Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 362/04

(BPatG: Beschluss v. 11.10.2006, Az.: 7 W (pat) 362/04)

Tenor

Das Patent 102 28 697 wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:

Bezeichnung: Wärmeübertrager, Patentansprüche 1 - 6, Titelseite und Beschreibung, Spalten 1 - 4; jeweils überreicht am 11. Oktober 2006, Beschreibung Spalten 5 - 6 und zwei Blatt Zeichnungen (Figuren 1 - 3), gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen das Patent 102 28 697 mit der Bezeichnung Verfahren zur Verbindung eines Rohrs aus Metall mit umfangsseitigen Rippen aus einem Nichteisen-Metall als Bestandteile eines Wärmeübertragers und Wärmeübertrager, dessen Erteilung am 8. Juli 2004 veröffentlicht worden ist, hat die A... GmbH in B...

am 8. Oktober 2004 Einspruch erhoben.

Sie macht geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende verweist dabei auf folgende Druckschriften:

E1: EP 0 823 296 A2 E2: EP 0 339 206 A1 E3: EP 0 822 025 B1 E4: FR 93 158 E E5: GB 1 432 134 E6: Datenblatt "Cotronics/Duralco 4400" Epoxidklebstoff, Polytec GmbH, 23. August 1999 E7: Datenblatt "Cotronics/Duralco 4540" Epoxidklebstoff, Polytec GmbH, 27. Juli 1999 E8: Datenblatt "Cotronics/Duralco 128" Epoxidklebstoff, Polytec GmbH, 23. August 1999 E9: Prospekt "Duralco/Durapot Epoxide..." Polytec GmbH, 04/99 E10: Prospekt "Klebstoffe mit Höchstleistung", Loctide Deutschland GmbH, 09/2000 E11: Zeitschriftenartikel: "Hochtemperaturklebstoffe sind beständig...", Maschinenmarkt, 21. November 2001 E12: Zeitschriftenartikel: "Klebstoffpalette mit hoher Scherfestigkeit", Maschinenmarkt, 16. Januar 2002 E13: Zeitschriftenartikel: "Kühlkörper und IC-Gehäuse mit Klebefolie verbinden", Industrieanzeiger, 08. Juli 1998.

In der mündlichen Verhandlung überreicht die Einsprechende zusätzlich den Aufsatz:

"Klebende Dichtstoffe und ihre Anwendung", aus der Reihe: "ADHÄSION kleben und dichten", 10/92.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen, hilfsweise die Sache an das Patentamt zurückzuverweisen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den jeweils am 11. Oktober 2006 überreichten Patentansprüchen 1 - 6 mit Titelseite, Beschreibung Spalten 1 - 4; Beschreibung Spalten 5 - 6 und zwei Blatt Zeichnungen, Figuren 1 - 3, gemäß Patentschrift.

Der geltende Patentanspruch 1 hat folgende Fassung:

Wärmeübertrager, der mindestens ein innenseitig ein Medium führendes Rohr (2) aus Metall und umfangseitig des der Umgebungsluft ausgesetzten Rohrs (2) Rippen (10) aus einem Nichteisen-Metall (NE-Metall) aufweist, bei welchem unter Ausbildung einer Korrosionsschutzschicht (18) auf der Oberfläche (7) des Rohrs (2) die Rippen (10) durch einen Klebstoff (14) mit begrenzter Elastizität und kurzer Aushärtezeit lagefixiert sind, wobei zwischen der Oberfläche (7) des Rohrs (2) und den Rippen (10) eine Wärme übertragende Klebstoffschicht (16, 18) vorgesehen ist, und wobei das Rohr (2) aus Stahl besteht und die Korrosionsschutzschicht (18) durch den die Rippen (10) in ihrer Lage fixierenden Klebstoff gebildet ist, wobei die Rippen (10) einstückige Bestandteile eines gewellten Rippenbandes (9) sind, dessen bogenförmige Bereiche mit dem Rohr verbunden sind, wobei mittig der bogenförmigen Bereiche zwischen dem bogenförmigen Bereich eine Klebstoffzone ausgebildet ist mit einer Dicke < 100 m, die einen guten Wärmeübergang sicherstellt und wobei links und rechts neben dieser Wärmeübergangszone dickere Klebstoffzonen ausgebildet sind.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 6 sind auf die weitere Ausgestaltung des Wärmeübertragers nach dem geltenden Patentanspruch 1 gerichtet.

Es ist nach Abs. [0007] der geltenden Beschreibung Aufgabe der Erfindung, einen Wärmeübertrager mit mindestens einem berippten Rohr zu schaffen, bei welchem der zum Lagefixieren der Rippen umfangsseitig des Rohrs erforderliche Energieeinsatz unter Verwendung von in der Kombination kostengünstigen Materialien für das Rohr und die Rippen erheblich reduziert werden kann.

II.

1. Der Einspruch ist durch das PatG § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 in der Fassung des Kostenbereinigungsgesetzes Art. 7 Nr. 37 vom 13. Dezember 2001, geändert durch das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes Art. 1 Nr. 2 vom 9. Dezember 2004 dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zur Entscheidung zugewiesen.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Er ist insoweit begründet, als er zu einer Einschränkung des Schutzbereichs des erteilten Patents führt.

3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in der geltenden Fassung des Patentanspruchs 1 eine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis § 5 dar.

Der zuständige Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur mit langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Wärmeübertragern, der in speziellen Fragen der Klebstofftechnik einen damit vertrauten Chemiker hinzuzieht.

Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Die im Patentanspruch 1 genannten Merkmale sind in den erteilten Patentansprüchen 2, 6, 7 und 12, in der Figur 2 sowie im Abs. [0021] der Streitpatentschrift offenbart. Die Merkmale der Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen denen der erteilten Patentansprüche 7 bis 11.

Der Wärmeübertrager nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Keine der im Einspruchsverfahren genannten Entgegenhaltungen offenbart einen Wärmeübertrager mit sämtlichen im Patentanspruch 1 genannten Merkmalen. Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 macht ausreichend deutlich, dass nur eine einzige Schicht auf dem Wärmeübertragerrohr sowohl die Klebfunktion als auch den Korrosionsschutz gewährleistet.

Zentraler Aspekt des Streitpatents ist die Vereinigung von einer Korrosionsschutzschicht und einer Klebeschicht zu einer einzigen Schicht, die beide Funktionen erfüllt. Dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 ist u. a. zu entnehmen, dass der vorgesehene Klebstoff eine kurze Aushärtezeit aufweisen soll. Der mit Klebstoffen vertraute Fachmann verbindet mit diesem durch einen Fachbegriff beschriebenen Merkmal und gestützt durch die weiteren Angaben im Absatz [0010], dass bei dem einzusetzenden Kleber eine Aushärtung stattfindet und zwar in dem Sinn, dass ein reaktiver Aushärtevorgang vorgesehen ist. Dieser ist in der Regel irreversibel und führt zu einer stabilen Verbindung der Teile nach der Aushärtezeit. Gleichzeitig wird der Fachmann durch diesen Hinweis zu denjenigen Klebern geführt, die ein solches Verhalten zeigen und darüber definiert werden. Dazu zählt zum Beispiel ein Kleber, wie er in der E6 beschrieben ist (vergl. dort den Hinweis zu den typischen Eigenschaften Härtung und Erhöhung der Härtungstemperatur durch Temperaturzufuhr) und bei dem, typisch für diese Familie von Epoxidharzklebern, eine deutlich kürzere Aushärtezeit durch Temperaturzufuhr erzielt werden kann.

Die E1 stellt unstrittig den nächst liegenden Stand der Technik dar und offenbart einen Wärmeübertrager, der mindestens ein innenseitig ein Medium führendes Rohr (1) aus Metall und umfangseitig des der Umgebungsluft ausgesetzten Rohrs (1) Rippen (2) aus einem Nichteisen-Metall (Leichtmetall) aufweist (vergl. Figur 2 sowie Patentansprüche 1, 9 und 11). Weiter wird dort offenbart, dass bei dem bekannten Wärmetauscher die Rippen (2) durch einen Klebstoff (5) lagefixiert sind, wobei zwischen der Oberfläche des Rohrs (1) und den Rippen (2) eine Klebstoffschicht (5) vorgesehen ist und das Rohr (1) aus Stahl besteht, wobei die Rippen (2) einstückige Bestandteile eines gewellten Rippenbandes sind. Einen Hinweis darauf, dass der Klebstoff speziell auf die Übertragung von Wärme ausgerichtet ist, findet sich in der E1 nicht, kann aber für den angestrebten Anwendungszweck unterstellt werden. Auch zur Elastizität und zur Aushärtezeit finden sich in der E1 keinerlei Hinweise.

Der Gegenstand der E1 unterscheidet sich von dem des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents insbesondere dadurch, dass zusätzlich zur Korrosionsschutzschicht (3) auf der Oberfläche des Rohrs (1) eine Klebschicht (5) aufgetragen ist, das führt nicht zu der beanspruchen Lehre, denn beim Streitpatent wird die Korrosionsschutzschicht durch den die Rippen in ihrer Lage fixierenden Klebstoff gebildet. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Gegenständen besteht darin, dass beim Streitgegenstand mittig der bogenförmigen Bereiche des Rippenbandes zwischen dem bogenförmigen Bereich eine Klebstoffzone ausgebildet ist mit einer Dicke < 100 m, die einen guten Wärmeübergang sicherstellt und wobei links und rechts neben dieser Wärmeübergangszone dickere Klebstoffzonen ausgebildet sind. Der Gegenstand der E1 zeigt eine solche Klebstoffzonenausbildung nicht.

Beim Wärmeübertrager der E2 werden durch plattenförmige und geschichtete Lamellen 1 aus Blech Rohre 3 hindurchgeführt. Als Blechwerkstoff werden in der E2 zum einen Kupfer oder, wie beim Streitpatent, Aluminium genannt, während für die Rohre ebenfalls Kunststoff vorgesehen ist oder Metall, jedoch im Unterschied zum Streitpatent statt Stahl Aluminium oder Kupfer. Gemäß Figur 4 der E2 besteht ein weiterer Unterschied zum Streitpatentgegenstand darin, dass die Rohre zumindest in dem dargestellten Bereich nicht mit der Luft in Berührung kommen. Bei einer Ausbildung der Rohre 3 aus Metall werden die Rohre der E2 sowie auch die Lamellen 1 jeweils mit einer Kunststoffschicht überzogen, die aus einem Thermoplast bestehen kann (Patentanspruch 1 sowie Sp. 3, Z. 3). Nach E2, Anspruch 2 kann der Kunststoff der Lamellen 1 mit dem des Rohres entweder verklebt oder verschmolzen werden. Nach Sp. 3, Z. 14 - 17 der Beschreibung ist eine Wärmezufuhr zum Verschmelzen dieser Kunststoffschichten vorgesehen. Die Einsprechende sieht in dem Verschmelzprozess der beiden Thermoplastbeschichtungen ein Schmelzklebprozess.

Entgegen der Auffassung der Einsprechenden wird der Fachmann das Wiederverfestigen durch Abkühlung eines aufgeschmolzenen Thermoplasten nicht mit Mechanismen und Merkmalen gleichsetzen, die mit den Fachbegriffen Aushärten bzw. Aushärtezeit belegt sind. Diese Begriffe stehen, wie oben ausgeführt, in Zusammenhang mit einem reaktiven Aushärten, das bei einem Thermoplasten jedoch nicht stattfindet. Der von der Einsprechenden vorgelegte Aufsatz "Klebende Dichtstoffe und ihre Anwendung" bestätigt auf Seite 24 unter der Überschrift Schmelz-Dichtstoffe, dass bei Thermoplasten nach einer Erwärmung eine Wiederverfestigung durch Abkühlung eintritt. Der Fachmann wird deshalb in der E2 keinen Hinweis in Richtung auf einen Kleber sehen, der eine stabile Klebverbindung unter Einschluss eines durch Temperaturzufuhr zeitlich verkürzten Aushärtevorgangs hervorruft, wie es, durch die Angaben des Abs. [0010] gestützt, implizit gemäß des geltenden Patentanspruchs 1 vorgesehen ist.

In der E2 wird darüber hinaus ein energieintensiver und aufwendiger Weg offenbart, der im Widerspruch zu der dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe steht. Zum einen gibt die E2 vor, Metallrohre wie auch die damit zu verbindenden Lamellen jeweils mit einer Kunststoffschicht zu überziehen. Dieser Vorgang bedeutet zusammen mit der erforderlichen anschließenden Wärmezufuhr zum Verschmelzen dieser aufgetragenen Kunststoffschichten einen erkennbaren Mehraufwand gegenüber der rein auf einer Verklebung beruhenden Zusammenfügung eines Rohres mit Rippen bei gleichzeitiger dadurch erzielbarer Korrosionsschutzbehandlung des Wärmeübertragers gemäß Streitpatent. Beim Gegenstand der E2 müssen zunächst mehrere Flächen mit Kunststoff überzogen und dann anschließend zum Zusammenfügen erwärmt werden. Deshalb wird der Fachmann, selbst wenn er in dem Aufschmelzen der Thermoplasten eine schmelzklebtechnische Variante einer Klebverbindung sehen will, in der E2 keine vorteilhaften und zielführenden Hinweise in Richtung auf die beanspruchte Lösung entdecken können, zumal in der E2 auch keinerlei Korrosionsprobleme erkennbar dargelegt sind.

So gehen weder von der E1 noch von der E2 stichhaltigen Anregungen auf eine Rohrbeschichtung aus, die neben der Klebwirkung zusätzlich auch eine Korrosionsschutzwirkung entfaltet und somit den zusätzlichen Auftrag einer zweiten Schicht entbehrlich macht. Der zuständige Fachmann erhält aus den genannten Druckschriften weder einzeln noch in einer Zusammenschau Hinweise in Richtung auf den im geltenden Patentanspruch 1 dargelegte Lehre.

Dabei kann auch dahingestellt bleiben, ob durch eine von der Einsprechenden beantragte Zurückverweisung der Sache an das DPMA dort durch eine Nachrecherche die die räumliche Ausbildung der Klebestellen betreffen den aus der Beschreibung des Streitpatents in den Hauptanspruch aufgenommenen Merkmale zur Ausbildung der drei Klebstoffzonen als druckschriftlich belegbarer Stand der Technik hätten aufgefunden werden können, denn darin allein erschöpft sich der die erfinderische Tätigkeit beim beanspruchten Gegenstand gegenüber den entgegengehaltenen Stand der Technik vorhandene Überschuss nicht. Dem gestellten Antrag musste deshalb nicht gefolgt werden.

Weder die E1 noch die E2 zeigen einen Wärmeübertrager mit drei Klebstoffzonen im bogenförmigen Bereich von gewellten Rippen, die durch die weiteren ergänzend in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale beschrieben werden. Danach sind die Rippen einstückige Bestandteile eines gewellten Rippenbandes, dessen bogenförmige Bereiche mit dem Rohr verbunden sind, wobei mittig der bogenförmigen Bereiche zwischen dem bogenförmigen Bereich eine Klebstoffzone ausgebildet ist mit einer Dicke < 100 m, die einen guten Wärmeübergang sicherstellt und wobei links und rechts neben dieser Wärmeübergangszone dickere Klebstoffzonen ausgebildet sind.

Die E1 zeigt in Figur 1 ein gewelltes Rippenband und beschreibt auch durch die Offenbarung in Patentanspruch 14 sowie Figur 3 die Ausbildung der Verklebung von Rippen und Rohr. Dabei ist im Unterschied zum Streitpatent vorgesehen, dass sich Klebstoffzonen abwechseln mit Zonen, in denen die Rippen in direkte Berührung, also mit Unterbrechung der Klebstoffzone mit dem Rohr bzw. dessen Korrosionsschutzbeschichtung kommen.

Der Gegenstand der E2 weist, wie bereits oben dargestellt, kein gewelltes Rippenband auf, sondern geschichtete Platten. In der Folge dessen entnimmt der Fachmann weder der E1 noch der E2 Hinweise, die zu den das Rippenband und die Ausbildung der dazugehörenden Klebezonen betreffenden Merkmalen bei dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen könnten.

Die in den Kennzeichenteilen der Unteransprüche 2 bis 6 genannten Maßnahmen dienen der vorteilhaften Weiterbildung des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1.

Die übrigen in das Einspruchsverfahren eingeführten Druckschriften liegen noch weiter ab und sind in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen worden.

Bei dieser Sachlage war das Patent aufrechtzuerhalten.






BPatG:
Beschluss v. 11.10.2006
Az: 7 W (pat) 362/04


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