Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 7. Februar 2011
Aktenzeichen: AnwZ (B) 42/10
(BGH: Beschluss v. 07.02.2011, Az.: AnwZ (B) 42/10)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1998 im Bezirk der Antragsgegnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 9. Juli 2009 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde will der Antragsteller weiterhin die Aufhebung des Widerrufsbescheides erreichen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Soweit der Antragsteller beanstandet, dass der Anwaltsgerichtshof am 18. Dezember 2009 in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden habe, ist die Rüge jedenfalls unbegründet. Von einer Terminsaufhebung durfte der Antragsteller bei dem gegebenen Sachverhalt nicht ausgehen. Im Übrigen wäre ein - unterstellter - Verfahrensfehler dadurch geheilt, dass der Antragsteller vor dem Senat rechtliches Gehör erhalten hat.
2. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 14. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, Rn. 5 mwN). Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen worden ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 BRAO).
3. Im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung waren diese Voraussetzungen erfüllt. Der Antragsteller war wegen einer Forderung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Land N. mit einem Haftbefehl im bei dem Amtsgericht K. gemäß § 915 ZPO geführten Schuldnerverzeichnis eingetragen. Tatsachen, die geeignet wären, die gesetzliche Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 BRAO zu widerlegen, hat er nicht dargetan. Der Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin lässt sich vielmehr entnehmen, dass wegen zahlreicher Forderungen Urteile oder Vollstreckungsbescheide gegen den Antragsteller ergangen waren und die Zwangsvollstreckung betrieben wurde. So hat etwa die D. AG am 1. April 2009 wegen einer Forderung von 7.302,13 € ein Zweites Versäumnisurteil gegen den Antragsteller erwirkt; das Zwangsvollstreckungsverfahren wurde nach fruchtloser Pfändung eingestellt (Nr. 23).
Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ließ sich ebenfalls nicht ausschließen. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511).
4. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung sind auch nicht, was bei der Entscheidung zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), im Laufe des gerichtlichen Verfahrens entfallen.
a) Der Antragsteller befindet sich nach wie vor im Vermögensverfall. Der Haftbefehl, den das Versorgungswerk am 8. Januar 2009 erwirkt hat, besteht nach wie vor, so dass der Vermögensverfall weiterhin gesetzlich vermutet wird. Im Übrigen ist der Antragsteller seiner Verpflichtung zur umfassenden Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse - wie bereits im Widerrufsverfahren und im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof - nicht nachgekommen. Im Verfahren der sofortigen Beschwerde hat er sich nicht zur Sache geäußert.
b) Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Antragstellers (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 1 BRAO) lässt sich nach wie vor nicht ausschließen.
5. Der Senat konnte die Sache in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln und entscheiden, weil dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung sein Fehlen nicht hinreichend entschuldigt hat. Dem Schreiben von 6. Februar 2011 unddem beigefügten Attest vom 26. Januar 2011 lässt sich nicht entnehmen, dass der Antragsteller durch die Notwendigkeit einer Infusion an der Teilnahme an der Verhandlung gehindert war.
Tolksdorf Lohmann Fetzer Quaas Braeuer Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 18.12.2009 - 1 AGH 56/09 -
BGH:
Beschluss v. 07.02.2011
Az: AnwZ (B) 42/10
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