, NZBau 2003, 539, 542 m.w.N.) - sind mithin nicht in der Lage, den EG-rechtlich gebotenen Rechtsschutz zu gewährleisten.
e) Nicht anders verhält es sich, als die rechtliche Leistungsfähigkeit eines Bieters oder Bewerbers nach § 97 Abs. 4 GWB, § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A durch ein kommunalwirtschaftsrechtliches Betätigungsverbot in Frage gestellt sein kann. Auch in solchen Fällen sind die Vergabenachprüfungsinstanzen - anders als das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen meint (Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 8 f.) - keineswegs auf eine Überprüfung offensichtlicher Leistungshindernisse beschränkt, sondern ist die Rechtslage von ihnen vollumfänglich zu überprüfen (vgl. auch Senat, Beschl. v. 31.3.2003 - Verg 10/03; Beschl. v. 28.5.2003 - Verg 10(03, NZBau 2004, 175 - Starmed; Beschl. v. 21.2.2005 - VII-Verg 91/04, GRGR 2006, 224 = WuW/E Verg 1055 - Heckler & Koch). Dies hat auch in einem Fall zu gelten, in dem das Leistungshindernis einer Rechtssphäre angehört, die nicht der primären Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegt.
Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof wegen der vom Senat und vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen unterschiedlich beurteilten Frage der Prüfungskompetenz ist nicht veranlasst (vgl. § 124 Abs. 2 GWB). Allerdings bildet die Prüfungskompetenz der Vergabenachprüfungsinstanzen eine zentrale vergaberechtliche Frage. Auch ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass eine Vorlage analog § 124 Abs. 2 GWB geboten sein kann, wenn das nach dem vierten Teil des GWB zur Entscheidung berufene Beschwerdegericht von der Entscheidung des Gerichts einer anderen Gerichtsbarkeit (im konkreten Fall der Sozialgerichtsbarkeit) in einer vergaberechtlichen Frage abzuweichen beabsichtigt, und die Entscheidung jenes Gerichts der des Beschwerdegerichts insoweit vergleichbar ist, als sie rechtskräftig und unanfechtbar ist (vgl. u.a. Senat, Beschl. v. 30.4.2008 - VII-Verg 4/08, BA 21 ff.; Beschl. v. 16.6.2008 - VII-Verg 7/08, BA 21 f.; Beschl. v. 16.6.2008 - VII-Verg 13/08, BA 10 f.; ebenso OLG Rostock, Beschl. v. 2.7.2008 - 17 Verg 2/08, BA 4 f.). Auch der Umstand, dass eine anders lautende Rechtsauffassung einer Eilentscheidung zugrundegelegt worden ist, hindert nicht das Entstehen der Vorlagepflicht. Die Vorlagepflicht unterliegt jedoch der Voraussetzung, dass das Beschwerdegericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrundelegen will, der von dem die Entscheidung eines anderen Gerichts tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGH, Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293 = VergabeR 2003, 313, 314 = ZfBR 2003, 401 = NVwZ 2003, 1069 m.w.N.; Jaeger in Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl., § 124 GWB Rn. 1244). Daran mangelt es im vorliegenden Fall. Denn die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 1.4.2008 (15 B 122/08) sind - soweit sie die Prüfungskompetenz der Vergabenachprüfungsinstanzen betreffen - für die Entscheidung nicht tragend, sondern stellen, da das Gericht eine Überschreitung der durch § 107 GO NRW angeordneten kommunalwirtschaftsrechtlichen Beschränkungen in der Sache verneint hat, lediglich ein obiter dictum dar.
f) In der Sache teilt der Senat aber die in einem Eilverfahren nach § 123 VwGO vom Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 1.4.2008 (15 B 122/08) zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, wonach die Beteiligung der Beigeladenen am Vergabeverfahren die gesetzlichen Schranken einer kommunalwirtschaftlichen Betätigung nach § 107 GO NRW in der am 17.10.2007 in Kraft getretenen neuen Fassung nicht überschreitet.
aa) Allerdings ist der Beigeladenen eine Bietertätigkeit, mithin eine wirtschaftliche Betätigung, nicht schon aufgrund des durch Art. XI § 1 des GO-ReformG NRW garantierten Bestandsschutzes gestattet, wonach wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigungen, die vor dem 19.3.2007 auf der Grundlage der seinerzeit geltenden Gemeindeordnung aufgenommen wurden, unbeschadet der erfolgten Änderungen des § 107 GO NRW fortgesetzt werden dürfen. Dadurch sind nur solche Betätigungen geschützt, die in sachlicher und räumlicher Hinsicht (gebietsspezifisch) von der betreffenden Kommune auf der Grundlage des bisherigen § 107 GO NRW in der Vergangenheit konkret bereits aufgenommen worden waren (OVG für das Land NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 10 - 12). Hieran scheitert ein Bestandsschutz für die Beigeladene, da sie im Gebiet des Kreises St bei der Abfallentsorgung bislang noch nicht tätig geworden ist.
bb) Die Bietertätigkeit der Beigeladenen verstößt jedoch nicht gegen § 107 Abs. 4 in Verbindung mit § 107 Abs. 1 GO NRW und verletzt dementsprechend ebenso wenig Bieterrechte der Antragstellerin (so auch OVG NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 12 ff.). Im Ausgangspunkt handelt es sich bei der Abfallentsorgung um eine nach § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO NRW privilegierte, m.a.W. um eine prinzipiell zugelassene nichtwirtschaftliche Betätigung, die § 107 Abs. 4 S. 1 GO NRW nur dann namentlich den in § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GO NRW normierten Beschränkungen unterwirft, sofern sie außerhalb des Gemeindegebiets erfolgen soll.
(1.) Aufgrund dessen hat das Oberverwaltungsgericht vorab mit Recht zwischen jenen Betätigungen, die im Zusammenhang mit dem konkreten Auftrag im Gemeindegebiet, d.h. auf den Fall bezogen im Verbandsgebiet des RVR, stattfinden (Zwischenlagerung, Konfektionierung, Konditionierung sowie Verwertung und Beseitigung in einer Müllverbrennungsanlage) und solchen differenziert, die außerhalb des Verbandsgebiets erfolgen sollen (Logistikleistungen der Einsammlung, Übernahme und des Transports in ein Zwischenlager in Ge). Der Senat stimmt dem Oberverwaltungsgericht insofern zu, als nur die außerhalb des Verbandsgebiets erfolgende Tätigkeit den kommunalwirtschaftsrechtlichen Beschränkungen des § 107 GO NRW unterliegt. Denn der Begriff der "Betätigung außerhalb des Gemeindegebiets" im Sinne des § 107 Abs. 4 GO NRW knüpft nach seinem Wortlaut und Sinn an den Ort des Tätigwerdens an. Soll eine im Zusammenhang mit dem Auftrag anfallende Tätigkeit innerhalb des Gemeindegebiets, hier innerhalb des Gebiets des RVR, verrichtet werden, ist der Anwendungsbereich der Norm von vorneherein nicht eröffnet. Dies trifft auf die Zwischenlagerung, Konfektionierung, Konditionierung sowie auf die Verwertung und Beseitigung der Abfälle zu, da sie innerhalb des Verbandsgebiets, nämlich am Standort der entsprechenden Entsorgungsanlagen, ausgeführt werden sollen. Demgegenüber will die Antragstellerin ohne Erfolg darauf abgestellt sehen, dass sich die im Verbandsgebiet zu verrichtende Tätigkeit außerhalb jenes Gebiets auswirke, weil sie darauf ausgerichtet sei, Entsorgungsmöglichkeiten für das Gebiet des Kreises St bereitzustellen. Das Auswirkungsprinzip hat weder im Gesetzeswortlaut noch in der Entwurfsbegründung (LT-Drucks. 14/3979, 14/4981) Berücksichtigung gefunden. Anderes wird ebenso wenig durch die Bestimmung in § 107 Abs. 4 S. 2 GO NRW indiziert, wonach die eine nichtwirtschaftliche Betätigung betreffenden Anforderungen bei in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäusern als erfüllt zu gelten haben. Die Antragstellerin sieht dies zu Unrecht als einen Beleg für das von ihr vertretene Auswirkungsprinzip an. Denn ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf ist Satz 2 des § 107 Abs. 4 GO NRW nur eine klarstellende, mithin die Funktion beigelegt worden, dasjenige, was im Gesetz der Sache nach ohnehin geregelt worden ist, aus welchen Gründen auch immer nochmals unmissverständlich hervorzuheben.
(2.) Bei der Einsammlung, Übernahme und dem Transport der im Kreis St entstehenden Abfälle in ein Zwischenlager will sich die Beigeladene auf einem inländischen Markt allerdings außerhalb des Verbandsgebiets des RVR betätigen. Die Betätigung ist nichtwirtschaftlicher Natur (§ 107 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GO NRW). Als solche unterliegt sie den neu gefassten Schranken des § 107 Abs. 4 GO NRW, wonach ein dringender (nicht lediglich ein einfacher) öffentlicher Zweck die nichtwirtschaftliche Betätigung erfordern (vgl. die Verweisung in § 107 Abs. 4 S. 1 auf § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO NRW), die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde, hier der Beigeladenen, stehen muss (§ 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GO NRW), und die berechtigten Interessen der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaft, d.h. im Streitfall die des Kreises St, gewahrt sein müssen (§ 107 Abs. 4 S. 1 GO NRW). Dass eine Abfallentsorgung durch die Beigeladene im Interesse des Kreises St liegt, ist schon daraus abzuleiten, dass nach dem Willen der mit der Entsorgung im Kreisgebiet befassten Antragsgegnerin der Beigeladenen im Vergabeverfahren der Zuschlag erteilt werden soll. Im Vergabenachprüfungsverfahren ist auch nicht bezweifelt worden, dass eine Übernahme der Entsorgungstätigkeit durch die Beigeladene in keinem unangemessenen Verhältnis zu deren Leistungsfähigkeit steht. Die entscheidende Frage ist danach, ob ein dringender öffentlicher Zweck die Übernahme der ausgeschriebenen Entsorgung durch die Beigeladene erfordert (§ 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO NRW). Im Ergebnis ist dies zu bejahen.
aaa) Der Begriff des öffentlichen Zwecks ist weit zu fassen. Auch insoweit pflichtet der Senat dem Oberverwaltungsgericht bei (vgl. Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 17 ff. m.w.N.). Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der freilich nicht erst dann erfüllt ist, wenn die nichtwirtschaftliche Betätigung unausweichlich ist. Vielmehr erfordert ein öffentlicher Zweck die angestrebte Betätigung im Rechtssinn bereits dann, wenn diese nach den Umständen vernünftigerweise geboten erscheint, ohne allein durch erwerbswirtschaftliche Gründe motiviert zu sein (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 13.8.2003 - 15 B 1137/03, NVwZ 2003, 1520, 1523 m.w.N.). Durch das Erfordernis eines "dringenden" öffentlichen Zwecks in § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO NRW sollen der Begründung des Gesetzentwurfs zufolge erhöhte Anforderungen an die Betätigung gestellt werden. Faktisch - so die Begründung - führt dies regelmäßig zu einer erhöhten Darlegungslast der jeweiligen kommunalen Körperschaft. Sie muss sich verstärkt mit der Frage auseinandersetzen, ob der mit der Betätigung verfolgte öffentliche Zweck tatsächlich so dringend ist, dass eine eigene Betätigung erforderlich ist. Dadurch soll eine Konzentration auf solche Betätigungen bewirkt werden, an denen tatsächlich ein gesteigertes öffentliches Bedürfnis besteht (vgl. LT-Drucks. 14/3979, 149). Da der Beurteilung, ob die Betätigung für den öffentlichen Zweck objektiv erforderlich, d.h. vernünftigerweise geboten ist, stets aber auch in die Zukunft gerichtete, prognostische Elemente innewohnen, ist der Kommune insoweit eine Einschätzungsprärogative zuzuerkennen (BVerwGE 92, 8, 14 f.; 39, 329, 334; Ehlers, DVBl 1998, 497, 502). Deren Ausübung ist von den Gerichten und Nachprüfungsinstanzen indes nicht uneingeschränkt, sondern nur auf grobe Fehleinschätzungen und Vertretbarkeit zu überprüfen. Ist die Betätigung einem öffentlichen Zweck in der Weise förderlich, als dafür ein anerkennenswertes Bedürfnis nicht zu verneinen ist, ist eine Fehleinschätzung, die ein korrigierendes Eingreifen der Nachprüfungsinstanzen gebietet, in der Regel auszuschließen (ebenso OVG NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 18 f.).
bbb) An diesem Vorverständnis gemessen ist im Streitfall nicht zu verneinen, dass nach vertretbarer Einschätzung der Beigeladenen ein dringender öffentlicher Zweck das auf den Abschluss eines Entsorgungsvertrags mit der Antragsgegnerin gerichtete Tätigwerden erfordert. Das Vorliegen eines dringenden öffentlichen Zwecks ist mit Blick auf die tätig werdende Gemeinde (hier die Beigeladene) zu prüfen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 13.8.2003 - 15 B 1137/03, NVwZ 2003, 1520, 1523). Dies ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 1.4.2008 nicht anders gesehen und beurteilt worden. Das Gericht hat lediglich hervorgehoben, dass die öffentlichen Zwecke, die sowohl bei der Zielgemeinde (dem Kreis St) als auch bei der tätig werdenden (ausgreifenden) Gemeinde (der Beigeladenen) vorliegen können, gegebenenfalls in der Weise in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, als ein bei der Zielgemeinde anzuerkennender dringender öffentlicher Zweck jedenfalls rechtfertigen kann, die Prüfung eines gleichen Zwecks in der Person der tätig werdenden (ausgreifenden) Gemeinde weniger strengen Anforderungen zu unterwerfen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 22). Dem ist zuzustimmen, und gerade diese Fallgestaltung ist im Streitfall gegeben.
Im Kreis St ist die Abfallentsorgung durch einen dringenden öffentlichen Zweck gerechtfertigt. Der Kreis ist für die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen in seinem Gebiet nach § 5 Abs. 1 LAbfG NRW als Entsorgungsträger verantwortlich. Dies wird vom Gesetz so wichtig genommen, dass § 107 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GO NRW insbesondere die Abfallentsorgung als eine nichtwirtschaftliche Betätigung der kommunalen Gebietskörperschaften privilegiert. Der so zu definierende öffentliche Zweck ist unabhängig davon gegeben, ob die Zielgemeinde die Abfallentsorgung in Eigenleistung durchführt oder sie ausschreibt und die Ausführung einem Dritten überträgt (OVG NRW a.a.O. BA 23). Die Annahme eines öffentlichen Zwecks setzt nicht voraus, dass die Gemeinde über die Mittel verfügt, die Entsorgung eigenständig wahrzunehmen. Ist die Gemeinde dazu selbst nicht in der Lage, darf sie sich zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks auch der Mittel anderer Kommunen oder deren Unternehmen bedienen. Dies kann im Wege interkommunaler Zusammenarbeit nach dem GkG NRW geschehen, die - ohne die gesetzliche Ausschreibungspflicht zu berühren - namentlich im Bereich der Abfallentsorgung anerkannt ist (vgl. § 5 Abs. 7 LAbfG NRW). Die Befugnis darüber zu befinden, ob eine bestimmte Aufgabe eigenständig oder im Zusammenwirken mit anderen Verwaltungsträgern wahrgenommen wird (die sog. Kooperationshoheit), unterliegt als eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie dem Schutz des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.12.2007 - 2 BvR 2433 und 2434/04, NVwZ 2008, 183, 185 Rn. 146 m.w.N.). Dabei sind der Abfallentsorgungsaufgabe umso mehr ein dringender öffentlicher Zweck und ein Bedürfnis zuzumessen, als gerade durch die kommunale Kooperation sichergestellt werden soll, dass die Aufgabe in der Gemeinde überhaupt erfüllt werden kann. Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. Denn die Entsorgung von schadstoffhaltigen Abfällen im Kreis St ist gerade deswegen ausgeschrieben worden und soll der Beigeladenen übertragen werden, weil die mit der Abfallentsorgung beauftragte Antragsgegnerin selbst nicht leistungsfähig ist, die Entsorgung eigenständig durchzuführen. Der Auftrag an die Beigeladene als einer Eigengesellschaft des RVR stellt eine durch § 1 Abs. 3 GkG zugelassene Form der kommunalen Zusammenarbeit dar. Die interkommunale Kooperation muss sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht ausschließlich der in § 1 Abs. 2 GkG festgelegten Instrumentarien bedienen (Arbeitsgemeinschaft, Zweckverband, öffentlichrechtliche Vereinbarung). Sie umfasst auch eine Zusammenarbeit in privatrechtlicher Form (§ 1 Abs. 3 GkG; so auch OVG NRW a.a.O., BA 23).
Auch aus der Sicht der Beigeladenen liegt ein dringender öffentlicher Zweck für eine Betätigung bei der Abfallentsorgung des Kreises St vor. So kann sich im Ausgangspunkt auch die Beigeladene auf das Privileg des § 107 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GO NRW berufen, da ihr im Gebiet des RVR die Abfallentsorgung übertragen ist. Die Privilegierung erstreckt sich auch auf den Betrieb der Einrichtung zur Abfallentsorgung, der gemäß § 107 Abs. 2 S. 2 GO NRW nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwalten ist. Um den in der Entsorgung liegenden dringenden öffentlichen Zweck zu erreichen, ist nicht nur die Einrichtung als solche erforderlich, sondern müssen auch die Anlagen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden. Eine den Regeln der Wirtschaftlichkeit gehorchende Betriebsführung ist unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Zwecks. Sie gebietet darauf hinzuarbeiten, dass die vorhandenen Entsorgungskapazitäten ausgelastet werden und die Anlagen dem Stand der Technik entsprechen, was zugleich eine Vorbedingung dafür ist, dass die Entsorgungsleistungen effektiv und kostengünstig für die Abfallverursacher erbracht werden können. Die Einschätzung der Beigeladenen, dass bei einer Ausweitung der Entsorgungstätigkeit auf das Gebiet des Kreises St, hier durch Einsammeln, Übernahme und Transport schadstoffhaltiger Abfälle in das Verbandsgebiet des RVR, wo sie verwertet oder beseitigt werden sollen, die bestehenden Kapazitäten besser ausgelastet werden können, ist vertretbar und nicht zu beanstanden (so auch OVG NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 24 f. m.w.N.). Die Ausweitung der Tätigkeit verfolgt nicht das Ziel einer bloßen Gewinnerwirtschaftung. Daran besteht vielmehr ein gesteigertes öffentliches Bedürfnis, denn das Zwischenlager der Beigeladenen in Ge ist derzeit nur etwa zur Hälfte ausgelastet. Dies wirkt sich unmittelbar nachteilig auf die Ausnutzung der aufwändig geschaffenen Müllverbrennungskapazitäten aus. Derartige Überkapazitäten können nach wirtschaftlicher Erfahrung kaum zumutbar und nur mit sehr hohem Kostenaufwand zurückgeführt werden. Werden sie unverändert aufrechterhalten, ist der Unterhaltungsaufwand ein Kostentreiber bei den Entsorgungspreisen, der auf längere Sicht geeignet ist, eine umweltgerechte Entsorgung zu angemessenen Kosten im Verbandsgebiet des RVR in Frage zu stellen. Der diesbezügliche Sachvortrag der Beigeladenen steht außer Streit und ist der Entscheidung daher zugrundezulegen.
Die Behauptung der Antragstellerin, die Beigeladene habe insoweit gezielt Kapazitätsüberhänge aufgebaut, die von vorneherein nicht durch Abfälle aus dem Verbandsgebiet hätten ausgenutzt werden und nur einer Akquise gebietsfremder Abfallmengen hätten dienen können, ist durch den unbestrittenen Vortrag der Beigeladenen widerlegt. Danach ist das Zwischenlager bereits in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts und sind die Müllverbrennungsanlagen bis zum Jahr 1990 errichtet worden. Dass dem unter Berücksichtigung der der Beigeladenen einzuräumenden Einschätzungsprärogative eine verfehlte Bedarfsplanung zugrundegelegt worden ist, ist auch mit Blick auf das 1996 in Kraft getretene Kreislaufwirtschafts-Abfallgesetz (KrW-/AbfG) des Bundes nicht anzunehmen. Die Beigeladene konnte mit einem vermehrten Anfall zu verwertender und zu beseitigender Abfälle rechnen. Dabei kam es auch darauf an, die Kapazität der Zwischenlager in einem angemessenen Verhältnis zur Aufnahmefähigkeit der Müllverbrennungsanlagen zu halten. Die Erwartungen der Beigeladenen sind - wie außer Streit steht - letztlich erst davon durchkreuzt worden, dass die verbandsangehörigen Kommunen nach dem Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes im Jahr 1999 verstärkt dazu übergegangen sind, Entsorgungsleistungen auszuschreiben, mit der Folge, dass namhafte Abfallmengen an den von der Beigeladenen vorgehaltenen Anlagen vorbei gelenkt worden sind. Der Umstand, dass das Zwischenlager in Ge nach eigenem Vorbringen der Beigeladenen noch bis zum Jahr 2001 weiter ausgebaut worden ist, erweist sich in diesem Zusammenhang als unschädlich. Der Ausbau erfolgte in dem ersichtlichen Bestreben, verlorengegangene Abfallmengen im Verbandsgebiet zurückzugewinnen.
Allein in Bezug auf die ausgeschriebenen Logistikleistungen (Einsammeln und Übernahme von Abfällen im Kreis St sowie Transport in das Verbandsgebiet des RVR) hat sich die Beigeladene hinsichtlich etwaiger und von der Antragstellerin in Abrede gestellter Auslastungsdefizite von allgemein gehaltenen Behauptungen abgesehen zu keinem nachprüfbaren Sachvortrag verstanden. Gleichwohl kann auch insofern ein dringender öffentlicher Zweck nicht verneint werden. Denn auch diese Betätigung ist dem wirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen untergeordnet und insoweit förderlich, als sie mittelbar dazu dient, die Entsorgungsanlagen mit behandlungsbedürftigen Abfällen zu beliefern, sie dadurch auszulasten und bestehende Kapazitätsüberhänge abzubauen. Daran ist ein gesteigertes Bedürfnis schon deswegen anzuerkennen, da das öffentliche Interesse auf dem Abfallentsorgungssektor nicht etwa dahin gehen kann, anderenorts neue Entsorgungsmöglichkeiten bereitzustellen oder vorhandene zu überfordern, sondern im Sinn einer kostengünstigen Entsorgung das Ziel anzustreben ist, die bereits vorhandenen Kapazitäten möglichst effektiv auszunutzen. In diesem Sinn ist die Übernahme der Logistikleistungen auch als eine zugelassene Hilfstätigkeit zur Sicherung einer Auslastung der im Verbandsgebiet des RVR bestehenden Entsorgungsanlagen zu verstehen. Für die anzustellenden Wertungen kann dabei ebenso wenig unberücksichtigt bleiben, dass sich im Fall eines Zuschlags die vertragliche Zusammenarbeit der Antragsgegnerin und der Beigeladenen als eine zugelassene interkommunale Kooperation in der Form des Privatrechts darstellt (siehe vorstehend S. 21), was die Anforderungen an eine kommunalwirtschaftsrechtliche Legitimation der Betätigung der Beigeladenen tendenziell vermindert (so auch OVG NRW, Beschl. v. 1.4.2008 - 15 B 122/08, BA 26). Unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Zusammenarbeit darf sich eine Gemeinde oder ein kommunales Unternehmen - was im Streitfall nicht zu beanstanden ist - auch außerhalb ihres Gebiets nichtwirtschaftlich betätigen.
Die Entscheidungen über die Kosten und Auslagen beruhen auf § 128 Abs. 3 und 4 GWB, § 91 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 50 Abs. 2 GKG.
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 13.08.2008
Az: VII-Verg 42/07
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