Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Dezember 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 238/03
(BPatG: Beschluss v. 15.12.2004, Az.: 28 W (pat) 238/03)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die seit dem 22. März 1999 als Kennzeichnung für die Waren 07: Werkzeugmaschinen, metallbearbeitende Maschinen, ein Bearbeitungszentrum bildende Maschinen, unter numerischer Kontrolle arbeitende Maschinen, Transfermaschinen, Bohrmaschinen, Gewindebohr-Schneidmaschinen, Staubfänger als Maschinenteil, Staubfilter, Staubfänger-Abzüge; Teile der vorgenannten Wareneingetragene und am 22. April 1999 bekannt gemachte Wort-/Bildmarkehat die Inhaberin der rangälteren, seit dem 28. März 1984 eingetragenen Marke 1 061 540 HURCO die für die Waren Werkzeugmaschinen, insbesondere Stanz-, Präge- und Biegepressen, Fräsmaschinen sowie Schneidemaschinen, insbesondere Tafelscheren; Geräte zum Messen und/oder Abtasten und Justieren von Werkstücken, Rohlingen oder Werkstoff für die genannten Werkzeugmaschinen;
elektrische Werkzeugmaschinen, Funkenerosionsmaschinen;
Werkzeugmaschinen für die elektrochemische Bearbeitung von Werkstücken, elektronische Steuergeräte für die genannten Werkzeugmaschinengeschützt ist, Widerspruch erhoben.
Die Markeninhaberin hat zunächst die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, nach Vorlage von Glaubhaftmachungsunterlagen dann aber für CNC-Bearbeitungs-Zentren anerkannt. Ohne auf die Benutzungssituation einzugehen hat die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts sodann eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen, denn die Marken hielten selbst bei identischen Waren und isoliert kollisionsbegründender Gegenüberstellung der Markenwörter aufgrund der ausgeprägten unterschiedlichen Wortendungen einen ausreichenden Abstand zueinander ein.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie reklamiert eine Benutzung ganz allgemein für Werkzeugmaschinen und nimmt einen erhöhten Schutzumfang für ihre Marke aufgrund deren jahrelanger umfangreicher Verwendung in Anspruch. Vor dem Hintergrund identischer bzw hochgradig ähnlicher Waren ständen sich die Marken klanglich wie schriftbildlich viel zu nah, um eine Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.
Die Markeninhaberin bestreitet weiterhin die Benutzung für alle Waren außer den anerkannten Bearbeitungszentren, bei denen es sich wie bei ihren Waren um ganz spezielle Produkte handele, die sich ausschließlich an den Fachverkehr richteten, für den die Marken deutlich unterscheidbar seien, wofür auch spräche, dass es in der Vergangenheit zwischen den beiden mit den streitigen Marken identischen Firmennamen nie zu Problemen gekommen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 Abs 1 und Abs 2 MarkenG), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die Rechtsfrage, ob Verwechslungsgefahr vorliegt, erfordert eine Gewichtung der Faktoren Warenidentität oder -ähnlichkeit, Markenidentität oder -ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke in dem Sinn, dass der höhere Grad einer der Faktoren durch den niederen Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr zB BGH MarkenR 2003, 388 - Anti-Vir/AntiVirus).
Im vorliegenden Fall ist in Teilbereichen, und zwar selbst wenn man nicht von den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Einzelwaren, sondern nur von den anerkannten CNC-Bearbeitungszentren ausgeht, eine Warenidentität bzw. hochgradige Warenähnlichkeit in der Klasse 7 nicht auszuschließen, so dass zunächst ein deutlicher Markenabstand notwendig ist. Der Widersprechenden steht jedoch - entgegen ihrer Ansicht - kein erhöhter Schutzumfang wegen einer erhöhten Kennzeichnungskraft ihrer Marke zu, denn eine solche ist zum einen nicht substantiiert vorgetragen (die bloße Behauptung einer erhöhten Bekanntheit oder gar Marktführerschaft durch umfangreiche Benutzung genügt hierfür nicht) und zum anderen von der Markeninhaberin bestritten. Stark kollisionshemmend ist demgegenüber der Umstand, dass von den sich gegenüberstehenden Waren ausschließlich Fachverkehr angesprochen wird, dem der in diesem Warenbereich überschaubare Markt bestens bekannt ist und der sich im Umgang sowohl mit den Waren wie ihren Kennzeichnungen genau auskennt. Im übrigen werden Waren der vorliegenden Art, bei denen es sich letztlich um hochwertige Anlagegüter handelt, auch nicht etwa adhoc oder aufgrund mündlicher Absprache erworben, sondern erst nach reiflicher Überlegung und ggfls. sorgfältiger Prüfung von Vergleichsangeboten. Das schließt zwar zB nicht mündliche Empfehlungen etwa in Messegesprächen aus, doch ist die Zahl potentieller mündlicher Benennungen der Marken von der Natur der Sache her stark eingeschränkt und wirkt sich nur noch eingeschränkt bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr aus.
Vor diesem Hintergrund tangiert die jüngere Marke die Widerspruchsmarke nicht in ihren Rechten, was bei einer Gegenüberstellung der Marken in ihrer Gesamtheit auf der Hand liegt und auch von der Widersprechenden nicht behauptet wird. Allerdings ist markenrechtlich nicht zu beanstanden, aus der angegriffenen Marke den dominanten und prägenden Wortbestandteil isoliert bei der Prüfung der Markenähnlichkeit heranzuziehen, zumal nur dieser vom Verkehr mangels einer anderen Alternative zur Benennung herangezogen werden kann. Insoweit handelt es sich bei beiden Marken dann um jeweils 2-silbige Phantasiewörter mit identischem Konsonantengerüst, die indes in den klangprägenden Vokalen nur wenig gemeinsam haben und darüber hinaus klanglich - wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt - durch die unterschiedlichen Wortendungen auffallen. Daß die Markenwörter dennoch eine gewisse Annäherung aufweisen, steht außer Frage und würde etwa bei identischen Waren aus dem Endverbraucherbereich (zB Lebensmittel) eine Verwechslungsgefahr nicht mehr ausschließen. Der vorliegend beteiligte Fachverkehr ist indes nach seinen Erfahrungen im Umgang mit Kennzeichnungen daran gewöhnt, selbst kleinere Unterschiede in Marken zu bemerken und weniger auf die Gemeinsamkeiten abzustellen, zumal wenn es sich wie vorliegend auch noch um die Firmennamen der Beteiligten handelt, die seit Jahren weltweit nebeneinander agieren, ohne bislang untereinander in Namens- oder Markenstreitigkeiten verwickelt worden zu sein, wie die Markeninhaberin unwidersprochen vorgetragen hat.
Die Beschwerde hat deshalb keinen Erfolg. Eine Kostenentscheidung unter Billigkeitsgesichtspunkten war nicht veranlasst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).
Stoppel Schwarz-Angele Richter v. Schwichow ist erkrankt und kann daher nicht selbst unterschreiben.
Stoppel
BPatG:
Beschluss v. 15.12.2004
Az: 28 W (pat) 238/03
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