Kammergericht:
Beschluss vom 21. Dezember 2004
Aktenzeichen: 5 U 167/04

(KG: Beschluss v. 21.12.2004, Az.: 5 U 167/04)

1. Ein Drei-Monats-Tarif (Aktionsangebot) eines Anbieters für einen DSL-Internet-Zugang kann mit Jahrestarifen anderer Anbieter vergleichbar sein, wenn auch die Folgekosten nach Ablauf des Drei-Monats-Zeitraums mitgeteilt werden.

2. An einem unzulässigen "Lockvogelangebot" (für einen Drei-Monats-Tarif mit "Sternchenhinweis" zu den Folgekosten) fehlt es jedenfalls dann, wenn auch die Folgekosten günstiger sind, als die im Vergleich genannten Preise der Konkurrenz.

Tenor

1. Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 3. August 2004 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin - 102 O 122/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin wird des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragstellerin 5/8 und die Antragsgegnerin 3/8 zu tragen.

4. Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 28.571,43 EUR, wobei auf die Berufungen der Parteien je ½ entfällt.

Gründe

A.

Beide Parteien stehen im Wettbewerb als Internet-Service-Provider. Die Antragsgegnerin warb mit einem u.a. in der Zeitschrift €P... € Ausgabe 5/04 im April 2004 verbreiteten Prospekt u.a. für einen Internet-DSL-Zugang mit einer Aufstellung, in der sie die Kosten eines eigenen (für drei Monate geltenden) Tarifs mit Tarifen anderer (auch einem der Antragstellerin) Anbieter (mit jährlicher Kündigungsmöglichkeit) verglich.

Die Antragstellerin hat dies - neben weiteren, anderen Werbeangaben - als unzulässigen Vergleich und als irreführend beanstandet. Das Landgericht hat die insoweit antragsgemäß erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und sie - soweit die Antragsgegnerin Widerspruch erhoben hatte - im Übrigen bestätigt. Die Antragsgegnerin hat ihre Berufung - hinsichtlich des bestätigten Teils der einstweiligen Verfügung - zurückgenommen.

B.

Die Berufung der Antragstellerin ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO aus den weiterhin zutreffenden Gründen der Verfügung vom 19. November 2004 zurückzuweisen.

I.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht den streitgegenständlichen Preisvergleich weder nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG a.F. (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG n.F.) noch nach § 3 UWG a.F. (§§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG n.F.) untersagt hat.

1.

Zutreffend hat das Landgericht darauf verwiesen, dass § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG a.F. (ebenso wie der wortgleiche § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG n.F.) weit auszulegen ist und ein Werbevergleich auch hinsichtlich nicht identischer Waren und Dienstleistungen zulässig ist, solange diese funktionsidentisch sind und aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher als Substitutionsprodukt in Betracht kommen (BGH, GRUR 1999, 501, 502 - Vergleichen Sie).

a)

Die vorliegend verglichenen Dienstleistungen sind in ihrer Funktion für den Verbraucher identisch (Internet-Zugang) und sie decken auch den Selben Bedarf.

Dass der beworbene Drei-Monats-Tarif der Antragsgegnerin aus der Sicht der Parteien als Anbieter eine unterschiedliche Funktion hat im Vergleich zu den längerfristigen Vertragsangeboten (Nachhaltigkeit/Einführungsangebot) ist unerheblich. Welchen Bedarf eine Dienstleistung decken oder für welchen (Verwendungs-) Zweck sie bestimmt ist, ist aus der Sicht der durch die vergleichende Werbung angesprochenen Verbraucher zu beurteilen (Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 6 Rdnr. 48). Denn deren Informationsinteresse ist für die Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG a.F. maßgeblich.

b)

Auch an einer langfristigen Nutzung eines Internet-Zugangs interessierte Verbraucher konnten an dem Preisvergleich interessiert sein. Denn sie konnten dem Preisvergleich sowohl die monatliche Einsparung in den ersten drei Monaten (inklusive Einrichtungsgebühren) entnehmen als auch die - wenn auch geringere - weitere Ersparnis in den Folgemonaten. Aus dem durch einen Sternchenhinweis in Bezug genommenen Text am unteren Ende der hier maßgeblichen Seite des Werbeprospekts (Anlage ASt 2) ist ersichtlich, dass nach Ende der Drei-Monats-Vertragslaufzeit eine DSL-Flatrate monatlich 22,95 EUR kostete.

2.

Auch eine Irreführung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint. Insoweit genügt der €Sternchenhinweis€ (einschließlich des in Bezug genommenen Textes auf derselben Seite 3 am unteren Rand), zumal schon auf der Titelseite (und nochmals auf Seite 2) der Zeitraum von 3 Monaten als Testphase hervorgehoben wird.

An einem Lockvogelangebot fehlt es zudem auch deshalb, weil selbst der monatliche Folgepreis der Antragsgegnerin (nach Ablauf der Drei-Monatsfrist) günstiger ist als die im Vergleich genannten Preise der Konkurrenz. Jedenfalls unter diesen Umständen sind die Angaben der Antragsgegnerin schon hinreichend deutlich.

II.

Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der besonderen Umstände dieses Einzelfalls, § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO.

C.

Die Antragsgegnerin ist nach Rücknahme ihrer Berufung dieses Rechtsmittels für verlustig zu erklären, § 516 Abs. 2 ZPO.

D.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 3 ZPO.






KG:
Beschluss v. 21.12.2004
Az: 5 U 167/04


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