Landgericht Hamburg:
Urteil vom 9. Mai 2006
Aktenzeichen: 312 O 12/06
(LG Hamburg: Urteil v. 09.05.2006, Az.: 312 O 12/06)
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,--, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verurteilt, es zu unterlassen
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Preise der Klägerin Preisen der Beklagten mit dem Slogan €Maße rauf. Preise runter!€ gegenüberzustellen, wie in der Anlage zu diesem Urteil abgebildet.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vollständige Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang Handlungen gemäß Ziffer I. vorgenommen worden sind.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlichen Schadens verpflichtet ist, der dieser aus den Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist und noch entstehen wird.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 880,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2006 zu zahlen.
V. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 120.000,-- vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung für die von der Beklagten angebotenen Paketbeförderungsdienstleistungen geltend.
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Paketbeförderung für den privaten Verbraucher. Die Beklagte bietet ihren Dienst unter anderem auch in so genannten €H...Paketshops€ an. Hierbei handelt es sich um ein Angebot von Einzelhändlern verschiedenster Gewerbe an deren Kunden, in ihren jeweiligen Ladenlokalen auch Pakete zur Beförderung durch den Paketservice der Beklagten aufzugeben.
Die Beklagte bewarb ihren Paketdienst mit dem aus der Anlage B 1 ersichtlichen Werbeplakat. Dieses ist überschrieben mit:
€Die Alternative zum klassischen Postweg
Maße rauf. Preise runter!€
und zeigt im Übrigen eine Tabelle mit fünf Spalten und drei Zeilen. Hierin werden unter Darstellung von Paketmaßen, welche die Beklagte ihren Tarifen zugrunde legt, und möglichen Versandgegenständen wie einem Buch, einer Schallplatte oder einer Nähmaschine die Preise von Paketen der Klassen S, M und L der Parteien einander gegenübergestellt. Wegen der genauen Gestaltung dieser Tabelle wird ausdrücklich auf die Anlage B 1 Bezug genommen. Dieses Plakat hing deutschlandweit in verschiedenen der genannten €H...Paketshops€ aus (vgl. Anlage K 1).
Die Klägerin hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 17.11.2005 abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. Für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe der Erklärung wiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sie ihrer Mandantin in diesem Fall empfehlen würden, umgehend gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (vgl. Anlage K 7).
Die Klägerin ist der Ansicht, diese Werbung sei irreführend gemäß § 5 Abs. 1, 3 UWG und stelle ferner einen nach § 6 Abs. 2 Ziffer 5 UWG unzulässigen, weil herabsetzenden Vergleich dar. Die Irreführung folgt nach Auffassung der Klägerin daraus, dass durch die fragliche Werbung beim angesprochenen Verkehr der unzutreffende Eindruck hervorgerufen werde, dass die von der Beklagten angebotene Paketbeförderung stets günstiger sei als jene, welche die Klägerin anbietet, was tatsächlich nicht der Fall sei. Die Klägerin kritisiert dabei insbesondere, dass die Beklagte in ihrer Werbung die Leistungsangebote der Parteien nicht vollständig gegenüberstelle. Zudem beruhten die Berechnungssysteme der Parteien auf unterschiedlichen Prinzipien: Das System der Klägerin basiere vorrangig auf dem Gewicht der Pakete, die Paketmaße spielten jeweils nur eine untergeordnete Rolle. Dasjenige Angebot der Beklagten basiere demgegenüber € abgesehen von einem Maximalgewicht von 25kg - auf den Maßen des zu versendenden Paketes. Aus diesem Grund seien die Angebote der Parteien letztlich nicht objektiv miteinander vergleichbar.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie zur Vorbereitung der Geltendmachung des ihr gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzanspruchs aus § 9 UWG dessen Feststellung, sie vorliegend begehrt, den mit dem Antrag zu 2. geltend gemachten Auskunftsanspruch gegen die Beklagte habe.
Der Zahlungsanspruch zu 4. sei gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet. Die Klägerin habe die Beklagte vorprozessual anwaltlich abmahnen lassen. Dieser Abmahnung habe sie einen Gegenstandswert von € 100.000,-- zugrunde gelegt. Sie könne von der Beklagten die Zahlung einer halben 1,3fachen Geschäftsgebühr nach §§ 2, 13 RVG, Nr. 2400 VV-RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG, mithin € 880,10, verlangen.
Die Klägerin beantragt,
wie tenoriert.
Die Beklagte beantragt,
Klagabweisung.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der angesprochene Verkehr sowohl verstehe, dass sich der Vergleich nicht auf das gesamte Dienstleistungsangebot der Parteien, sondern nur auf das konkret dargestellte, also jenes für den Versand von Paketen der Klassen S, M und L beziehe. Der Werbung sei zudem zu entnehmen, dass die Preise der Klägerin von dem Gewicht der Pakete abhingen, und nicht wie diejenigen der Beklagten von den Paketmaßen. Insgesamt stelle die Werbung der Beklagten keinen Verstoß gegen das Gebot der Objektivität des Preisvergleiches im Sinne von § 6 Abs. 2 Ziffer 2 UWG dar. Auch sei sie nicht irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 und 3 UWG.
Mangels des Vorliegens eines Wettbewerbsverstoßes stünden der Klägerin auch nicht die weiter geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten zu.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2006 Bezug genommen.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 und 3, 6 Abs. 2 Ziffer 2 UWG darauf, dass diese es unterlässt in der aus dem Werbeplakat gemäß Anlage B 1 ersichtlichen Art und Weise Preisen der Klägerin Preise der Beklagten gegenüberzustellen (siehe die Ausführungen unter Ziffer 1.). Die Klägerin hat ferner gegen die Beklagte Anspruch auf Auskunft und Schadensersatz aufgrund des festgestellten Wettbewerbsverstoßes in dem tenorierten Umfang (siehe die Ausführungen unter Ziffer 2.). Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann die Klägerin schließlich von der Beklagten Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von € 880,10 verlangen (siehe hierzu die Ausführungen unter Ziffer 3.).
1.
Das streitgegenständliche Werbeplakat der Beklagten stellt einen im Sinne von §§ 5 Abs. 1 und 3, 6 Abs. 2 Ziffer 2 UWG irreführenden Werbevergleich dar.
Eine Werbung ist grundsätzlich dann irreführend, wenn sie vom durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Umworbenen in einem mit der wirklichen Sachlage nicht übereinstimmenden Sinn verstanden wird (Dreyer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2004, § 5 Rz. 151). Die vorliegend streitgegenständliche Werbung richtet sich an jedermann, somit auch an die Mitglieder der Kammer. Die Kammer vermag deshalb die Feststellungen zum Verkehrsverständnis der Werbung der Beklagten aufgrund eigener Sachkunde zu treffen.
Der streitgegenständlichen Gegenüberstellung der Beklagten entnimmt der angesprochene Verkehr, dass die Paketdienstleistungen der Beklagten günstiger sind als jene der Klägerin. Dabei nimmt der Verkehr an, dass die von den Parteien für ihre Dienstleistungen jeweils geforderten Entgelte nach einem zumindest hochgradig ähnlichen System berechnet werden, die von der Klägerin geforderten Entgelte dabei jedoch schlicht höher ausfallen als jene der Beklagten. Der Verkehr entnimmt der Werbung der Beklagten gemäß Anlage B 1 nicht, dass es für die Beantwortung der Frage, welche der Dienstleistungen im konkreten Fall günstiger sind, letztlich auf eine individuelle Betrachtung des Einzelfalls ankommt, da beispielsweise die Beförderung einer Sendung mit größeren Maßen, als jenen, welche die Beklagte ihren Tarifen zugrunde legt, bei identischem Gewicht durch die Klägerin günstiger sein könnte, als jene durch die Beklagte.
So kann der Verkehr der Werbung der Beklagten nicht entnehmen, dass die Beförderung eines 3kg schweren Druckers durch die Beklagte € 8,90 kostet, wenn die Summe aus der längsten und der kürzesten Seite der Sendung 81cm oder mehr beträgt, während sie bei der Beförderung durch die Klägerin € 7,00 kostet. Denn dass es für die Berechnung der von der Klägerin geforderten Entgelte für Paketbeförderungen letztlich jedenfalls nicht auf die in der zweiten Spalte der Tabelle enthaltenen Maße ankommt, entnimmt der Verkehr der Werbung nicht. Der Tabelle sind keine Angaben dazu zu entnehmen, dass die fragliche Sendung € wird sie durch die Klägerin versendet € nur die Maximalmaße von 120cm x 60cm x 60cm nicht überschreiten darf, es im Übrigen auf die Maße der Sendung jedoch nicht ankommt. Dass dies so ist, ergibt sich aus Seite 60 der aus der Anlage K 2 ersichtlichen Preisliste der Klägerin. Während bei der Beklagten somit im Grunde ein halber Zentimeter ausschlaggebend für das Anfallen eines höheren Entgeltes sein kann, ist ein solcher halber Zentimeter im System der Klägerin bis zu den oben genannten Maximalmaßen ohne Bedeutung. Demgegenüber kann es hier jedoch auf ein halbes Gramm mehr oder weniger ankommen.
Dieser im Ergebnis unrichtige Eindruck von der grundsätzlichen Überlegenheit des Angebotes der Klägerin wird durch verschiedene Gestaltungselemente der Werbung der Beklagten hervorgerufen. Zunächst ist in diesem Zusammenhang die Überschrift zu beachten, die wie folgt lautet:
€Die Alternative zum klassischen Postweg
Maße rauf. Preise runter!€.
Hierin erkennt jedenfalls ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs keinen Eigenvergleich der Beklagten mit ihrem vormaligen Entgeltberechnungssystem. Das Angebot der Beklagten wird vielmehr als Alternative zum €klassischen Postweg€, mithin zum Angebot der Klägerin, angepriesen, und zwar mit der Begründung der bei der Beklagten maßgeblichen, im Verhältnis zu jenen, welche bei der Klägerin maßgeblich sind, größeren Maßen bei gleichzeitig günstigeren Preisen. Schon hieraus schließt der Verkehr, dass beide Parteien ihre Entgelte für Paketbeförderungen nach den Maßen der Sendungen berechnen, die Beklagte ihre Maße jedoch € anders als die Klägerin - €rauf€ und gleichzeitig die Preise €runter€ gesetzt hat. Wie oben bereits angeführt, kommt es im Rahmen des Entgeltsystems der Klägerin jedoch auf die Maße der Sendungen nur sekundär an. Zwischen den Größen 15cm x 11cm x 1cm und 120cm x 60cm x 60cm spielt bei der Klägerin für die Berechnung der von ihr geforderten Entgelte allein das Gewicht der Sendung eine Rolle (vgl. Preisliste der Klägerin vom 01.01.2005, Seite 60 [Anlage K 2]).
Hieran ändert es nichts, dass beispielsweise in der Zeile €M€ in der Spalte €entspricht etwa€ exemplarisch zum einen ein 3kg schwerer Drucker und darunter eine 8kg schwere Nähmaschine abgebildet sind, in der darauf folgenden Spalte €Abgabe im H... PaketShop€ nur ein Preis (€ 5,90 inkl. MwSt.), in der Spalte €D... Schalterpreise€ dagegen zwei Preise (€ 7,-- und € 10,50) aufgeführt sind, wobei der günstigere Preis sich nach der Gestaltung offensichtlich auf den leichteren Drucker, der höhere Preis sich demgegenüber offensichtlich auf die schwerere Nähmaschine bezieht. Dem mag der angesprochene Verkehr eine Relevanz des Gewichts der Sendung für die Entgelte der Klägerin entnehmen. Dass es aber allein hierauf ankommt, mithin darauf, dass der Drucker weniger als 5kg, die Nähmaschine aber gerade mehr als 5kg wiegt, dass also die aus der zweiten Tabellenspalte ersichtlichen Maße dagegen unerheblich sind, entnimmt der Verkehr der Tabelle gerade nicht. Im Übrigen lässt die Werbung auch offen, wo letztlich die Grenze liegt für ein Entgelt von € 7,-- und ein solches von € 10,50. Selbst wenn der Verkehr mithin aus der Tabelle erkennt, dass das Gewicht für die Berechnung der Entgelte der Klägerin zumindest auch maßgeblich ist, so kann er ihr dennoch nicht entnehmen, ab welchem Gewicht das durch die Klägerin beförderte Paket nicht mehr nur € 7,--, sondern € 10,50 beträgt. Hierbei handelt es sich aber durchaus um eine Information, welche für die Entscheidung des Verbrauchers zwischen den Paketbeförderungsangeboten der Parteien relevant sind.
Irreführend ist weiter € insbesondere unter der genannten Überschrift, welche das Angebot der Beklagten als €Alternative zum klassischen Postweg€ und damit zum Angebot der Klägerin anpreist € zunächst das Verwenden einer Tabelle zur Vermittlung der gewünschten Werbeaussage überhaupt. Eine solche Tabelle vermittelt dem Verkehr schon ganz grundsätzlich den Eindruck einer besonderen Objektivität der Werbung und einer tatsächlich gegebenen Vergleichbarkeit der in dieser Tabelle gegenübergestellten Dienstleistungen und Preise. Dies folgt daraus, dass eine Tabelle grundsätzlich als nicht geeignet angesehen wird, übertrieben anpreisende Werbeaussagen zu transportieren. Eine Tabelle ist vielmehr ein Mittel zur übersichtlichen und sachlichen Darstellung komplexerer Sachverhalte bzw. Aussagen mit vielen verschiedenen €Schnittmengen€. Das vorliegend zwischen den Entgeltberechnungssystemen der Parteien dem Grunde letztlich gar keine solcher Schnittmengen bestehen, das Angebot der Beklagten vielmehr lediglich in bestimmten Fällen schlicht günstiger ist als jenes der Klägerin, transportiert die streitgegenständliche Tabelle mithin schon prinzipiell nicht.
Hinzu kommt, dass die Tabelle in sich auch konkret unrichtige Aussagen enthält. Es wird durch ihre Gestaltung nämlich der Eindruck erweckt, als käme es für die in den letzten beiden Tabellenspalten angegebenen jeweils anfallenden Entgelte beider Parteien auf eine Differenzierung von Paketen nach den Größen S, M und L in den aus der zweiten Tabellenspalte ersichtlichen Maßen an, wobei das maximale Gesamtgewicht der Pakete in jedem Fall nicht mehr als 25kg betragen darf. Die Tabelle enthält mithin die Aussage, dass innerhalb einer Zeile die in den einzelnen Spalten enthaltenen Angaben maßgeblich für den jeweils in den Spalten 4 und 5 angegebenen Preis wären, was aber € wie ausgeführt € gerade nicht der Fall ist.
Unabhängig davon also, dass der Verkehr, wie die Beklagte annimmt, erkennt, dass er sich über die von den Parteien geforderten Entgelte informieren muss, sofern er ein Paket versenden möchte, welches schwerer als 25kg ist und dessen kürzeste und längste Seite eine Summe von mehr als 120cm ergibt, ist die Werbung der Beklagten aus den oben ausgeführten Gründen irreführend. Es kommt mithin nicht darauf an, dass der Verkehr erkennt, dass der Werbevergleich keine Gegenüberstellung sämtlicher Angebote, Dienstleistungen und Entgelte der Parteien wiedergibt. Denn schon das, was wiedergegeben wird, ist nicht nur subjektiv eingefärbt, womit der Verkehr möglicherweise noch rechnet, wobei dies angesichts der gewählten Form der Werbung (Tabelle) im vorliegend Fall auch eher fraglich ist, sondern schlicht nicht richtig.
Die vermeintlich sachliche Aussage dieser Tabelle ist nach allem im Ergebnis die, dass die Parteien ihre Entgelte nach überwiegend gleichen Systemen berechnen, das Angebot der Beklagten jedoch letztlich zumindest überwiegend günstiger ist als jenes der Klägerin. Dies mag in zahlreichen einzelnen Fällen so sein. Es ist dies jedoch € wie zwischen den Parteien auch unstreitig ist € keinesfalls immer oder auch nur regelmäßig der Fall. Die unterschiedlichen Systeme, nach welchen die Parteien die von ihnen geforderten Entgelte berechnen, machen vielmehr stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass verschiedenst große und geformte und schwere bzw. leichte Sendungen zur Beförderung durch einen Paketdienst aufgegeben werden.
Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass die Werbung der Beklagten dem angesprochenen Verkehr als Aushang in einem oben näher beschriebenen "H..Paketshop" begegnet. Diese Form der Begegnung ist schon nicht geeignet, sich mit dem Inhalt der Tabelle in einer Form zu befassen, die dazu führt, dass der Verkehr die in ihr konkret enthaltenen einzelnen Aussagen auch dann noch zutreffend erinnert, wenn er das Plakat nicht mehr vor Augen hat. Selbst wenn er also bei der zu erwartenden recht flüchtigen Betrachtung des Werbeplakates erfasst, dass die Preise der Klägerin sich beispielsweise unterscheiden, je nachdem ob ein 3kg schwerer Drucker oder eine 8kg schwere Nähmaschine versendet werden soll, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass in seiner Erinnerung detaillierte Inhalte aus der Tabelle hängen bleiben. In seiner Erinnerung wird sich vielmehr allein einprägen, dass sogar die Beförderung von recht unorthodoxen Sendungen wie einer Nähmaschine oder einem Drucker durch die Beklagte stets günstiger ist als durch die Klägerin. Die Tabelle enthält letztlich € jedenfalls vor dem Hintergrund dessen, dass der Verkehr sie nicht in Ruhe betrachten kann, sondern ihr nur im Ladenlokal eines einen "H..Paketshop" betreibenden Einzelhändlers im Vorbeigehen sieht, so viele Details, dass in seiner Erinnerung nur die greifbare Aussage haften bleiben wird, wonach das Angebot der Beklagten das im Verhältnis zu jenem der Klägerin günstigere ist. Dass die Tabelle letztlich nur sagen soll, dass in bestimmten Fällen € je nach Maß und Gewicht der Sendung € das Angebot der Beklagten das günstigere im Verhältnis zu jenem der Klägerin ist, entnimmt der Verkehr der Tabelle demgegenüber nicht.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Gegenüberstellung in der aus der Anlage B 1 ersichtlich Form und Gestaltung ein verzerrtes Gesamtbild der Vergleichbarkeit der Dienstleistungsangebote der Parteien zeichnet, so dass die Werbung dem Erfordernis der Objektivität eines Vergleiches nach § 6 Abs. 2 Ziffer 2 UWG nicht genügt.
Die der Werbung der Beklagten immanenten irreführenden Angaben sind auch wettbewerbsrechtlich relevant. Denn sie sind geeignet, die Entscheidung des Publikums zwischen den konkurrierenden Paketbeförderungsdienstleistungen der Parteien zu beeinflussen.
2.
Der Auskunftsanspruch der Kläger gegen die Beklagte dient der Vorbereitung des der Klägerin gegen die Beklagte aus § 9 UWG zustehenden Schadensersatzanspruchs. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ergibt sich daraus, dass die Klägerin vor Erteilung der hier ebenfalls eingeklagten Auskunft durch die Beklagte den ihr gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzanspruch der Höhe nach nicht abschließend beziffern kann (vgl. Bergmann in Harte-Bavendamm/Hennig-Bodewig w.o., § 9 Rz. 136).
3.
Der Anspruch auf Ersatz der hier ebenfalls geltend gemachten vorgerichtlichen Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Klägerin hat die Beklagte € wie sich aus den Ausführungen unter oben 1. ergibt € zu Recht abgemahnt. Ihrer Abmahnung hat sie einen Gegenstandswert von € 100.000,-- zugrunde gelegt. Dass dieser zur Bezifferung des Unterlassungsinteresses der Klägerin unangemessen hoch sein könnte, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Die 1,3fache Gebühr aus §§ 2, 13 RVG. Nr. 2400 VV-RVG beträgt € 1.760,20. Angesichts dessen, dass die Hälfte dieser Gebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG anzurechnen ist (siehe Vorb. Nr. 3, Abs. 4 VV-RVG), hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der geforderten € 880,10.
Der Zinsanspruch beruht auf § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Rechtshängigkeit der vorliegenden Klage trat am 11.01.2006 ein, da sie ausweislich der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde der Beklagten an diesem Tag zugestellt worden ist.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
LG Hamburg:
Urteil v. 09.05.2006
Az: 312 O 12/06
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